Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166306/2/Zo/Gr

Linz, 05.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 1. September 2011, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 9. August 2011, Zahl: S 2066/St/2011 wegen mehrerer Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

I. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Berufung gegen die Strafhöhe abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

II. Die Punkte 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses werden zu einem Punkt zusammengefasst und in diesem Punkt der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise stattgegeben. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabgestetzt.

 

III. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 45 Euro (10 Prozent der im Punkt 1 bestätigten sowie der in Punkt 2 zusammengefassten und herabgesetzten Geldstrafen). Für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 60 Euro zu bezahlen (20 Prozent der in Punkt bestätigten Strafe).

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19, 20 VStG

zu III: § 64 ff VStG


 

Entscheidungsgründe:

1. Die BPD Steyr hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

 

Sie haben wie am 09.02.2011 um 15.55 Uhr in A-4400 Steyr, auf der B 115, Ennser Strasse 10, bei StrKm 19.16 - Kontrollstelle, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen X samt Sattelanhänger mit dem polizeilichen Kennzeichen X, einem Kraftfahrzeug, welches mit einem digitalen Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet ist, festgestellt wurde

1)     es unterlassen auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht die Bestätigung des Arbeitgebers über die lenkfreien Arbeitstage auszuhändigen, obwohl Lenker auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke, die Fahrerkarte und die mitgeführten Schaublätter des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage, falls sie in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt haben, das mit einem analogen Kontrollgerät ausgerüstet ist, auszuhändigen haben. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage und werden dafür auch keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen und bei Kontrollen auszuhändigen. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, Abi. Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

2)     es als Fahrer des oa. Kfz weiches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschl. Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es fehlte der manuelle Nachtrag der Ruhezeit für den Zeitraum vom 14.1.2011 - 14:09 Uhr bis 17.01.2011 -01:56 Uhr. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in

 

der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

3) es als Fahrer des oa. Kfz welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschl. Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es fehlte der manuelle Nachtrag der Ruhezeit für den Zeitraum vom 05.02.2011 -10.49 Uhr bis 07.2.2011-07.43 Uhr. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG.ABI.Nr. L29 einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)        § 102a Abs. 4 KFG idgF iVm § 134 Abs. 1b KFG 1967

2)        § Art 15 Abs 2 EG-VO iVm § 134 Abs. 1 b KFG 1967

3)        § Art 15 Abs 2 EG-VO iVm § 134 Abs. 1 b KFG 1967

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden folgende Geldstrafen verhängt:

1)     300,00 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden verhängt,

2)     300,00 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden verhängt,

3)      300,00 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden verhängt.

 

Gesamtsumme: 900,00 Euro

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zu zahlen:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d. s. 10%
90"
                                                             der Strafe

=€0,00                          Als Ersatz der Barauslagen für

Der zu Zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

 

€990,

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bestritt der Berufungswerber die Tatvorwürfe nicht, machte jedoch Ausführungen dazu, dass er nicht in der Lage sei, die verhängte Strafe zu bezahlen und diese für ihn eine unzumutbare Härte darstelle. Er habe einen Nettoverdienst von ca. 1700 Euro, welcher aber nur zwölfmal ausbezahlt werde. Davon müsse er Miete, einen Kredit und auch die Aufwendungen, die er als Fernfahrer zu tragen habe, bezahlen. Insgesamt würden ihm lediglich 1000 Euro zum Leben verbleiben, wovon er noch Miete und Kredit zu bezahlen habe.

 

3. Der Bundespolizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 9. Februar 2011 um 15:55 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug. Bei einer Kontrolle auf der B 115 bei Straßenkilometer 19,16 wurde auch seine Fahrerkarte überprüft und dabei festgestellt, dass für die Zeit vom Freitag 14. Jänner, 14:09 Uhr bis Montag 17. Jänner, 01:56 Uhr, für die Zeit von Dienstag 18. Jänner, ca. 13:45 Uhr bis Montag, 31. Jänner, ca. 06:40 Uhr sowie für die Zeit vom 5. Februar, 10:49 Uhr bis 7. Februar 2011, 07:43 Uhr keine Aufzeichnungen vorhanden waren. Vom 18. bis 28. Jänner befand sich der Berufungswerber im Krankenstand, er konnte dem Kontrollbeamten jedoch trotz dessen Verlangen keine entsprechenden Bestätigungen vorlegen.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten und verfügt nach dem von ihm vorgelegten Gehaltszetteln über ein monatliches Nettogehalt von ca. 1100 Euro (ohne Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwandes).

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Der Berufungswerber hat die Tatvorwürfe nicht bestritten sondern diese eingeräumt. Er hat auch die rechtliche Beurteilung der Erstinstanz nicht bestritten sondern lediglich Ausführungen zur Strafbemessung gemacht. Die Berufung ist daher nur gegen die Strafhöhe gerichtet, weshalb die Schuldsprüche des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen sind.

 

Bezüglich der Punkte 2 und 3 ist festzuhalten, dass es sich dabei um Tätigkeiten innerhalb eines in einem engen zeitlichen Konnex stehenden und ineinandergreifenden Transportes handelt, weshalb nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einem einheitlichen Gesamtplan und damit einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist. (vgl. dazu die Entscheidung vom 28. März 2003, Zahl: 2002/02/0140, welche auch verschiedene Mängel beim Ausfüllen der Schaublätter als fortgesetztes Delikt betrachtet). Diese Überlegungen sind auch für das fehlende Nachtragen der Wochenendruhezeit anzuwenden, weshalb auch hier ein fortgesetztes Delikt vorliegt. Dies wirkt sich auch auf die Strafbemessung aus, weil eine gesetzliche Mindeststrafe festgelegt ist und es daher einen Unterschied macht, ob diese der Beurteilung für eine zusammengefasste Übertretung oder für zwei selbstständige Übertretungen zugrunde zulegen ist. Es waren deshalb trotz der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung die Punkt 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses zusammenzufassen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für jede Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 5000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Für die Strafbemessung ist es daher relevant, in welche Kategorie entsprechend des Anhanges III der angeführten Richtlinie die jeweiligen Übertretungen fallen.

 

Dazu ist zu Punkt 1 (fehlende Bestätigung des Krankenstandes) festzuhalten, dass es sich dabei um eine Übertretung des § 102a Abs.4 KFG, nicht aber um eine solche der Verordnung (EG) 3821/85 oder der Verordnung (EG) 561/2006 handelt. Für die Übertretung des § 102a KFG ist jedoch die Bestimmung des      § 134 Abs.1 b KFG nicht anzuwenden, sodass diesbezüglich keine gesetzliche Mindeststrafe festgesetzt ist. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der nicht mitgeführten Bestätigung des Krankenstandes ein Zeitraum von ca. eineinhalb Wochen nicht kontrolliert werden konnte. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist daher durchaus erheblich.

 

Bezüglich des fehlenden händischen Nachtrages der Wochenendruhezeiten ist festhalten, dass diese die Auswertung und Überprüfung der Lenk- u. Ruhezeiten nicht wesentlich erschweren. In diesem Zusammenhang wären Manipulationen nur denkbar, wenn der Berufungswerber ohne Fahrerkarte gefahren wäre. Dies erscheint jedoch – da es sich von den betroffenen Zeiträumen her offenkundig jeweils um die Wochenendruhe handelt – nicht sehr wahrscheinlich. Bezüglich dieser Übertretung ist der Unrechtsgehalt daher als niedrig anzusehen. Es handelt sich jedoch nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG um einen sehr schwerwiegenden Verstoß, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe 300 Euro beträgt. Im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers und den geringen Unrechtsgehalt kann für diese Übertretung § 20 VStG angewendet und die dadurch herabgesetzte Mindeststrafe von 150 Euro verhängt werden.

 

Bezüglich der nicht mitgeführten Bestätigung über den Krankenstand liegen jedoch mit Ausnahme der bisherigen Unbescholtenheit keine weiteren Milderungsgründe vor. Wie bereits dargelegt ist diesbezüglich der Unrechtsgehalt als hoch einzuschätzen und die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nur zu sechs Prozent aus.  Sie erscheint daher nicht überhöht. Eine Herabsetzung kommt in diesem Punkt trotz der relativ ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers aus general- u. spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht.

 

III: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum