Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252950/14/Lg/Ba

Linz, 11.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 21. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der F C, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6. Juli 2011, Zl. BZ-Pol-77174-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird dem Grunde nach und hinsichtlich der Höhe der Geldstrafe abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 56 Stunden herabge­setzt.

 

II.        Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 112 Stunden verhängt, weil sie als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma C KG, X, X, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten habe: Die C KG habe als Arbeit­geber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG am 7.11.2010 ab ca. 14.00 Uhr die Arbeit­nehmerin G T in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt geringfügig beschäftigt. Es sei von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart worden sei und somit ein ange­messenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB als bedungen gelte. Die in Rede stehende Beschäftigte sei organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Auch habe eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden. Die Höhe des Entgelts sei nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG gelegen. Obwohl diese Dienstnehmerin daher von der Vollversicherung iSd § 5 ASVG ausgenommen und als geringfügig Beschäftigte in der Unfallversicherung teil­versichert gewesen sei, sei hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausge­stattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse als zuständiger Sozialver­sicherungsträger nicht vor Arbeitsbeginn erstattet worden.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der spruchgegenständliche Sachverhalt wurde vom Finanzamt Grieskirchen Wels angezeigt.

 

Mit Rechtfertigung vom 11.05.2011 wird seitens des Rechtsvertreters der Beschuldigten vorgebracht:

 

Das Lokal 'C's Pub' situiert in der X in X, werde von Herrn A C, dem Ehegatten der Betroffenen geführt. Dieser sei seinerseits mit Frau T G seit einiger Zeit sehr gut und sehr eng befreundet.

 

Am 07.11.2011 sei Frau G gegen 14 Uhr als Gast ins Lokal gekommen. Da Herr A C dringend das Lokal verlassen musste, habe er Frau G gebeten, im Lokal kurz aufzupassen und allenfalls in der Küche auszuhelfen, wenn in der Zeit seiner Abwesenheit etwas benötigt werde. Frau G sei schon früher einige Male (als Gast) im Lokal gewesen und kenne deshalb auch die wesentlichen Arbeitsabläufe. Aufgrund der Nahebeziehung zu Herrn C sei natürlich auch die diesbezügliche Vertrauenswürdigkeit gegenüber Frau G gegeben gewesen.

 

Ausdrücklich festzuhalten sei jedoch, dass Frau G diese kurzfristige Aushilfstätigkeit (ca. eine Stunde) freiwillig und völlig unentgeltlich und nur als 'Freundschaftsdienst' ausgeübt habe.

Frau G sei demgemäß weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit Frau F C maßgeblich unterworfen gewesen.

Auch habe keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber Frau F C bestanden.

Die angeführte Person sei demnach am 07.11.2010 auch nicht bei Frau F C (oder der C KG) gegen Entgelt geringfügig beschäftigt gewesen und habe diese daher auch keinerlei Meldeverpflichtung nach dem ASVG getroffen. Der diesbezügliche Vorwurf sei daher schon sachverhaltsmäßig unbegründet.

 

Ausdrücklich hervorzuheben sei, dass Frau T G bulgarische Staatsangehörige (und daher EU-Bürgerin) sei und ihren gesamten Lebens­mittelpunkt derzeit in Österreich habe.

 

Im EU-Beitrittsvertrag sei wie folgt festgelegt:

 

'Schlussakte  -  II.   Erklärungen  - A.   Gemeinsame  Erklärungen  der derzeiti­gen Mitgliedsstaaten - 1. Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

Amtsblatt Nr L 157 vom 21/06/2005 S. 0391-0391

 

1. Gemeinsame Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

 

Die Europäische Union weit auf das hohe Maß an Differenzierung und Flexibilität in der Regelung für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hin. Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, bulgarischen Staatsangehörigen nach nationalem Recht verstärkt Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, um die Angleichung an den Besitzstand zu beschleunigen. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für bulgarische Staatsangehörige in der Europäischen Union sollten sich daher beim Beitritt Bulgariens erheblich verbessern. Darüber hinaus werden die EU-Mitgliedstaaten der die vorgeschlagene Regelung auf die bestmögliche Weise nutzen, um so rasch wie möglich zu einer vollständigen Anwendung des Besitzstandes im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gelangen.'

 

Demgemäß bestehe unzweifelhaft auch die Verpflichtung Österreichs bulgarischen Staatsbürgern nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminieren. Eine Bestrafung wegen Ausübung einer kurzfristigen und unentgeltlichen Hilfstätigkeit durch eine bulgarische Staatsangehörige in Österreich würde aber eine derartige Diskriminierung darstellen.

 

Aus all den angeführten Gründen scheide im Übrigen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Frau F C gem. § 9 VStG ohnedies schon von vornherein aus.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde könne eine diesbezügliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nur dann angenommen werden, wenn die betroffene Partei tatsächlich die (effektive) Möglichkeit hatte, aus Eigenem sämtliche notwendige und zumutbare Maßnahmen zu treffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten hätten lassen.

 

Sie habe sich natürlich auch auf ihren Gatten A C verlassen und habe für ein entsprechendes Kontrollsystem gesorgt, welches Vorkommnisse (der hier –  zu Unrecht – angelasteten) Art hintanhalte.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde sei daher die gegenständliche Tat der Beschuldigten weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht zuzurechnen und sei auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu rügen.

Abschließend sei zudem festzuhalten, dass bezüglich der Kontrolle vom 07.11.2010 bereits ein Bescheid der GKK vom 24.02.2011 vorliege. Von diesem Bescheid werde der gleichgelagerte Sachverhalt abgedeckt. Eine weitere Bestrafung wegen desselben Sachverhaltes würde demnach gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen.

 

Es werde deshalb der Antrag auf ersatzlose Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gestellt. Der ausgewiesene Rechtsvertreter möge schriftlich von der Einstellung verständigt werden.

 

Nur der Vollständigkeit halber werden die Einkommens- und Familienverhältnisse wie folgt dargestellt:  Frau  F C verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittliche 1.100,--. Nennenswertes Vermögen sei nicht vorhanden. Sie habe vier minderjährige Kinder im Alter von 16, 12, 12 und 8 Jahren. Die Kinder leben im gemeinsamen Haushalt und werden von der Betroffenen unterstützt.

 

Mit Schreiben vom 13.05.2011 wurde seitens der GKK mitgeteilt, dass gegen den vom Rechtsvertreter angeführten Bescheid vom 24.02.2011 mit 10.03.2011 Einspruch erhoben worden sei und dieser noch nicht rechtskräftig sei.

 

Mit Schreiben vom 13.05.2011 wurde das Finanzamt Grieskirchen Wels um Stellungnahme ersucht, welche bis 06.07.2011 nicht ergangen ist.

 

Gemäß §111 Abs 1 ASVG idgF handelt ordnungswidrig wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.      Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.      Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.      Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.      gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß §111 Abs 2 ASVG idgF ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen und zwar

-           mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5.000 €

-           bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG idgF haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)-Meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 33 Abs 1a ASVG idgF kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG idgF gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach Abschnitt II-1. Unterabschnitt (Pflichtversicherung), § 4 Abs 1 Z 1 ASVG idgF sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen, noch nach § 7 ASVG idgF nur eine Teilversicherung begründet ist.

 

Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen (§ 4 Abs 2 ASVG idgF.).

 

Gemäß § 5 Abs 1 Z 2 ASVG idgF sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs 4 leg.cit gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs 1 Z 6 genannten Personen, von der Vollversicherung nach § 4 – unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung, ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs 2 leg. cit. nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).

 

Als Dienstgeber nach § 35 Abs 1 ASVG idgF gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht.

 

Gemäß § 4 Abs 4 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Personen in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Wels Grieskirchen samt Beilagen) als erwiesen anzusehen und wurde die Arbeitstätigkeit von Frau G auch nicht geleugnet.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt deshalb § 5 Abs 1 VStG idgF zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (Ungehorsamsdelikt) und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Es liegt ein Ungehorsamsdelikt vor. Bei einem Ungehorsamsdelikt belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch seinen objektiven Tatbestand und unterstellt die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch den Beschuldigten (VwGH 18.11.1971, Slg 8108, 13.12.1979, 2969/76 bzw. VwGH 25.03.2010, GZ 2007/09/0261).

Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs 1 VStG, dass die Beschuldigte an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist auch durch die Rechtfertigung vom 11.05.2011 nicht gelungen und auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, das Ausmaß des Verschuldens zu beachten sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Das Verschulden der Beschuldigten war geringfügig und die Folgen unbedeutend. Straferschwernisgründe liegen nicht vor. Die verhängte Strafe erscheint auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung geschätzt, als angemessen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das angeführte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und als Berufungsgründe geltend gemacht:

 

·         unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen

·         wesentliche Verfahrensmängel

·         unrichtige rechtliche Beurteilung, sowie

·         Berufung hinsichtlich der Strafhöhe.

 

Im Einzelnen wird zu den Berufungsgründen wie folgt ausgeführt:

 

1.)    Unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen:

 

Der gesamte festgestellte Sachverhalt, welcher gleichzeitig den Spruch des Straferkenntnisses bildet, wird als unrichtig bekämpft.

 

Frau F C wird gegenständlich vorgeworfen, dass sie 'als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Verantwortung nach außen Berufene der Firma C KG, welche für die Erfüllung der sozial­versicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat' die im Folgenden festgestellte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

 

Demnach habe die C KG als Arbeitgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG am 07.11.10 um ca. 14 Uhr die Arbeitnehmerin G T, geb. X, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt geringfügig beschäftigt.

 

Es sei vor Arbeitsbeginn keine Meldung bei der GKK als zuständigem Sozi­alversicherungsträger erstattet worden und somit gegen die sozialversicherungs­rechtliche Meldepflicht des § 33 ASVG verstoßen worden.

 

Diese Feststellungen sind unzutreffend und ist wie folgt entgegenzuhalten:

Durch die betroffene Partei wurde bereits in der Rechtfertigung vom 11.05.11 hervorgehoben, dass sie gegenständlich nicht Dienstgeber war.

 

Das Lokal 'Cs Pub', situiert in der X in X, wird von Herrn A C, dem Ehegatten der Betroffenen, geführt. Dieser ist seiner­seits mit Frau T G sehr gut und sehr eng befreundet.

 

Am 07.11.10 kam Frau G gegen 14:00 Uhr (als Gast) ins Lokal. Da Herr A C dringend das Lokal verlassen musste, hat er Frau G gebeten, im Lokal kurz aufzupassen und allenfalls in der Küche auszuhelfen, wenn in der Zeit seiner Abwesenheit etwas benötigt werde. Frau G war schon früher einige Male (als Gast) im Lokal und kannte deshalb auch die wesentlichen Arbeitsabläufe. Aufgrund der Nahebeziehung zu Herrn C war natürlich auch die diesbezügliche Vertrauenswürdigkeit gegenüber Frau G gegeben, dass diese eigenständig und ohne konkrete Weisungen in der kurzen Abwesenheit zurecht komme.

 

Ausdrücklich festzuhalten ist jedoch, dass Frau G diese kurzfristige Aushilfstätigkeit (ca. eine Stunde) freiwillig und völlig unentgeltlich und nur als 'Freundschaftsdienst' ausgeübt hat.

 

Frau G war demgemäß weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit Frau F C maßgeblich unterworfen. Auch bestand keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Wei­sungsgebundenheit gegenüber Frau F C.

 

Die angeführte Person war demnach am 07.11.10 auch nicht bei Frau F C (oder der Fa. C KG) 'als Küchenhilfe' beschäftigt und traf diese daher auch keinerlei Melde-Verpflichtung nach dem ASVG.

 

Der diesbezügliche Vorwurf ist daher schon sachverhaltsmäßig unbegründet.

 

2.)     Wesentliche Verfahrensmängel:

 

Die Behörde stellt fest, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachver­haltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels samt Beila­gen) als erwiesen anzusehen sei und sei die Arbeitstätigkeit von Frau G auch nicht geleugnet worden.

 

Bereits in der Rechtfertigung vom 11.05.11 wurde klargestellt, dass die betrof­fene Partei gegenständlich nicht Dienstgeber war.

Sämtlichen dazu in der Rechtfertigung vom 11.05.11 gestellten Beweisanträgen, wurde jedoch nicht entsprochen. Durch die Aufnahme dieser Beweise, insbe­sondere der zeugenschaftlichen Einvernahmen von Herrn A C und Frau T G hätte nachgewiesen werden können, dass Frau G am 07.11.10 nur kurzfristig, freiwillig und völlig unentgeltlich im Lokal 'Cs Pub' ausgeholfen hat.

 

Insofern ist daher von einem schwerwiegenden Verfahrensmangel anzugehen. Die betroffene Partei wurde in wesentlichen Verteidigungsrechten beeinträch­tigt. Es liegt insoweit auch eine Verletzung des Rechtes auf Wahrung des Parteien­gehöres vor.

 

Beweisanträge dürfen nur dann angelehnt werden, wenn Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (siehe VwGH 22.01.1987, 86/16/0221).

 

Beweisanträgen ist somit stattzugeben, falls dies im Interesse der Wahrheitsfin­dung notwendig erscheint (VwGH 16.01.1992, Slg 13560A).

 

Wäre den gestellten Beweisanträgen entsprochen worden, so hätte die Behörde zu einem anderen Bescheidergebnis gelangen können und müssen und hätte je­denfalls keine Bestrafung der betroffenen Partei erfolgen dürfen.

Die belangte Behörde stützt sich damit bei der Feststellung des im Spruch angeführten Sachverhaltes ausschließlich auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskir­chen Wels. Als Kontrollbehörde kommt dem Finanzamt Grieskirchen Wels je­doch 'Parteistellung' zu und bedeutet dies unzweifelhaft, dass dieser Behörde (im Gegensatz zu einem unbeteiligten Zeugen) im Vorhinein nicht die gebotene Objektivität im gegenständlichen Verfahren beizumessen ist.

 

Dass nach Ansicht der Behörde den Angaben in einer Rechtfertigung keine Re­levanz zukomme, entbindet die zur Entscheidung berufene Behörde nicht davon, das ordnungsgemäße Ermittlungsverfahren durchzuführen, die vorliegende Be­weisergebnisse sorgfältig zu prüfen (auch in Richtung des Entlastungsbeweises für den Beschuldigten) und insbesondere sämtliche Beweisanträge einzuholen. Da dies im vorliegenden Fall unterblieben ist, liegt eine Verletzung des Grund­satzes auf Durchführung eines fairen Verfahrens vor.

 

In diesem Zusammenhang ist auch die Verletzung der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 3 AVG zu rügen. Für die unterlassenen Beweisaufnahmen wurde kei­ne nachvollziehbare Begründung gegeben.

Herr A C hat insbesondere schon anlässlich der Niederschrift, welche noch am 07.11.10 mit ihm aufgenommen wurde, angegeben, dass Frau G an diesem Tag nur kurzfristig, freiwillig und völlig unentgeltlich im Lo­kal 'Cs Pub' ausgeholfen hat.

 

Obwohl daher bereits unmittelbar bei der Kontrolle eine entsprechende Recht­fertigung vorgelegen hat, hat es die anzeigende Behörde unterlassen, Erhebun­gen vor Ort durchzuführen. Auch die belangte Behörde hat diesen Fehler in der Folge nicht korrigiert.

 

Im Rahmen dieser Berufung wird deshalb nochmals nachfolgende Beweisan­träge gestellt:

·         persönliche Einvernahme von Frau F C;

·         sowie zeugenschaftliche Befragung von

·         Herrn A C, X, X;

·         Frau T G, X, X;

·         FOI N. W, p.A. Finanzamt Grieskirchen-Wels, Team KI AB;

 

Dies jeweils zum Beweis dafür, dass Frau T G am 07.11.10 weder persönlich oder organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit Frau F C maßgeblich unterworfen war und auch keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber Frau F C bestanden hat; sowie dass Frau G diese kurzfristige Aus­hilfstätigkeit (ca. eine Stunde) freiwillig und völlig unentgeltlich und nur als 'Freundschaftsdienst' ausgeübt hat.

 

3.)    Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Die Behörde verweist in der Begründung auf die Bestimmung des § 33 ASVG, wonach Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zu­ständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben.

 

Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung sei - nach unrichtiger Ansicht der Behörde - schon aufgrund des angeführten Sach­verhaltes (Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels) als erwiesen anzusehen.

Das ASVG sehe - so die rechtliche Beurteilung der Behörde - keine eigene Re­gelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es komme daher § 5 VStG zum Tra­gen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge.

 

Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs. 1 VStG, dass die Beschuldigte an der Ver­letzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, sei auch durch die Rechtfertigung vom 11.05.11 nicht gelungen und auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen.

 

Diese rechtliche Begründung der Behörde ist unzutreffend.

 

Tatsächlich hat die Behörde dem Täter grundsätzlich nicht nur den objektiven Tatbestand, sondern auch das Verschulden nachzuweisen. Die Beschuldigte hat in der Rechtfertigung vom 11.05.11 alles dargelegt, was für ihre Entlastung spricht. Sie hat geeignetes Tatsachenvorbringen erstattet und konkrete Be­weisanträge gestellt. Gemäß § 37 i.V.m. § 39 Abs. 2 AVG ist die Behörde ver­pflichtet, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachver­halt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen (siehe VfGH 04.04.2001, 99/09/0143). Die Regelung des § 5 Abs. 1 2.Satz VStG befreit die Behörde nicht von der Verpflichtung, im Hinblick auf § 25 Abs. 2 VStG von sich aus alle Umstände zu berücksichtigen, von denen sie bereits bei der Ermitt­lung des äußeren Tatbestandes Kenntnis erlangt hat. (Siehe Erkenntnis vom 17.04.1956, 904/55, Slg. 4046 A).

 

Die Beschuldigte hat konkret vorgebracht, dass Frau T G we­der persönlich noch organisatorisch oder hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit der Beschuldigten maßgeblich unterworfen war. Auch habe keine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit gegenüber der Be­schuldigten bestanden.

 

Frau G hat gegenständlich freiwillig, völlig unentgeltlich und nur für kurze Zeit ausgeholfen. Dieser Gefälligkeitsdienst erfolgte (wie dargestellt) über Ersuchen des Gatten der Beschuldigten, nämlich von Herrn A C.

 

Herr A C hat in der Niederschrift vom 07.11.10 angeführt, dass Frau T G seine Freundin ist. Sie hält sich deshalb auch öfters im Lokal als Gast auf.

 

Wenn Herr A C in dieser Niederschrift vom 07.11.10 auch angegeben hat, dass er 'die Lebenshaltungskosten von Frau G trägt', so muss eindeutig festgehalten werden, dass hier von der Behörde ein unzulässiger Zu­sammenhang mit dem Gefälligkeitsdienst vom 07.11.10 herzustellen versucht wird. Ein derartiger Zusammenhang besteht nicht.

Frau G ist schon längere Zeit die Freundin von Herrn A C und kommt dieser deshalb auch schon seit längerer Zeit für die Wohnungskos­ten, sowie allgemeinen Lebenshaltungskosten, auf. Diese Kosten wurden und werden unabhängig von einer 'Beschäftigung' getragen und kann deshalb kein 'Entgeltcharakter' angenommen werden.

 

Würde man andererseits (unrichtigerweise) davon ausgehen, dass durch die Tra­gung von Lebenshaltungskosten durch Herrn C eine Verbindung zur (von der Behörde zu Unrecht angenommenen) 'Beschäftigung' von Frau T G besteht, so muss man diesfalls bei richtiger rechtlicher Beurteilung aber zugrunde legen, dass eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung von Frau F C nicht gegeben ist.

 

Es wurde dazu ausdrücklich die zeugenschaftliche Befragung von Herrn A C und Frau T G beantragt. In offenbarer Verkennung der Rechtslage hat die Behörde die Aufnahme dieser ausdrücklich beantragten Be­weise unterlassen. Sie hat sich (unzulässigerweise) mit den Angaben der anzei­genden Behörde (Finanzamt Grieskirchen Wels) begnügt. Dazu wurde jedoch nicht dargelegt, weshalb dem Tatsachenvorbringen und den konkreten Beweis­anträge keine Relevanz zukommen soll.

 

In diesem Zusammenhang wird auch eine Verletzung der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 3 AVG gerügt. Im vorliegenden Straferkenntnis findet sich keine begründete und schlüssig nachvollziehbare Feststellung, inwiefern tatsächlich davon auszugehen ist, dass die Beschuldigte 'Arbeitgeber' der angeführten Per­son zum fraglichen Zeitpunkt gewesen sein soll. Der Sachverhalt ist somit über­haupt unzureichend konkretisiert und verstößt das gegenständliche Straferkennt­nis damit auch gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG.

 

Eine diesbezügliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nur dann an­genommen werden, wenn die betroffene Partei tatsächlich die (effektive) Mög­lichkeit hatte, aus Eigenem sämtliche notwendige und zumutbare Maßnahmen zu treffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der ge­setzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten hätten lassen. Tatsächlich ist dies im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden für diese rechtliche Beur­teilung durch die Behörde auch keine nachvollziehbaren Feststellungen ge­troffen.

 

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde ist daher die gegenständliche 'Tat' der Beschuldigten weder in subjektiver, noch in objektiver Hinsicht zuzurechnen und ist eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu rügen. Eine strafrechtliche Ver­antwortlichkeit von Frau F C scheidet schon von vorneherein aus.

Zudem ist festzuhalten, dass bezüglich der Kontrolle vom 07.11.10 bereits ein Bescheid der GKK vom 24.02.11 vorliegt. Von diesem (Straf-)Bescheid wird der gleiche Sachverhalt mit derselben betroffenen Person abgedeckt.

 

Eine weitere Bestrafung wegen desselben Sachverhaltes würde aber gegen das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 4 VII. ZPEMRK) verstoßen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zudem hervorzuheben, dass Frau T G bulgarische Staatsangehörige (und daher EU-Bürgerin) ist und ihren gesam­ten Lebensmittelpunkt derzeit in Österreich hat.

 

Im EU-Beitrittsvertrag wurde wie folgt festgelegt:

 

Schlussakte - II.Erklärungen - A.Gemeinsame Erklärungen der derzeitigen Mitgliedstaaten - 1.Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

 

Amtsblatt Nr. L 157 vom 21/06/2005S. 0391 - 0391

 

1. Gemeinsame Erklärung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Bulgarien

 

Die Europäische Union weist auf das hohe Maß an Differenzierung und Flexibilität in der Regelung für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hin. Die Mitgliedstaaten werden sich bemühen, bulgarischen Staatsangehörigen nach nationalem Recht verstärkt Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, um die Angleichung an den Besitzstand zu beschleunigen. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für bulgarische Staatsangehörige in der Europäischen Union sollten sich daher beim Beitritt Bulgariens erheblich verbessern. Darüber hinaus werden die EU-Mitgliedstaaten der die vorgeschlagene Regelung auf die bestmögliche Weise nut­zen, um so rasch wie möglich zu einer vollständigen Anwendung des Besitzstands im Be­reich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gelangen.

 

Demgemäß besteht unzweifelhaft auch die Verpflichtung Österreichs bulgari­schen Staatsbürgern nicht in unsachlicher Art und Weise zu diskriminie­ren. Eine Bestrafung wegen Ausübung einer kurzfristigen und unentgeltlichen Hilfstätigkeit durch eine bulgarische Staatsangehörige in Österreich würde aber eine derartige Diskriminierung darstellen.

 

Der Sachverhalt wurde demnach von der Erstbehörde in mehrfacher Hinsicht rechtlich unrichtig beurteilt.

 

4.)    Berufung gegen die Höhe der verhängten Strafe:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren

Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachtei­lige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Diesbezüglich nimmt die belangte Behörde jedoch keine ausreichende Abwä­gung vor.

 

Angeführt wird das geringfügige Verschulden der Beschuldigten und dass die Folgen unbedeutend waren. Straferschwerungsgründe wurden nicht angenom­men.

 

Tatsächlich ist auch die Unbescholtenheit als strafmildernd heranzuziehen.

 

Unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens-, sowie Familienverhält­nisse ist die verhängte Strafe jedenfalls überhöht. Die belangte Behörde hätte jedenfalls von ihrem außerordentlichen Strafmilderungsrecht Gebrauch machen müssen.

 

Allenfalls hätte gemäß § 21 VStG überhaupt von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden müssen. Unter der Berücksichtigung des tatsächlichen Sach­verhaltes erscheint das Verschulden der betroffenen Partei geringfügig. Auch die Folgen der Übertretung sind im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen unbedeutet. Eine Bestrafung erscheint daher weder aus spezialpräventiven, noch gene­ralpräventiven Gründen geboten. Bereits die Androhung einer Strafe würde im vorliegenden Falle den Zweck erfüllen.

 

Es werden daher nachstehende

 

Berufungsanträge

 

gestellt:

 

1.)       Die Berufungsbehörde wolle eine öffentliche und mündliche Beru­fungsverhandlung anberaumen und das Straferkenntnis des Bürger­meisters der Stadt Wels vom 06.07.11, BZ-Pol-77174-2010, vollinhalt­lich und ersatzlos aufheben und weiters das gegenständliche Verfah­ren einstellen;

 

in eventu

 

2.)       möge die Berufungsbehörde den angeführten Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entschei­dungsfindung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen;

 

jedenfalls

 

3.)       möge die verhängte Geldstrafe angemessen herabgesetzt werden bzw. überhaupt gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgese­hen werden.

 

4.)       Der betroffenen Partei mögen weiters die gesamten entstandenen Ver­fahrenskosten zuerkannt werden."

 

 

3. Anlässlich der Berufungsvorlage nahm die Behörde wie folgt Stellung:

 

"Zur Strafhöhe wird angemerkt, dass verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten­heit weder zum Tatzeitpunkt noch zum Zeitpunkt des Straferkenntnisses vorge­legen hat.

Ein Vorliegen der Voraussetzungen nach §§ 20 bzw. 21 VStG ist im Verwal­tungsstrafverfahren nicht hervorgekommen..."

 

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenteile. Gesondert hingewiesen sei auf folgende Aktenteile:

 

Der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 16.11.2010 enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 7.11.2010 gegen 15.00 Uhr wurde durch Ermittlungs- und Erhebungsorgane des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, Team KIAB (FOI W, FOI S, FOI M, FOI W, FOI L) in X, X im Lokal Cs PUB eine Kontrolle nach dem AuslBG und nach dem ASVG durchgeführt.

 

Als einzige Arbeitskraft wurde im Lokal G T, bulg. Staatsbürgerin, geb. X, ausgewiesen mit bulg. Identitätskarte Nr. X, wohnhaft in X, X beim Pizza zubereiten angetroffen.

 

Anschließend wurde mit G ein mehrsprachiges Personenblatt aufgenommen.

Im wesentlichen wurde darin angegeben, dass Sie für C ca. 1 Stunde ausgeholfen hat und eine Pizza zubereitet hat.

Weiters wurde um ca. 15.24 Uhr mit C A eine Niederschrift aufgenommen. Auf die beiliegende Niederschrift wird verwiesen.

 

Da Frau G bei der Arbeit hinter der Theke beim Zubereiten einer Pizza in den Betriebsräumen angetroffen wurde ist davon auszugehen, dass es sich bei der oben angeführten Person um eine Dienstnehmerin handelt, welche in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Dienstgeber steht und Anspruch auf ein entsprechendes Entgelt gehabt hätte.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle konnte keine aufrechte Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger vorgewiesen werden.

 

Es liegt aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ein Verstoß nach dem ASVG vor und es wird die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens beantragt."

 

In das Personenblatt trug die Ausländerin ein, für die Firma C X zu arbeiten und seit 7.11.10 1 Stunde zu arbeiten. Beschäftigt sei sie als "Pizza".

Laut amtlichem Vermerk sei sie beim Pizza zubereiten angetroffen worden und sei alleine im Lokal tätig gewesen. C sei um ca. 15.30 Uhr gekommen.

 

Gegenüber den Kontrollorganen gab A C an:

 

Frage: Seit wann arbeitet Fr. G im Lokal?

Antwort: Sie ist kurz vor 14.00h gekommen. Ich bin kurz danach aus dem Lokal gegangen, um zu Hause gemeinsam mit meiner Gattin Brot zubereiten, auch für das Lokal. Zu Fr. G habe ich gesagt, dass die mithelfen soll, wenn von der Küche etwas gebraucht wird. Ansonsten passt auch Fr. D M auf das Lokal während meiner Abwesenheit auf. Sie ist Gast im Lokal und keine Mitarbeiterin.

Frage: Hat Fr. G bereits öfters hier gearbeitet?

Antwort: Sie ist eine Freundin von mir. Öfters ist sie im Lokal zum Konsumieren. Dabei hat sie auch schon ausgeholfen, wenn viel los war und ich die Arbeit alleine nicht machen konnte.

Frage: Bekommt sie dafür Geld?

Antwort: Nein. Ich trage die Lebenshaltungskosten wie  Wohnung, Essen, Zigaretten etc.

Frage: Sie haben beim AMS mehrmals einen Antrag auf Beschäftigungsbewilli­gung für Fr. G gestellt. Benötigen Sie Arbeitskräfte, wenn ja, für welche Tätigkeit?

Antwort: Ich brauche dringend eine Arbeitskraft für Service, Küche, Bäckerei, da ich 7 Tage/Woche das Lokal geöffnet habe. Dies von 9.00 – 24.00h. Die vom AMS vermittelten Arbeitskräfte wollen nur den "Stempel" haben.

Vorhalt: Bei der kürzlich durch die Finanzbehörde hier durchgeführten Kontrolle wurden Sie und Fr. G im Lokal angetroffen. Dabei wurde Ihnen mitgeteilt, dass die Arbeitsaufnahme der Ausländerin erst nach Erteilung der Bewilligung möglich ist. Sie haben dabei zugesichert, dass Fr. G nicht im Lokal vorher arbeiten wird. Warum wurde sie bei der heutigen Kontrolle als einzige Arbeitskraft im geöffneten Lokal (mit mehreren Gästen) betreten?

Antwort: Ich habe heute weg müssen, um meiner Frau beim Brotbacken behilf­lich zu sein. Ich hatte daher keine Möglichkeit, und so habe ich Fr. G gebeten, während meiner Abwesenheit die Küche und Service zu übernehmen.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte das Kontrollorgan X aus, den beiden Kontrollen am 7.11.2010 und am 25.3.2011 sei eine weitere Kontrolle vorhergegangen, bei der A C, der sich stets als Chef ausgegeben habe, auf anonyme Anzeigen und die rechtliche Problematik der Ausländerbeschäftigung aufmerksam gemacht worden sei.

 

Bei der Betretung am 7.11.2010 sei T G beim Zubereiten einer Pizza betreten worden. Der Zeuge habe die Niederschrift mit A C aufgenommen. In der Niederschrift habe A C dringenden Arbeitskräftebedarf zur Sprache gebracht und argumentiert, T G sei eine Freundin. A C habe die Aushilfe durch T G nicht in Abrede gestellt aber in Richtung Freundschaftsdienst argumentiert, jedoch nicht gesagt, dass es sich um einen Gefälligkeitsdienst handle. Wenn A C bei einer Kontrolle nicht im Lokal gewesen sei, sei er von T G herbeigerufen worden und kurz darauf erschienen.

 

R S und M D sagten zeugenschaftlich aus, sie seien Stammgäste im Lokal. Stammgäste würden sich bei Bedarf selber bedienen. M D bestätigte, dass T G bei der Kontrolle am 7.11.2010 eine Pizza zubereitete, weil ein Gast nicht bis zur Rückkehr A Cs habe warten wollen. Normalerweise würden Fremde (gemeint: Nicht-Stammgäste) während der Abwesenheit A Cs nicht bedient. T G sei die Freundin von A C, der er den Lebensunterhalt zahle.

 

Die Zeugin T G sagte aus, A C habe aufgrund einer persönlichen Nahebeziehung ihren Lebensunterhalt finanziert. Sie habe im Lokal nichts gearbeitet und daher auch kein Geld bekommen. Wenn A C auf Urlaub gefahren sei, hätten sie und eine Kellnerin gearbeitet. Im November 2010 habe A C keine Kellnerin gehabt. Von insgesamt 7 Beschäftigungsbewilligungsanträgen für sie habe sie Kenntnis. Das beantragte Beschäftigungsausmaß sei glaublich "normal" bzw. "8 Stunden pro Tag" gewesen. A C "hätte auf jeden Fall genug Arbeit für mich gehabt, damit ich 8 Stunden arbeiten hätte können". Die Beschäftigungsbewilligungsanträge seien gestellt worden, weil die Leute, die das AMS geschickt habe, untauglich gewesen seien; sie hätten (im Gegen­satz zur Zeugin) nicht Pizza und Kebap zubereiten können. Wenn A C alleine im Lokal gewesen sei und "weg musste", habe die Zeugin ausgeholfen. Dies sei vielleicht einmal im Monat gewesen. Wenn viel los gewesen sei, habe es sein können, dass A C gesagt habe, "gehe bitte, trag das zu dem Tisch ... und Ähnliches. Das war aber selten." Zu der Zeit, als A C die Beschäftigungsbewilligungsanträge gestellt habe, sei auch von der Firma Landzeit ein Beschäftigungsbewilligungsantrag gestellt worden, welcher ebenfalls abgelehnt worden sei.

 

A C sagte zeugenschaftlich aus, es sei vorgekommen, dass in Stresssituationen T G, ebenso wie andere Gäste, ausge­holfen hätten. Ferner bestätigte A C, dass er den Lebensunterhalt der T G aufgrund einer persönlichen Nahebeziehung bestritten habe.

 

In den Schlussvorträgen bekannten sich beide Parteien (der Vertreter des Finanzamtes und der Vertreter der Bw) zu der Feststellung, dass überein­stimmend davon ausgegangen werde, dass die Situation bei den Kontrollen am 7.11.2010 und am 25.3.2011 unterschiedlich zu beurteilen seien. Während bei der zweitgenannten Kontrolle die Arbeitstätigkeit der T G nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen und außerdem eine für die Bewältigung der anfallenden Arbeit ausreichende Kellnerin im Lokal gewesen sei, stehe für die Kontrolle am 7.11.2010 die Arbeitsleistung der T G ebenso fest wie die damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Leistungen des A C, sodass in diesem Fall von einer Arbeitstätigkeit der T G auszugehen sei. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde der Unabhängige Verwaltungssenat ersucht, das Vorliegen einer rechtskräftigen Vorstrafe nach dem AuslBG zu prüfen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unbestritten ist, dass T G zum Zeitpunkt der Kontrolle eine Arbeitstätigkeit ausübte. Sie selbst und A C räumten ein, dass dies in Stresssituationen bzw. bei Abwesenheit des A C öfter der Fall war, was vor dem Hintergrund der Bestreitung des Lebensunterhaltes durch A C glaubhafter ist, als die Erzählung von "üblichem Stamm­gästeverhalten", da Stammgäste keine finanziellen Leistungen von A C erhielten. Es stehen also einander finanzielle Leistungen A Cs und Arbeitsleistungen T Gs gegenüber. Die fallweisen Arbeitstätigkeiten sind in synallagmatischem Zusammenhang mit den finanziellen Leistungen des A C zu sehen, auch wenn das volle Äquivalent der Arbeitsleistungen in Relation zur Bezahlung nicht erwiesen werden kann. Auch der sich in der Stellung von zahlreichen Beschäftigungs­bewilligungsanträgen ausdrückende Arbeitskräfte­bedarf spricht für das Vorliegen einer Beschäftigung. Blickt man näher auf die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Bejahung eines Gefälligkeits-/Freundschaftsdienstes kumulativ erforderlichen Elemente, so zeigt sich, dass im Verhältnis zur Bw (!) kein persönliches Naheverhältnis bestand und das Vorliegen einer Unentgeltlichkeitsabrede nicht einmal behauptet wurde. In Übereinstimmung mit den Schlussvorträgen der Parteien in der öffent­lichen mündlichen Verhandlung ist daher von einer Beschäftigung auszu­gehen.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechen. Zum Verschulden ist zu bemerken, dass die Bw keinen Vorteil aus dem allfälligen Argument ziehen kann, dass sie die Geschäftsführung des Lokal A C überließ, ohne dessen Tätigkeit zu steuern bzw. zu kontrollieren. Selbst dieses Ver­halten wäre als grob sorgfaltswidrig bzw. grob fahrlässig einzustufen. Ginge man hingegen von voller Kenntnis der Sachlage der Bw aus, wäre zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen. Im Zweifel sei zugunsten der Bw von – allerdings durchaus schwerwiegender – Fahrlässigkeit ausgegangen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzumerken, dass im angefochtenen Strafer­kenntnis ohnehin gemäß § 111 Abs.2 ASVG vorgegangen wurde. Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe kommt im Hinblick auf das erhebliche Verschulden der Bw nicht in Betracht. Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe auf ein der Strafbemessung bei der Geldstrafe entsprechendes Ausmaß erspart der Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

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