Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281292/17/Py/Pe

Linz, 12.10.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3. Dezember 2011, Ge96-69-2010, wegen einer Übertretung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21. September 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 600 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.   Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, das sind 60 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3. Dezember 2011, Ge96-69-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 Z1 iVm § 10 Abs.1 Z4 Bauarbeitenkoordinationsgesetzes – BauKG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, verhängt, weil er, wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 19. Oktober 2010 hervorgeht, als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber (Baumeistergewerbe im Standort x; weitere Betriebsstätte im Standort x), und als der für die Baustelle der Firma x (Zubau Nord) von den Arbeitgebern der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan hinsichtlich der Errichtung kollektiver Sicherheitsmaßnahmen, wie Gerüste für Dachgewerke, Wehren, Fanggerüste oder Fangnetze angewendet wurde, da die auf den Seiten 29 und 30 in diesem Schutzplan geforderten Gerüste für Dachgewerke, Wehren, Fanggerüste oder Fangnetze trotz bereits auf dem Flachdach durchgeführter Arbeiten mehrerer Arbeitnehmer einer Montagefirma (Absturzhöhe ca. 9 m) an diesem Tag nicht vorhanden waren. Bei der durchgeführten Baustellenbesichtigung am 12. Oktober 2011 wurde vom Bw auch nicht auf diesen Mangel hingewiesen. Nach dem BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Überdies wurde die Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

2. Dagegen hat die Bw rechtzeitig Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung am 11. November 2010 hinterlegt worden sei, der Bw aber tatsächlich keine Verständigung der Hinterlegung an seiner Adresse vorgefunden habe und er sich so vor Erlassung des Straferkenntnisses nicht zur Wehr setzen habe können. Eine ordnungsgemäße Zustellung sei daher nicht erfolgt.

 

Inhaltlich begründet der Bw seiner Berufung damit, dass es unrichtig sei, dass der Bw nicht darauf geachtet hätte, dass der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) eingehalten worden ist und es sei ebenfalls unrichtig, dass er anlässlich der Baustellenbesichtigung am 12. Oktober 2010 nicht auf diesen Mangel hingewiesen hätte. Vielmehr habe der Bw bereits auf den Seiten 28 bis 30 des SiGe-Planes hinreichend und ausführlich die kollektiven Schutzmaßnahmen dargelegt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese auch angewendet werden müssen. Der SiGe-Plan sei vom Bw erstellt worden. Der Bw habe bei jeder Besprechung ein Baustellenprotokoll erstellt, worin ausdrücklich auf die Einhaltung des SiGe-Planes hingewiesen worden sei. Weiters habe er auch die Poliere auf der Baustelle auf die Einhaltung des SiGe-Plans hingewiesen. Der Bw sei seinen Informationspflichten nach dem BauKG nachgekommen und könne die Nichteinhaltung von Sicherheitsmaßnahmen nicht auf ein Verschulden des Baukoordinators zurückgeführt werden.

 

Das Kontrollorgan habe nicht darauf geachtet, ob andere Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden seien, da er nur ausgeführt habe, dass die kollektiven Schutzmaßnahmen nicht vorhanden gewesen seien. Im gegenständlichen Fall dauerten die Arbeiten ca. eine Woche und wäre die Anbringung von kollektiven Schutzmaßnahmen teilweise schwieriger gewesen bzw. hätte möglicherweise auch länger gedauert als die eigentlichen Arbeiten. Aus diesem Grund hätte im gegenständlichen Fall die Möglichkeit bestanden, dass die Arbeiter mittels Sicherheitsgeschirr sicher angeseilt würden. Weiters habe das Kontrollorgan nicht einmal überprüft, ob ein Sicherheitsgeschirr am 15. Oktober 2010 auf der Baustelle vorhanden gewesen sei bzw. die Arbeitnehmer damit ausgestattet gewesen seien.

 

Abschließend wurde ausgeführt, dass der Bw unbescholten sei und er über ein maximales Nettoeinkommen von 1.500 Euro bis 2.000 Euro verfüge.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21. September 2011, an welcher der Bw mit seinem Rechtsvertreter teilgenommen und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teilgenommen haben. Als Zeugen wurden Herr x und Herr Arbeitsinspektor x einvernommen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da die Berufung anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 5 Abs.2 Z1 des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG) hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 € bis 7.260 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14.530 € zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtung nach § 5 verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt. Die Strafbemessung erfolgte nach den Bestimmungen des § 19 VStG. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen zugrunde gelegt.

 

Aufgrund der in der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgetretenen Sachlage stimmte der Vertreter des Arbeitsinspektorates im Hinblick auf das nunmehrige Tatgeständnis des Bw und die von diesem beschriebene Umstellung seiner Kontrolltätigkeit einer Herabsetzung der verhängten Strafhöhe zu. Da der Bw keine einschlägige Vorstrafe aufweist und auch seine grundsätzliche Bereitschaft zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erkennbar ist, erscheint dem Oö. Verwaltungssenat die nunmehr verhängte Geldstrafe von 600 Euro noch als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, wobei der Bw darauf hingewiesen wird, dass bei weiteren Übertretungen mit der Verhängung empfindlich höherer Strafen zu rechnen ist.

 

5.5. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen war auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

6. Gemäß § 64 war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafhöhe neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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