Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166174/2/Fra/Eg/Gr

Linz, 10.10.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                                                                                                                   Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                                                                              2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn N. B., vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 27.5.2011, AZ. S-/45702/10-4, betreffend Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960,  zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.                Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (20 Euro) zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

Zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg.cit. eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) verhängt, weil er am 3.9.2010 um 10.02 Uhr in Linz, A 1, Strkm. 167.970, Fahrtrichtung Salzburg, das KFZ mit dem Kennzeichen x (D) gelenkt und im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten hat, da die Fahrgeschwindigkeit 130 km/h betrug. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits in Abzug gebracht.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

1.3.1. Die dem Bw zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung ist erwiesen:

Der Unabhängige Verwaltungssenat stützt sich insoferne auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.9.2010, wonach zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gelenkt hat. Diese Geschwindigkeit wurde festgestellt mittels stationärem Radargerät, Gerätetype: MUVR 6FM 511. Weiters liegt ein Radarlichtbild sowie der Eichschein für das gegenständliche Messgerät vor. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.3.2011, AZ. S-45702/10-4, eine Kopie der der Anzeige zugrunde liegenden Lichtbilder übermittelt. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der belangten Behörde vom 9.5.2011, Zl. S-45.702/10-4, wurde den Vertretern des Bw eine Kopie des Eichscheines übermittelt. Aus dem Eichschein ergibt sich, dass das bei der gegenständlichen Messung verwendete Gerät bis 31. Dezember 2012 gültig geeicht ist. Auf den Radarlichtbildern ergibt sich, dass das gemessene Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 137 km/h eingehalten hat. Entsprechend den Verwendungsbestimmungen wurde eine Verkehrsfehlergrenze von 3 % und ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor von 2 %, also insgesamt 5 %, vom Messwert abgezogen. Daraus resultiert die spruchgemäße Anlastung von (abgerundet) 130 km/h.

 

Der Bw hat zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens konkrete Argumente gegen die Aufstellung und Einstellung des Gerätes vorgebracht. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung in Österreich genügt es nicht, "denkbare" oder "mögliche" Fehlerquellen aufzuzeigen. Der Beschuldigte muss zur Widerlegung eines Ergebnisses einer Radarmessung im Einzelfall vorliegende konkrete Umstände für eine unrichtige Radarmessung aufzeigen. Bei den vom Bw vorgebrachten Argumenten handelt es sich - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zutreffend ausführt – um Erkundungsbeweise, denen nicht nachzugehen ist.

 

Die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung ist daher beweiskräftig. Dem Bw ist es mit seinen Vorbringen nicht gelungen, die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG zu entkräften, weshalb er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch zu verantworten hat.

 

Der Bw nimmt in seiner Berufung Bezug auf sein Schreiben vom 2.3.2011. In diesem Schreiben teilte der Bw der belangten Behörde mit, dass die vorangegangene Strafverfügung vom 17.11.2010 (mit der ihm derselbe Tatbestand wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wurde) mit der Lenkeranfrage vom 16.2.2011, AZ. S-45702/10-4, insofern kollidiere, als auch nach österreichischem Recht mit seinem Recht, nach Art. 6 Abs. 1 EMRK zu schweigen und sich selbst nicht selbst zu bezichtigen, kollidiere. Einer Verwertung der erteilten Auskunft im Verwaltungsstrafverfahren widerspreche er deshalb. Unter dieser Prämisse teile er auf das Verlangen der belangten Behörde nach Lenkerauskunft vom 16.2.2011 allein zur Vermeidung der ausdrücklichen Strafandrohung mit, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x am 3.9.2010 um 10.02 Uhr von ihm gelenkt wurde. Zudem verweist der Bw auf einen Bescheid des UVS Vorarlberg vom 10.6.2005, GZ. 1-774/04.

 

Dem oben zitierten Verfahren vor dem UVS Vorarlberg lag folgender wesentlicher Sachverhalt zugrunde:

Es wurde ebenfalls mit einem stationären Geschwindigkeitsmessgerät festgestellt, dass mit dem Fahrzeug, dessen Zulassungsbesitzer der Beschuldigte ist, eine Geschwindigkeitsüberschreitung erfolgte. Mit einer Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wurde der Beschuldigte wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft. Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschuldigte Einspruch und bracht vor, nicht angeben zu können, wer das Fahrzeug zum damaligen Zeitpunkt gelenkt habe. Daraufhin richtete die BH Bregenz die Aufforderung an den Beschuldigten, Auskunft zu erteilen, von wem das KFZ zum fraglichen Zeitpunkt und am fraglichen Ort gelenkt worden sei bzw. jene Person zu nennen, die diese Auskunft erteilen könne. Der Beschuldigte hat dieses Verlangen nicht binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung dieser schriftlichen Aufforderung beantwortet, weshalb er wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 bestraft wurde. Der UVS Vorarlberg gab der Berufung des Beschuldigten Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Er wies darauf hin, dass, wenn gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung anhängig ist und die Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 erst dann erfolgt, nachdem er im Einspruchsvorbringen darauf hingewiesen hatte, er könne den Fahrzeuglenker zum maßgebenden Zeitpunkt nicht benennen, die Bestrafung wegen der nicht ordnungsgemäßen Beantwortung der Lenkeranfrage gegen das Recht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, sich nicht selbst zu bezichtigen müssen, verstoße.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde jedoch der Bw nie wegen Nichterteilung oder verspäteter oder unrichtiger Erteilung einer Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 verfolgt bzw. bestraft, sondern wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, begangen als Lenker eines PKWs im Straßenverkehr. Zutreffend ist, dass gegenüber dem nunmehrigen Bw zunächst eine Strafverfügung gegen ihn als Zulassungsbesitzer erlassen wurde. Aufgrund des fristgerecht erhobenen Einspruches wurde an ihn als Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKWs die Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 gerichtet. Diese Aufforderung wurde vom Bw dahingehend beantwortet, er habe diesen PKW gelenkt, allerdings auch vorgebracht, durch die (erzwungene) ordnungsgemäße Beantwortung der Lenkeranfrage in seinem Recht auf Art. 6 Abs. 1 EMRK, sich nicht selbst zu bezichtigen zu müssen, verletzt worden zu sein.

 

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 – diese Bestimmung ist im Verfassungsrang – normiert, dass gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurücktreten. Aus dem Wortlaut des ersten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergibt sich unmissverständlich, dass sich das behördliche Auskunftsverlangen, welches der Zulassungsbesitzer bei sonstiger Strafbarkeit zu beantworten hat, unter anderem darauf bezieht, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Zum Zeitpunkt der behördlichen Lenkeranfrage war gegen den nunmehrigen Bw bereits ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes einer Übertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war aber noch nicht klar, ob der Bw überhaupt selbst dieses Kraftfahrzeug gelenkt hat. Die Lenkeranfrage im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 hatte daher den Zweck, den Kraftfahrzeuglenker festzustellen bzw. einen Verdächtigen zu ermitteln. Diese Lenkererhebung bezog sich bloß auf die Tatsache, wer dieses Kraftfahrzeug gelenkt hat. Der Zulassungsbesitzer wurde damit lediglich verpflichtet, wahrheitsgemäß anzugeben, wer dieses Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Dies konnte für ihn nicht belastend sein, weil nicht übersehen werden darf, dass auch nach Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht ohne weiteres (objektiv und subjektiv) bewiesen ist. Zur Klärung des Verdachtes, ob der bekannt gegebene Lenker zum angeführten Zeitpunkt die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen hat, waren noch zahlreiche Fragen zu klären. Der bekanntgegebene Lenker hat im Verfahren die Möglichkeit, den Tatvorwurf bzw. den angezeigten Sachverhalt zu bestreiten und sich in jeder Hinsicht zu verteidigen sowie auch die rechtliche Beurteilung zu hinterfragen. Die Lenkeranfrage war nicht mit dem Vorwurf der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung verbunden. Das bloße Lenken eines Kraftfahrzeuges ist kein strafbares Verhalten, weshalb die Auskunft, wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, auch keine unmittelbare verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung nach sich zieht. Eine Selbstbezichtigung, die nach Art. 6 EMRK verpönt ist, kann darin nicht erblickt werden. Darüber hinaus handelt es sich bei der Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um ein Administrativverfahren. Dies bedeutet, dass die Lenkeranfrage vom 16.2.2011 ein eigenständiges Verfahren bildet. Die Aufforderung zur Lenkerauskunft ging daher an den Bw in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKWs. Die im Administrativverfahren in Erfahrung gebrachte Lenkereigenschaft stellt sohin kein rechtswidrig erlangtes Beweismittel dar und unterlag daher keinem Beweisverwertungsverbot. Der Zwang zur Lenkerbekanntgabe ist zwar strafrechtlicher Natur ist, er sich aber aus der Tatsache ergibt, dass sich jeder Besitzer eines Kraftfahrzeuges (freiwillig) jenen Regeln unterwirft, die in einer Gesellschaft mit dem Besitz eines Kraftfahrzeuges verbunden sind. In Österreich gehört die Verfassungsbestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 zu eben diesen Regeln (vgl.  O'Halloran und Francis, Beschwerdenummern 15809/02 und 25624/02).

 

Entgegen der Ansicht des Bw liegt daher keine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK durch die oben dargestellte Vorgangsweise vor.

 

I.3.3. Strafbemessung:

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung im Rahmen der Kriterien des § 19 VStG davon ausgegangen, dass der Bw kein hiefür relevantes Vermögen besitzt, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten hat und ein Einkommen von 1000 Euro monatlich bezieht. Der Bw ist dieser Einschätzung nicht entgegen getreten, weshalb auch der Oö. Verwaltungssenat von diesen Verhältnissen ausgeht und sie der Strafbemessung zugrunde legt. Zutreffend hat die belangte Behörde auch das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen als mildernd gewertet. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervor gekommen.

 

Der Bw hat nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze von 3 % und eines zusätzlichen Sicherheitsfaktors von 2 % die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 % überschritten. Der gesetzliche Strafrahmen wurde lediglich zu rund 13,8 % ausgeschöpft.

 

Eine Überschreitung des Ermessungsspielraumes ist sohin nicht zu konstatieren. Auch aus präventiven Gründen ist die Strafe als angemessen festgesetzt zu betrachten.

 

Da sohin der Berufung keine Folge gegeben werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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