Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730258/2/Wg/Wu

Linz, 21.09.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen die mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 18. Jänner 2010, Zahl 1-1014413/FP/Zen, angeordnete Ausweisung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Es wird hiermit festgestellt, dass die Ausweisung zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

Itiraziniz gerekcesiz olarak reddedildi. Yurtdisi kararinin verildigi tarihte, Hukuka uygun oldugu tesbit edilmistir.

 

Hukuki dayanak:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Bescheid vom 18. Jänner 2010 den Berufungswerber (im Folgenden Bw) gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizei-gesetzes ausgewiesen.

 

Dagegen erhob der Bw mit Schriftsatz vom 3. Februar 2010 Berufung und beantragte den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben. In eventu wurde beantragt, einen Durchsetzungsaufschub für die Dauer von 2 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zur Regelung der persönlichen Verhältnisse des Bw vor einer Ausreise zu gewähren. Er habe seine Ehegattin aus Liebe geheiratet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das Interesse an einer Ausweisung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens schwerer wiegen sollte, als die Möglichkeit, das Scheidungsverfahren und damit die Regelung der persönlichen Verhältnisse des Bw allenfalls auch im Sinne einer Wiederaufnahme einer ehelichen Beziehung abzuwarten. Das Scheidungsverfahren sei noch kein Ausschlussgrund für ein schützenswertes Familienleben iSd Artikel 8 EMRK. In seiner Stellungnahme vom 27. Juli 2011 erklärte der Bw, er habe in Hinblick auf sein laufendes Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin nach wie vor erhebliches Interesse daran, dass der Ausweisungsbescheid gegen ihn als rechtswidrig behoben werde, weshalb die Berufung aufrecht bleibe. Die Ausreise sei deshalb freiwillig erfolgt, weil ihm von der Behörde zugesichert worden sei, er erhalte bei freiwilliger Ausreise kurzfristig den Aufenthaltstitel. Dieses Versprechen sei mit einer seines Erachtens rechtswidrigen Begründung nicht eingehalten worden, weshalb die Angelegenheit nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei.

 

Mit 1. Juli 2011 sind wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungs-gesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten. Gemäß § 125 Abs.14 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist. Gemäß § 9 Abs.1a Fremdenpolizeigesetz entscheiden über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.

 

Aus diesem Grund hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich die verfahrensgegenständliche Berufung zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG zur Entscheidung übermittelt.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich. Der Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

Es steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw ist Staatsangehöriger der Türkei. Lt Stellungnahme vom 7.9.2009 absolvierte er in der Türkei 9 Jahre Grundschule und eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann.

 

Am X heiratete er die türkische Staatsangehörige X. In weiterer Folge stellte er vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer NB beschränkt zum Zweck der Familienzusammenführung mit seiner damaligen Gattin X und reiste mit einem D-Visum, gültig bis 8.12.2008 in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und begründete mit 19. August 2008 an der Adresse X seinen Hauptwohnsitz. Dem Bw wurde, nachdem das D-Visum am 8.12.2008 abgelaufen war, kein Aufenthaltstitel erteilt.

 

Mit Urteil des BG Steyr vom 22.4.2009, 17 C 89/08y, wurde die Ehe mit X geschieden. Das LG Steyr hob dieses Urteil mit Beschluss vom 16.9.2009m 1 R 185/09p auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die Ehe wurde schließlich mit Beschluss des BG Steyr vom 26.1.2010, 17 C 89/08y, auf Grund eines Vergleichs geschieden. Aus dem Beschluss des BG geht hervor, dass die eheliche Gemeinschaft seit mehr als 6 Monaten aufgehoben war. Die Eheleute haben die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zugestanden.

 

Lt Stellungnahme vom 7.9.2009 war er zum damaligen Zeitpunkt ohne Beschäftigung und lebte von Zuwendungen aus dem Familienkreis. Er wohnte damals bei seiner Schwester X in X.

 

Zwischenzeitig hatte die BPD Steyr mit Bescheid vom 18.1.2010 die nunmehr bekämpfte Ausweisung erlassen. Am X heiratete der Bw die österreichische Staatsbürgerin X. Daraufhin verließ er am 9. Mai 2010 freiwillig das Bundesgebiet.

 

Am 18. Mai 2010 stellte er einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels – Familienangehöriger. Die BH Amstetten wies diesen Antrag namens des Landeshauptmannes von NÖ mit Bescheid vom 7. Juli 2010 zurück. Begründend argumentierte sie, die Ehegattin X sei im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und gelte als Zusammenführende gemäß § 47 Abs 1 NAG. Laut den der Behörde vorliegenden Unterlagen wurde die Frau am X geboren und hatte damit zum Zeitpunkt der Antragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet. Dagegen wurde Berufung erhoben. Mittlerweile ist das NAG-Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Auf Grund der stRsp des VwGH steht fest, dass durch die Ausreise eines Fremden aus dem Bundesgebiet das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Entscheidung gegen eine gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem 1.7.2011 erlassene Ausweisung nachträglich weggefallen ist (vgl. Beschluss vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0294 und Beschluss vom, 29.9.2009, Zl 2009/21/0151). Durch die Ausreise ist nämlich der mit der Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt; der Ausweisungsbescheid wird gegenstands- und wirkungslos. In diesem Sinn wurde im ersten Satz des § 59 Abs. 1 FPG idF vor dem 1.7.2011 ausdrücklich angeordnet, dass eine Ausweisung - vorbehaltlich der Wirkungen nach § 73 FPG - gegenstandslos wird, wenn der Betroffene seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist. Auch nach neuerlicher Einreise könnte der Fremde somit auf der Grundlage dieser Ausweisung nicht mehr abgeschoben werden. Wird demnach der Aufenthalt eines Fremden in Österreich nach Erlassung einer Ausweisung und nach Einbringung der Berufung - sei es durch Zurückschiebung, Abschiebung oder durch freiwillige Ausreise - beendet, so käme einer Entscheidung über die gegen den Ausweisungsbescheid erhobenen Berufung nur mehr abstrakttheoretische Bedeutung zu.

 

Angemerkt wird, die Berufungsbehörden gemäß § 57 FPG idF vor dem 1.7.2011 im Falle einer freiwilligen Ausreise nur festzustellen hatten, ob die Ausweisung zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. Das FPG idF BGBl I Nr 38/2011 enthält in § 68 Abs 1 eine vergleichbare Bestimmung. Diese gilt aber nicht für Rückkehrentscheidungen und ist im vorliegenden Fall daher an sich nicht anwendbar.

 

Da der Bw aber am X eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hat, hat er dessen ungeachtet einen Anspruch darauf, dass über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung zum Zeitpunkt ihrer Erlassung gemäß § 65b Abs 1 iVm § 66 Abs 1 und 68 Abs 1 FPG entschieden wird.

 

Die Ausweisung wurde am 20.1.2010 mit der Zustellung an die rechtsanwaltlichen Vertreter des Bw erlassen. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte der Bw – nach Ablauf seines D-Visums am 8.12.2008 – über kein Aufenthaltsrecht und hielt sich daher nicht rechtmäßig iSd § 31 FPG in der damals geltenden Fassung im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung iSd § 53 Abs 1 FPG in der damals geltenden Fassung lagen daher vor.  Dazu muss – entgegen der Ansicht des Bw – keine bestimmte Tatsache iSd § 53 Abs 2 leg cit vorliegen. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels verschaffte ihm noch kein Aufenthaltsrecht.

 

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 66 Abs 1 leg cit die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 66 Abs 2 leg cit insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Über die Zulässigkeit der Ausweisung ist gemäß § 66 Abs 3 leg cit jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Das Vorbringen des Bw zum Artikel 8 MRK stützt sich ausschließlich auf das Familienleben mit seiner damaligen Gattin. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ausweisung einen relevanten Eingriff in das Familienleben mit seiner Gattin darstellt, da die eheliche Gemeinschaft zum damaligen Zeitpunkt bereits seit längerem aufgehoben war. Die Ausweisung beeinträchtigte aber zweifelsohne das Privatleben des Bw, da dieser erkennbar seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zunächst nicht beenden wollte.

 

Der Bw hat den größten Teil seines Lebens außerhalb des Bundesgebiets verbracht. Da sich der Bw bei Erlassung der Ausweisung vom 18.1.2010 erst seit 16.8.2008 im Bundesgebiet aufhielt, überwogen die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens eindeutig die privaten Interessen des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Ausweisung war zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung eines Zieles iSd Artikel 8 Abs 2 EMRK dringend geboten. Die Ausweisung war auf Grund des festgestellten Sachverhaltes gemäß § 66 Abs 1 leg cit zulässig. In Hinblick auf das eindeutige Ergebnis der nach § 66 FPG leg cit gebotenen Interessensabwägung waren Feststellungen zum Hergang der Eheschließung – insb zur Frage, ob der Bw seine erste Gattin "nur wegen dem Visum" geheiratet hat – nicht mehr erforderlich.

 

Die nachträgliche Einräumung des beantragten Durchsetzungsaufschubs kommt – da der Bw mittlerweile freiwillig ausgereist ist – nicht in Betracht.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

Talimat

(Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir. 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

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