Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252703/13/Lg/Ba

Linz, 18.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 22. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der J E, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Jänner 2011, Gz. 0033743/2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin (in der Folge: Bw) Folgendes vorgeworfen:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaberin der Firma E J, X, X, 'C C', welche für die Erfüllung der sozialversicherungs­rechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 10.03.2010 (laut Fahr­tenbuch Kennzeichen X) Herrn O E-O, geboren X, wohnhaft X, X als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Ab­hängigkeit gegen Entgelt ausgehend vom Firmenstandort bzw. von der weiteren Betriebs­stätte in Wels als Kraftfahrer - Überstellungsfahrten im Auftrage der Firma - fallweise be­schäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsicht­lich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine per­sönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer als fallweise Beschäftigter nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversi­cherung vollversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestan­gaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen."

 

Begründend wird dazu ausgeführt:

 

"Von einem Organ des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten, KIAB wurde bei einer Kontrolle am 21.05.2010 um etwa 23:27 Uhr der im Spruch angeführte Sachverhalt festgestellt. Beigeschlossen war(en) der An­zeige diverse Datenauszüge und das Fahrtenbuch über die Verwendung des Probekennzeichen X, sowie diverse Kopien. Weiters war eine Niederschrift mit dem Arbeitnehemr beigelegt und hat die­ser darin angegeben, dass er heute für einen Freund fahren würde. Allerdings habe er die im Fahrtenbuch eingetragenen Fahrten für die Firma C-C in Linz durchgeführt. Das Fahrtenbuch ha­be er von Herrn H erhalten, für die Firma habe er nur die im Fahrtenbuch eingetragenen Überstellungsfahrten erledigt, aber arbeiten würde er nicht für die Firma. Er beziehe derzeit Not­standshilfe und habe seine Tätigkeit nicht dem AMS gemeldet.

 

Außerdem war eine Bescheinigung über Ziel und Zweck sowie Beginn und Ende der Probefahrt gem. § 45 Abs. 6 KFG 1967 beigelegt und ging daraus hervor, dass der oa. Arbeitnehmer das Fahrzeug SUZU­KI XJ 40 von X nach X überstellen würde. Beginn der Überstellungsfahrt sei 21:30 Uhr gewe­sen.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.07.2010 wurde gegen Sie wegen der im Spruch darge­stellten Verwaltungsübertretung das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Ihr Gatte Herr H E, geboren X brachte in Ihrem Namen anlässlich der Einver­nahme vom 17.09.2010 im Wesentlichen vor, dass die im Fahrtenbuch eingetragenen Fahrten zu Stande gekommen seien, weil Ihre Firma von Herrn E O O Fahrzeuge gekauft habe, er habe ihm das gegenständliche Probekennzeichen gegeben, damit er die Autos in die Firma brin­gen könne. Beschäftigt hätten Sie Herrn O nicht.

Die Kaufverträge würden binnen einer Frist von einer Woche ab heute der Behörde vorgelegt.

Es wurde daraufhin lediglich ein Kaufvertrag vom 03.04.2010 betreffend einen Opel Astra, nicht jedoch für die im Fahrtenbuch angeführten Fahrzeuge vorgelegt.

 

In der Folge wurde Herr O vor der Behörde einvernommen und gab dieser nunmehr am 28.10.2010 folgendes an: 'An die Kontrolle der KIAB gemeinsam mit der Polizei St. Pölten könne er sich erin­nern. Am Kontrolltag sei er mit einem Suzuki mit Überstellungskennzeichen gefahren. Das Über­stellungskennzeichen gehöre der Firma C-C. Am Kontrolltag habe Ihn Herr J A angerufen und Ihn ersucht mit ihm mitzufahren, da er irgendwo im Bezirk X ein Fahrzeug ab­zuholen habe. Jetzt seien sie zur Abholadresse gefahren, hätten das Kennzeichen auf den Suzuki montiert und dann seien sie weggefahren. Er sei mit dem Suzuki gefahren. Bei seinen Überstel­lungsfahrten habe es sich immer um Fahrzeuge gehandelt, die er von den jeweiligen Besitzern gekauft habe - Kaufverträge würde er innerhalb von 2 Wochen beibringen. - Das Überstellungs­kennzeichen sei ihm von Herrn H überlassen worden, damit er die Fahrzeuge nach X, zur Firma E in X bringen konnte. Dort seien nach der Abmontage noch verwendbarer Teile von der Firma E verschrottet worden. Die noch verwertbaren Teile habe er selbst für das jeweilige eigene Fahrzeug verwendet. Deshalb sei er am 20.04.2010 einen Toyota Starlet und am 14.05.2010 einen Nissan Almera gefahren. Am 12.03.2010 habe er einen Opel Cor­sa besessen.

 

Von Herrn H habe er nie einen Auftrag zur Fahrzeugüberstellung bekommen. Bezüglich der in der Niederschrift angeführten € 10,00 gebe er an, dass er diese als Kaffeegeld für die Überstellung des Nissan Almera von X nach X, X Straße erhalten habe. Dies sei der einzige Freundschaftsdienst gewesen.

 

Vom Leiter der Amtshandlung wird Herr O nunmehr nochmals auf die Verpflichtung zur wahrheitsge­mäßen Aussage hingewiesen und gibt nunmehr an, das er seine bisherige Aussage dahingehend abändern möchte, dass er niemals der Eigentümer des Nissan Almera gewesen sei und dieses Fahrzeug niemals ihm gehört habe. Weiters gebe er nunmehr an, dass die genannte Firma E keinesfalls involviert gewesen war, sondern die Überstellungsfahrten im Auftrag von Herrn H, der ein Freund von ihm sei, durchgeführt worden sind. Dies sei die ganze Wahrheit.

 

Gemäß § 37 AVG wurde der Anzeigenleger um Stellungnahme zu den Rechtfertigungsangaben ersucht und äußerte sich dieser im Wesentlichen dahingehend, dass der Tatvorwurf bisher nicht entkräftet wer­den konnte - fuhr doch Hr. O mehrmals mit dem Probekennzeichen der Firma - siehe Fahrtenbuch - und unterstand so zumindest der 'funktionellen Autorität' der Beschuldigten. Nach ständiger Judikatur des VwGH ist dieser Umstand schon allein ein wichtiges Indiz für die Beurteilung von arbeitnehmer- bzw. arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnissen.

 

In der Folge wurden sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, doch äußerten Sie sich nicht weiter.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des ASVG lauten auszugsweise wie folgt:

 

Meldebestimmungen

§ 33

 

(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Ar­beitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

(1a)    Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten mel­det, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnum­mern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Be­schäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversi­cherung (vollständige Anmeldung).

 

(2)     Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Un­fallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldun­gen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Strafbestimmungen

§111

 

(1)       Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.      Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.      Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.      Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.      gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versiche­rungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

(2)       Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

·         mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

·         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwal­tungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. Die oa. Firma hat als Dienstgeber fallweise Herrn O als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgehend vom Firmensitz als Fahrzeugüber­steller beschäftigt, obwohl dieser nicht rechtzeitig vor Arbeitsantritt zumindest mit den Min­destangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozi­alversicherungsträger ordnungsge­mäß angemeldet wurde und auch nicht von der Versiche­rungspflicht als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ausgenommen ist.

Es ist somit der Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht er­füllt.

 

Schuldfrage:

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 (1) VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

·         einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

·         zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

·         der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Ver­schulden trifft.

Sie haben im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnten Sie mit Ihrer Rechtfertigung nicht erbringen bzw. geht diese ins Leere.

Ihre Ausführungen mussten als reine Schutzbehauptungen gewertete werden. Auch konnten sie keinerlei Nachweise für die von Ihnen ins Treffen geführte Kaufvariante - es wurden keine relevanten Kaufverträ­ge zwischen Ihnen und Herrn O beigebracht - der Behörde vorlegen.

 

Indem sie Herrn O nicht beim zuständigen Sozialversicherungsträger rechtzeitig vor der jewei­ligen Überstellungsfahrt angemeldet haben, haben sie zumindest fahrlässig gehandelt.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass in Anwendung des letzten Halbsatzes des § 111 ASVG mit der ver­minderten Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden konnte.

Als strafmildernd wurde gewertet:     unbescholten, geringes Verschulden;
Straferschwerend war:                                  kein Umstand.

 

Bei der Berücksichtigung Ihrer Vermögens-, Einkommens- und Familien­verhältnisse ging die Behörde aufgrund Angaben von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1200,00 und Sorgepflichten für 4 Kinder aus.

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG 1991 maßgebender Bemessungs­gründe ist daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG 1991 festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts­- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Der Ausländer hat nicht bei mir gearbeitet. Er hat seinem Freund geholfen um mir ein Auto zu verkau­fen. Aus diesem Grund hat er von mir das Überstellungskennzeichen erhalten. Der Kaufvertrag des inkriminierten Fahrzeuges wird per Fax übermittelt. Warum er auch für andere Fahrten im Fahrtenbuch aufscheint, kann ich so erklären, dass er von mir für alle diese Fahrten nur die blaue Nummer erhalten hat, um die Autos überstellen zu können. Er hat niemals bei mir gearbeitet."

 

Beigelegt ist die von Seiten der Bw übermittelte Kopie betreffend den Kaufver­trag des Fahrzeuges "Suzuki Sumarai", Erstzu­lassung 1985. Als Verkäufer scheint C S, J A (?), X, auf, als Käufer C C, KFZ-Handel E J, X. Unterzeichnet wurde der Kaufvertrag am 22.9.2010. Der Kaufpreis betrug 600 Euro.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält den Strafantrag des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom 27.5.2010. Der Strafantrag enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Anhaltung des Suzukis mit Werkstattkennzeichen X durch Beamte der Verkehrsinspektion St. Pölten im Zuge einer Schwerpunktaktion KIAB, Verkehrs­inspektionen und Prüfzug der Nö. Landesregierung im Zeitraum 21.5.2O10 17,00 Uhr bis 22.5.2010 02,00 Uhr.

 

Der, durch Beamte der VI St. Pölten, angehaltene Fahrer Hr. O E-O österr. STa. gab anschließend in der Prüfhalle der NÖ Landesregierung, bei der Kontrolle an, in NH Bezug beim AMS Linz zu sein.

 

Es wurde Einsicht in das mitgeführte Fahrtenbuch genommen und der Verdacht erhärtet, dass Hr. O im Auftrag der Fa. 'C C' KFZ Handel, E J einige Überstellungsfahrten für jene Firma durchgeführt hatte ohne zur SV angemeldet gewesen zu sein.

 

Hr. O bestreitet, zumindest teilweise für die Fa. C C in 4020 Linz tätig zu sein obwohl er mehrmals im Fahrtenbuch als Fahrer für Überstellungsfahrten eingetragen ist. Er gibt zu nur ein Mal € 10,- vom Chef der Fa. erhalten zu haben ohne zu wissen für was? Hr. O zeigte sich nicht sehr kooperativ - eine Niederschrift wurde mit ihm aufgenommen."

 

Beigelegt ist ein Aktenvermerk des Teams KIAB vom 21.5.2010 über die Anhaltung des Suzuki mit blauem Kennzeichen X.

 

Weiters ist beigelegt ein Fahrtenbuch (Nachweis über die Verwendung des Probe­fahrtkennzeichens gemäß § 45 Abs.6 KFG) für das Kennzeichen X für das Jahr 2010. Darin sind ab 19.2.2010 zahlreiche Lenker für Fahrten auf ver­schiedenen Kfz vermerkt. Für den gegenständlichen Ausländer sind Fahrten vom 10.3.2010, vom 11.3.2010, vom 12.3.2010, vom 20.4.2010, vom 14.5.2010 und vom 21.5.2010 vermerkt. Dabei verwendete der Ausländer die Fahrzeugtypen Mazda 323, Opel Corsa, Toyota Starlet, Nissan Almera und Suzuki XY40. Eingetragen sind weiters die unterschiedlichen Fahrtstrecken.

 

Am 22.5.2010 gab der Ausländer gegenüber dem Team KIAB Folgendes zu Protokoll:

Frage: Wer ist Ihr Arbeitgeber bzw. für welche Firma arbeiten Sie?

Heute überstelle ich den Suzuki für meinen Freund A J, wh. X. Die in dem Fahrtenbuch eingetragenen Fahrten habe ich bis auf die heutige, für die Firma C C, KFZ Handel, E J, X, X, durchgeführt.

Wer hat Sie eingestellt?

Hr. H, im Büro der Firma hat er mir das Fahrtenbuch gegeben.

Welche Arbeiten verrichten Sie für die Firma und wo verrichten Sie diese?

Nur Überstellungsfahrten lt. Fahrtenbuch.

Arbeiten auch andere AN für diese Firma mit Ihnen zusammen?

Ich fahre immer nur alleine.

Seit wann arbeiten Sie für diese Firma und in welchem Ausmaß?

Ich arbeite nicht für die Firma C C.

Wie hoch ist die Entlohnung pro Stunde und mit wem wurde diese vereinbart?

1 x habe ich € 10,-- von Herrn H bekommen – wann weiß ich nicht mehr.

Wie erfolgt die Bezahlung und wie viel haben Sie bis jetzt von wem erhalten?

Bar, € 10 von Hr. H.

Ich bin seit ca. 2 Monaten in NH-Bezug beim AMS Linz. Ich habe es dem AMS Linz nicht gemeldet, da ich nicht in der Firma C C arbeite.

 

Beigelegt ist ferner eine Bescheinigung über Ziel und Zweck sowie Beginn und Ende der Probefahrt gemäß § 45 Abs.6 KFG 1967 mit dem Probefahrtkennzeichen X für das Fahrzeug Suzuki XY40. Als Ziel der Probefahrt ist angegeben X – X. Als Zweck der Probefahrt: Überstellung. Als Beginn der Probefahrt 21.30 Uhr.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich die Bw, vertreten durch ihren Gatten, H H, am 17.9.2010 wie folgt:

 

"Die im Fahrtenbuch eingetragenen Fahrten kamen zu Stande, weil wir von Herrn E O O Fahrzeuge gekauft haben. (Anm. es wird aufgetragen die Kauf­verträge binnen einer Frist von einer Woche ab heute der Behörde vorzulegen) Ich habe ihm das gegenständliche Probekennzeichen gegeben, damit er die Autos zu uns in die Firma bringen kann. Beschäftigt haben wir Herrn O nicht. Warum er aussagt, er hat von uns € 10,00 bekommen kann ich mir nur so erklären, dass er sich selbst schützen wollte (er übt vielleicht ein Gewerbe aus – das weiß ich nicht)."

 

Beigelegt ist ein Kaufvertrag vom 3.4.2010. Als Verkäufer scheint O E O als Käufer die Firma C C auf. Verkauft wurde ein Opel Astra zum Kaufpreis von € 300.

 

Am 28.10.2010 sagte E O O niederschriftlich vor dem Bezirksverwaltungsamt Linz aus:

 

"An die Kontrolle der KIAB gemeinsam mit der Polizei St. Pölten kann ich mich erinnern. Ich bin am Kontrolltag mit einem Suzuki mit Überstellungskennzeichen gefahren. Das Überstellungskennzei­chen gehört der Firma C-C.

Am Kontrolltag hat mich Herr J A angerufen und hat mir gesagt, dass er ein Fahrzeug irgendwo im Bezirk X zum Abholen habe und mich ersucht mit Ihm mitzufahren. Jetzt sind wird zur Abholadresse gefahren und haben das Kennzeichen auf den Suzuki montiert und dann sind wir weggefahren. Er mit seinem Fahrzeug und ich mit dem Suzuki.

*) Bei meinen Überstellungsfahrten hat es sich immer um Fahrzeuge gehandelt, die ich von den jeweiligen Besitzern gekauft habe - Kaufverträge werden innerhalb von 2 Wochen beigebracht. Das Überstellungskennzeichen wurde mir von Herrn H überlassen, damit ich die Fahrzeuge nach Bad Hall, zur Firma X in Waldneukirchen bringen konnte. Dort wurden die Fahrzeuge nachdem noch verwendbare Teile in der Werkstatt X abmontiert worden sind, von der Firma X ver­schrottet. Die verwertbaren Teile habe ich selbst für das jeweilige eigene Fahrzeug verwertet. Ich bin am 20.04.2010 einen Toyota Starlet gefahren und am 14.05.2010 einen Nissan Almena. Am 12.03.2010 habe ich eine Opel Corsa besessen.

Von Herrn H habe ich nie eine Auftrag zur Fahrzeugüberstellung gehabt.  

*) gestrichen auf Wunsch des Zeugen

Bezüglich der in der Niederschrift angeführten € 10,00 gebe ich an, dass ich diese als Kaffeegeld für die Überstellung des Nissan Almera von X nach X, X erhalten habe. Dies war der einzige Freundschaftsdienst.

Ich revidiere meine vorige Aussage, dass ich Eigentümer des Nissan Almera war, dahingehend, dass diese Fahrzeug niemals mir gehört hat.

Aufgrund des nochmaligen Hinweises auf die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage wird meine Aussage dahingehend abgeändert, dass die Firma X keinesfalls involviert war, sondern die Überstellungsfahrten im Auftrag von Herrn H, der ein freund von mir ist, durchgeführt wurden. Dies ist die Wahrheit."

 

Mit Schreiben vom 19. November 2010 nahm das Finanzamt Linz wie folgt Stellung:

 

"Zu den Ausführungen der Beschuldigten wird wie folgt Stellung genommen.

 

Er habe mehrere Autos von Hrn. O verkauft und er wäre der Meinung Hr. O würde vielleicht ein Gewerbe ausüben?

 

Hr. O war von 1.3.2004 bis 4.4.2007 in Besitz einer Gewerbeberechtigung: Handels- und Handelsagentengewerbe.

 

Wäre Hr. O in Besitz einer Gewerbeberechtigung für den Handel mit KFZ hätte er auch die notwendigen Probekennzeichen um Probe bzw. Überstellungsfahrten mit den eigenen Kennzeichen durchführen zu können.

 

Es wäre auch überlegenswert - vorausgesetzt die Angaben des Beschuldigten entsprechen der Wahrheit, gegen Hrn. O ein Verfahren wegen Verstoßes nach der Gewerbeordnung einzuleiten.

 

Der Tatvorwurf konnte bisher von der Beschuldigten nicht entkräftet werden - fuhr doch Hr. O im Auftrag der Beschuldigten mehrmalig mit deren Probekennzeichen - siehe Fahrtenbuch und unterstand so zumindest der 'funktionellen Autorität' der Beschuldigten.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist dieser Umstand schon allein ein wichtiges Indiz für die Beurteilung von arbeitnehmer- bzw. arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Beschuldigten."

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Gatte der Bw (H H), der sie in der Verhandlung vertrat, dar, seine gewerbliche Tätigkeit bestehe im Kfz-Handel. Er verwende für den Ankauf von (gebrauchten) Autos bzw. für deren Überstellung das gegenständliche Wechselkennzeichen. Gegen­ständlich habe ihm ein gewisser J telefonisch ein Auto angeboten. Glaublich sei dieser zu ihm in die Firma gekommen und habe das Wechselkennzeichen geholt. O sei ein Freund von J und habe diesen begleitet, weil J ja nicht mit zwei Autos alleine zurückfahren habe können. Das Auto sei monatelang in der Firma C-C gestanden, bevor der Kaufvertrag unterzeichnet worden sei. Vertrags­partner sei J gewesen. Die Firma C-C habe O für diese Fahrt nichts bezahlt, dieser habe auch kein Geld erwartet. Seit der gegenständlichen Schwierigkeit nehme H H solche Überstellungen nur noch selbst vor.

 

O sagte zeugenschaftlich aus, J und er seien nach Niederösterreich gefahren, um ein von J gekauftes Auto zur Firma C-C zu bringen. J habe das Wechselkennzeichen von der Firma C-C geholt und dann den Zeugen von zu Hause abgeholt. Zu diesem Zeitpunkt habe der Zeuge noch nicht einmal gewusst, dass es eine Fahrt mit dem Fahrtenbuch der Firma C-C gewesen sei. J habe das Auto gekauft und der Zeuge habe seinen Namen in das Fahrtenbuch eingetragen und in der Folge auch das Fahrzeug gelenkt. Einer von beiden habe dies ja tun müssen. Der Zeuge habe für diese Fahrt kein Geld bekommen.

 

Den Umstand, dass der Zeuge mehrmals im Fahrtenbuch aufgeschienen sei, erklärte der Zeuge damit, dass er auch selbst Autos gekauft und der Firma C-C zum Verkauf angeboten habe. Solche Autos habe der Zeuge bei Interesse H Hs mit dem Wechselkennzeichen der Firma C-C geholt. H H habe sich dann das Auto angesehen und gegebenenfalls gekauft. Auch für diese Fahrten habe er von der Firma C-C kein Geld erhalten.

 

5.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im Hinblick auf die übereinstimmende Darstellung des Vertreters der Bw und des Zeugen O, der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung der Wahrheits­pflicht unterlag, dessen Aussage im Wesentlichen mit seinen Auskünften anläss­lich der Erstbefragung und mit der Aussage vor der Erstbehörde übereinstimmte und der glaubwürdig auftrat (wobei auch der für den Unabhängigen Verwaltungssenat geltende Unmittelbarkeitsgrundsatz zu beachten ist), ist davon auszugehen, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um die Überstellung eines von einem Dritten ("J") gekauften Fahrzeugs zur Firma C-C handelte. Nimmt man, zumindest im Zweifel (Zweifel ergeben sich im Hinblick auf die vorgelegten Kaufverträge), diese Version des Sachverhalts an, so erscheint auch plausibel, dass O die Fahrt nicht gegen Entgelt für die Firma C-C vornahm. Was das vereinzelte Aufscheinen O im Fahrtenbuch jenseits der gegenständlichen Fahrt betrifft, so sind die näheren Umstände nicht mehr zweifelsfrei aufzuklären. Insbesondere ist die Darstellung O, er selbst sei gelegentlich als (Zwischen-)Verkäufer aufgetreten, nicht mit Sicherheit zu widerlegen, da es sich hier um einen Handel mit (fast oder tat­sächlich) schrottreifen Fahrzeugen handeln dürfte. (Im vorgelegten Kaufvertrag vom 3.4.2010 scheint übrigens O als Verkäufer auf.) Dass O anlässlich seiner Erstbefragung einräumte, irgendeinmal 10 Euro von H H erhalten zu haben, reicht nicht für die Annahme hin, er habe eine der erwähnten Fahrten (welche?) gegen Entgelt vorgenommen, zumal eine solche Annahme in Wider­spruch zur Aussage des Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung stehen würde.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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