Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100913/9/Weg/Ri

Linz, 15.06.1993

VwSen - 100913/9/Weg/Ri Linz, am 15. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des J P vom 30. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. Oktober 1992, VerkR96/366/1992/Stei/He, nach der am 4. Juni 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 11 Abs.2, 2.) § 11 Abs.1, 3.) § 21 Abs.1, jeweils iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, Geldstrafen von 1.) 300 S (im NEF 12 Stunden), 2.) 500 S (im NEF 12 Stunden) und 3.) 1.000 S (im NEF 24 Stunden) verhängt, weil dieser am 25. Oktober 1991 gegen 20.35 Uhr den PKW, BMW, Kennzeichen auf der A1, Richtung S gelenkt und dabei im Bereich von Straßenkilometer 201,00 1.) vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat, ohne diesen Fahrstreifenwechsel rechtzeitig anzuzeigen, 2.) den Fahrstreifen gewechselt hat, ohne sich vorher zu überzeugen ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist und 3.) jäh und für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abgebremst hat, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 180 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde gründet ihr Straferkenntnis auf eine von einem privaten PKW-Lenker erstattete Anzeige sowie dessen zeugenschaftliche Vernehmung.

3. Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und bringt seinerseits vor, daß der private Anzeiger mit einer wesentlich überhöhten Geschwindigkeit auf seinen bereits im Überholen befindlichen PKW aufgeschlossen sei und er aus Befürchtung, es könne zu einem Auffahrunfall kommen, vom Überholvorgang Abstand genommen hat, dabei das Fahrzeug abgebremst und sich wieder hinter den LKW eingereiht hat, den er überholen wollte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten sowie durch zeugenschaftliche Vernehmung des Dipl.Ing. G B (Privatanzeiger) anläßlich der am 4. Juni 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Dabei traten die Standpunkte, die bereits im erstbehördlichen Verfahren vorgebracht wurden und die sich zu einem Teil ausschließen, wieder zutage.

Der Zeuge führte aus, der Beschuldigte habe, ohne daß es die Verkehrssicherheit verlangt hätte, sein Fahrzeug jäh und überraschend abgebremst, sodaß er seinerseits genötigt war, eine Vollbremsung durchzuführen. In der Folge habe der Beschuldigte, ohne dies anzuzeigen, einen ihn gefährdenden Fahrstreifenwechsel durchgeführt.

Der Beschuldigte führt dagegen aus, er sei durch das rasche Herannahen des Zeugen und der Befürchtung eines Auffahrunfalles genötigt gewesen, vom Überholmanöver Abstand zu nehmen, weshalb er sein Fahrzeug abgebremst und unter Aufbieten seines ganzen Fahrkönnens sich wieder hinter den zu überholenden LKW eingereiht habe, wobei der Zeuge zum Teil schon in dritter (nicht vorhandener) Spur zwischen der Leitschiene und seinem PKW (mit dem er sich zurückfallen ließ) herangerast sei.

Nach diesem Vorfall habe der Beschuldigte den Zeugen durch Handzeichen auf den Parkplatz der Autobahnraststätte Lindach gewunken, Der Zeuge ist nach übereinstimmender Aussage auch gefolgt, hat aber dann jede Diskussion über diesen Vorfall vermieden und den Parkplatz, ohne auszusteigen, wieder verlassen. Der Beschuldigte selbst habe ob dieses Vorfalles Anzeige erstatten wollen, davon aber letztlich Abstand genommen. Der Zeuge hat am nächsten Tag um die Mittagsstunden Anzeige über diesen Vorfall erstattet, nachdem er die beschädigten Reifen an seinem PKW bemerkte. Das gegen den Beschuldigten eingeleitete Gerichtsverfahren wegen Nötigung wurde eingestellt.

Bei der Beurteilung der Aussagen einerseits des Zeugen und andererseits des Beschuldigten auf ihre Glaubwürdigkeit war davon auszugehen, daß es sich in beiden Fällen um routinierte und bisher im Straßenverkehr nicht auffällig gewordene Lenker handelt. Es konnte durch die letztlich je für sich betrachtet glaubwürdigen Aussagen nicht ermittelt werden, ob die Ursache für das unstrittigerweise durchgeführte Bremsmanöver das rasche und gefährdende Aufschließen des Zeugen war oder ob der Berufungswerber ein provokantes Ausbremsmanöver durchgeführt hat. Für das Ausbremsmanöver selbst finden sich jedoch keine Motive und es widerspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, ein beginnendes Überholmanöver abzubrechen, um den herannahenden ebenfalls überholen wollenden PKW-Lenker ausbremsen zu wollen.

Es konnte in Anbetracht der zur Verfügung gestandenen Beweismittel nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit ermittelt werden, daß der Berufungswerber die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen (mit den Schuldformen der Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes behaftet) gesetzt hat. Es ist durchaus auch denkmöglich, daß sich der Beschuldigte durch das Verhalten des Zeugen zu diesem Fahrmanöver gezwungen sah, um eben einen befürchteten Unfall zu verhindern (Notstand bzw. Putativnotstand).

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem nicht erwiesen werden konnte, daß der Beschuldigte das zur Last gelegte inkriminierte Verhalten schuldhaft (also entweder fahrlässig oder vorsätzlich) gesetzt hat und es - wie schon erwähnt - nicht auszuschließen ist, daß der Beschuldigte zu diesem Fahrmanöver (Abbremsen und Fahrstreifenwechsel) genötigt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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