Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150888/2/Re/Hue

Linz, 18.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Be­rufung des W L R C,  G, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. April 2011, Zl. BauR96-467-2009/Va, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 4. März 2009, 10.01 Uhr, als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x die mautpflichtige A1 Westautobahn bei km 172.020, Fahrtrichtung Staatsgrenze Walserberg, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er eine Mautvignette gekauft und diese aus Unkenntnis nicht aufgeklebt habe. Der Bw legte seine Einkommenssituation dar und beantragte eine Reduktion der Strafe.

Als Beilage ist ein Einkommensnachweis angeschlossen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 12. Juni 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs.4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 11. August 2009 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass er an der Staatsgrenze darauf aufmerksam geworden sei, dass er Maut bezahlen müsse. Daraufhin habe er eine Vignette gekauft und aus Unkenntnis nicht auf die Windschutzscheibe des Leihwagens aufgeklebt sondern im Handschuhfach verstaut.

 

Einer zusätzlichen A-Stellungnahme vom 2. Oktober 2009 sind zwei Beweisfotos angeschlossen.

 

Dazu rechtfertigte sich der Bw am 15. Dezember 2009 im Wesentlichen wie bisher und legte seine Einkommenssituation dar. Als Beilagen sind Dokumente in portugiesischer Sprache angeschlossen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.   

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

4.2. Unbestritten ist die Lenkereigenschaft des Bw und die Tatsache, dass eine Vignette zur Tatzeit auf der Windschutzscheibe nicht aufgeklebt war. Der Bw hat somit das im vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Die Tat ist dem Bw – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken. Auch ein ausländischer Lenker ist dazu verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Es sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw übersehen hat, die Vignette auf die Windschutzscheibe aufzukleben.

 

Zur Strafbemessung ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Mildernd sind die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis zu werten. Im Hinblick darauf, dass der Bw glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass er im gegenständlich zum Einsatz gekommenen Leihauto eine auf einen kurzen Zeitraum begrenzte Vignette mitgeführt hat (und die Missbrauchsgefahr bei einer solchen Vignette – Mehrfachverwendung auf verschiedenen Kfz – aufgrund der kurzen Gültigkeitsdauer wesentlich geringer als bei einer nicht angebrachten Jahresvignette ist), erscheint es vertretbar unter Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Mindestmaßes herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht  so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind: Wegen der Tatsache, dass für eine Vignette der Kaufpreis dereinst bezahlt wurde, kann nicht auf unbedeutende Folgen der Übertretung geschlossen werden. Die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut vor Benützung einer Mautstrecke iS einer nicht ordnungsgemäßen Anbringung ist eo ipso erheblichen Tatfolgen gleichzusetzen. Hinsichtlich des Verschuldens ist zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er das Aufkleben der Vignette übersehen bzw. er sich über die gesetzlichen Vorschriften nicht im ausreichenden Umfang informiert hat. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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