Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390304/2/WEI/Ba

Linz, 24.10.2011

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Frau X X, geb. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13. Jänner 2011, Zl. Bi 96-1-2011 betreffend eine Ermahnung wegen Übertretung des Schulpflichtgesetzes 1985 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Ermahnungsbescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2011 hat die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) eine Ermahnung erteilt, wobei sie von folgender Verwaltungsübertretung ausging:

 

"Sie haben es als Erziehungsberechtigte unterlassen, für die Absolvierung der Schulpflicht – insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch – ihrer Tochter X X, geb. am X, zu sorgen, da diese an folgenden Tagen dem Schulunterricht an der öffentlichen Volksschule X unentschuldigt ferngeblieben ist:

20.12.2010 (4 UE), 21.12.2010 (4 UE), 22.12.2010 (4 UE), 23.12.2010 (4 UE)

UE = Unterrichtseinheiten

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 des Schulunterrichtsgesetzes 1985, BGBl.Nr. 76, i.d.g.F."

 

Die angenommene Verwaltungsübertretung beruht auf der am 12. Jänner 2011 eingelangten Anzeige des Schulleiters der Volksschule X in G vom 10. Jänner 2011. Begründend wird von der belangten Behörde ohne nähere Darstellung der tatsächlichen Umstände im Sinne der Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG behauptet, dass das Verschulden undeutend und die Folgen geringfügig gewesen seien.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bwin am 18. Jänner 2011 zu eigenen Händen zugestellt wurde, richtet sich die Berufung vom 25. Jänner 2011, die wie folgt lautet:

 

"Einspruch gegen den Bescheid vom 13.1.2011

 

 

 

Ich sehe es als meine Pflicht als Mutter zum Wohle meiner Tochter zu handeln.

 

Ich kann es derzeit nicht verantworten, meine Tochter in die Volksschule X zu schicken.

 

Grund sind diverse Symptome (Hals- und Ohrenschmerzen, verschlagene Ohren und Tinnitus), die keine organischen Ursachen haben.

 

Seit ich meine Tochter aus der Schule genommen habe, verbessern sich die Symptome.

 

Bevor sich der gesundheitliche Zustand meiner Tochter nicht stabilisiert hat und die Schule die Problematik nicht anerkannt hat und danach handelt, kann ich meine Tochter nicht wieder in die Obhut der Schule zurückgeben.

 

 

Hochachtungsvoll

 

(eh. Unterschrift)

X X "

 

 

2. Auf Grund dieser Berufung hat die belangte Behörde den "Einspruch" der Bwin mit Schreiben vom 31. Jänner 2011 an die Volksschule X und den Bezirksschulrat von Gmunden zur Stellungnahme weitergeleitet.

 

Mit Schreiben vom 31. Jänner 2011 berichtete der zuständige Bezirksschulinspektor, dass die Kinderärztin Dr. F die Schülerin am 3. November 2010 auf unbestimmte Zeit krank geschrieben hatte. X X habe aber trotz Krankheit einen öffentlichen Gesangsauftritt am 13. November 2010 in G absolviert, weshalb die Abwesenheit vom Schulleiter hinterfragt wurde. Frau Dr. F erklärte die Schülerin in der Folge für gesund. In einem Telefonat vom 17. Dezember 2010 und einem persönlichen Gespräch vom 20. Dezember 2010 wies der Bezirksschulinspektor R T die Bwin darauf hin, dass X die Schule wieder besuchen müsse. Die Mutter sei dem nicht nachgekommen. Als Konsequenz erfolgte die Anzeige wegen Nichterfüllung der Schulpflicht und eine Information an die Jugendwohlfahrt G.

 

Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 teilte der Schulleiter VD R K der belangten Behörde mit, dass die Kinderärztin Dr. I F ihr fachärztliches Attest vom 3. November 2010 am 14. Dezember 2010 widerrief. Die beigelegte "WIDERRUFUNG" dieser Kinderärztin wird damit begründet, dass das Attest vom 3. November 2010 auf Grund einer "Falschinformation" der Frau X erstellt worden sei.

 

Der Schularzt Dr. S R hatte bei der Untersuchung des Kindes am 24. November 2010 keinerlei Schäden feststellen können und es für schulfähig erklärt. Aus dem angeschlossenen ärztlichen Attest geht hervor, dass bei der Schülerin kein Anzeichen für ein organisches Leiden oder eine Infektionskrankheit zu finden war. Sie sei aufmerksam und kognitiv sehr mitarbeitswillig gewesen. Aus schulärztlicher Sicht bestand kein Grund für eine Schulunfähigkeit.

 

Nach Mitteilung des Volksschuldirektors fehlte X seither unentschuldigt. Sie trete allerdings im Rahmen der Musikschule G in der Öffentlichkeit auf, besuche Veranstaltungen, die einem kranken Menschen nicht zuträglich seien und nehme am Unterricht einer "Alternativschule" teil. X wirke bei allen Aktivitäten sehr stabil, belastbar und gesund.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und dabei festgestellt, dass der mit dem angefochtenen Bescheid angelastete Sachverhalt des Fehlens vom Schulunterricht ohne ärztlich bestätigte Entschuldigung unbestritten feststeht. Es waren daher im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu erörtern.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl Nr. 76/1985 idF BGBl Nr. 113/2006) sind Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen.

 

Gemäß § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 stellt die Nichterfüllung der in den Abs 1 bis 3 angeführten Pflichten eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

 

Nach § 1 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985 besteht für alle Kinder, die sich dauernd in Österreich aufhalten, allgemeine Schulpflicht.

 

Gemäß § 2 Schulpflichtgesetz 1985 beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Sie dauert nach § 3 leg.cit. neun Schuljahre. Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen (§ 5 Abs 1 leg.cit.).

 

Nach § 9 Abs 1 leg.cit. haben die in einer Schule aufgenommenen Schüler den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen, auch am Unterricht in den unverbindlichen Lehrgegenständen, für die sie zu Beginn des Schuljahres angemeldet wurden, teilzunehmen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.

 

Gemäß § 9 Abs 2 leg.cit. ist ein Fernbleiben von der Schule während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig. Die Rechtfertigungsgründe werden im § 9 Abs 3 leg.cit. beispielsweise aufgezählt. Nachdem § 9 Abs 5 leg.cit. haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes den Klassenlehrer oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers ohne Aufschub schriftlich oder mündlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall steht nach dem oben unter Punkt 2. dargestellten Sachverhalt fest, dass die Kinderärztin Dr. F ihr ärztliches Attest vom 3. November 2010 betreffend Krankmeldung (Tinitus) der X X, geb. X, wegen "Falschinformation" durch die Bwin und Kindesmutter mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 widerrufen hat. Bei der zuvor am 24. November 2010 durchgeführten Untersuchung durch den Schularzt konnte dieser kein Anzeichen für ein organisches Leiden oder eine Infektionskrankheit bei X feststellen. Nach dem Attest des Schularztes vom 2. Dezember 2010 bestand daher kein Grund für eine Schulunfähigkeit.

 

Obwohl sogar der Bezirksschulinspektor die Bwin und Kindesmutter zunächst am 17. Dezember 2010 telefonisch und dann noch in einem persönlichen Gespräch auf die Schulpflicht ausdrücklich hinwies, zeigte sich diese nach wie vor uneinsichtig, weshalb von der Schulleitung die Anzeige vom 10. Jänner 2011 wegen Nichterfüllung der Schulpflicht erstattet werden musste. Ihr "Einspruch" gegen den angefochtenen Ermahnungsbescheid lässt auf eine erstaunliche Realitätsverweigerung schließen, zumal sie trotz des Gesprächs mit dem Bezirksschulinspektor und des ihr bekannt gemachten Widerrufs der Kinderärztin sowie des Befundes des Schularztes zur Rechtfertigung des (weiteren) Fernbleibens ihrer Tochter vom Unterricht noch immer mit Hals– und Ohrenschmerzen und Tinitus argumentiert, dafür aber keinerlei ärztliche Bestätigung vorweisen kann. Andererseits tritt X nach der Stellungnahme des Schulleiters vom 2. Februar 2011 während ihrer Abwesenheit vom Schulunterricht in der Öffentlichkeit im Rahmen der Musikschule auf und nimmt am Unterricht in einer "Alternativschule" teil.

 

Die belangte Behörde hat trotz dieser die Bwin erheblich belastenden Umstände, die die Voraussetzungen des Absehens von Strafe nach § 21 Abs 1 VStG nicht indizieren, großzügig von einer Strafe abgesehen und bloß eine Ermahnung erteilt. Dies erklärt sich aus der Aktenlage nur damit, dass in der Anzeige vom 10. Jänner 2011 lediglich das unentschuldigte Fernbleiben vom 20. bis 23. Dezember 2010 ohne weiteren Kommentar aufscheint und die näheren Umstände des Falles der belangten Behörde erst nachträglich bekannt geworden sind.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat kann im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot des § 51 Abs 6 VStG und, weil er gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG an die Sache (Ermahnung) gebunden ist, den Inhalt des Ermahnungsbescheides nicht auswechseln und etwa nachträglich eine Strafe gegen die Bwin verhängen. Es bleibt daher nur, die Berufung als unbegründet abzuweisen und den erstbehördlichen Bescheid zu bestätigen, auch wenn ein geringes und damit deutlich unterhalb des Regelfalles liegendes Verschulden bei der Bwin nicht vorzuliegen scheint.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

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