Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531058/12/Re/Sta

Linz, 08.08.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der D F C A vom 24. Juni 2010 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Mai 2010, Zl. 501/M101023, betreffend eine Untersagung gemäß § 345 GewO 1994 unter Beachtung des in der gegenständlichen Angelegenheit bereits ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2011, Zl. 2010/04/0127-6, zu Recht erkannt:

 

 

          Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur (neuerlichen) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz zurückverwiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.2, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 345 sowie 81 Abs.3 iVm  81 Abs.2 Z9 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bürgermeister der Landeshauptmannschaft Linz hat mit dem Bescheid vom 31. Mai 2010, Zl. 501/M101023, im Zusammenhang mit einer Anzeige der D F C A vom 1. März 2010 betreffend eine das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussende Änderung "die Durchführung der angezeigten Änderung der D F C A vom 1.3.2010, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, untersagt." Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bei der Änderung handle es sich um die Produktion des pharmazeutischen Wirkstoffs SAFI-3 im Bau 30. Bei der angezeigten Produktion würden Abwässer entstehen, die aus dem Herkunftsbereich der Anlage A der Indirekteinleiterverordnung stammen und daher grundsätzlich einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Die derzeit für den Bau 30 geltende wasserrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid vom 7. März 2005 erteilt worden. Weder im dazugehörigen Projekt noch im Bescheid sei die gegenständliche Produktion genehmigt. Abwässer mit gefährlichen Abwasserinhaltsstoffen seien eindeutig Emissionen, die nachteilige Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Betriebsanlagen haben. Aus diesen Gründen lägen die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht vor.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die D F C A mit Eingabe vom 24. Juni 2010, innerhalb offener Frist  Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der angefochtene Bescheid werde damit begründet, dass die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht vorlägen, weil die Abwässer durch die geltende wasserrechtliche Bewilligung nicht genehmigt seien. Bei der Produktion von SAFI-3 handle es sich um einen zeitlich begrenzten routinemäßigen Technikumsversuch im Technikum Bau 30. Für diese Abwässer gelten die wasserrechtlichen Bescheide des Magistrates der Stadt Linz vom 22.3.2004 betreffend Bau 149 Abwasservorreinigung, sowie vom 7.3.2006 betreffend Bau 30 samt Nebenanlagen. Der erste Bescheid decke die Ableitung der im C L anfallenden Abwässer nach Vorreinigung in der BAV in den Umleitungskanal der L S GmbH. Der zweite Bescheid decke ua. die Ableitung von betrieblichem Abwasser aus den Bauten 30 und 49 im Rahmen des ersten Bescheides.

Beide Bescheide würden keine Einschränkungen auf bestimmte Produktionen oder Technikumsversuche enthalten. Diese Bescheide seien bisher immer so ausgelegt worden, dass das eingeräumte Maß der Wasserbenutzung auch für künftige Produktionen und Technikumsversuche gelte. Vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz sei festgehalten worden, dass beim Bau 30 wegen des Technikumscharakters  eine taxative Aufzählung der hergestellten Produkte nicht möglich sei. Als mögliche Herkunftsbereiche würden AEV Pharmazeutika, AEV Organische Chemikalien, AEV Laboratorien und AEV Pflanzenschutzmittel genannt; die gegenständlichen Abwässer seien der AEV Pharmazeutika zuzuordnen. Da durch die Abwässer aus dem Technikumsversuch SAFI-3 das mit diesen Bescheiden eingeräumte Maß der Wasserbenutzung nicht überschritten werde, sei deren Ableitung wasserrechtlich genehmigt. Dies sei von der Behörde auch in den letzten Monaten so gesehen worden. Es sei nicht begründet worden, weder im Bescheid noch im Schriftverkehr, in welcher Hinsicht das genehmigte Maß der Wasserbenutzung überschritten und daher die Genehmigungspflicht ausgelöst werde, weshalb beantragt werde, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die angezeigte Änderung zur Kenntnis zu nehmen.

 

Darüber hinaus wird vorgebracht, dass der Untersagungsbescheid am 11. Juni 2010 zugestellt worden sei. Die Anzeige sei am 1. März 2010 erfolgt, weshalb der Bescheid nicht innerhalb der in § 345 Abs.6 GewO 1994 vorgeschriebenen Frist von 2 Monaten nach Erstattung der Anzeige erlassen worden und schon aus diesem Grund nicht zulässig sei.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat über diese Berufung mit Berufungsentscheidung vom 21. September 2010, VwSen-531058/2, entschieden, der Berufung keine Folge gegeben und den bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 2010 konkretisiert und bestätigt.

 

 

4. Auf Grund der gegen diese Berufungsentscheidung von der Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof durch ihre rechtsfreundliche Vertretung eingebrachten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr mit Erkenntnis vom 22. Februar 2011, Zl. 2010/04/0127-6, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Dies unter Hinweis auf die in einem gleichgelagerten Beschwerdefall zu Zl. 2010/04/0116 ergangenen Gründe, wonach er unter Hinweis auf die maßgebenden Bestimmungen der GewO 1994, nämlich der §§ 74 Abs.1, 81 Abs.1, Abs.2 Z5 und Z9 sowie Abs.3, 345 Abs.5 und 6 sowie 356b Abs.1 GewO 1994 zunächst grundsätzlich feststellt, dass der Begriff "Emissionsverhalten" im Sinne des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 nicht eingeschränkt wird, sodass grundsätzlich auch Emissionen in flüssiger Form, somit Abwässer, von der Gesetzesstelle erfasst sind. Auch im Verfahren zur Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 sind die Interessen gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 zu wahren. Dabei ist auf nachteilige Einwirkungen der Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer nur dann Bedacht zu nehmen, wenn nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist (§ 74 Abs.2 Z5 GewO 1994). Unter Hinweis auf ein Erkenntnis vom 24. April 1990, 89/04/0194, stellt er weiters fest, dass die unbestimmte Wortfolge "nicht nachteilig beeinflussen" in § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 nach dem Einleitungssatz des Abs.2 an den Kriterien des Abs.1 zu messen ist. Daraus folge, dass die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzung "nicht nachteilig beeinflussen" in § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 durch jene Interessen begrenzt ist, die die Gewerbebehörde gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 zu wahren hat. Eine Prüfung, ob die Anlage zu verstärkten Abwässeremissionen führe, ist im Rahmen des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 nur dann zu prüfen, wenn für diese Änderung keine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist. Eine solche gesonderte wasserrechtliche Bewilligung entfalle gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 nur dann, wenn es sich um eine Maßnahme im Sinne der Z1 bis 5 leg.cit. handle. Das bedeute für den gegenständlichen Fall, dass man die durch die angezeigte Anlagenänderung hervorgerufenen Abwässer nur dann in die Beurteilung des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 einbeziehen dürfe, wenn für diese Maßnahme nicht ohnedies eine Bewilligung der Wasserrechtsbehörde nach wasserrechtlichen Vorschriften notwendig wäre. Die Klärung dieser Frage, die insbesondere Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 356b Abs.1 Z1 bis 5 GewO 1994 erfordert hätte, habe die Behörde unterlassen. Zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 356b Abs.1 Z1 bis 5 GewO 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof ergänzend an, dass im Fall der Erfüllung eines dieser Tatbestände zwar in die Zuständigkeit der Gewerbebehörde zur Beurteilung der dort genannten Maßnahmen nach den wasserrechtlichen Vorschriften gegeben sei, dies aber im Rahmen eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens, nicht bloß im Rahmen eines Anzeigeverfahrens gemäß § 81 Abs.3 GewO 1994. Das Ergebnis entspreche dem erkennbaren Wesen des Gesetzgebers, wasserrechtliche Aspekte in gewerblichen Betriebsanlagenverfahren nur dann der Gewerbebehörde zu übertragen, wenn sie nicht Gegenstand eines gesonderten wasserrechtlichen Verfahrens vor der Wasserrechtsbehörde sind.

 

Unter Berücksichtigung dieser Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofes in seiner jüngsten Judikatur sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der Unabhängige Verwaltungssenat in seiner ersten zum Gegenstand ergangen Berufungsentscheidung vom 21. September 2010 in Bezug auf die Mitanwendung von wasserrechtlichen Vorschriften der Rechtsansicht des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz angeschlossen hat, erfordert das nunmehrige, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes feststellende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die ausgesprochene Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde I. Instanz zur Klärung und Vervollständigung der vom Verwaltungsgerichtshof als mangelhaft aufgezeigten zu Grunde liegenden wasserrechtlich relevanten Umstände bzw. Sachverhalte. Dies insbesondere zur Abklärung der Frage, ob für die angezeigte Maßnahme eine Bewilligung der Wasserrechtsbehörde nach wasserrechtlichen Vorschriften erforderlich ist und, gegebenenfalls, ob diese vom bestehenden Konsens bereits umfasst ist.

Zur Klärung dieser Frage ist jedenfalls unter Beiziehung des einschlägigen wasserfachlichen Sachverständigendienstes die bestehende Situation hinsichtlich bestehender wasserrechtlicher Bewilligungen zu erheben und im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gemeinsam mit Sachverständigendienst und Anlageninhaberin abzuhandeln. Darüber hinaus auch, weil diese Fragen im Berufungsverfahren noch nicht behandelt wurden und die hiebei heranzuziehenden Grundlagen, genehmigten Projektsunterlagen, verfahrensrechtlichen Bewilligungsunterlagen über die bestehenden wasserrechtlichen Konsense bei der Behörde I. Instanz aufliegen und der dortige Sachverständigendienst diese wasserrechtlichen Verfahren begleitet hat und somit die Vorkenntnisse darüber besitzt, erscheint die Durchführung der mündlichen Verhandlung bei der Gewerbebehörde I. Instanz als unabdingbar, dies auch zur Gewährleistung der erforderlichen Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen, insbesondere aber auch, um der Berufungswerberin Gelegenheit zu geben, Fragen an die beizuziehenden Amtssachverständigen zu stellen. Letzteres auch unter Hinweis auf die vorliegende Aktenlage, die bereits einen unterschiedlichen Standpunkt der Anlageninhaberin und der belangten Behörde dahingehend aufzeigt, ob die mit der angezeigten Änderung anfallenden Abwässer im bestehenden wasserrechtlichen Konsens enthalten sind oder nicht bzw. in der Folge eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist oder nicht.

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und die Angelegenheit unter ausdrücklichem Hinweis auf die im gegenständlichen Fall vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2011, Zl. 2010/04/0127-6, an die Behörde I. Instanz zurückzuverweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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