Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166269/2/Fra/Th/Gr

Linz, 10.10.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Ing. X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Juli 2011, AZ S 19281/11-4, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.1 VStG iVm § 17 Abs.3 ZustellG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Einspruch des Berufungswerbers (Bw) gegen die Strafverfügung vom 15. Juni 2011, X, als verspätet zurückgewiesen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Bescheid weder eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe noch eine primäre Freiheitsstrafe verhängt wurde, (es handelt sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid) durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG abgesehen werden.

 

3.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

Die beeinspruchte Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis (Rückschein) am 21. Juni 2011 durch Hinterlegung beim Postamt X zustellt. Der Einspruch wurde am 12. Juli 2011 per E-Mail – verspätet – eingebracht, da die Rechtsmittelfrist am 5. Juli 2011 abgelaufen ist.

 

3.2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

 

Gemäß § 49 Abs.3 leg.cit ist die Strafverfügung, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, zu vollstrecken.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Zuständig hiefür ist die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Gemäß § 33 Abs.4 AVG können gesetzliche Fristen – um eine solche handelt es sich hier – nicht geändert werden.

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat außer hier nicht anzuwendender Ausnahmefälle die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

 

Gemäß § 51 Abs.1 VStG ist zur Entscheidung über die gegenständliche Berufung der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zuständig.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist ein hinterlegtes Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

4. Sache dieses Berufungsverfahrens ist der angefochtene Bescheid. Da die Unterinstanz das Rechtsmittel zurückgewiesen hat, hat die Berufungsinstanz über die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung zu befinden.

 

Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 2. August 2011, S-19281/11-4, den Bw aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens Gründe anzuführen, ob und weshalb keine rechtzeitige Kenntnis vom Zustellvorgang erlangt werden konnte. Für diesen Fall wären entsprechend geeignete Bescheinigungsmittel für die nicht rechtzeitige Kenntnisnahme vom Zustellvorgang / von der Ortsabwesenheit beizubringen.

 

Mit Schreiben vom 19. August 2011 legte der Vertreter des Bw gemäß der oa. Aufforderung einen Auszug aus dem Terminkalender sowie Öffnungszeiten des Postamtes X vor. Der Bw führt an, aus diesen Bescheinigungen ergebe sich, dass er in der gegenständlichen Zeit während der Geschäftszeiten nicht zu Hause aufhältig war und den RSa-Brief daher nicht abholen habe können. Aus dem Terminplan ergebe sich, dass er täglich Termine am Morgen hatte. Wenn Termine um 09.00 Uhr bzw. 08.00 Uhr eingetragen sind, bedeute dies, dass er ca. 1,5 Stunden vorher wegfahren habe müssen, da diese Termine in Wien stattfinden. Es sei ihm aufgrund der starken Arbeitsbelastung und der Öffnungszeiten des Postamtes nicht möglich gewesen, die Strafverfügung früher abzuholen. Da die Strafverfügung ein RSa-Brief war, habe sie auch nicht von seiner Frau abgeholt werden können.

 

Damit legt der Bw jedoch keine die Wirksamkeit der Zustellung hindernde Abwesenheit von der Abgabestelle im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetzes vor, da er grundsätzlich in der Lage war, Zustellvorgänge am Zustellort wahrzunehmen (Hinweis: VwGH 15.11.1989, 89/02/0186). Bei der Anwendung des § 17 Abs.3 letzter Halbsatz Zustellgesetz kommt es nicht darauf an, ob der Empfänger aufgrund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer Sendung findet.

 

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein der Umstand der Versäumung der Rechtsmittelfrist ist. Die Verschuldensfrage einer Partei an der Verspätung ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht zu prüfen. Ein allfälliges mangelndes Verschulden an der Fristversäumnis wäre erst bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (vgl. VwGH v. 11.07.1988, 88/10/0113). Sollte eine Wiedereinsetzung später bewilligt werden, so tritt das Verfahren nach § 72 Abs.1 AVG in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befundet hat. Es ist daher von Gesetzes wegen dafür gesorgt, dass eine allfällige nachträgliche Bewilligung einer Wiedereinsetzung Versäumnisfolgen beseitigt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängig aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden. Zur Entscheidung über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Bw ist die belangte Behörde zuständige (§ 71 Abs.4 AVG).

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren fällt nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

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