Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100904/10/Br/La

Linz, 11.12.1992

VwSen - 100904/10/Br/La Linz, am 11. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W G, 19. Oktober 1992, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29. September 1992, St 4578/91, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 4 Abs.5 iVm. § 99 Abs.3b der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO 1960; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 29. September 1992 über den Berufungswerber wegen obig bezeichneter Übertretung eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 12.9.1991 um 17.10 Uhr in S, den PKW mit dem Kennzeichen nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem er in ursächlichem Zusammenhang beteiligt gewesen sei, es unterlassen habe, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl ein Nachweis des Namens und der Anschrift dem Geschädigten gegenüber unterblieben sei.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der unmittelbaren Wahrnehmung durch den Zeugen P erwiesen sei. Der Zeuge habe das Blech krachen gehört und auch gesehen, daß sich der PKW stark bewegt habe. Laut persönlicher Meinung des Zeugen hätte dieser Anstoß bemerkt werden müssen. Entgegen der Verantwortung des Berufungswerbers und der zeugenschaftlichen Angabe dessen Gattin, habe der Zeuge L mit Sicherheit sagen können, daß außer dem Lenker keine andere Person sich im Fahrzeug des Berufungswerbers befunden habe. Aus dem Sachverständigengutachten gehe ferner eindeutig hervor, daß der Anstoß visuell indirekt und als Stoßreaktion vom Berufungswerber hätte wahrgenommen werden müssen.

3. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber im Ergebnis aus, daß die Beweiswürdigung hinsichtlich der Zeugenaussage seiner Gattin unrichtig erfolgt wäre. Die Behörde hätte zu begründen gehabt, weshalb der Anstoß wahrgenommen werden hätte müssen. Darüber sei im Sachverständigengutachten nichts festzustellen. Das Gutachten sei mangelhaft.

4. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Da die Berufung sich gegen Schuld und Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen gewesen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Steyr, St 4578/91; im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der bereits von der Erstbehörde vernommene Zeuge, P J und der Halter des beschädigten Fahrzeuges, P L sowie die Gattin des Berufungswerbers, G F neben dem Berufungswerber, vernommen. Das Gutachten des Amtssachverständigen Ing. K wurde von diesem im Hinblick auf die Einwände des Berufungswerbers erörtert.

6. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug am Parkplatz der Firma Exmanco an einem Parkplatz vor dem Geschäft neben dem Geschädigtenfahrzeug einzuparken versuchte. Dabei stieß er mit der rechten vorderen Stoßstange gegen die linke Tür eines abgestellten Fahrzeuges (PKW) und wurde dieses hiedurch beschädigt. Es war ein entsprechendes Anstoßgeräusch wahrnehmbar. Anschließend fuhr der Berufungswerber zurück und stellte sein Fahrzeug auf der gegenüberliegenden Seite des Parkplatzes ab. Die Schadensverursachung mußte vom Berufungswerber wahrgenommen worden sein. Eine Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle wurde vom Berufungswerber diesbezüglich nicht erstattet.

6.1.1. Diese Feststellung gründet insbesonders in der Aussage des Zeugen P. Der Zeuge befand sich zum Zeitpunkt des Vorfalles im Geschäft und hatte durch die geöffnete Geschäftstür direkt Blickkontakt zum Vorfallsort. Durch den Knall sei er aufmerksam geworden und habe gesehen, daß der Berufungswerber gegen ein abgestelltes Fahrzeug gestoßen sei. Mit Sicherheit sei das Fahrzeug des Berufungswerbers nicht im Retourgang in die Parklücke gefahren, sondern frontal. Der Zeuge habe sich auch das Gesicht des Fahrzeuglenkers einzuprägen vermocht. Das Kollisionsgeräusch sei über Befragung durch den Sachverständigen so gewesen, als ob etwas zerdrückt worden wäre. Die Fahrzeuge seien etwas schräg zueinander gestanden. Die Aussage dieses Zeugen war glaubwürdig. Die Antworten erfolgten spontan und waren den Denkgesetzen entsprechend gut nachvollziehbar. Der technische Amtssachverständige Ing. K führt diesbezüglich aus, daß diese Angaben mit dem Schadensbild vereinbar sind. Ferner führt der Sachverständige aus, daß auf Grund der Sachlage die Schadensverursachung vom Berufungswerber sowohl objektiv wie auch subjektiv wahrgenommen worden sein mußte. Nämlich als Stoßreaktion und indirekt visuell. Da der Berufungswerber die Schadensverursachung am Beginn der mündlichen Verhandlung nicht (nicht mehr) in Abrede stellte und auch der Schadensumfang nicht strittig ist, war im Beweisverfahren nur mehr die Frage der subjektiven Tatseite zu klären. Diesbezüglich vermochte der Verantwortung des Berufungswerbers nicht darin gefolgt werden, daß er die Schadensverursachung nicht bemerkt habe, indem er im Retourgang einzuparken versucht hätte. Sein diesbezügliches Vorbringen mußte als Schutzbehauptung qualifiziert werden.

7. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

7.1. Im Sinne des § 4 Abs.1 und 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auch wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, dann ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeioder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, wenn sich jene Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander n i c h t ihre Identität (Name und Anschrift) nachgewiesen haben. Zweck dieser Bestimmung ist die Wahrung der Möglichkeit für den (die) Geschädigten zur Durchsetzung der zivilrechtlichen (schadenersatzrechtlichen) Ansprüche (VwGH 19.12.1975, 2085/74). Auf Grund des Ausmaßes des verursachten Schadens bzw. der Intensität des Kontaktes mit dem Geschädigtenfahrzeug, war davon auszugehen, daß der Schaden bemerkt werden hätte müssen (VwGH 31.1.1986, 85/18/0367). Grundsätzlich muß gerade beim Ein- und Ausparken von einem Fahrzeuglenker ein Grad an Aufmerksamkeit erwartet werden, daß ein derartiger Zwischenfall bemerkt wird. Immerhin müßte der Berufungswerber alleine schon aus der Nähe zum Geschädigtenfahrzeug mit einem möglichen Kontakt mit diesem gerechnet haben. Mit der Verursachung eines Schadens mußte der Berufungswerber daher wenigstens gerechnet haben, sodaß er verpflichtet gewesen wäre, sich diesbezüglich zu überzeugen. Ein derartiges Verhalten ist von jedem Verkehrsteilnehmer zu erwarten (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 712 Anm.6). Gegenständlich ist jedoch davon auszugehen gewesen, daß der verursachte Schaden tatsächlich bemerkt worden ist.

8. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

8.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe an sich keinesfalls zu hoch bemessen wurde. An der Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften liegt insbesondere in der zivilen Rechtsdurchsetzung eines durch einen derartigen Vorfall geschädigten Fahrzeugbesitzers. Durch derartige Zuwiderhandlungen wird der Geschädigte um die Möglichkeit der Schadensregulierung im Wege der Haftpflichtversicherung gebracht und wird er dadurch in elementarerweise in seinen Rechten beeinträchtigt. Diese Rechtsgutbeeinträchtigung wurde gegenständlich schlechthin in Kauf genommen. Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung ist angesichts dieser Beeinträchtigung groß. Es war daher, sowohl aus Sicht der Spezialprävention (den Berufungswerber künftighin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten) aber auch aus Gründen der Generalprävention (den Unrechtsgehalt derartiger Verhaltensweisen im Stoßverkehr generell zu pönalisieren), die Verhängung einer "spürbaren Strafe" angezeigt. Der verhängte Strafsatz ist daher, bei einem bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen, bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für die Gattin, als niedrig zu bezeichnen. Sowohl der erhebliche objektive Unrechtsgehalt als auch der Grad der subjektiven Schuld lassen auch bei dem Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit eine geringere Strafe keinesfalls angebracht erscheinen. Die Verhängung einer höheren Strafe im Berufungsverfahren ist gesetzlich nicht möglich.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

9. Der Ausspruch über die Kostenentscheidung gründet in der unter II. bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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