Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730147/2/BP/ER/Wu

Linz, 21.09.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4. Mai 2011, AZ: 1023529/FRB, betreffend eine Ausweisung des  Berufungswerbers nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

(İtiraz asılsız olduğundan reddedilmesine ve itiraz edilen kararın onaylanmasına.)

 

 

Rechtsgrundlage:

(Hukuki dayanak)

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4. Mai 2011, AZ: 1023529/FRB, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Basis der §§ 53 iVm. 31 Abs. 1, 31 Abs. 1a und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung angeordnet.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein Staatsangehöriger der Türkei, am 1. Juli 2001 illegal nach Österreich eingereist sei und am 2. Juli 2002 einen Asylantrag gestellt habe, der am 18. Jänner 2008 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Durch die Ablehnung der Beschwerde des Bw vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23. Februar 2011 sei die Rechtskraft der Entscheidung des Asylgerichtshofs mit 17. März 2011 wieder gegeben. Seit 18. März 2011 halte er sich ohne jegliche fremden- bzw. asylrechtliche Bewilligung und somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

Im Verfahren habe der Bw geltend gemacht, dass er in Österreich über eine beachtliche Integration verfüge, selbsterhaltungsfähig beschäftigt und sozialversichert sei und über eine Wohnung verfüge. Er spreche die deutsche Sprache hervorragend, verfüge über einen tadellosen Leumund und sei er strafrechtlich unbescholten und habe ein Bleiberechtsansuchen beim Magistrat Linz abgegeben.

 

Hinsichtlich des Sachverhalts führt die belangte Behörde noch an, dass der Bw bei seiner Einreise nach Österreich bereits 30 Jahre alt gewesen sei und somit den Großteil seines Lebens in der Türkei verbracht habe, wo er acht Jahre lang die Schule besucht habe. Von Dezember 1992 bis Mai 1994 habe er in der Türkei als Infanteriesoldat den Militärdienst geleistet. Von November 1992 bis zu seiner Ausreise habe der Bw als selbstständiger Gastwirt in der Türkei gearbeitet. In der Türkei würden noch zwei Brüder des Bw leben.

Familiäre Beziehungen zur Republik Österreich wären vom Bw nicht behauptet worden und seien auch nicht aus der Aktenlage hervorgegangen.

 

Die bestehende Integration in Österreich sei durch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Bw untermauert, jedoch in ihrem Gewicht maßgeblich reduziert, da die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthalts erworben worden seien, welcher sich auf einen (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag gegründet habe.

Auch hätte der Bw nicht nachweisen können, dass er über Deutschkenntnisse auf Niveau A2 verfüge, was bei einem derart langen Aufenthalt in Österreich die sprachliche Integration maßgeblich schmälern würde.

 

Dem Vorbringen des Bw, strafrechtlich unbescholten zu sein, hält die belangte Behörde entgegen, dass der Bw am 18. Juli 2007 vom Landesgericht Linz, ZI 26 HV 66/2007M, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahre, wegen §§ 107 Abs. 1 und 107 Abs. 2 StGB verurteilt worden sei, woraus eine gelungene Integration bzw. soziale Verfestigung nicht abgeleitet werden könne.

 

Der beim Magistrat Linz eingebrachte Antrag auf Niederlassung bewirke keinen Rechtsanspruch auf Verbleib im Inland während des Niederlassungsverfahrens und schränke die behördliche Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung nicht ein.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass aufgrund des rund 9-jährigen Aufenthalts und der erlangten beruflichen Integration in Österreich die Ausweisung einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privatleben des Bw darstelle, der allerdings dadurch zu relativieren sei, dass dieser Aufenthalt auf Rechtsgrundlage eines unbegründeten Asylantrages nur temporär legal beruht habe. Bereits am 4. November 2003 sei gegen den Bw der erstinstanzliche abweisende Bescheid im Asylverfahren erlassen worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe dem Bw bewusst sein müssen, dass es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG um eine mit der Dauer des Verfahrens befristete Berechtigung handle. Dem Bw habe bewusst sein müssen, dass er ein Privatleben während dieses Zeitraums geschaffen habe, in dem er einen unsicheren Aufenthaltsstatus gehabt habe. So habe er nicht von vornherein damit rechnen können, nach einem allfälligen negativen Ausgang des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen.

 

Nachdem der Bw erst im Alter von 30 Jahren nach Österreich eingereist sei, habe er den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht, wo sich seine beiden Brüder aufhalten würden. Eine Reintegration scheine daher jedenfalls möglich.

 

Zusammenfassend könne daher nur festgestellt werden, dass die Ausweisung nicht nur zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und somit im Lichte des § 66 Abs. 1 FPG zulässig scheine, sondern auch unter Beachtung der Bestimmungen des § 66 Abs. 2 und 3 FPG zulässig sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch den X rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 8. Mai 2011.

 

In der Berufung rügt der Bw, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung nur auf die fehlenden familiären Beziehungen in Österreich, das Fehlen des A2-Zertifikats, das Alter des Bw bei der Einreise nach Österreich, seine gerichtliche Verurteilung und das negative Asylverfahren gegründet habe.

Der Bw betont den Kontaktabbruch zu seinen Brüdern in seinem Herkunftsstaat und behauptet, über Deutschkenntnisse zu verfügen, die weit höher wären als A2-Niveau. Er gesteht die gerichtliche Verurteilung ein und begründet diese damit, es habe sich dabei um einen Fehltritt, nämlich eine tätliche Auseinandersetzung mit seiner ehemaligen Freundin, gehandelt, wozu er abschließend anmerkt: "Der werfe den ersten Stein...".

Bezüglich seiner sozialen Integration gibt er an, er habe sehr intensive Jahre der Integration in Österreich erlebt, von der Sprache über die Kultur, bis zum Engagement für Menschen in Not, was die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe.

 

Abschließend wird der Antrag gestellt, den ggst. Bescheid aufzuheben.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach Inkrafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Ausdrücklich wird festgehalten, dass betreffend die Integration des Bw seinem Vorbringen Glaubwürdigkeit zugemessen wird, weshalb eine persönliche Einvernahme keinesfalls erforderlich war.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehende Ausweisung auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, weshalb diese Ausweisung als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen ist.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist. Daran ändert auch nichts, dass der Bw Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt hat.

 

Allerdings ist bei der Beurteilung der Ausweisung bzw. der Rückkehrentscheidung auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt    entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren         Aufenthaltstatus   bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Zunächst ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass im Fall des Bw - mangels Vorliegens eines Familienlebens im engeren Sinn im Bundesgebiet - lediglich das Privatleben hinsichtlich der Interessensabwägung gemäß § 61 Abs. 2 FPG zu erörtern ist.

 

3.4.2. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.3. Im vorliegenden Fall ist aber auch insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

 

Demnach hat der dem § 61 Abs. 2 FPG vergleichbare § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw. familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (vgl. auch E 22. Dezember 2009, 2009/21/0348).

 

Ein z.B.  rund 10 Jahre und 9 Monate dauernder Aufenthalt sowie die mehr als 9 Jahre lang kontinuierlich ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit (in Verbindung mit weiteren Aspekten der erreichten Integration) verleihen den persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht, dass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 - auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben - unverhältnismäßig erscheint (vgl. VwGH vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158).

 

3.4.4. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Bw schon seit 9 Jahren im Bundesgebiet, wo er – nachgewiesen durch einen Versicherungsdatenauszug und diverse Lohnzettel – selbsterhaltungsfähig und sozialversichert ist und auch seinen Wohnsitz gemeldet hat. Rund 9 Jahre lang war der Aufenthalt durch die diesbezügliche Dauer des Asylverfahrens und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich rechtmäßig. Zudem wird nicht angezweifelt, dass er über Deutsch-Sprachkenntnisse verfügt.

Nun ergibt sich aber unstrittig aus dem Akt, dass der Bw trotz seiner glaubhaft behaupteten guten Deutschkenntnisse bislang kein A2-Zertifikat vorgelegt hat. Aus seiner Berufungsschrift geht hervor, dass der Bw dies nicht für nötig erachtet, indem er vorbringt, dass ihm dieses Fehlen nicht zur Last gelegt werden dürfe.

Auch die im Verfahren vor der belangten Behörde widerlegte strafrechtliche Unbescholtenheit des Bw spricht nicht für eine gelungene soziale Integration des Bw. Seine Anmerkung "Der werfe den ersten Stein..." angesichts des Grundes seiner gerichtlichen Verurteilung zu einer bedingten dreimonatigen Haftstrafe ist im anhängigen Berufungsverfahren nicht zu werten, wäre aber durchaus geeignet, den Schluss zuzulassen, dass der Bw bezüglich seiner gerichtlichen Verurteilung uneinsichtig zu sein scheint.

Angesichts dieser Umstände kann im Fall des Bw – entgegen seiner Darstellung – keinesfalls von einer gelungenen sozialen Integration gesprochen werden, zumal der diese nur lapidar, ohne konkrete Hinweise vorzubringen, behauptete.

Unbestritten verfügt der Bw über keine familiären Bindungen in Österreich.

 

Verglichen mit dem oa. Erkenntnis des VwGH ist hier nicht nur die dort beschriebene – allenfalls als exemplarisch angeführte – Aufenthaltsdauer unterschritten; was noch mehr ins Gewicht fällt, ist die fehlende Verfestigung der sozialen und privaten Integration. 

 

Nach einem 9-jährigen Zeitraum ist durchaus nachvollziehbar, dass die Bindung an den Heimatstaat nicht allzu intensiv sein dürfte. So scheint die Behauptung des Bw, wonach der Kontakt zu seinen Brüdern nicht mehr bestehe, vor diesem Hintergrund als nicht unglaubwürdig.

 

Hier ist allerdings bei einer Abwägung festzustellen, dass der Bw 30 Jahre in seinem Herkunftsstaat gelebt, dort die Schulausbildung und den Militärdienst absolviert und als selbstständiger Gastwirt gearbeitet hat, die Sprache beherrscht und sich auch seine Brüder in der Türkei befinden, weshalb eine Reintegration nicht undenkbar und bei einer Gesamtbeurteilung wohl als jedenfalls zumutbar anzusehen ist.

 

3.4.5. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist festzustellen, dass die für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sprechenden Elemente des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK die persönlichen Interessen des Bw an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.

 

3.5. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

Talimat

(Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.)  

Bernhard Pree

 

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

 

VwGH vom 25. Oktober 2012, Zl.: 2012/21/0001-12

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