Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730259/2/BP/Wu

Linz, 18.10.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Algerien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 25. Jänner 2010, Zl: 1018705/FP/10, betreffend die Verhängung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

إعتراضك مُوافق عليه ويلغى القرار المعترض عليه وبدون إصدار بديل له.

 

الأساس القانونى:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 25. Jänner 2010, Zl.: 1018705/FP/10, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 60 Abs. 1, 2 Z. 1, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt und gleichgehend gemäß § 67 FPG ein 1-monatiger Durchsetzungsaufschub erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein Staatsangehöriger von Algerien, vom LG Steyr am 21. Jänner 2010 unter Zl.: 491 11 Hv 235/09b-1, nach den §§ 127, 130 iVm. § 15 StGB, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 8 Monate bedingt, auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden sei. Dies habe verschiedene Diebstähle in den Jahren 2008 und 2009 in Österreich betroffen.

 

Der Bw verfüge über einen Aufenthaltstitel in Spanien, welchen er laut eigenen Angaben in Hinblick auf seine dortige Beschäftigung erhalten habe. Er sei ledig und habe weder in Spanien noch in Österreich familiäre oder verwandtschaftliche Beziehungen. Er verfüge über keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet und auch nicht über die Mittel zum Bestreiten seines Lebensunterhalts.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass im Fall des Bw jedenfalls § 60 FPG einschlägig sei. Durch sein persönliches Verhalten habe er die öffentliche Ordnung und Sicherheit vehement gefährdet und eine enorme kriminelle Energie gezeigt, die seine Gefährlichkeit untermauere. Der Bw habe sich durch gewerbsmäßige Diebstähle eine fortlaufende Einnahmequelle schaffen wollen.

 

Die öffentliche Ordnung sei weiterhin akut und erheblich gefährdet. Auch aus den privaten bzw. familiären Umständen im Sinne einer Interessensabwägung ergebe sich, dass die verhängte Maßnahme unbedingt erforderlich sei, um die öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Straftaten im Bereich des Eigentumsrechts zu schützen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 5. Februar 2010.

 

Eingangs wird der Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes, in eventu auf Herabsetzen der Gültigkeitsdauer, in eventu auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde beantragt.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Grunde nicht entgegengetreten, sondern darauf hingewiesen, dass der Bw innerhalb des erteilten Durchsetzungsaufschubes Österreich bereits in Richtung Spanien verlassen habe, wo er seit Jahren über eine Aufenthaltsberechtigung verfüge und seinen Hauptwohnsitz habe.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. sowie 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Für eine allfällige Überleitung von Aufenthaltsverboten, die in der alten Fassung des FPG auf § 60 gestützt wurden, findet sich keine dem § 125 Abs. 14 FPG vergleichbare Bestimmung. Nun ist aber festzustellen, dass ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich aus zwei Elementen besteht: zum Einen ist dies der Außerlandes-Verweis (rechtsterminologisch: Ausweisung oder nunmehr auch Rückkehrentscheidung); zum Anderen ist dies das Verbot ins Bundesgebiet wieder einzureisen.

 

Genau diese rechtlichen Elemente normierte der Gesetzgeber in § 52 iVm. § 53 des FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011 im Hinblick auf den Personenkreis nicht zum Aufenthalt berechtigter Drittstaatsangehöriger. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger, für begünstigte Drittstaatsangehörige, für Drittstaatsangehörige die Familienangehörige von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind, sowie für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel finden sich gesonderte Regelungen. 

 

3.1.3. Daraus folgt aber, dass für Personen gegen die ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 FPG (alte Fassung) verhängt wurde und die über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügen, im Berufungsverfahren nach dem FPG in der nunmehr geltenden Fassung zur Prüfung §§ 52 und 53 heranzuziehen sind.

 

3.1.4. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot auf Basis des § 60 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, wie auch, dass der Bw über keinen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügt, weshalb diese Maßnahme als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG und als Einreiseverbot gemäß § 53 FPG zu beurteilen ist.

 

Zudem steht außer Streit, dass der Bw über einen spanischen Aufenthaltstitel verfügt.

 

3.2. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger, der im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates ist, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen. 

 

3.3.1. Aus § 52 Abs. 2 folgt, dass gegen Drittstaatsangehörige, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und die über eine Aufenthalts-berechtigung eines anderen Schengenstaates verfügen, nur dann eine Rückkehrentscheidung erlassen werden darf, sofern die sofortige Ausreise erforderlich ist oder sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Die Ausreise muss der Behörde angezeigt werden.

 

3.3.2. Der Bw verfügte über eine von Spanien ausgestellte Aufenthalts-berechtigung und war schon aufgrund des doch längeren Zeitraums in Österreich mehr als 3 Monate und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig.

 

Seiner Ausreiseverpflichtung nach Spanien kam der Bw allerdings unverzüglich nach und hat dies auch durch seinen Rechtsanwalt (schon in der Berufung) angezeigt.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG ist somit von der Verhängung einer Rückkehrentscheidung gegen den Bw und folglich auch von der gleichgehenden Verhängung eines Einreiseverbotes abzusehen.

 

3.4. Es war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

تعليمــات قانونيــة

لا يجوز الإعتراض العادى على هذا القرار.

 

ملحوظــة

يجوز الإعتراض على هذا القرار خلال ستة أسابيع بعد توصيله، ويقدم هذا الإعتراض إلى المحكمة الدستورية العليا و/أو المحكمة الإدارية العليا. يقوم محامى موكل أو محامية موكلة، بغض النظر عن إستثناءات قانونية، بتقديم هذا الإعتراض ويكون مرفق به رسوم قدرها ٢٢٠ يورو.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

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