Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522941/6/Sch/Eg

Linz, 11.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R. H., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.8.2011, GZ. FE-829/2011, betreffend die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2011 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "der Klasse B" ersetzt wird durch "der Klassen A und B" und die Frist zur amtsärztlichen Untersuchung und Beibringung der erforderlichen Befunde mit zwei Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses festgesetzt wird.

 

Weiters wird der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat Herrn R. H., geb. x, mit Bescheid vom 4. August 2011, Zl. FE-829/2011, in Bestätigung eines vorangegangenen Mandatsbescheides aufgefordert, sich gemäß § 24 Abs. 4 FSG binnen einer Frist von zwei Monaten zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

Darüber hinaus wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Eingangs soll hier kurz auf die Vorgeschichte der gegenständlichen bescheidmäßigen Anordnung eingegangen werden. Laut entsprechender Polizeianzeige vom 22. Mai 2007 ist der Berufungswerber bereits einmal im Zusammenhang mit dem Besitz von Cannabis in Erscheinung getreten. Er habe demnach 40 Gramm Cannabiskraut zu einem Gesamtpreis von 250 Euro in Wien erworben gehabt.

 

Die darauf behördlicherseits angeordnete amtsärztliche Untersuchung erbrachte im Verein mit der eingeholten fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme das Ergebnis, dass der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklassen A und B gesundheitlich geeignet ist.

 

Laut neuerlicher Polizeianzeige ist beim Berufungswerber am 2. Juni 2011 in seiner Wohnung eine Hausdurchsuchung erfolgt. Dort wurden nachstehende Gegenstände sichergestellt:

-         2 Klemmsäckchen (16 x 21 cm) mit Marihuana/Blüten

-         1 Klemmsäckchen (15 x 24 cm) mit Marihuana/Blüten – aufgefunden in Küche

-         1 Klemmsäckchen mit geringer Menge Marihuana

-         1 Digitalwaage, Modell TFT-600 mit Restanhaftungen von Suchtgift – aufgefunden in Küche

-         1 schwarze Blechdose mit einer Marihuanablüte

-         1 Klemmsäckchen (19 x 12 cm) mit Marihuana/Blüten

-         1 silberne Blechdose mit Marihuana/Blätter

-         1 Pllastikdose mit Marihuana/Blätter

 

Der Berufungswerber gab bei seiner polizeilichen Befragung an, dass er seit seinem 25. Lebensjahr Cannabiskraut/Marihuana konsumiere. Sein letzter Cannabiskonsum habe am 2. Juni 2011 stattgefunden. Im Einzelnen hat der Berufungswerber den Erwerb von Cannabiskraut/Marihuana eingestanden:

- Ende Jänner/Anfang Februar 2010 in Budweis: 5 Gramm zum Preis von je 8 Euro.

- Februar 2010 bis Sommer 2010 in Budweis: 3 Teilkäufe von jeweils 5 Gramm, insgesamt also 15 Gramm, zum Preis von insgesamt je 8 Euro

- Sommer 2010 bis 12. bzw. 13. Mai 2011 in Wien: 4-5 Teilkäufe von jeweils 10-20 Gramm, insgesamt zwischen 40 und 100 Gramm zum Grammpreis von 12 Euro.

 

Der Berufungswerber gab im Hinblick auf sein Suchtverhalten an, dass er seit seinem 25. Lebensjahr Marihuana rauche, er habe einige Male aufgehört und Pausen eingelegt. Er rauche nur abends nach der Arbeit und dies auch nur, um den Stress abzubauen.

 

Der Berufungswerber berichtet in seiner Niederschrift von einem Vorfall, wo er in Linz eine ihm von seinen Besuchen in Budweis bekannte Person traf. Diese schlug ihm vor, für 500 Euro ihm im Sinne eines "Spitzenpreises" eine größere Menge Marihuana zu kaufen. Das Geld wurde übergeben, letztlich kam es aber nicht zur Lieferung des Suchtmittels.

 

Diese Vorgänge werden vom Berufungswerber, wie schon erwähnt, eingestanden, darüber hinaus enthält die Polizeianzeige noch weitere dem Berufungswerber zur Last gelegte Erwerbsvorgänge von Marihuana, die von diesem allerdings in Abrede gestellt werden.

 

4. Die von der Erstbehörde für ihre bescheidmäßige Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung zugrunde gelegte Bestimmung des § 24 Abs. 4 FSG lautet wie folgt:

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ...... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.... keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides gemäß § 24 Abs. 4 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ nicht mehr besitzt. Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

 

Im Hinblick auf den Konsum von Cannabis ist es ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein gelegentlicher Konsum die gesundheitliche Eignung nicht berühre (VwGH 24.4.2001, 2000/11/0231).

 

Gegenständlich ist also zu beurteilen, ob beim Berufungswerber, wie er im Verfahren vorbringt, immer noch bloß "gelegentlicher" Konsum von Cannabis vorliegt.

 

Hier ist primär auf die Angaben des Berufungswerbers selbst zu verweisen. In der polizeilichen Befragung hat er neben dem Hinweis darauf, dass er mit ca. 25 Lebensjahren begonnen habe, Marihuana zu rauchen, auch eingestanden, dass er im Jahr 2010 über seine damalige Firma in Amsterdam gewesen sei, wo er – nach angeblich eingelegten Pausen - wieder mit diesem Suchtmittel in Kontakt gekommen sei und dieses seither wieder regelmäßig geraucht habe. Er rauche "eigentlich nur" abends nach der Arbeit und dies auch "nur", um den Stress abzubauen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde können diese Angaben des Berufungswerbers nicht mehr als bloß "gelegentlicher" Konsum umgedeutet werden. Zwischen dem Wort "regelmäßig" und dem Wort "gelegentlich" liegt schon von der Bedeutung her ein gravierender Unterschied. Dazu kommt noch, dass die von ihm geschilderten Einkaufstouren darauf hindeuten, dass es ihm um den regelmäßigen Bezug dieses Suchtmittels ging. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass er einmal sogar zum Ausgeben des Betrages von immerhin 500 Euro bereit war, um Cannabis zu erwerben, auch wenn das Geschäft nicht zustande kam. Eine solche ins Auge gefasste Menge spricht ebenfalls gegen einen bloß gelegentlich stattfindenden Konsum.

 

Bei der erwähnten Hausdurchsuchung wurden die oben angeführten Gegenstände sichergestellt. In der Polizeianzeige sind auch die "Nettoaufgriffsmassen" in Gramm aufgelistet. Die positiv auf Cannabinoide untersuchten Blüten- oder Fruchtstände waren in entsprechenden Behältnissen (Klemmsäckchen bzw. Dosen) aufbewahrt. Diese enthielten Mengen von 6,8 Gramm, 8,5 Gramm, 8.9 Gramm, 4,6 Gramm, 0,6 Gramm, 0,1 Gramm, 1,6 Gramm, 0,2 Gramm.

 

Darüber hinaus wurde beim Berufungswerber auch das entsprechende Equipment in Form einer Digitalwaage (mit Restanhaftungen von Suchtgift) vorgefunden.

 

Angesichts dieser Beweisergebnisse bestehen für die Berufungsbehörde sohin hinreichende Bedenken, dahingehend, ob beim Berufungswerber eine Suchtgiftabhängigkeit vorliegt.

 

Der Berufungswerber hat zwar unmittelbar vor der von ihm beantragten  Berufungsverhandlung – zu der im übrigen weder er noch der Vertreter des Berufungswerbers, wohl aber ein Vertreter der Erstbehörde erschienen ist - zwei Harnbefunde vom 9. bzw. 30. September 2011 mit unbedenklichen Ergebnissen hinsichtlich Creatinin und Cannabinoid vorgelegt, dadurch kann der weiterhin aktuelle Verdacht in Richtung Suchtmittelabhängigkeit aber nicht aus der Welt geschafft werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde können zwei solche Momentaufnahmen eine amtsärztliche Aussage nicht ersetzen. Dazu ist die "Vorgeschichte" des Berufungswerbers, aber auch sind seine eigenen Angaben – deren Vollständigkeit nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch nicht als selbstverständlich angesehen werden darf - zu massiv.

 

Der Berufung konnte sohin im wesentlichen Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides kein Erfolg beschieden sein.

 

Zu den von der Berufungsbehörde getroffenen Verfügungen:

Nach der Aktenlage ist der Berufungswerber im Besitze von Lenkberechtigungen für die Klassen A und B, weshalb die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung bloß auf die Klasse B durch die Erstbehörde nicht die vollständige Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers umfasst. Diese Anordnung dürfte auf ein Versehen zurückzuführen sein, im ursprünglich ergangenen Mandatsbescheid ist noch von den Klassen A und B die Rede. Die Berufungsbehörde hält es für geboten, hier eine Klarstellung vorzunehmen.

 

Der im Bescheid angeordnete Ausschluss  der aufschiebenden Wirkung einer Berufung findet nach Ansicht der Berufungsbehörde keine Deckung in der dafür einschlägigen Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG. Es sind dem Akt keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass bei der Frage der Abklärung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers Gefahr im Verzug gegeben wäre.

 

Die Bescheidbegründung lässt sich im übrigen in dieser Hinsicht nicht aus, sodass auch nicht nachvollzogen werden kann, welche Erwägungen allenfalls die Erstbehörde zu dieser Verfügung veranlasst hätten.

 

Die Setzung einer neuen Frist für die Untersuchung durch die Berufungsbehörde war erforderlich, da die von der Erstbehörde im Mandatsbescheid bestimmte Frist schon verstrichen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 22,10 Euro (14,30 Euro für die Berufungsschrift und 7,80 Euro für zwei nachgereichte Beilagen) angefallen.

 

 

S c h ö n

 

Beachte:

Beschwerde geen vorstehende Entscheidugn wurde abgelehnt;

VwGH vom 19.12.2011; Zl. 2011/11/0203-3

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum