Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522957/2/Sch/Eg

Linz, 27.10.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn W. L., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 30. August 2011, Zl. VerkR20-3677-2005, im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid im angefochtenen Umfang bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Bescheid vom 30. August 2011, Zl. VerkR20-3677-2005, die Herrn W. L., geb. x, von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 24.1.1995 für die Klassen A, B, C1, C, BE, C1E, CE und F erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (23.4.2011), gemäß §§ 24 Abs. 1 Z. 1, 25 Abs. 1 und 29 Abs. 4 FSG entzogen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invaliden-kraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Weiters wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzugs der österreichischen Lenkberechtigung gemäß § 30 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG entzogen.

 

Darüber hinaus wurde der Bw aufgefordert, seine psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen, als begleitende Maßnahme die Absolvierung einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle bis zum Ablauf der Entziehungszeit sowie sich vor Ablauf der Entziehungsdauer einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Diese Anordnungen wurde in den §§ 24 Abs. 3 FSG iVm § 8 und § 14 Abs. 2 FSG-Gesundheitsverordnung 1997 begründet.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung, welche sich ausschließlich gegen die Dauer der Entziehung richtet, erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Von der Erstbehörde wurde der gesamte Führerscheinakt betreffend den Berufungswerber vorgelegt, also sämtlich Vorgänge seit Ablegung der Fahrprüfung.

 

Demnach wurde ihm im Jahr 1989 erstmals eine Lenkberechtigung erteilt. Es fällt auf, dass er in der Folge immer wieder Probleme hatte, den Konsum von Alkohol und die Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges zu trennen. Im Jahr 1994 verursachte er erstmals einen Verkehrsunfall in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Gemessen wurde damals ein Wert von 0,79 mg/l Atemluftalkoholgehalt, der Vorfall hatte die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten zur Folge.

 

Im Jahre 2002 hatte der Berufungswerber den nächsten Verkehrsunfall in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verursacht, diesmal betrug der Atemluftalkoholwert 0,85 mg/l. Die Lenkberechtigung wurde hier für die Dauer von sieben Monaten entzogen. Während der aufrechten Entziehung der Lenkberechtigung wurde vom Berufungswerber im Jahr 2003 ein führerscheinpflichtiges Kraftfahrzeug gelenkt, weshalb ihm im Anschluss an den damals aktuellen Entziehungszeitraum die Lenkberechtigung für weitere drei Monate entzogen wurde. Der Berufungswerber konnte im Anschluss an diese Entziehungsdauer vorerst keine Lenkberechtigung erhalten, da aufgrund der Gutachtenslage von dessen mangelnder gesundheitlichen Eignung fußend seinen Alkoholproblemen auszugehen war. Deshalb wurde ihm im September 2003 die Lenkberechtigung nach Ablauf der Entziehungsdauer aus diesem Grunde entzogen. Dieses Verfahren wurde durch Berufungsentscheidung insofern abgeschlossen, als eine befristete und unter Auflagen (alkoholspezifische Laborwerte) stehende Lenkberechtigung erteilt wurde.

 

Die Befristung konnte in der Folge aufgehoben werden.

 

Am 23. April 2011 kam es schließlich zu der neuerlichen Alkofahrt mit einem Verkehrsunfall, wobei die Rückrechnung des Alkomatwertes zum Messzeitpunkt (0,80 mg/l) auf den etwa zwei Stunden vorangegangenen Lenkzeitpunkt einen Wert von 0,90 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergab.

 

4. Dieser Vorfall hat sich wie folgt zugetragen:

 

Der Berufungswerber lenkte in dem schon erwähnten alkoholbeeinträchtigten Zustand seinen Pkw auf einem Güterweg im Gemeindegebiet von X. Im Fahrzeug fuhren seine beiden Söhne im Alter von 11 und 8 Jahren mit. Der ältere Sohn stand bei der Fahrt auf dem Beifahrersitz, der jüngere auf der Fondsitzbank bzw. der Mittelkonsole. Beide blickten durch das geöffnete Stahlschiebedach des Fahrzeuges.

 

Der Berufungswerber kam in der Folge von der Fahrbahn ab, überschlug sich mit seinem Fahrzeug und landete letztlich wieder auf den Rädern. Bei dem Verkehrsunfall kam der ältere Sohn ums Leben, der Berufungswerber und der andere Sohn wurden verletzt.

 

Nach seinem Alkoholkonsum vor der Fahrt befragt, gab der Berufungswerber den erhebenden Beamten gegenüber an, schon am Vortag in den Abendstunden erhebliche Mengen Alkohol in Form von 6 – 7 Halben Bier konsumiert zu haben. Am Vorfallstag kam es dann wiederum zu einem weiteren Alkoholkonsum. Der Berufungswerber habe sich dennoch fahrtauglich gefühlt.

 

5. In rechtlicher Hinsicht ist dazu zu bemerken, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG eine bestimmte Tatsache darstellt, die im Verein mit ihrer Wertung gemäß § 7 Abs. 4 den Verlust der Verkehrszuverlässigkeit nach sich zieht.

 

Gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG ist bei der erstmaligen Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen. Für diese Mindestentziehungsdauer gibt der Gesetzgeber bereits die Wertung vor, sodass sich darüber weitergehende Ausführungen erübrigen (vgl. VwGH 17.12.1998, 98/11/0227).

 

Sehr wohl einer Wertung zu unterziehen ist die gesetzte bestimmte Tatsache im Hinblick auf einen darüber hinausgehenden Entziehungszeitraum. Die Wertungskriterien sind in § 7 Abs. 4 FSG normiert. Demnach kommt es dabei an auf die Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen diese bestimmten Tatsachen gesetzt wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit.

 

Das entscheidende Kriterium im vorliegenden Fall sind zweifelsfrei die gefährlichen Verhältnisse, die der Berufungswerber durch seine Alkofahrt herbeigeführt hat. Nimmt man ein Kraftfahrzeug mit einem derartig massiven Alkoholspiegel in Betrieb, stellt man an sich bereits eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Beim Berufungswerber wurde ein Wert um einiges über dem für die Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten relevanten von 0,8 mg/l Atemluftalkoholgehalt festgestellt. Befördert man dann aber auch noch zwei Kinder völlig ungesichert im Fahrzeug, mehr noch, nämlich in der Form, dass man sie auf dem Beifahrersitz, der Mittelkonsole bzw. der Fondsitzbank stehend transportiert, dies zudem bei geöffnetem Schiebedach, durch welches die Kinder hinaus schauen, dann zeugt das von einem nicht mehr nachvollziehbarem Maß an Sorglosigkeit. Der Berufungswerber hat bei dieser Fahrt laut eigenen Angaben eine Fahrgeschwindigkeit, im zeitlichen Bereich des Unfalles von etwa 50 – 60 km/h eingehalten gehabt. Es liegen also zudem Geschwindigkeitswerte vor, die schon bei einem Unfall mit vorschriftsmäßig gesicherten Fahrzeuginsassen im Regelfall nachteilige Folgen für deren Gesundheit nach sich ziehen. Aber das ist noch immer nicht alles: Der Berufungswerber hat, wie von Zeugen wahrgenommen und auch von ihm letztlich bestätigt wurde, bei der Fahrt einen Stil in Form von Schlangenlinien eingehalten. Erklärt hat er dies damit, dass er mit den Kindern "herumgeblödelt" habe, also offenkundig diesen Fahrstil durchaus in Kauf genommen hat. Zieht man all diese Faktoren zusammen, dann kann wohl nur mehr ein Übermaß an Glück einen schweren Verkehrsunfall verhindern. Beim Berufungswerber kam es allerdings zu dem zu erwartenden Ausgang dieser Fahrt, nämlich zu dem Verkehrsunfall. Auch wenn man im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung die Unfallfolgen, die hier sehr dramatisch waren, nicht mit einbeziehen darf, bleibt für die Wertung eben unverrückbar die Tatsache, dass der Berufungswerber dergestalt höchst gefährliche Verhältnisse herbeigeführt hat, die den Unfall schon als logische Folge erscheinen lassen.

 

6. Beim Begriff der Verkehrszuverlässigkeit des Inhabers einer Lenkberechtigung geht es in erster Linie darum, dass man sich auf ihn muss verlassen können, er werde die elementaren Vorschriften im Straßenverkehr einhalten. Setzt jemand eine Tat, die diametral in die andere Richtung weist, dann ist eben die Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr vorhanden. Bei einem solchen Übermaß an Sorglosigkeit und Fahrlässigkeit, wie vom Berufungswerber an den Tag gelegt, kann man sich auf ihn für längere Zeit nicht mehr verlassen.

 

Wenn nun die Erstbehörde zu der Ansicht gelangt ist, dass mit einer Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von 24 Monaten vorzugehen war, vermag auch die Berufungsbehörde an dieser Entziehungsdauer keine falsche Zukunftsprognose zu erkennen. Die eingangs erwähnten vorangegangenen Alkofahrten, ebenfalls mit Verkehrsunfällen verbunden, liegen außerhalb der relevanten Fünfjahresfrist des § 26 Abs. 2 FSG, die eine höhere gesetzliche Mindestentziehungsdauer bedingen würde, als die hier anzuwendende des § 26 Abs. 2 Z. 1 leg.cit. Sie sind aber sehr wohl im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG miteinzubeziehen. In diesem Sinne ist festzustellen, dass diese beiden Vorgänge beim Berufungswerber nicht auf Dauer bewirken konnten, dass er Alkoholkonsum und die Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kfz dauerhaft zu trennen vermag. Vielmehr tritt er in gewissen Abständen immer wieder als massiv alkoholisierter Unfalllenker in Erscheinung.

 

Die gegenständliche Entziehungsdauer ist auch mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Einklang zu bringen (etwa mit dem Erkenntnis vom 23. April 2002, 2000/11/0184). In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass der Gesetzgeber durch die zwölfte FSG-Novelle mit Wirksamkeit vom 1. September 2009 die jeweiligen Mindestentziehungsdauern bei Alkoholdelikten merkbar angehoben hat. Die Führerscheinbehörden haben bei Vollziehung der aktuellen Rechtslage demnach auch darauf Bedacht zu nehmen, dass der Gesetzgeber dadurch die Intention zum Ausdruck gebracht hat, die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit entsprechend schwerer zu gewichten.

 

Die übrigen im verfahrensgegenständlichen Bescheid verfügten Maßnahmen wurden nicht in Berufung gezogen, sodass sich ein Abspruch darüber erübrigt. Unbeschadet dessen sind sie ohnedies gesetzliche Folgen der Entziehung einer Lenkberechtigung und stehen daher nicht zur behördlichen Disposition.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 27.05.2014, Zl.: 2011/11/0220-5

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