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VwSen-100912/2/Weg/Ri

Linz, 23.08.1993

VwSen - 100912/2/Weg/Ri Linz, am 23. August 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des A W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, vom 29. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Oktober 1992, VerkR-96/4071/1991/Win/Kne, zu Recht:

I.: Die Berufung wird a b g e w i e s e n und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II.: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 1.000 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3, § 64 Abs.1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG); § 4 Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159/1960 idF BGBl.Nr. 423/1990 (StVO 1960).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil dieser am 23. September 1991, um ca. 1.00 Uhr, den PKW mit dem Kennzeichen auf der S-Bezirksstraße und der B Bundesstraße von K in Richtung H gelenkt hat, wobei er es nach einem beim Hause K verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen hat, den Unfall ohne unnötigen Aufschub der nächsten Gendarmeriedienststelle zu melden. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen macht der Berufungswerber in seiner fristgerecht eingebrachten Berufung sinngemäß geltend, daß die im Straferkenntnis angeführte Tatzeit deshalb unkorrekt sei, weil dort der Zeitpunkt des Unfalles und nicht der Zeitpunkt des Vorfallgeschehens und anschließender Kontaktaufnahme mit der Familie K genannt sei. Desweiteren sei der Tatort nicht ausreichend präzisiert, weil der Unfall nicht beim Hause K sondern ca. 20 m vor diesem auf einer asphaltierten Fläche neben der Böhmerwald Bundesstraße stattgefunden habe. Desweiteren fehle im Straferkenntnis das negative Tatbestandsmerkmal des nicht erfolgten Identitätsnachweises. Es sei Sinn und Zweck der Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO, den Geschädigten in die Lage zu versetzen, seine Ansprüche entsprechend geltend zu machen. Diese Voraussetzungen seien bereits dann erfüllt, wenn dem Geschädigten auch die notwendigen Informationen durch Mittelspersonen unmittelbar zugekommen sind. Es erfordere daher die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 keineswegs den unmittelbaren Identitätsnachweis zwischen Schädiger und Geschädigtem, sondern könne dies auch durch dritte Personen in ausreichender Form erfolgen. Diese dritten Personen seien die Eltern des Geschädigten gewesen, die den Berufungswerber persönlich gekannt hätten, andernfalls wäre eine Einleitung des gegenständlichen Verfahrens gar nicht möglich gewesen. Es sei die notwendige Meldung bei der Haftpflichtversicherung durch den Berufungswerber erfolgt und sei der Schaden zur Gänze liquidiert. Im übrigen sei die verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht und seien dabei die Grundsätze des § 19 VStG nicht eingehalten worden.

Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Berufungswerber am 31. März 1993 verzichtet. Auch die belangte Behörde hat am 31. März 1993 fernmündlich auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet.

3. Gemäß § 51e Abs.3 VStG kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. In Befolgung dieser Möglichkeit und weil der Sachverhalt aus der Aktenlage vollständig geklärt scheint, wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Demnach steht nachstehender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber lenkte am 23. September 1991 gegen 1.00 Uhr seinen PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr und verursachte in der Nähe des Hauses K dadurch einen Verkehrsunfall, daß er einen auf der Fahrbahn und somit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr in der Nähe des Hauses K abgestellten PKW mit dem Kennzeichen beschädigte. Nach diesem Verkehrsunfall begab sich der Beschuldigte in das Haus K und gab dabei bekannt, den PKW des K K jun. auf der gegenüberliegenden Straßenseite beschädigt zu haben. Der Geschädigte war jedoch nicht zugegen. Es entwickelte sich in der Folge zwischen dem Beschuldigten und den im Hause anwesenden K K sen., T K und K L eine Diskussion, in deren Verlauf der Beschuldigte nötigende Handlungen dergestalt gesetzt haben soll, die Anwesenden umzubringen, wenn sie die Gendarmerie vom Unfall verständigen würden. Hinsichtlich dieses strafgerichtlichen Deliktes ist jedoch ein Freispruch erfolgt. Der Beschuldigte ist - so die diesbezüglichen Zeugenaussagen vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach den im Hause K anwesenden Personen nicht persönlich bekannt gewesen. Der Beschuldigte hat trotz einer diesbezüglichen Aufforderung Name und Wohnanschrift nicht durch die Vorlage des Führerscheines und des Zulassungsscheines nachgewiesen, sondern legte eine Versicherungskarte der Krankenkasse zum Zwecke des Nachweises seiner Identität vor. In der Folge haben die eingeschüchterten Bewohner des Hauses K auch die Gendarmerie nicht verständigt. Laut Mitteilung der Gendarmerie wurde dieser Vorfall am 25. September 1991 durch eine anonyme Anzeige bekannt. Der Beschuldigte hat somit diesen Unfall der Gendarmerie nicht zur Anzeige gebracht. Allerdings sind ca. 15 Minuten nach dem Verlassen des Hauses K durch den Beschuldigten die Mutter und der jüngere Bruder (offenbar vom Beschuldigten verständigt) an der Unfallstelle erschienen. Auch die Mutter habe gebeten, über den Vorfall bei der Gendarmerie keine Anzeige zu erstatten. Die genaueren Daten über den Beschuldigten hat das Ehepaar K sen. von der Mutter des Beschuldigten erfahren, da die vom Beschuldigten selbst gemachten Angaben auf Grund seiner Alkoholisierung (diesbezüglich wurde das Verfahren eingestellt) nur unvollständig gewesen seien.

Obiger Sachverhalt ist durch die zeugenschaftlichen Aussagen des K K sen. und der T K sowie der K L als erwiesen anzunehmen.

Der Beschuldigte selbst bestreitet die Verursachung des Verkehrsunfalles ebensowenig, wie die Nichtmeldung. Dem Gerichtsakt ist zu entnehmen, daß der Berufungswerber über ein monatliches Nettoeinkommen von 12.000 S (14x jährlich) verfügt, nicht sorgepflichtig ist und als Vermögen einen PKW Audi 80 des Baujahres 91 aufweist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, bei einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Absatz 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetraten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Zu den einzelnen Einwänden des Berufungswerbers:

Die Tatzeit ist ausreichend konkretisiert. Es reicht die Anführung der Unfallszeit im Spruch des Straferkenntnisses aus, um den Berufungswerber einerseits nicht einer Doppelbestrafung auszusetzen und andererseits seine Verteidigungsmöglichkeiten nicht zu beeinträchtigen. Der Tatzeitraum ist durch einen unbestimmten Gesetzesbegriff (nämlich ohne unnötigen Aufschub) normiert, sodaß, zumal überhaupt keine Meldung erfolgte, die Anführung der Unfallszeit im Sinne des § 44a Z1 VStG ausreichend ist.

Selbiges trifft auf den im Straferkenntnis angeführten Tatort zu. Als Tatort ist stets der Unfallsort anzusehen, wobei eine um 20 m abweichende Beschreibung der Tatörtlichkeit den Berufungswerber weder in seinen Verteidigungsmöglichkeiten einschränkt noch ihn der Gefahr einer Doppelbestrafung aussetzt.

Das Nichtanführen des unterlassenen Identitätsnachweises im Spruch des Straferkenntnisses ist rechtlich ohne Belang, da das Tatbild der aus der genannten Bestimmung abzuleitenden Verwaltungsübertretung in der Unterlassung der Meldung eines Verkehrsunfalles und darin besteht, daß die Meldung nicht ohne unnötigen Aufschub erstattet wird. Es handelt sich hiebei also um kein negatives Tatbestandsmerkmal.

Ein Nachweis des Namens und der Anschrift kann in der Kontaktaufnahme mit den Eltern ebensowenig erblickt werden, wie in der Vorlage der Versicherungskarte. Zum einen war der Berufungswerber den im Haus Kollerschlag Nr. 6 anwesenden Personen nicht persönlich bekannt (selbst bei Bekanntsein läßt sich für den Berufungswerber nichts gewinnen) und andererseits genügt die Nennung des Namens und die Übergabe der Versicherungskarte nicht zum Nachweis der Identität.

Einer Mittelsperson wollte sich der Berufungswerber auch nicht bedienen, im Gegenteil, er "ersuchte", die Gendarmerie nicht zu verständigen.

Somit steht fest, daß der Berufungswerber das Tatbild der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 objektiv und (in Ermangelung von Schuldausschließungsgründen) auch subjektiv gesetzt hat.

Zur Strafhöhe: Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht gemäß § 99 Abs. 3 StVO 1960 bis zu 10.000 S.

Die Tat - nämlich die Nichtmeldung des Unfalles - hat gegenüber dem Geschädigten keine nachteiligeren Folgen nach sich gezogen und zwar im Vergleich zu einer ordnungsgemäßen Meldung, da der Berufungswerber immerhin seinen Namen richtig bekanntgegeben hat und in der Folge die Identität leicht rekonstruierbar war. Das Ausmaß des Verschuldens kann allerdings nicht als geringfügig bezeichnet werden, hat doch der Berufungswerber vorsätzlich gehandelt, was daraus erhellt, daß er die Anwesenden von einer Anzeige abhalten wollte. Milderungsgründe sind nicht zutagegetreten. Erschwerend sind zwei auf der selben Neigung beruhende Vormerkungen aus dem Jahre 1991, wobei dabei Geldstrafen in der Höhe von je 3.000 S ausgesprochen wurden.

Die Einkommensverhältnisse sind als durchschnittlich anzusehen, zumal keine Sorgepflichten bestehen.

Aus obigen Gründen ist die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe durchaus angemessen ist und das Ausschöpfen der Hälfte des Strafrahmens offenbar notwendig ist, den Berufungswerber in Hinkunft zu verhalten, die Pflichten nach einem Verkehrsunfall entsprechend wahrzunehmen.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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