Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100908/14/Sch/Rd

Linz, 04.05.1993

VwSen - 100908/14/Sch/Rd Linz, am 4. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G S vom 15. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 5. Oktober 1992, VerkR96/7792/1992/Li, zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 800 S (20% der verhängten Geldstrafen) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 5. Oktober 1992, VerkR96/7792/1992/Li, über Herrn G S, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.000 S und 2) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72 Stunden und 2) 72 Stunden verhängt, weil er am 22. November 1991 gegen 23.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der H-Bezirksstraße von F in Richtung M-Bezirksstraße gelenkt und es nach dem im Ortsgebiet von H, Gemeinde F, bei Km 0,8 der H-Bezirksstraße verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden, an dem er ursächlich beteiligt gewesen sei, es unterlassen habe, 1) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, zumal er sich vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernt und die Kennzeichen vom Fahrzeug abmontiert habe und 2) sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Am 29. April 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Eingangs wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

Bei Rechtsansicht des Berufungswerbers, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspreche nicht der Bestimmung des § 44a Z1 VStG, kann nicht beigepflichtet werden. Weder der Bestimmung des § 4 Abs.1 noch des § 4 Abs.2 StVO 1960 noch der hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zu entnehmen, daß in den Spruch eines entsprechenden Straferkenntnisses die Personen namentlich anzuführen wären, die bei einem Verkehrsunfall verletzt wurden. Entscheidend allein für die Einhaltung der Verpflichtungen dieser Gesetzesbestimmungen ist der Umstand, ob der Lenker vom Verkehrsunfall und den Folgen Kenntnis hatte bzw. bei gehöriger Aufmerksamkeit hievon hätte Kenntnis erlangen müssen.

Anläßlich der oa. mündlichen Berufungsverhandlung, an der der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teilgenommen haben, wurde der Zeuge Levente Szököcs zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt einvernommen. Dieser Zeuge gab glaubwürdig und schlüssig an, bei dem Verkehrsunfall eine Verletzung in der Form erlitten zu haben, daß ihm ein Zahn ausgeschlagen wurde. Es handelte sich hiebei um eine blutende Verletzung, wobei auch Blut auf seine Kleidung geriet. Auch der zweite Mitfahrer hat nach dieser Aussage Verletzungen erlitten. Beide Zeugen haben den Berufungswerber auf ihre Verletzungen aufmerksam gemacht, diese Tatsache wurde vom Berufungswerber jedoch völlig ignoriert. Dieser schickte die beiden nämlich von der Unfallstelle weg. Entscheidend allein ist der Umstand, daß nach der vorliegenden Sachlage der Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall zweifelsfrei in Kenntnis darüber war, daß hiebei Personen verletzt wurden. Dieser Umstand hätte ihn dazu veranlassen müssen, die Bestimmungen des § 4 Abs.1 lit.c bzw. § 4 Abs.2 StVO 1960 einzuhalten. Statt dessen hat der Berufungswerber keinerlei Anstalten nach dem Verkehrsunfall gemacht, diesbezüglich aktiv zu werden. Er montierte vielmehr auch noch die Kennzeichentafeln von seinem Fahrzeug ab.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde auch jener Gendarmeriebeamte zeugenschaftlich einvernommen, der in der Folge die Erhebungen hinsichtlich des Verkehrsunfalles durchgeführt hat. Dabei stellte sich heraus, daß die Gendarmerie ursprünglich von einem Verkehrsunfall ausgehen mußte, bei dem lediglich Sachschaden entstanden war. Dies ergab sich daraus, daß der Berufungswerber der Gendarmerie gegenüber (nach seiner Ausforschung) vorerst angab, allein im Fahrzeug gesessen zu sein und durch den Unfall nur Sachschaden, und zwar in Form der Beschädigung eines Baumes, verursacht zu haben. Mit dem Geschädigten habe sich der Berufungswerber entsprechend in Verbindung gesetzt, sodaß seitens des erhebenden Gendarmeriebeamten vorerst keine Veranlassung gesehen wurde, weitere Ermittlungen durchzuführen. Erst Monate nach dem Vorfall kam zutage, daß zwei Personen im Zuge des Verkehrsunfalles Verletzungen erlitten hatten, da eine Anfrage einer Krankenkasse bei der Gendarmerie einlangte, zumal die Mutter des eingangs angeführten Zeugen die Behandlungskosten für den bei ihr mitversicherten Sohn bei der Krankenkasse geltend gemacht hatte. Erst dadurch wurden neuerliche Ermittlungen ausgelöst, im Zuge deren der Berufungswerber nicht mehr bestreiten konnte, bei dem Verkehrsunfall Mitfahrer gehabt zu haben. Seine Behauptung, er habe erst in diesem Zeitpunkt von (angeblichen) Verletzungen seiner Mitfahrer erfahren, muß aufgrund des obigen Beweisergebnisses als reine Schutzbehauptung abgetan werden. In der Berufung wird verständlicherweise mit keinem Wort auf die Tatsache eingegangen, daß der Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall die Kennzeichentafeln von seinem Fahrzeug abmontiert hat. Durch dieses Verhalten, aber auch durch sein Entfernen von der Unfallstelle, hat der Berufungswerbers eindeutig der Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 zuwidergehandelt. Warum der Berufungswerber einen Diebstahl seiner Kennzeichentafeln befürchtete, konnte er gegenüber der Gendarmerie nicht näher begründen, diese Begründung wurde vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers im weiteren Verfahren auch nicht mehr gebraucht, da sie einerseits wenig glaubwürdig und andererseits rechtlich irrelevant ist.

Auch ist es für die Tatbestandsmäßigkeit einer Übertretung des § 4 Abs.2 StVO 1960 ohne Bedeutung, ob ein ausgeschlagener Zahn als leichte oder schwere Verletzung zu beurteilen ist, daß es sich jedenfalls um eine Verletzung handelt, kann nicht in ernstzunehmender Weise bestritten werden.

Zur Strafzumessung ist folgendes auszuführen:

Übertretungen des § 4 StVO 1960, also die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 beträgt der Strafrahmen für solche Delikte von 500 S bis 30.000 S. Die Erstbehörde hat die beiden Verwaltungsstrafen im untersten Bereich des Strafrahmens angesetzt, sodaß schon aus diesem Grund nicht von überhöhten Strafen die Rede sein kann. Bei der Strafzumessung mußte berücksichtigt werden, daß der Berufungswerber offensichtlich ein Interesse daran hatte, nicht als Unfallenker ermittelt zu werden. Hierauf deutet einerseits der Umstand, daß er die beiden Verletzten nach dem Verkehrsunfall ziemlich forsch von der Unfallstelle wegschickte und überdies auch noch die Kennzeichentafeln vom Fahrzeug demontierte.

Milderungsgründe, insbesonders jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, waren ebensowenig wie Erschwerungsgründe gegeben.

Die Bezahlung der verhängten Geldstrafen muß dem Berufungswerber unter Bedachtnahme auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Nettoeinkommen monatlich ca. 7.000 S, kein Vermögen, Sorgepflichten für 3 Kinder) zugemutet werden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

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