Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730247/4/BP/Wu

Linz, 12.10.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von  Bosnien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 2. April 2009, GZ: Sich06-572-1991+3, betreffend die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

 

         "I.     Gegen Sie wird eine Rückkehrentscheidung erlassen.

        

         II.     Gegen Sie wird ein Einreiseverbot für den gesamten                        Schengenraum für die Dauer von 5 Jahren erlassen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 52, Abs. 1, 53 iVm. § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011."

 

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG


Entscheidungsgründe

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 2. April 2009, GZ.: Sich06-572-1991+3, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 iVm. §§ 61 Abs. 4, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Anführung der relevanten Rechtsgrundlagen zunächst zum Sachverhalt aus, dass dem Bw, einem Staatsangehörigen von Bosnien, anlässlich des Antrages auf Ausstellung eines Sichtvermerkes zur Einreise nach Österreich seiner Mutter, erstmals am 25. September 1991 ein Sichtvermerk erteilt worden sei. Mit 31. Juli 1997 sei dem Bw ein unbefristeter Titel nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden. Aufgrund § 11 Abs. 3 Z 1  der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Verordnung, BGBl. II Nr. 451/2005, habe dieser Aufenthaltstitel weiter als "Daueraufenthalt-EG" weitergegolten.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Jänner 2007, Sich06/572/1991+2, sei das unbefristete Aufenthaltsrecht in ein befristetes Niederlassungsrecht "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" zurückgestuft worden. Der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel des Bw "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" sei bis zum 21. Februar 2008 gültig gewesen.

 

Seit dem Jahr 2003 lägen gegen den Bw mehrfach Anzeigen vor, welche im Hinblick auf seine Minderjährigkeit teilweise eingestellt worden seien. Dies habe ua. Anzeigen wegen des Verdachts

-         von Übertretungen nach dem Jugendschutz- und Pyrotechnikgesetz (Ermahnung),

-         des Diebstahls gemäß §§ 127, 134 und 229 StGB (eingestellt wegen § 4 JGG)

-         der schweren Körperverletzung § 84 StGB (eingestellt gemäß § 90g StGB)

-         Diebstahls § 127 StGB (eingestellt gemäß § 90g stopp),

-         Einbruchsdiebstahls (durch BG Wels sei der Bw zu 15 U 9/2004 G mit Urteil vom 5. April 2004 zu einer Geldstrafe verurteilt worden).

 

Mit Urteil des LG Wels vom 25. Februar 2005, 25 Hv 78/05b, sei der Bw wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen – durch Einbruch begangenen – Dienstahls gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 1. 3. und 4. Fall, § 15 StGB, wegen Sachbeschädigung gemäß §§ 125, 126 Abs. 2 Z. 5 StGB, wegen Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB und wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit gemäß § 89 (§ 81 Abs. 1 Z. 1) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt worden, wobei diesen Verurteilungen zahlreiche Delikte zugrunde gelegen seien.

 

Mit rechtskräftigem Urteil des LG Wels vom 19. Juli 2006, 25 Hv 60/06z-36, sei der Bw wegen sage und schreibe 20 Einbruchsdiebstählen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden.   

 

Durch das LG Steyr sei der Bw weiters mit Urteil vom 10. Juli 2008 (rechtskräftig seit 8. September 2008), zu 010 HV 23/08t-73 (BS) wegen Einbruchsdiebstahls, gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden.  

 

Am 16. Jänner 2009 sei der Bw nachweislich über die beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahme informiert worden. In einer Stellungnahme vom 29. Jänner 2009 habe der Bw ua. den festgestellten Sachverhalt nicht bestritten, jedoch festgestellt, dass er seit seinem 3. Lebensjahr in Österreich aufhältig sei und sich hier auch seine gesamte Familie befinde. Im Herkunftsland verfüge er über kein soziales Netzwerk, weshalb ihm ein Aufenthaltsverbot gemäß § 66 FPG und Art. 8 EMRK nicht zumutbar und somit nicht zulässig sei.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde weiter aus, dass der volljährige Bw gemeinsam in einem Haushalt mit seinen Eltern lebe, ledig sei und keine Sorgepflichten für in Österreich aufhältige Personen habe. Nach Aktenlage sei er arbeitslos und habe nicht das Bestreben nachgewiesen in den letzten Jahren einer regelmäßigen – legalen – Beschäftigung nachzugehen. Er verfüge über kein Einkommen, kein Vermögen, habe aber Schulden in Höhe von 25.000 Euro.

 

Der Bw könne weder eine regelmäßige berufliche Beschäftigung, berufliche Fortbildungsmaßnahmen, regelmäßige Teilnahme an kulturellen, sozialen oder sportlichen Veranstaltungen noch der gleichen vorweisen.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. aus, dass der Bw, der seit seinem 3. Lebensjahr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, keine Verlängerung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels innerhalb der 6-monatigen Antragsfrist nach dem NAG beantragt habe, weshalb der rechtmäßige Aufenthalt des Bw in Österreich mit Ablauf des 21. August 2008 geendet habe. (Der letzte Aufenthaltstitel sei von 22. Februar 2007 bis 21. Februar 2008 gültig gewesen).

 

Gemäß § 24 Abs. 2 NAG würden Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, nur dann als Verlängerungsanträge gelten, wenn der Antrag spätestens 6 Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt worden sei; danach würden Anträge als Erstanträge mit allen rechtlichen Konsequenzen, wie etwa eine allfällige Pflicht zur neuerlichen quotenpflichtigen Auslandsantragstellung gelten.

 

Durch sein persönliches Verhalten habe er die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie vor allem das Eigentumsrecht anderer Personen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft bilden, tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet.

 

Die öffentliche Ordnung sei – trotz der nun vorgebrachten Einsicht des Bw – auch weiterhin akut und erheblich gefährdet. Von einer günstigen Prognose in Hinblick auf ein zukünftiges rechtstreues Verhalten könne aufgrund der Art und Weise der zahllosen Tatbegehungen nicht ausgegangen werden.

 

Auch aus den privaten bzw. familiären Umständen im Sinne einer Interessensabwägung ergebe sich, dass die verhängte Maßnahme unbedingt erforderlich sei, um die öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Straftaten zu schützen.

 

Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes, unter Berücksichtigung der  persönlichen Lebenssituation und des bisherigen Verhaltens werde festgestellt, dass durch das Aufenthaltsverbot die persönliche Lebenssituation sicherlich eingeschränkt werde, jedoch wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme wesentlich schwerer, als deren Auswirkungen auf die Lebenssituation des Bw im Sinne einer Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK und § 66 Abs. 2 FPG.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 21. April 2009.

 

Eingangs werden die Berufungsanträge auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes und Einstellung des Verfahrens gestellt.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Grunde nicht entgegengetreten, sondern lediglich die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde kritisiert. Insbesondere sei der Bw in seinem Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK verletzt.

 

Er spreche besser Deutsch als Bosnisch, sei im Bundesgebiet aufgewachsen und habe hier seine gesamte Familie.

 

Weiters wendet der Bw die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde ein, da er aufgrund der Inhaftierung seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bezirk X habe.

 

1.3. Mit Schreiben vom 22. Juni 2009 legte der Bw verschiedene Unterlagen vor:

- eine Arbeitsplatzzusage,

- Hauptschulnachrichten und –zeugnisse,

- ein Jahreszeugnis der Polytechnischen Schule X,

- eine Haushaltsbescheinigung der Gemeinde X

 sowie

- eine Meldebestätigung.

 

Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 legte der Bw einen Sozialversicherungsdatenauszug hinsichtlich seiner beruflichen Integration vor.

 

Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 legte der Bw zwei Schreiben seiner Bewährungshelferin vor, die ihn als kooperativ bezeichnet.

 

In einer weiteren Stellungnahme vom 20. Jänner 2011 wies der Bw ua. auf die Integrationselemente in Österreich sowie auf die Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes mangels jeglicher Sozialisation in Bosnien hin.

 

Zudem sei er zuletzt bedingt aus der Strafhaft entlassen worden, weshalb auch von Gerichtsseite der spezialpräventive Charakter der Haft nicht mehr angenommen werde. Laut Bewährungshelferin verhalte sich der Bw kooperativ.

 

Weiters läge  eine Arbeitsplatzzusage für den Fall der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Bw vor.

 

Der Bw weist darauf hin, dass die Verurteilungen weitgehend bedingt ausgesprochen oder nachgesehen worden seien, und dass er seine Taten bereue.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 7. August 2011 verweist der Bw darauf, dass er sehr gut Deutsch spreche und im Rahmen einer allfälligen Verhandlung keinen Dolmetscher benötige. 

 

Aus einem aktuellen Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass der Bw während seines gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet lediglich rund 9 bis 10 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. bis 1.3. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Für eine allfällige Überleitung von Aufenthaltsverboten, die in der alten Fassung des FPG auf § 60 gestützt wurden, findet sich keine dem § 125 Abs. 14 FPG vergleichbare Bestimmung. Nun ist aber festzustellen, dass ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich aus zwei Elementen besteht: zum Einen ist dies der Außerlandes-Verweis (rechtsterminologisch: Ausweisung oder nunmehr auch Rückkehrentscheidung); zum Anderen ist dies das Verbot ins Bundesgebiet wieder einzureisen.

 

Genau diese rechtlichen Elemente normierte der Gesetzgeber in § 52 iVm. § 53 des FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011 im Hinblick auf den Personenkreis nicht zum Aufenthalt berechtigter Drittstaatsangehöriger. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger, für begünstigte Drittstaatsangehörige, für Drittstaatsangehörige die Familienangehörige von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind, sowie für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel finden sich gesonderte Regelungen. 

 

3.1.3. Daraus folgt aber, dass für Personen gegen die ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 FPG (alte Fassung) verhängt wurde und die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, im Berufungsverfahren nach dem FPG in der nunmehr geltenden Fassung zur Prüfung §§ 52 und 53 heranzuziehen sind.

 

3.1.4. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot auf Basis des § 60 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, wie auch dass der Bw seit dem 22. Februar 2008 über keinen Aufenthaltstitel mehr verfügt, weshalb diese Maßnahme als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG und als Einreiseverbot gemäß § 53 FPG zu beurteilen ist.

 

3.1.5. An dieser Stelle soll aber auch auf den Berufungseinwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde eingegangen werden. Es ist richtig, dass der Bw bei Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht im Bereich der belangten Behörde, sondern im Bezirk X in Strafhaft "wohnhaft" war.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 erster Satz FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit im Innland nach dem Hauptwohnsitz im Sinn des § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes, BGBl. Nr. 9/1992.

 

Die Begründung des Wohnsitzes setzt den Aufenthalt an einem bestimmten Ort und den Willen, dort zu bleiben voraus. Ein – wie im Falle eines Untersuchungshäftlings oder Strafhäftlings – zwangsweise begründeter Aufenthaltsort ist kein Wohnsitz (vgl. VwGH vom 24. November 2009, 2009/21/0267).

 

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass – nachdem im Übrigen der Bw auch nach Entlassung aus der Strafhaft wiederum im Bezirk der belangten Behörde seinen Hauptwohnsitz genommen hat, die belangte Behörde zurecht ihre örtliche Zuständigkeit angenommen und ausgeübt hat.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet mehr verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist.

 

Allerdings ist bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Um so mehr sind diese Ausführungen zu unterstreichen, wenn die öffentliche Sicherheit durch massivste kriminelle Aktivitäten bedroht ist.

 

Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass im Fall des Bw – zumal er volljährig, unverheiratet und ohne Sorgepflichten für im Bundesgebiet aufhältige Personen ist – primär lediglich das Privatleben hinsichtlich der Interessensabwägung gemäß § 61 Abs. 2 FPG zu erörtern ist.

 

Unter gewissen Umständen kann auch dieses alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Hierbei ist insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

 

Der rund 10 Jahre und 9 Monate dauernde Aufenthalt sowie die mehr als 9 Jahre lang kontinuierlich ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit (in Verbindung mit weiteren Aspekten der erreichten Integration) verleihen den persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht, dass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 - auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben - unverhältnismäßig erscheint (vgl. VwGH vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158).

 

3.4.3.1. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Bw seit seinem 3. Lebensjahr – davon die ersten 20 Jahre legal, die letzten 3 Jahre illegal – im Bundesgebiet. Dies bedeutet einen sehr langen Zeitraum und damit verbunden ein wohl besonders hohes Maß an Integration. Eine Rückkehrentscheidung stellt fraglos einen besonders einschneidenden Eingriff in das Privatleben dar.

 

3.4.3.2. Das Privatleben des Bw wäre – ohne die von ihm begangenen zahllosen Straftaten – auch wohl als schützenswert einzustufen.

 

3.4.3.3. Zur Integration im Einzelnen ist zunächst anzuführen, dass hinsichtlich der beruflichen Integration im Fall des Bw keinesfalls von einer Verfestigung auszugehen sein wird. Er hat in den letzten 7 Jahren gerade einmal rund 9 bis 10 Monate legal gearbeitet, was auch nicht durch die Tatsache gemildert werden kann, dass er seit seiner Entlassung aus der letzten Strafhaft Arbeitsplatzzusagen vorgelegt hat. Rückwirkend betrachtet besteht keine berufliche Integration. Von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ist ebenso nicht auszugehen; dies ohne näher auf die Schulden des Bw in Höhe von ca. 25.000 näher einzugehen.

 

3.4.3.4. Hinsichtlich der sozialen Integration ist anzuerkennen, dass der Bw der deutschen Sprache in vollem Umfang mächtig ist, dass er hier aufgewachsen ist und die Schulausbildung genossen hat. Sein allfälliger Freundes- und Bekanntenkreis findet sich ebenfalls im Bundesgebiet, wo sich nicht zuletzt seine gesamte Familie aufhält. Die soziale Integration wird wiederum mit Bedacht auf die kriminellen Aktivitäten etwas eingeschränkt zu sehen sein.

 

3.4.3.5. Der Bw verfügt zwar – nach seinen Angaben - über keine Verwandten bzw. kein soziales Netzwerk im Heimatstaat, beherrscht aber zumindest die dortige Sprache jedenfalls in den Grundzügen. Auch dürfte ihm, zumal seine in Österreich langjährig ansässige Familie ursprünglich aus Bosnien stammt, über diesen Umstand ein gewisses Maß an kultureller Sozialisierung mit dem Herkunftsstaat nicht abzusprechen sein. In besonderen Fällen – wie im Gegenständlichen – wird also auch eine (Re)-Integration zugemutet werden müssen.

 

3.4.3.6. Die Straftaten des Bw im Bundesgebiet von frühster Jugend an, in einem zahlenmäßig kaum zu fassendem Umfang, die auch trotz entsprechender Abmahnungen und Verurteilungen er nicht gewillt war über einen langen Zeitraum hin einzustellen, fallen bei der Interessensabwägung besonders schwer ins Gewicht.

 

Auf weitere in § 61 Abs. 2 FPG angeführte Elemente braucht hier mangels Auswirkungseignung auf die Abwägung nicht näher eingegangen werden.

 

3.4.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Straftaten und einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Es wird bei dieser Einschätzung aber keinesfalls übersehen, dass der Eingriff in das Privatleben des Bw äußerst gravierend ist, jedoch im Gegenzug die Bedrohung öffentlicher Interessen in noch größerer Intensität besteht.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts         für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7.       aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt      oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.5.2. Mit einem Rückkehrverbot ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 1 dieser Bestimmung ua. die – im vorliegenden Fall einschlägige mehr als sechs Monate teilbedingte strafgerichtliche Verurteilung angeführt. Die Z. 5 bis 8, die eine unbefristete Verhängung rechtfertigen würden, finden auf den vorliegenden Fall – mangels einschlägigen Sachverhalts - somit per se schon keine Anwendung. Es ist folglich die Dauer des in Rede stehenden Einreiseverbotes von höchstens 10 Jahren zulässig.

 

3.5.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Eigentumsdelikte, insbesondere wenn sie in der hier vorliegenden unfassbar großen Zahl gegeben sind, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert. Nebenbei setzte der Bw auch Delikte im Urkundenbereich oder gegen die körperliche Unversehrtheit von Menschen, die angesichts der herausragenden Zahl der Einbruchsdiebstähle nicht vergessen werden sollen.

 

3.5.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung - bzw. hier mehrere strafgerichtliche Verurteilungen - ausgesprochen wurden, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von konstanter krimineller Energie – von frühster Jugend an vielfach - Eigentumsdelikte zu setzen. Bezeichnend ist, dass der Bw häufig kurz nach rechtskräftiger Verurteilung ein weiteres Delikt beging. Er scheint offensichtlich Eigentumsrechte anderer nicht geachtet, sondern jede Gelegenheit zur eigenen Bereicherung benutzt zu haben. Darüber hinaus war er schon im Alter von 16 Jahren maßgeblicher Kopf einer "Einbruchsbande".

 

Weiters kann durch den längeren Zeitraum, der Begehung der verschiedenen Delikte, nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde.

Der Bw bringt vor, seit seiner Entlassung aus der Strafhaft im Jahr 2010 nicht rückfällig geworden zu sein. Dies wird auch grundsätzlich anerkannt, genau wie die Tatsache, dass er von der Bewährungshelferin als kooperativ eingestuft wird.

 

Es kann aber – angesichts der vorher doch gefestigten kriminellen Verhaltensweisen des Bw – zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus dem Umstand, dass der Bw seit seiner Entlassung aus der Strafhaft noch nicht wieder straffällig wurde, geschlossen werden, dass nunmehr das oben beschriebene Gefährdungspotential vom Bw nicht mehr ausgeht und die damals unbestritten in hohem Maße vorhandene kriminelle Energie nicht mehr vorliegt.

 

3.5.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.6. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum im Ausmaß von 5 Jahren angemessen und auch verhältnismäßig. Dieser Zeitraum ist jedenfalls erforderlich um einen Gesinnungswandel des Bw feststellen zu können, wobei hier schon auf die ausgeprägt vorliegenden Integrationsmomente im Sinne des Art. 8 EMRK und auf die Interessensabwägung nach § 61 FPG Bedacht genommen wurde; andernfalls wäre das Ausmaß höher anzusetzen gewesen.  

 

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nachdem der Bw offenkundig der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung in die türkische Sprache verzichtet werden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) und 42,90 Euro (10 Beilagen), insgesamt 57,20 Euro, angefallen.

 

 

Bernhard Pree

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 28. August 2012, Zl.: 2011/21/0282-6

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