Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730181/3/Sr/Wu

Linz, 04.11.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch X, gegen die mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. September 2009, GZ: Sich40-41547, angeordnete Ausweisung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. September 2009, GZ: Sich40-41547, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Basis der §§ 54 Abs. 1 und 66 des FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung angeordnet.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Bw vom Magistrat Linz am 24. Mai 2007 eine Verlängerung des Aufenthaltstitels "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit – Seelsorger" gültig bis 23. Mai 2008 erteilt worden sei. Am 6. Mai 2008 habe der Bw bei der belangten Behörde einen weiteren Verlängerungsantrag gestellt. Der beantragte Titel sei dem Bw am 22. Juli 2008 für den Zeitraum 24. Mai 2008 bis 23. Mai 2009 erteilt worden. Auf Grund der Mitteilung des AMS Traun vom 9. Oktober 2008 (mehrmaliger Bezug des Arbeitslosengeldes) habe die belangte Behörde ein Ausweisungsverfahren gegen den Bw eingeleitet. In der Stellungnahme vom 21. Oktober 2008 habe der Bw ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis wegen Sanierungsarbeiten aufgelöst worden sei, er während dieser Zeit vier Stufen des Deutsch-Integrationskurses besucht habe, seit dem 1. Oktober 2008 wieder bei dem Arbeitgeber "X" als Seelsorger arbeite und 900 Euro monatliches Einkommen erhalte. In Kenntnis dieser Sachlage habe die belangte Behörde das Ausweisungsverfahren eingestellt.

In der Folge sei dem weiteren Verlängerungsantrag des Bw stattgegeben worden und ihm der Aufenthaltstitel "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit – Seelsorger", gültig bis 23. Mai 2010 erteilt worden.

Am 28. Februar 2009 habe der Bw seine Tätigkeit beim X beendet und am 16. März 2009 seine Seelsorgertätigkeit für die X aufgenommen. Dieser Verein habe sich verpflichtet, für die Unterkunft und die Sozial- und Krankenversicherung aufzukommen. Für den Fall der Beendigung der Beschäftigung sei dem Bw aufgetragen worden, diesen Umstand der belangten Behörde zu melden. Am 24. August 2009 habe das AMS Traun mitgeteilt, dass der Bw seit dem 21. August 2009 Arbeitslosengeld beziehe.

Die unterlassene Mitteilung von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wertete die belangte Behörde als schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und sah daher die Ausweisung und die sofortige Ausreise zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung als dringend geboten und im Hinblick auf § 66 FPG als zulässig an.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt durch Hinterlegung am 17. September 2009, erhob der rechtsfreundlich vertretene Bw mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2009 rechtzeitig Berufung.

 

Begründend führte der Rechtsvertreter aus, dass der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet sei und die nicht unverzügliche Meldung geänderter Umstände keinen Ausweisungsgrund darstelle. Zutreffend sei, dass der Bw vom 21. August bis zum 20. September 2009 Arbeitslosengeld bezogen habe. Auf Grund baulicher Maßnahmen habe der Bw seine Beschäftigung beim Dienstgeber – X – unterbrechen müssen. Seit dem 21. September 2009 sei er wiederum bei diesem Verein beschäftigt. Zu Beweiszwecken werde eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt.

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

3.2. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist (siehe Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5).

 

3.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und die vom Bw ergänzend eingebrachten Dokumente und Beweismittel.

 

3.3.2. Der relevante Sachverhalt (siehe Punkte 1., 2. und 3.3.1) ist unstrittig.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG), geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 3.1. und 3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Gemäß § 125 Abs. 15 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 54 als Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

Nach § 62 Abs. 1 Z. 1 FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011 sind Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten und kein Fall des § 64 vorliegt, mit Bescheid auszuweisen, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitel ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetzblatt BGBl. I. Nr. 38/2011, konnten Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten haben, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegenstand.

 

4.2. Zum Entscheidungszeitpunkt konnte die belangte Behörde zu Recht die Ausweisung auf § 54 FPG stützen.

 

Nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 17. September 2009 ist jedoch eine relevante Sachverhaltsänderung eingetreten.

 

Bereits in der Berufungsschrift wies der Bw darauf hin, dass er wiederum seit 21 September 2009 bei der X als Vorbeter beschäftig sei. Im Zuge des Berufungsverfahren übermittelte der Bw Beweismittel, die neben den erworbenen Sprachkenntnissen auch die durchgehende Beschäftigung beim angeführten Verein belegen.

 

So bestätigt die X mit Schreiben vom 5. September 2011, dass der Bw seit dem 21. September 2009 durchgehend als Vorbeter für den Verein tätig sei und dafür monatlich einen Bruttolohn von 1.060,-- Euro erhalte. Zum Nachweis dafür legte der Bw Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Monate Jänner bis September 2011 vor, aus denen hervorgeht, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von 900,26 Euro verfügt.

 

Dem Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung vom 2. November 2011 ist zu entnehmen, dass der Bw seit 24. April 2002 fast durchgehend einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist und nur kurzfristig Arbeitslosengeld bezogen hat. Seit dem 21. September 2009 ist der Bw bei der X beschäftigt.

 

Im Schreiben vom 19. April 2010 hielt die belangte Behörde fest, dass der Bw am 19. April 2010 einen Antrag nach dem NAG gestellt hat.

 

Unbestritten steht fest, dass sich der Bw während eines Verlängerungsverfahren nach dem NAG im Bundesgebiet aufhält und im Berufungsverfahren keine Versagungsgründe nach § 11 Abs. 1 und 2 NAG hervorgekommen sind, die der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels entgegenstehen.

 

4.3. Aus Anlass der Berufung war der angefochtene Ausweisungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

 

4.4. Im Hinblick auf die Sprachkenntnisse der Bw war von der Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung Abstand zu nehmen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 76,70 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

Mag. Stierschneider

 

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