Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166248/5/Fra/Gr

Linz, 12.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung es Herrn X, vertreten durch die X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Juni 2011, VerkR96-102-2011, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums I (§ 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.7a KFG 1967) als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis insofern bestätigt.

Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten II (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967) und 3 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums I einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe (92 Euro) zu entrichten.

 

Zum Verfahren hinsichtlich der Fakten II und III entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.2 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

 

1. wegen Übertretung des §102 Abs.1 iVm § 4 Abs.7a KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 460 Euro (EFS 92 Stunden),

2. wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 390 Euro (EFS 78 Stunden) und

3. wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 460 Euro (EFS 92 Stunden) verhängt, weil er am 5. Jänner 2011 um 15:35 Uhr in der Gemeinde Freistadt, B 310 Mühlviertlerstraße, Fahrtrichtung Linz, bei Kilometer 37.360

1. sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetztes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs.7a KFG 1967 für Kraftwagen mit Anhängern von 40 t um 10.640 Kilogramm überschritten wurde ,

2. sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 24.000 Kilogramm durch die Beladung um 5080 Kilogramm überschritten wurde und

3. sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass das höchste zulässige Gesamtgewicht des Anhängers von 17.000 Kilogramm durch die Beladung um 4.560 Kilogramm überschritten wurde.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Über die dagegen rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, da jeweils 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51 c erster Satz VStG).

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.3.1. Die ausgewiesenen Vertreter des Bw beantragen in ihrem Rechtsmittel vom 5. Juli 2011 Akteneinsicht und Übermittlung einer Abschrift des gesamten Verwaltungsstrafaktes gegen Kostenersatz und kündigen daraufhin eine umfassende inhaltliche Stellungnahme an. Diesem Rechtsmittel fehlt sohin ein begründeter Berufungsantrag. Der Oö. Verwaltungssenat wies die Vertreter des Bw mit Schreiben vom 7. September 2011, VwSen-166248/2/Fra/Gr, auf das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages hin und trug ihnen die Behebung dieses mangels gemäß § 13 Abs.3 AVG mit der Wirkung auf, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer Frist von zwei Wochen zurückgewiesen wird. Binnen der ihnen eingeräumten Frist legten die Vertreter des Bw dem Oberösterreichischen Verwaltungssenat einen begründeten Berufungsantrag vor. Die Berufung gilt daher gemäß § 13 Abs.3 AVG als ursprünglich richtig eingebracht.

 

I.3.2. Die Vertreter des Bw bringen vor, dass tatsächlich nur einziges Delikt vorliege – dieses werde vom Bw nicht bestritten. Er Bw sehe sich dennoch mit drei unterschiedlichen Strafen konfrontiert. Dieser behördlichen Vorgehensweise stehe jedoch das Verbot der Doppelbestrafung entgegen. Er beantragte daher ein mildes Gesamtstrafausmaß aufgrund der genannten Doppelbestrafung, aufgrund des minderen Verschuldens in Folge bisheriger verwaltungsbehördlicher Unbescholtenheit und aufgrund der Tatsache, dass § 134 Abs.1 KFG 1967 ohnehin ohnedies keine Mindeststrafe vorsehe.

 

Da in der Berufung sohin einerseits nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und sich das Rechtsmittel gegen die Höhe der Strafen richtet und in den jeweiligen Spruchpunkten jeweils 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurde, überdies eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurden, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 51 eAbs.3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung absehen.

 

Im Hinblick auf das Vorbringen des Bw ist zu prüfen, ob es sich um jeweils gesonderte Verwaltungsübertretungen handelt, welche kumulativ zu bestrafen sind, oder ob nur eine Verwaltungsübertretung vorliegt.

 

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Damit ist für das Verwaltungsstrafverfahren das Kumulationsprinzip angeordnet, wobei grundsätzlich mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn der Täter durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht. Hat der Täter jedoch eine deliktische Handlung begangen, welche die Merkmale mehrerer Deliktstypen aufweist, wobei aber mit der Unterstellung unter einen Deliktstypus der Unrechtsgehalt voll erfasst wird, so liegt eine "unechte Idealkonkurrenz" vor. Die herrschende Lehre und Rechtssprechung spricht von Konsumtion, wenn eine wertabwägende Auslegung der formal erfüllten mehreren Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Taten unter einen Tatbestand der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhaltes zur Gänze abgegolten ist. (vgl. dazu Hauer- Leukauf, 6. Auflage, Seite 1377 f).

 

Gemäß Art.4 Abs.1 des 7. ZPEMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eine Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Diese Bestimmung regelt das Verbot der Doppelbestrafung als verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, Zahl: B559/09, unter Berücksichtigung seiner bisherigen Judikatur und der Judikatur des EGMR ausgeführt, dass die Verfolgung wegen ein- und desselben Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen (nur) dann zulässig ist, wenn sich diese in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden.

 

Grundsätzlich wird man sagen können, dass die Tatbestände "Überschreiten der Summe der Gesamtgewichte" und "Überschreiten der höchsten zulässigen Gesamtgewichte des Lkws und des Anhängers" denselben Regelungszweck haben. Die Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes wirkt sich auf den Bremsweg und das sonstige Fahrverhalten eines Fahrzeuges aus und führt auch zu einer wesentlichen höheren Abnützung der Fahrbahn. Genau dieselben Gefahren für den Straßenverkehr ergeben sich jedoch auch beim Überschreiten der Summe der Gesamtgewichte. Aufgrund dieser Überlegungen schließt die Bestrafung wegen Überschreitung der Summe der Gesamtgewichte (Punkt 1) eine zusätzliche Bestrafung wegen Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewichtes des Lastkraftwagens (Punkt 2) und des höchst zulässigen Gesamtgewichtes des Anhängers (Punkt 3) aus, weshalb das Verfahren in diesen Punkten gemäß § 45 Abs.1 Z.2 VStG einzustellen war (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28.9.2010, VwSen-165382/2/Zo/Jo).

 

Bezüglich der Überschreitung der höchst zulässigen Gesamtgewichte hat das Verfahren keine Hinweise daraufergeben, dass den Bw kein Verschulden treffen würde. Der Bw hat daher die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung (Punkt 1) zu verantworten.

Strafbemessung:

 

Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand fällt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als mildernd ins Gewicht. Straferschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Summe der Gesamtgewichte wurde um rund 26,6 Prozent überschritten. Daraus resultiert ein erheblicher Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung.

 

Da es der Bw trotz schriftlicher Aufforderung der belangten Behörde vom 18. Jänner 2011 unterlassen hat, seine Einkommens-, Vermögens- u. Familienverhältnisse bekannt zu geben ist die belangte Behörde wie in diesem Schreiben angekündigt bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass der Bw ein monatliches von ca. 1200 Euro bezieht, vermögenslos und für niemanden sorgepflichtig ist. Der Bw hat auch im Berufungsverfahren dieser Einschätzung nicht widersprochen, weshalb auch vom Oö. Verwaltungssenat diese (geschätzten) Verhältnisse der Strafbemessung zugrunde gelegt werden.

 

Der Bw ist daraufhin zuweisen, dass mit der verhängten Strafe der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu rund neun Prozent ausgeschöpft wurde. Eine Herabsetzung der im Punkt 1 verhängten Strafe kommt sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht, weil derartige Überladungen tatsächlich negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben können und auch zu einer deutlich höheren Abnützung der Fahrbahn führen.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum