Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730354/4/Wg/Wu

Linz, 15.09.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Oktober 2010, Sich40-22066-2002, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkhauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 19. Oktober 2010, Sich40-22066-2002, den Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) auf Aufhebung des 10-jährigen Aufenthaltsverbotes, erlassen von der hs. Fremdenpolizeibehörde am 12. September 2002, abgewiesen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 5. November 2010. Der Bw beantragte darin, die Sicherheitsdirektion möge der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid insofern abändern, als das verhängte Aufenthaltsverbot aufgehoben wird. Er argumentierte, Grund für das 10-jährige Aufenthaltsverbot sei die Verwendung verfälschter Visa gewesen. Allenfalls könnte man als weiteren Grund die Ignorierung des Einreiseverbotes betrachten. Seit Jahren sei vom Bw kein verfälschtes Visum mehr verwendet worden und sei er auch nicht illegal in ein fremdes Land gereist. Eine neuerliche Verwendung total verfälschter Visa oder illegale Grenzübertritte, etwa in andere Schengenstaaten oder in seine frühere Heimat, seien nicht mehr festzustellen. Das heiße, dass sich der Bw im Inland unauffällig verhalte und von einer negativen charakterlichen Einstellung zu den österreichischen Gesetzen nicht mehr gesprochen werden könne. Die Erstbehörde hätte daher feststellten müssen, dass jene Gründe, die 2002 zur Verhängung eines 10-jährigen Aufenthaltsverbotes führten, weggefallen seien. Die illegale Einreise 2005 und die anschließende Asylantragstellung hätten Ende 2010 die Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes nicht mehr tragen können. Im Erkenntnis vom 28. Mai 2009 der Berufungsbehörde werde auf Seite 6 unten ausgeführt, dass die Gründe nicht nur weggefallen, sondern neue Gründe dazugekommen wären. Verwiesen werde auf eine zweimalige illegale Einreise trotz bestehendem Aufenthaltsverbot. Dazu sei festzuhalten, dass der Bw nach dem 12. September 2002 im Jahr 2005 einmal illegal eingereist sei. Von einer zweiten illegalen Einreise sei nirgends die Rede. Gemeint sei wohl ein Verstoß gegen ein Aufenthaltsverbot, dass bis zum 12. Oktober 2003 gültig war. Aus diesem Grund sei 2002 ein Aufenthaltsverbot bis 2012 ausgesprochen worden. Das bedeutet, dass in Summe ein etwa 12-jähriges Aufenthaltsverbot über den Bw verhängt worden sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Gründe für das Aufenthaltsverbot nicht weggefallen seien, sei noch immer eine Abwägung der öffentlichen und der privaten Interessen durchzuführen. Zuzugeben sei, dass sich die Integration des Bw in das Wirtschaftsleben und die Verfestigung des Familien- und Privatlebens deshalb ereignen konnte, weil das Asylverfahren bislang anhängig ist. Die Integration in Österreich habe aber nicht erst nach dem negativen Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Linz begonnen, sondern bereits 1998 als Tourist.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat der Sicherheitsdirektion Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011 – in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gemäß § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) nicht erforderlich.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am 11. Mai 1976 geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien. Sein Asylantrag vom 16. November 2005 wurde am 2. Dezember 2010 mit Urteil des Asylgerichtshofes rechtskräftig abgewiesen. Die Ausweisung im Asylverfahren ist ebenfalls am 2. Dezember 2010 aufgrund des Urteils des AGH in Rechtskraft erwachsen.

 

Aufgrund des Urteils des Asylgerichtshofes steht fest, dass der Bw erstmals im Jahr 1998 mit einem Touristenvisum, gültig von 22. Jänner 1998 bis 22. Februar 1998, legal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist. nach Ablauf der Gültigkeit dieses Visums reiste er allerdings nicht aus dem österreichischen Bundesgebiet aus, sondern verblieb im Bundesgebiet, dies unter Verwendung eines verfälschten Visums C der griechischen Botschaft in Belgrad mit einer (scheinbaren) Gültigkeit bis 14. September 2000. In weiterer Folge hielt sich der Bw im österreichischen Bundesgebiet, unter Berufung auf eine in seinem Reisepass befindliche Aufenthaltsbewilligung für die Bundesrepublik Deutschland für den Zeitraum vom 21. Jänner 1999 bis 20. Jänner 2004, auf. Diese Bewilligung erwies sich jedoch in der Folge als Totalfälschung. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 12. Oktober 2000 wurde gegen den Bw daher gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 7 iVm. § 39 FRG 1997 ein bis zum 12. Oktober 2003 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet erlassen. Am 18. Oktober 2000 wurde der Bw aus Österreich auf dem Luftweg nach Belgrad abgeschoben.

 

Am 11. September 2002 wurde der Beschwerdeführer – trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes – abermals im österreichischen Bundesgebiet in einem Schnellzug von Wels kommend Richtung Salzburg aufgegriffen. Im Zuge der darauffolgenden Personenkontrolle wies sich der Bw mit einem damals noch gültigem jugoslawischen Reisepass aus, in welchem sich ein deutsches Visum befand; dieses Visum erwies sich jedoch abermals als Fälschung. Mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom 12. September 2002, rechtskräftig seit 27. September 2002, wurde in der Folge gegen den Bw ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot in Österreich erlassen, dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Bw sei entgegen einem ihm gegenüber bereits bestehenden, rechtskräftigen Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet eingereist, dies neuerlich unter Verwendung eines gefälschten Visums. Am 12. September 2002 wurde der Bw abermals aus Österreich abgeschoben.

 

Aufgrund der Angaben im Asylverfahren steht fest, dass der Bw am 10. August 2005 erneut illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit diesem Zeitpunkt entgegen dem aufrechten Aufenthaltsverbot bis zu seiner freiwilligen Rückkehr am 21. Jänner 2011 im Bundesgebiet aufgehalten hat.

 

Festgestellt wird weiters, dass der Bw zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich am 16. November 2005 bereits eine Beziehung mit seiner damaligen Lebensgefährtin und nunmehrigen Ehefrau X, geb. X in X, führte. Aus dieser Beziehung ging eine bereits am 13. August 2005 – sohin 3 Monate vor der Asylantragsstellung – geborene gemeinsame Tochter hervor. Am 14. August 2010 ehelichte der Bw seine Lebensgefährtin. Am 8. November 2010 wurde in Österreich die zweite gemeinsame Tochter geboren. Die Ehefrau des Bw ist Staatsangehörige der Republik Serbien und wurde am 29. Dezember 1977 – kurz nachdem ihre Eltern aus Serbien nach Österreich zugezogen waren – in Österreich geboren. Sie ist zur dauerhaften Niederlassung in Österreich berechtigt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Das mit Bescheid vom 12. September 2002 verhängte Aufenthaltsverbot gilt als Rückkehrverbot. Dies ergibt sich aus § 125 Abs. 3 FPG idF. BGBl. I Nr. 100/2005, da der Bw am 1. Jänner 2006 Asylwerber war.

 

Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt das Rückkehrverbot gemäß § 62 Abs.4 Fremdenpolizeigesetz (FPG) in der Fassung vor dem 1. Juli 2011 als Aufenthaltsverbot. Das von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Bescheid vom 12. September 2002 verhängte Rückkehrverbot gilt daher mit der am 2. Dezember 2010 eingetretenen Rechtskraft der im Asylverfahren ausgesprochenen Ausweisung als Aufenthaltsverbot.

 

Gemäß § 125 Abs.16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2011, GZ 2011/22/0097, ausgeführt, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der Benennung des innerstaatlichen Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt.

 

§ 9 Abs. 1 Z 1 FPG und § 9 Abs 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor.  Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, GZ. 2011/22/0097 folgt aber letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden  Maßnahme – wie z.B. Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Da sich der Bw infolge der Ausweisung im Asylverfahren nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, gelten für den Antrag auf Aufhebung des Rückkehrverbotes (nunmehr: Aufenthaltsverbot bzw Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot) die in §§ 52, 53 und 60 Abs.1 FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011 für ein Einreiseverbot enthaltenen Bestimmungen.

 

Die Behörde kann gemäß § 60 Abs.1 FPG ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs.1 und 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände auf die Hälfte des festgesetzten Zeitraumes herabsetzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedsstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

 

§ 53 Abs.1 und Abs.2 FPG regelt die Erlassung von höchstens für 5 Jahre angeordnete Einreiseverbote. Einen Fremden steht daher gemäß § 60 Abs.1 FPG nur im Falle eines höchstens 5-jährigen Einreiseverbotes – nicht aber wie im gegenständlichen Fall bei einem 10-jährigen Einreiseverbot – das Recht zu, dessen Aufhebung zu beantragen. Die fehlende Antragslegitimation führt zwangsläufig zur Zurückweisung des vorliegenden Ansuchens. Dadurch dass die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Antrag als unbegründet abgewiesen hat, wird der Bw nicht in seinen Rechten verletzt.

 

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass dem Bw nach wie vor ein Antragsrecht zukommt, kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, mittlerweile weggefallen sind. Der Bw verfügte zwar während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Entscheidend ist, dass auch der letzte Aufenthalt nur auf Grund einer illegalen Einreise – entgegen dem aufrechten Aufenthaltsverbot – ermöglicht wurde. Auf Grund des Urteils des AGH vom 30. November 2010 (rechtskräftig am 2. Dezember 2010) steht fest, dass das Privat- und Familienleben des Bw gemäß Artikel 8 EMRK einer Ausweisung bzw aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nicht entgegensteht. Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts ist daher auch in Hinblick darauf, dass sich der Bw nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, das Aufenthaltsverbot weiter aufrecht zu erhalten. Angemerkt wird, dass dieses mit Ablauf des 27. September 2012 ohnedies endet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 24,90 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum