Linz, 03.10.2011
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X,
X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Mai 2011, VerkR96-8718-2010 wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006,
zu Recht erkannt:
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Betreffend Punkte 1., 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird die Berufung insofern stattgegeben, als die Geldstrafen sowie Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herab- bzw. festgesetzt werden:
- zu 1.: 750 Euro bzw. 150 Stunden
- zu 2.: 750 Euro bzw. 150 Stunden
- zu 3.: 750 Euro bzw. 150 Stunden
Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10 % der neu
bemessenen Geldstrafen. Für das Verfahren vor dem
Oö. Verwaltungssenat ist kein Verfahrenkostenbeitrag zu entrichten.
Betreffend Punkt 4. wird die Berufung gegen das Strafausmaß als unbegründet abgewiesen. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20% der verhängten Geldstrafe zu entrichten.
Rechtsgrundlagen:
§ 134 Abs.1b KFG idF 30. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 94/2009
§ 19 VStG; § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:
- Geldstrafe (750 + 750 + 750 + 50 =) ................................... 2.300 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ......................................... 230 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz (zu Punkt 4) 10 Euro
2.540 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(150 + 150 + 150 + 10 =) ................................................... 460 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
Lenkzeit keine Fahrtunterbrechung eingelegt.
Lenkzeit von 07:31 Stunden nur 00:42 Stunden Lenkpause eingehalten.
Am 14.09.2010 wurde von 19:34:00 Uhr bis 15.09.2010 00:52:00 Uhr mit einer Lenkzeit von
04:31 Stunden nur 00:42 Stunden Lenkpause eingehalten.
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von´
1.150,00 230 Stunden § 134 Abs.1b KFG
900,00 180 Stunden § 134 Abs.1b KFG
1.100,00 220 Stunden § 134 Abs.1b KFG
50,00 10 Stunden § 134 Abs.1b KFG
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 5. August 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist eine nur gegen das Strafausmaß gerichtete, begründete Berufung erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Die Berufung richtet sich nicht gegen den Schuldspruch, sondern nur gegen
das Strafausmaß bzw. die Strafhöhe. Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist dadurch in Rechtskraft erwachsen;
VwGH vom 16.11.2007, 2007/02/0026; vom 17.12.2007, 2003/03/0248;
vom 25.04.2002, 2000/15/0084; vom 18.10.1999, 98/17/0364; vom 17.04.1996, 94/03/0003; vom 26.04.1979, Zlen 2261, 2262/77 – verstärkter Senat.
§ 134 Abs.1 KFG lautet auszugsweise:
Wer der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro – im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen – zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe – soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen – gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes
sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass übermüdete Lenker von schweren LKW eine große Gefahr für die Verkehrssicherheit – sowohl für die anderen Verkehrsteilnehmer, als auch für sich selbst – darstellen.
Für die Lenker derartiger LKW ist die Einhaltung insbesondere der
- täglichen Lenkzeit
- wöchentlichen Lenkzeit
- höchsten ununterbrochenen Lenkzeit
- täglichen Ruhezeit
enorm wichtig.
Die Bestimmung der EG-VO 561/2006 (Lenk- u. Ruhezeiten) sind Schutznormen, welcher der
- Gefahr des Lenkens von Schwerfahrzeugen in übermüdeten Zustand und
- Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor folgenschweren Unfällen
begegnen.
Von einem Berufskraftfahrer ist zu verlangen, bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften besondere Sorgfalt an
den Tag zu legen. VwGH vom 27.02.2007, 2004/01/0046 mit Vorjudikatur.
§ 134 Abs.1b KFG lautet auszugsweise:
Die Verstöße gegen die EG-Verordnung 561/2006 werden anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG nach ihrer Schwere in drei Kategorien aufgeteilt:
- sehr schwere Verstöße
- schwere Verstöße
- geringfügige Verstöße
Die Höhe der Geldstrafe beträgt im Falle eines
- sehr schweren Verstoßes: mindestens 300 Euro
- schweren Verstoßes mindestens 200 Euro
- geringfügigen Verstoßes: keine Mindeststrafe
Gemäß Anhang III der Richtlinie 2009/5/EG bedeutet
- - die Unterschreitung der täglichen Ruhezeit
§ um mehr als zwei Stunden: einen sehr schweren Verstoß
§ um mehr als eine Stunde: einen schweren Verstoß
- die Überschreitung der täglichen Lenkzeit
§ um mehr als zwei Stunden: einen sehr schweren Verstoß
§ um mehr als eine Stunde: einen schweren Verstoß
- eine ununterbrochenen Lenkzeit
§ von mehr als sechs Stunden: einen sehr schweren Verstoß
§ von mehr als fünf Stunden: einen schweren Verstoß
Der Bw hat betreffend
- Punkt 1: insgesamt fünf sehr schwere und zwei schwere Verstöße
- Punkt 2: am 02.09. sowie 10./11.09. jeweils einen sehr schweren Verstoß und an den Kalendertagen 01.09., 06.09., 08.09. und 09.09.
jeweils einen geringfügigen Verstoß
- Punkt 3: am 02.09, 06.09. und 15.09. einen sehr schweren Verstoß sowie am 01.09 und 09.09. einen schweren Verstoß
begangen.
Als mildernd ist die bisherige Unbescholtenheit des Bw zu werten.
Erschwerende Umstände liegen nicht vor.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw betragen:
ca. 1000 Euro brutto/Monat; kein Vermögen – Privatinsolvenz;
Sorgepflicht für zwei Kinder.
Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Mindeststrafen sowie der bisherigen Unbescholtenheit und der "tristen" Einkommens- u. Vermögensverhältnisse
des Bw ist es gerade noch gerechtfertigt und vertretbar,
in den Punkten 1., 2. und 3. die Geldstrafen jeweils auf ............. 750 Euro und
die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf ............... 150 Stunden herabzusetzen.
Betreffend Punkt 4 beträgt die Geldstrafe nur 1 % der möglichen Höchststrafe nach § 134 Abs.1 KFG und ist dadurch deren Herabsetzung nicht möglich.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % der – betreffend Punkte 1., 2. und 3. neu bemessenen – Geldstrafen.
Betreffend Punkt 4. ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen –
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler