Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730348/5/Wg/Wu

Linz, 15.09.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.03.2011, AZ: FR-74.355, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Sachentscheidung an die Erstbehörde zurückverwiesen.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 24. März 2011, AZ: FR-74.355, den Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 11. Jänner 2011 auf Aufhebung des von der BPD Linz unter der Zl.: FR-74.355 mit Bescheid vom 3. August 1998 gegen ihn unbefristet erlassenen Aufenthaltsverbotes, welches gemäß § 125 Abs.3 FPG 2005 als Rückkehrverbot gilt, gemäß § 68 Abs.1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 11. April 2011. Der Bw beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den hier angefochtenen Bescheid der BPD Linz vom 24. März 2011 aufheben und der Erstbehörde die Sachentscheidung über ihren Antrag vom 11. Jänner 2011 auftragen. Er führte aus, die Zurückweisung sei zu unrecht erfolgt, da der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes jedenfalls auf einen geänderten Sachverhalt gestützt werde, sohin von entschiedener Sache nicht die Rede sein könne. Alleine der Umstand, dass seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes 13 Jahre vergangen seien, begründe eine wesentliche Sachverhaltsänderung, da dies ein signifikanter Zeitraum sei, indem sich seine Integration in Österreich maßgeblich verstärkt habe. Selbst wenn man lediglich den Zeitraum seit seiner Entlassung aus der Strafhaft (September 1998) betrachte, könne man von einem 12,5-jährigen Zeitraum ausgehen, indem er sich wohlverhalten habe. Seit der letzten Verurteilung, die mit 5. Juli 1995 datiert sei und seinem letzten Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes aus dem Jahr 2005, welcher am 15. Jänner 2007 von der SID abgelehnt wurde, sei nunmehr ein weiterer Zeitraum von mehr als 4 Jahren vergangen. Er habe sich in diesem Zeitraum wohlverhalten. Er gehe einer geregelten Beschäftigung nach. Sein Arbeitgeber sei mit seiner Leistung äußerst zufrieden. Seine gesamte Familie lebe in Österreich, seine drei älteren Kinder würden die Schule besuchen. Das vierte Kind sei ebenso wie die älteste Tochter in Österreich geboren. Alle Verwandten würden in Österreich leben. Die Tatsache, dass er sich mehr als 12 Jahre wohlverhalten habe, lasse darauf schließen, dass er seine Lebenseinstellung durchwegs geändert habe. Die Geburt seiner vier Kinder, die Verantwortung eines Vaters und Ehegatten, hätten ihn reifen lassen. Er bedauere seine Straftat jeden Tag und sei sicher, dass er sich niemals wieder zu einer Straftat hinreißen lasse. Die Verwerflichkeit der Suchtgiftkriminalität sei ihm bewusst geworden. Er schäme sich, dass er sich in seiner Jugend vom schnellen Geld, ohne Gedanken an die Konsequenzen, verführen habe lassen. Der weitere Aufenthalt seiner Familie, seiner Kinder, welche in Österreich aufgewachsen seien, hänge davon ab, ob das bestehende Aufenthaltsverbot aufgehoben werde. Es liege sohin jedenfalls ein maßgeblich geänderter Sachverhalt vor, der sich auch im Lichte der ihm bekannten Rechtsprechung zu Anträgen auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes – jedenfalls zu einer Sachentscheidung der Erstbehörde – hätte führen müssen. Die Zurückweisung wegen entschiedener Sache sei zu unrecht erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 68 AVG würden nicht vorliegen. Er ersuche daher iSd gestellten Antrages zu entscheiden.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG iVm § 9 Abs. 7 FPG nicht erforderlich.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am 15. April 1972 geboren und ist mazedonischer Staatsangehöriger.

 

Die BPD Linz hat mit Bescheid vom 3. August 1998 gegen ihn gemäß § 36 Abs.1 sowie Abs.2 Z1 und 3 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich im Wesentlichen auf die strafrechtlichen Verurteilungen durch das BG Linz vom 16. November 1991 wegen § 164 Abs.1/2 StGB, des Landesgerichtes Wels vom 24. August 1992, wegen §§ 15, 127, 129/1, 164 Abs.1/1 und Abs.3 StGB (5 Monate Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit 3 Jahre) sowie durch das LG Linz vom 5. Juli 1995 wegen § 12 Abs.1 und 3/3 Suchtgiftgesetz, § 37/1a, 38/1a Finanzstrafgesetz (3,5 Jahre Freiheitsstrafe, 100.000 Schilling im NEF 1 Monat Freiheitsstrafe).

 

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat mit Bescheid vom 14. September 1998 der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. In der Begründung setzt sich die Sicherheitsdirektion eingehend mit den bereits oben angeführten strafrechtlichen Verurteilungen und den Familienverhältnissen bzw. sonstigen privaten Interessen des Bw auseinander. Insbesondere findet sich die Feststellung, dass sich der Bw seit 1988 im Bundesgebiet legal aufhält. Am 25. September 1998 wurde der Bw aus der Strafhaft entlassen. Er ist seither in strafrechtlicher Hinsicht nicht mehr in Erscheinung getreten.

 

Am 31. Dezember 2001 stellte der Bw einen Asylantrag. Dort gab er an, am 28. Dezember 2001 über Italien illegal mit dem LKW nach Österreich eingereist zu sein. Dieses Asylverfahren wurde am 17. Dezember 2011 rechtskräftig mit Urteil des AGH negativ abgeschlossen. Es wurde keine Ausweisung ausgesprochen.

 

Mit Eingabe vom 25. März 2005 hatte der Bw erstmals einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gestellt. Die BPD hat diesen Antrag mit Bescheid vom 13. Juli 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Sicherheitsdirektion hat mit Bescheid vom 15. Jänner 2007, St 230/05, der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2007/18/0121-5, die eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

Die Gattin des Bw, X, geb. X sowie die gemeinsamen Kinder X, geb. X, X, geb. X, X, geb. X, und X, geb. X, verfügen mittlerweile über Niederlassungsbewilligungen "unbeschränkt", gültig von 11.6.2011 bis 10.6.2012. Der Bw und seine Familie sind an der Adresse X, mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

Der Bw ist lt Versicherungsdatenauszug seit 3.4.2002 durchgehend sozialversichert. Seit 12.4.2006 steht er de facto durchgehend in einem Arbeitsverhältnis.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Besteht gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 125 Abs.3 FPG idF BGBl. I Nr. 157/2005 als Rückkehrverbot. Da im Asylverfahren keine Ausweisung ausgesprochen wurde, blieb das Rückkehrverbot auch nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens am 17. Dezember 2010 gemäß § 62 Abs.4 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 aufrecht.

 

Gem. § 125 Abs. 16 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem. § 60 oder Rückkehrverbote gem. § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Das Rückkehrverbot ist gemäß § 60 Abs.5 FPG auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Die dem Aufenthaltsverbot vom 3. August 1998 zugrunde liegenden strafrechtlichen Verurteilungen erfüllen zweifelsohne den Tatbestand nach § 54 Abs.2 iVm § 53 Abs.3 Z1 FPG. Einzuräumen ist aber, dass – mangels vorliegender Voraussetzungen des § 53 Abs.3 Z5 bis 8 FPG – nach der jetzt geltenden Rechtslage kein unbefristetes, sondern ein höchstens 10-jähriges Rückkehrverbot erlassen würde. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Rückkehrverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot verhängt wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl VwGH vom 2. September 2008, GZ 2006/18/05123). Eine Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls dann relevant, wenn damit die Gründe, die zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt haben, weggefallen sind. Eine bloße Verkürzung der Dauer des Rückkehrverbotes ist von § 69 Abs. 2 FPG aber nicht gedeckt (vgl VwGH vom 18. Juni 2009, GZ 2008/22/0605)

 

 

Es ist zu beachten, dass gemäß § 39 Abs.2 Fremdengesetz 1997 und in weiterer Folge § 63 Abs.2 FPG in der Fassung vor dem 1. Juli 2011 die Frist eines Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen beginnt. Ausgehend davon, dass das Aufenthaltsverbot vom 3. August 1998 mit der Enthaftung am 25. September 1998 durchsetzbar wurde, galt es – seit 1. Jänner 2006 – als Rückkehrverbot schon länger als die in § 54 Abs.3 FPG vorgesehene Dauer von höchstens 10 Jahren.

 

Spätestens seitdem seiner Gattin und den gemeinsamen Kindern Aufenthaltstitel erteilt wurden, überwiegen die persönlichen Interessen des Bw an einem weiterem Aufenthalt im Bundesgebiet allfällige öffentliche Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung.

 

Daraus folgt zusammenfassend, dass mit 1. Juli 2011 die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes (nunmehr: Rückkehrverbot) geführt haben, weggefallen sind. Dem Verwaltungssenat ist es aber verwehrt, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen, da in erster Instanz lediglich über die Zulässigkeit des Antrags abgesprochen wurde.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 18,20 Euro angefallen (Berufung: 14,30 Euro + 1 Beilage: 3,90 Euro).

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

 

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