Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730235/3/SR/MZ/Wu

Linz, 20.10.2011

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Russland, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 30. September 2010, AZ: 1068901/FRB, betreffend die Erlassung eines auf 5 Jahre befristeten Rückkehrverbots für das Bundesgebiet der Republik Österreich, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 54 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100 in der Fassung BGBl I 2011/38, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Rückkehrverbot erlassen".

 

 

Кассационная жалоба удовлетворяется частично и оспариваемое решение утверждается с условием, что резолютивная часть решения должна звучать как указано ниже:

 

"Согласно § 54 в сочетании с § 53  абз. 3 Z 1 Закона  о полиции по делам иностранцев от 2005, Вестника федерального законодательства (BGBl) I 100 в редакции BGBl I 2011/38, на Вас накладывается запрет на возвращение сроком  18  месяцев."

 

 

Rechtsgrundlagen/ Юридическое основание::

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 54 und 53 Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011).

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 30. September 2010, AZ: 1068901/FRB, zugestellt am 5. Oktober 2010 durch Hinterlegung beim Postamt X, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage der §§ 62 Abs. 1 iVm 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 5 Jahre befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

Zum Sachverhalt führte die belangte Behörde aus, dass der Bw am 20. April 2004 gemeinsam mit seinen beiden Schwestern illegal nach Österreich eingereist sei und am 28. Juli 2004 einen Asylantrag gestellt habe. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. November 2004 sei der Antrag abgewiesen und gleichzeitig die Ausweisung ins Heimatland verfügt worden. Gegen diese Entscheidung habe der Bw Rechtsmittel erhoben. Das Rechtsmittelverfahren sei derzeit anhängig, weshalb der Bw nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

 

Am 6. September 2010 sei der Bw vom Landesgericht Linz wegen des Verbrechens des Raubes, des Vergehens der Urkundenunterdrückung, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt worden.

Der Verurteilung läge zugrunde, dass der Bw am 25. Oktober 2009 in Linz in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit weiteren Personen eine Person zu Boden gerissen, diese dort festgehalten und deren Geldbörse aus der Hosentasche gezogen habe, wobei das Opfer Abschürfungen erlitten habe.

Im Zuge der Tathandlung habe der Bw ohne Verfügungsberechtigung Urkunden, konkret die e-Card, eine Freifahrtskarte der Linz-Linien sowie diverse Mitgliedskarten des Opfers mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, einer Tatsache oder eines Rechtsverhältnisses gebraucht werden. Weiters habe der Bw die Bankomatkarte des Opfers mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt sowie das Opfer dadurch geschädigt, als er dessen Geldtasche im Wert von 50 € dauernd aus der Gewahrsame entzogen habe, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen.

 

Einem aktuellen Versicherungsdatenauszug sei zu entnehmen, dass der Bw lediglich wenige Tage, nämlich in der Zeit vom 21. bis 23. Juli 2008, einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist.

 

Nach Aufforderung der belangten Behörde zur beabsichtigten Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes Stellung zu nehmen, habe der Bw mit Schreiben vom 30. September 2010 ergänzend zu den bereits oben dargestellten Informationen angegeben, 4 Jahre lang in X die Grundschule absolviert und in Österreich 2 Klassen der Hauptschule besucht zu haben. Weiters habe der Bw angegeben, derzeit den Schulabschluss nachholen zu wollen. X, eine Schwester des Bw, habe in Österreich geheiratet und sei mit ihrem Gatten hier wohnhaft. Der Bw würde bei seiner anderen Schwester X in Linz wohnen. Die Eltern seien bereits gestorben, zum Heimatland bestünden keine Bindungen mehr. Der Bw habe auch mitgeteilt, als Ringer für den X zwei Mal oberösterreichischer Meister geworden zu sein, gut deutsch zu sprechen und in der Grundversorgung des Landes Oberösterreich zu sein. Die begangene Straftat wäre schließlich nicht geplant gewesen und werde bereut.

 

Aus rechtlicher Sicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 60 Abs. 2 Z 1, 62 Abs. 1, 2 und 3, 63 Abs. 1 und 2 sowie § 66 Abs. 1 und 2 FPG aus, dass das vom Bw gesetzte Fehlverhalten in Form des Verbrechens des Raubes schwer zu gewichten sei, da sich daraus eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums sowie der körperlichen Integrität manifestiere, welche noch dadurch erheblich verstärkt würde, als der Bw die Straftat in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit anderen Mittätern begangen habe.

 

Unzweifelhaft würde daher ein weiterer Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheinen, sodass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeit ausgeschöpft werden müsse, um derartigen Straftaten entgegenzuwirken. Ein Rückkehrverbot sei daher zulässig.

 

Es folgen Ausführungen hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Bw, dessen Integration sowie bezüglich der Bemessung der Dauer des Rückkehrverbotes.

 

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, zugestellt durch Hinterlegung am 5. Oktober 2010, hat der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2010, zur Post gegeben am 15. Oktober 2010, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt nicht entgegengetreten. Zusammengefasst bringt der Bw ergänzend vor, bei dem die Verurteilung wegen Raubes nachziehenden Verbrechen nur untergeordnet beteiligt und zudem noch Jugendlicher im Alter von 17 Jahren gewesen zu sein. Bis zum gegenständlichen Zeitpunkt sei er völlig unbescholten gewesen und habe sich nicht einmal Verwaltungsübertretungen zu Schulden kommen lassen. Mit Ausnahme eines Bruders, zu welchem kein Kontakt bestünde, würde die ganze Familie in Österreich leben. Eine Rückkehr nach X führe zu einer massiven Gefahr für Leib und Leben des Bw, wobei diesbezüglich auf dessen Asylverfahren verwiesen wird.

 

3. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vor.

 

3.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Gleiches hat im gegenständlichen Fall zu gelten, da sich das vom Bw bekämpfte Rückkehrverbot von der Wirkung her von einem Aufenthaltsverbot nicht unterscheidet, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt zuständigkeitshalber von der Sicherheitsdirektion des Landes Oberösterreich dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu AZ: 1068901/FRB, durch Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem und das Zentrale Melderegister sowie durch Einholung eines Versicherungsdatenauszuges.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bw in keinster Weise bestrittenen Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich ergibt sich aus den vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhobenen Beweisen, dass das Asylverfahren des Bw am 7. Dezember 2010 rechtskräftig negativ beendet wurde. Der gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Jänner 2011 aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 125 Abs. 16 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG , BGBl I 2005/100 in der Fassung BGBl I 2011/38, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 erlassene Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitraum weiterhin gültig.

 

Aufgrund der zwischen dem Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde und dem Entscheidungszeitpunkt der Rechtsmittelbehörde erfolgten Novellierung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 durch das Bundesgesetz BGBl I 2011/38 gelangt bei der rechtlichen Beurteilung im gegenständlichen Fall nicht mehr – wie von der Erstbehörde zu Recht herangezogen – § 62 FPG (alt) sondern § 54 FPG (neu) zur Anwendung.

 

4.1.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Asylwerber sind § 2 Abs. 1 Z 14 des Asylgesetzes 2005 zufolge Fremde ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Dass der Bw, welcher nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, Fremder gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG ist, steht außer Zweifel. Unzweifelhaft ist weiters dessen Status als Asylwerber vom Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Asylgerichtshofes (konkret also: vom 28. Juli 2004 bis zum 7. Dezember 2010).

 

Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich des aktuellen asylrechtlichen Status des Bw. Vor dem Hintergrund der eingangs genannten Bestimmung gilt es daher zunächst zu klären, ob im Rechtsmittelverfahren eine weitere Anwendung des § 54 Abs. 1 FPG ausscheidet, weil durch die vom Asylgerichtshof am 7. Dezember 2010 getroffene negative Entscheidung im Asylverfahren des Bw dessen Status als Asylwerber untergegangen ist. Würde man zu diesem Ergebnis gelangen, wäre – mangels eines tauglichen Prüfungsmaßstabes des angefochtenen Rückkehrverbotes sowie den der Rechtsmittelbehörde in ihrem Verfahren durch den Berufungsgegenstand gesetzten Grenzen – der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

4.1.3. Entsprechend den Grundsätzen des österreichischen Verwaltungsverfahrens wird die Entscheidung einer im ordentlichen Instanzenzug in letzter Instanz tätig werdenden Behörde mit deren Erlassung materiell und formell rechtskräftig. Allein die Erhebung eines außerordentlichen Rechtsmittels (genauer: einer Bescheidbeschwerde) vermag diesbezüglich keine Änderung herbeizuführen. Erst eine etwaige Kassation des angefochtenen Rechtsaktes durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat – aufgrund der ex tunc-Wirkung der höchstgerichtlichen Entscheidung – zur Folge, dass das Verfahren, welches durch den angefochtenen Rechtsakt bereits rechtskräftig beendet wurde, wieder unerledigt und daher durch die belangte Behörde eine neuerliche Entscheidung zu treffen ist.

 

Dies bedeutet, dass das Asylverfahren des Bw durch das am 7. Dezember 2010 vom Asylgerichtshof in zweiter und letzter Instanz (vgl Art. 129c Z 1 B-VG) getroffene – und damit sowohl in materielle als auch in formelle Rechtskraft erwachsene – Erkenntnis beendet wurde. Wenn der Bw gegen diese Entscheidung auch Bescheidbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben haben mag, kommt ihm der Status eines Asylwerbers gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Z 14 des Asylgesetzes 2005 bei formaler Betrachtungsweise daher nicht länger zu.

 

Im gegenständlichen Fall liegt jedoch insofern eine Sondersituation vor, als der Verfassungsgerichtshof der Bescheidbeschwerde des Bw aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Gemäß § 85 Abs. 3 des Verfassungsgerichtshofgesetzes hat dies zur Folge, dass die "Behörde den Vollzug des angefochtenen Bescheides aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen" hat. Wie der zitierte Gesetzeswortlaut klar erkennen lässt, führt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keineswegs dazu, dass der angefochtene Bescheid bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes als nicht existent anzusehen ist. "Lediglich" der Vollzug desselben hat bis zur höchstgerichtlichen Entscheidung zu unterbleiben.

 

Im hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass das Asylverfahren des Bw durch das (zumindest derzeit existente) Erkenntnis des Asylgerichtshofes abgeschlossen wurde. In Zusammenschau mit § 2 Abs. 1 Z 14 des Asylgesetzes 2005 kommt es damit zum Verlust des Status als Asylwerber.

 

Übertrüge man dieses dem Asylgesetz 2005 zu entnehmende Ergebnis auf das fremdenpolizeiliche Verfahren, hätte dies jedoch einen nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch zur Folge. Es würde nämlich bedeuten, dass Personen, deren Beschwerde nach Beendigung ihres asylrechtlichen Verfahrens vom Verfassungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, vom Zeitpunkt der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, aus dem Anwendungsbereich des 8. Hauptstückes des FPG herausfallen würden; davor und danach würde das 8. Hauptstück jedoch vollinhaltlich Geltung entfalten. Dass der Fremdrechtsgesetzgeber eine solche Regelung treffen wollte, kann ihm nach Auffassung der erkennenden Behörde nicht unterstellt werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht daher in Folge davon aus, dass das Asylverfahren des Bw zwar durch die Entscheidung des Asylgerichtshofes rechtskräftig beendet und damit bei formeller Betrachtungsweise der Status des Bw als Asylwerber untergegangen ist.

Materiell gesehen wird der Bw von dessen Rechtsposition her jedoch durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit noch im Asylverfahren befindlichen Personen völlig gleich gestellt. Der Begriff des Asylwerbers in § 54 Abs. 1 FPG ist daher weit zu interpretieren, das heißt, dieser umfasst auch Personen, deren Beschwerde gegen eine asylgerichtliche Entscheidung aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

 

4.2.1. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Rückkehrverbots zuvorderst, die Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbotes sowie des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen.

 

4.2.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 54 Abs. 2 leg cit zufolge gelten als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3.

 

§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG beinhaltet Fälle, in welchen ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Dass der Bw, welcher am 6. September 2010 vom Landesgericht Linz wegen des Verbrechens des Raubes, des Vergehens der Urkundenunterdrückung, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt worden, eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht hat, steht unzweifelhaft fest.

 

4.2.3. Weiters ist bei der Klärung der Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbots dem Grunde nach auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. § 54 Abs. 2 letzter Satz FPG erweitet den Anwendungsbereich explizit auch für – von § 61 leg cit an sich nicht erfasste – Rückkehrverbote.

 

§ 61 Abs. 2 FPG zufolge sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 weiter.

 

4.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

4.3.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw am 20. April 2004 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich beträgt daher insgesamt etwa 7 ½ Jahre. Legitimiert wurde der Aufenthalt des Bw lediglich durch die Stellung eines Asylantrags, weshalb sich der Bw seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

 

4.3.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Die Eltern des Bw sind nach eigenen Angaben verstorben, zu dessen Bruder besteht kein Kontakt. Familiäre Bande des Bw in Österreich sind gegeben. Wie sich den Aussagen des Bw im bisherigen Verfahren sowie einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister entnehmen lässt, leben beide Schwestern des Bw, Frau X und Frau X, in X.

 

Von einem Privat- und Familienleben in Österreich kann daher ausgegangen werden.

 

4.3.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

Im konkreten Fall ist der Bw seit etwa 7½ Jahren in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt damit noch deutlich unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa 10 Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem 9 Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass aufgrund des Alters des Bw eine langjährige berufliche Integration unmöglich ist. Laut aktuellem Versicherungsdatenauszug wurde vom Bw eine (legale) berufliche Tätigkeit in Österreich lediglich im Juli 2008 für 3 Tage ausgeübt. Wenn vom 19-jährigen Bw auch nicht unbedingt eine mehrjährige Erwerbstätigkeit als Zeichen der Integration gefordert werden kann, wäre es unzweifelhaft möglich gewesen, deutlich länger als 3 Tage im Erwerbsleben zu stehen. Dies auch deshalb, als der Bw – wie in diesem Alter nicht unüblich – auch nicht etwa zur Schule geht oder anderweitig eine Berufsausbildung absolviert. Es wird daher neben der unzureichenden Aufenthaltsdauer in Österreich auch das vom Verwaltungsgerichtshof als wesentliche angesehene Merkmal der Teilnahme am Erwerbsleben für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

Schließlich ist – mangels gegenteiliger Hinweise im zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis – davon auszugehen, dass im verwaltungsgerichtlich entschiedenen – und damit entgegen dem hier zu beurteilenden – Fall eine strafrechtliche Bescholtenheit des Beschwerdeführers nicht vorlag.

 

4.3.3.4. Gewisse Merkmale sozialer Integration sind dem Bw durch Vereinszugehörigkeit und Kenntnisse der deutschen Sprache durchaus zuzubilligen. Entsprechende Nachweise wurden hiezu jedoch nicht beigebracht. Eine der sozialen Integration besonders dienliche Erwerbstätigkeit wurde vom Bw – wie dargestellt – nicht bzw nur in vernachlässigbarem Ausmaß ausgeübt. Vielmehr ist aufgrund der begangenen strafbaren Handlung, bei welcher der Bw die Bevölkerung des erhofften künftigen Heimatstaates beraubte, davon auszugehen, dass eine tiefgehende Integration ins Gesellschaftsgefüge der Republik Österreich nicht vorliegt.

 

4.3.3.5. Festzustellen ist weiters, dass der heute 19-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens, nämlich 12 Jahre, in seinem Herkunftsstaat verbracht hat und die dortige Sprache beherrscht.

 

4.3.3.6. Unstrittig ist eine strafgerichtliche Unbescholtenheit aufgrund der in Punkt 1. dargestellten rechtskräftigen Verurteilung durch das LG Linz vom 6. September 2010 nicht gegeben.

 

4.3.3.7. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren nicht hervor.

 

4.3.3.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, erübrigen sich vor dem Hintergrund der Punkte 4.3.3.1. und 4.3.3.3. weitere Ausführungen.

 

4.3.3.9. Letztlich ist nicht ersichtlich, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet wäre.

 

4.3.3.10. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.3.1. bis 4.3.3.9. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Zwar ist dem Bw durch seine Aufenthaltsdauer von etwa 7 ½ Jahren, seinen Deutschkenntnissen und insbesondere auch durch die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Kernfamilie in Österreich aufhältig ist, ein bestimmtes Maß an Integration bzw ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet zuzubilligen. Die vorhandene Integration ist jedoch dadurch etwas zu relativieren, als diese während eines anhängigen Asylverfahrens und damit während unsicheren Aufenthalts erworben wurde, zumal dem Bw schon frühzeitig durch den erstinstanzlichen negativen Asylbescheid vom 30. November 2004 – also bereits 4 Monate nach Antragstellung – der drohende Umstand des zukünftigen unrechtmäßigen Aufenthalts bewusst sein musste. Auch ist eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, nicht unzumutbar. Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist jedoch, dass er durch die von ihm getätigten strafrechtlichen Vergehen eine hohe kriminelle Energie bewiesen hat. Wenn dem Bw auch die zum Tatzeitpunkt gegebene Jugendlichkeit zugute zu halten ist, handelt es sich beim Delikt des Raubes doch um einen massiven Eingriff in die besonders wertvollen Güter der körperlichen Integrität und des Eigentums. Dass der durch die Tathandlung des Bw entstandene materielle Schaden sich – wie von diesem angeführt – lediglich im Bereich von 10,- bis 20,- € bewegt hat, dürfte wohl eher dem Zufall geschuldet sein und kann nicht über die Tat an sich hinwegtäuschen. Wesentlich schwerer wiegt aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zudem das mit einem Raubüberfall unzweifelhaft einhergehende, massive psychische – im konkreten Fall auch physische – Leid, welches durch die Tat dem Opfer zugefügt wird.

Der Bw bringt im gegenständlichen Verfahren selbst vor, eine Rückkehr nach X würde eine massive Gefahr für seine körperliche Unversehrtheit, also seine physische und psychische Integrität, bedeuten. Gerade wenn der Bw aus eigener Erfahrung bzw Befürchtung heraus hinsichtlich dieses besonders wichtigen Gutes sensibilisiert ist, die Verletzung desselben bei anderen Personen jedoch dennoch in Kauf nimmt, kann davon ausgegangen werden, dass ein weiterer Aufenthalt des Bw in der Republik Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie die Rechte und Freiheiten anderer Personen erheblich gefährden würde.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Rückkehrverbots ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbotes zu prüfen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahren, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

4.4.2. Der dem Drittstaat Russland Angehörige Bw wurde mit Urteil des LG Linz vom 6. September 2010 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt. Es erweist sich für die weitere rechtliche Beurteilung daher – wie unter Punkt 4.2.2. bereits dargelegt – § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 als einschlägig. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbots 10 Jahre. Zumindest hat das Rückkehrverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG 2005 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Rückkehrverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.4.3. Die Verhinderung von Straftaten gegen die höchsten Güter unserer Gesellschaft – in concreto erfolgte durch den Bw ein Eingriff in die körperliche Integrität und das Eigentum fremder Personen – zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

4.4.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man sich Aufnahme und Integration erhofft, in gewolltem und bewusstem Zusammenwirken mit anderen Mittätern eine Person zu berauben. Die Verwirklichung eines Raubes, das heißt die Wegnahme von Vermögenswerten unter Anwendung von Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, um sich oder einen Dritten zu bereichern, zeugt davon, dass der Bw sehr weit von den Werten der hiesigen Gesellschaft entfernt ist, und es eines längeren Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

4.4.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt der Oö. Verwaltungssenat daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

4.4.6. Der belangten Behörde kann jedoch nicht beigetreten werden, wenn diese zur Auffassung gelangt, dass das Gefährdungspotential des Bw ein Rückkehrverbot für die Dauer von 5 Jahren rechtfertigt. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ist bei der Bemessung der Rückkehrverbotsdauer das jugendliche Alter des Bw im Tatzeitpunkt positiv zu berücksichtigen. Weiters zeigt die Tatsache, dass der Bw für die Begehung eines Raubes "nur" zu einer bedingten 12-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, dass das Strafgericht der in die Strafzumessung einfließenden Spezialprävention keine hohe Wertigkeit zumaß. Schließlich schlägt für den Bw zu Buche, dass er bislang lediglich einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 18 Monaten befristet werden kann.

 

4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Разъяснение права и порядка обжалования:

Обжалование данного решения  в обычном порядке не допускается.

 

Указание:

Данное решение может быть обжаловано в Конституционном и/или в Высшем Административном суде земли в течение 6 недель с момента вручения; аппеляция должна быть подана - за исключением предусмотренных законом случаев - уполномоченным адвокатом. За подачу каждого обжалования взимается пошлина в размере 220 евро.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 16.05.2012, Zl. 2011/21/0290-5

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