Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100901/6/Bi/Fb

Linz, 11.12.1992

VwSen - 100901/6/Bi/Fb Linz, am 11. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des H E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, vom 7. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Juni 1992, Cst. 7921/91-L, aufgrund des Ergebnisses der am 11. Dezember 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 103 Abs.2 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 15. Juni 1992, Cst. 7.921/91-L, über Herrn H E wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 29. Juli 1991 um 11.00 Uhr als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges Kennzeichen unverzüglich Auskunft darüber erteilt hat, wer dieses Kraftfahrzeug am 8. Februar 1991 um 11.18 Uhr gelenkt hat. Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 50 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz nach weiteren Erhebungen mit dem Vermerk, daß zwar eine Berufungsvorentscheidung beabsichtigt worden sei, diese aber wegen inzwischen eingetretener Unzuständigkeit nicht mehr gefällt werden könne, dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt, sodaß dessen Zuständigkeit ausgelöst wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Am 11. Dezember 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der der rechtsfreundliche Vertreter des Rechtsmittelwerbers sowie der Zeuge Rev. Insp. C M anwesend waren.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses werde ihm geradezu vorgeworfen, seiner Verpflichtung, unverzüglich Lenkerauskunft zu erteilen, nachgekommen zu sein, sodaß vom Vorliegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 schon nach dem Spruch des Straferkenntnisses nicht die Rede sein könne. Überdies seien die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllt, und er sei auch nicht verpflichtet, über bloße telefonische Aufforderung der Behörde Auskünfte in diesem Sinne zu erteilen. Im übrigen berufe er sich auf die Anwendbarkeit des § 21 VStG.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt Cst. 7.928/91-L der Bundespolizeidirektion Linz, sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des die Lenkererhebung durchführenden Rev. Insp. M im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung, wobei der Rechtsmittelwerber selbst zu dieser nicht erschienen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Rev. Insp. M hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme angegeben, er habe bereits eine Woche vor dem in Rede stehenden Telefonat den Rechtsmittelwerber in seinem Büro beim ORF angerufen und mit dem Ersuchen um Lenkerauskunft konfrontiert, worauf der Rechtsmittelwerber geantwortet habe, er habe sich zu dieser Zeit nicht in Österreich aufgehalten und er müsse erst im Terminkalender nachsehen. Am 29. Juli 1991 um 11.00 Uhr sei dann das zweite Telefongespräch geführt worden, bei der sich der Meldungsleger mit "Bundespolizeidirektion Linz, Rev. Insp. M, Wachzimmer Polizeidirektion" vorgestellt und dem Rechtsmittelwerber mitgeteilt habe, daß das Fahrzeug bei einer Radarkontrolle zu einem bestimmten Datum und einer bestimmten Uhrzeit in der L aufgefallen sei und ob er ihm Auskunft erteilen könne, wer dieses Kraftfahrzeug zu diesem Zeitpunkt gelenkt habe. Dieser habe sich verantwortet, er sei zu diesem Zeitpunkt auf Urlaub gewesen und selbst daher jedenfalls nicht gefahren.

Das Fahrzeug sei zuhause gestanden und vermutlich sei ein Mitglied jener Künstlergruppe damit gefahren, die damals bei seinem Wohnsitz beim Schloß W im Zuge des Kulturvereines Aufführungen gemacht habe. Der PKW werde dort öfter benützt und zwar von mehreren Leuten. Daraufhin habe der Zeuge dem Rechtsmittelwerber die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG erklärt, wobei sich eine Diskussion darüber ergab, warum das Fahrzeug in Linz und nicht im Bezirk Urfahr-Umgebung zugelassen sei und ob eine telefonische Lenkererhebung überhaupt zulässig sei.

Zunächst ist von Seiten des unabhängigen Verwaltungssenates darauf hinzuweisen, daß die telefonische Durchführung einer Lenkererhebung durch einen Sicherheitswachebeamten im Auftrag der Bundespolizeidirektion sehrwohl zulässig ist, sodaß das Vorgehen der die Auskunft verlangenden Behörde als rechtmäßig anzusehen ist. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, daß der PKW am 8. Februar 1991 um 11.18 Uhr bei einer in L,nächst Hausnummer Richtung stadteinwärts, durchgeführten Radarkontrolle wegen überhöhter Geschwindigkeit auffiel, sodaß zunächst der Zulassungsbesitzer ermittelt wurde, worauf ein Ersuchen der Bundespolizeidirektion Linz an das Zentralinspektorat der Sicherheitswache um Lenkererhebung erging. Die beiden vom Zeugen geschilderten Telefongespräche fanden im Rahmen dieses Ersuchens statt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrmals ausgesprochen, daß auch eine fernmündliche Anfrage zulässig sei, sofern sie so gestellt sei, daß der Zulassungsbesitzer unmißverständlich davon Kenntnis erhält, wer die Auskunft verlangt, und worin diese bestehen soll (Erkenntnis vom 28. Februar 1977, 2319/75). Die unmißverständliche Deutlichkeit des Verlangens nach Auskunft im Sinne des Absatz 2 muß gerade bei fernmündlichen Auskunftseinholungen gegeben sein, weil sich bei Benützung dieses Nachrichtenmittels ein Mißverständnis leichter einschleichen kann und außerdem eine Auseinanderhaltung der Verwaltungsstrafsache einerseits (im gegenständlichen Fall wegen Überschreitung der Geschwindigkeit) von der Durchführung eines Administrativverfahrens (das Verlangen nach Auskunft) geboten ist (Erkenntnis vom 13. Juni 1975, 2194/74).

Rev. Insp. M hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme bestätigt, er habe sich bei dem Telefongespräch als Sicherheitswacheorgan mit Namen und Dienststelle vorgestellt. Er habe aber dem Rechtsmittelwerber nicht gesagt, daß er eine Lenkererhebung für die Bundespolizeidirektion Linz durchführe.

Dem Argument, der Zeuge hätte als Privatperson gar kein Interesse gehabt, den Lenker eines PKW bei einem bereits fünf Monate zurückliegenden Vorfall zu eruieren, ist grundsätzlich nichts entgegenzusetzen, jedoch ist beim Tätigkeitsbereich eines Sicherheitswachebeamten zu unterscheiden, ob ein Sicherheitswacheorgan von sich aus eine Amtshandlung durchführt (z.B. Beanstandung), oder im Auftrag der Behörde (im Einzelfall) eine Lenkerauskunft einholt. § 103 Abs.2 KFG 1967 geht ausdrücklich davon aus, daß nur "die Behörde" Auskünfte verlangen kann, deren Nichterteilung strafrechtlichen Sanktionen unterliegt. Aus dem Wortlaut des Telefongesprächs des Zeugen Rev. Insp. M mit dem Rechtsmittelwerber wurde von der Bundespolizeidirektion Linz als die Auskunft verlangende Behörde nicht gesprochen; der Zeuge hat vielmehr angegeben, er habe dem Rechtsmittelwerber mitgeteilt, das Fahrzeug sei bei einer Radarkontrolle zu einem bestimmten Datum in der L aufgefallen und ob er ihm Auskunft erteilen könne, wer dieses Kraftfahrzeug zu diesem Zeitpunkt gelenkt habe.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß beim konkreten Telefongespräch nicht zum Ausdruck kam, daß die Lenkererhebung im Auftrag der Bundespolizeidirektion Linz durchgeführt wurde, wobei die Nichterteilung der Auskunft nur dann strafrechtlich sanktioniert ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Gerade bei einer telefonischen Lenkererhebung ist besondere Sorgfalt dahingehend aufzuwenden, daß dem befragten Zulassungsbesitzer alle im § 103 Abs.2 KFG angeführten Tatbestandsmerkmale zur Kenntnis gelangen. Da im konkreten Fall die die Auskunft verlangende Behörde nicht zum Ausdruck kam, war das Verwaltungsstrafverfahren mangels Vorliegens einer Verwaltungsübertretung einzustellen.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierte Gesetzesbestimmung. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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