Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166456/2/Ki/Kr

Linz, 10.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der X, vertreten durch X vom 19. September 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16. August 2011, VerkR96-1286-2011-Fs, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II: § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom
16. August 2011, VerkR96-1286-2011-Fs, wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 4.2.2011, 07:40 Uhr, in der Gemeinde X, X, Hartforst Landesstraße Nr. 1055, ca. bei Strkm. 4,086, mit dem Fahrzeug "Pkw, X" als Lenkerin infolge nicht richtig gewählter Fahrgeschwindigkeit einen Verkehrsunfall verursacht. Sie sei ins Schleudern geraten. Sie habe dadurch § 20 Abs. 1 StVO verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über sie eine Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 19. September 2011 Berufung erhoben und beantragt, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen. Im Wesentlichen wird widersprochen, die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegeben Umständen angepasst zu haben.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung war nicht notwendig, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z.1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Mauerkirchen vom 12. Februar 2011 lenkte die Berufungswerberin am 4. Februar 2011 gegen 07.40 Uhr den verfahrensgegenständlichen PKW auf der X Landesstraße in X kommend in Richtung Burgkirchen. Zu diesem Zeitpunkt habe teilweise starker Nebel vorgeherrscht und die salzgestreute Fahrbahn sei stellenweise mit starken Schneeverwehungen bedeckt gewesen. Bei Strkm ca. 4,300, im Streusiedlungsbereich Ofen, Gemeindegebiet X, sei sie in einer lang gezogenen Linkskurve auf einer Schnee-/Eisplatte ins Schleudern geraten, dadurch links von der Fahrbahn abgekommen und im angrenzenden Feld gegen einen Baumstumpf bzw. den Schacht eines Löschwasserbrunnens geprallt, sodass sich das Fahrzeug einmal überschlagen habe. Der Alkotest sei negativ verlaufen, die am Fahrzeug montierten Winterreifen haben eine durchschnittliche Profiltiefe von 3 bis 4 mm aufgewiesen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat zunächst gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung (VerkR96-1286-2011-Fs vom 18. Februar 2011) erlassen, welche von ihr beeinsprucht wurde. Im Wesentlichen wird ausgeführt, es habe in der Nacht ganz leicht geschneit, sie sei deshalb mit geringer Geschwindigkeit gefahren. Sie habe sich bei ihrer Fahrweise auf die Fahrbahnverhältnisse eingestellt. Im nachmaligen Unfallbereich sei jedoch eine besondere Glätte auf der Fahrbahn gewesen. Es sei dort nicht geräumt gewesen, sodass eine plötzliche Gefahrenstelle gegeben war. Trotz vorsichtiger Fahrweise sei das Heck ihres PKWs ausgebrochen, wodurch sie ihr Fahrzeug querstellen musste. Dies habe dazu geführt, dass sie auf die linke Fahrbahnhälfte geriet und gegen einen dort stehenden Feuerwehrbrunnen stieß. Sie habe deshalb ihres Erachtens die Fahrgeschwindigkeit richtig gewählt, sie habe nicht damit rechnen können, dass auf der nachmaligen Unfallstelle glatt bzw. überhaupt nicht geräumt war, wodurch eine besondere Gefahrenquelle geschaffen wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat daraufhin das Ermittlungsverfahren durchgeführt und nach einer Stellungnahme der Rechtsmittelwerberin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 20 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, dass er den übrigen Verkehr behindert.

 

Es trifft zwar zu, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung die Ursache für einen Verkehrsunfall, wie er sich im gegenständlichen Falle ereignet hat, eine nicht angepasste Geschwindigkeit sein könnte. Andererseits könnten dafür auch aber andere Ursachen, wie etwa ein Aufmerksamkeitsfehler der Lenkerin oder eine unvorhersehbare Situation, in Betracht zu ziehen sein.

 

Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen geht lediglich hervor, dass auf Grund von beschriebenen Straßenverhältnissen es zu dem gegenständlichen Unfall gekommen ist. Es finden sich aber keinerlei konkrete Hinweise dafür, mit welcher Geschwindigkeit die Berufungswerberin tatsächlich unterwegs gewesen ist bzw. für die Kausalität der gewählten Geschwindigkeit in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verkehrsunfall.

 

Generell wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt, das heißt, wenn der Beschuldigten die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung anhand der vorliegenden bzw. zu erbringenden Beweise nicht nachgewiesen werden kann, eine Einstellung des Strafverfahrens zu erfolgen hat.

 

Im gegenständlichen Falle finden sich keinerlei diesbezügliche Hinweise im Verfahrensakt.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die der Beschuldigten zur Last gelegten Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, der Berufungswerberin konkret nicht nachgewiesen werden kann, dass sie tatsächlich mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit unterwegs war, war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

 

VwSen-166456/2/Ki/Kr vom 10. November 2011

 

Erkenntnis

 

StVO 1960 §20 Abs1

 

Der Umstand, dass auf einer möglicherweise schneebedeckten oder vereisten Fahrbahn ein Fahrzeug von der Fahrbahn abkommt, ist für sich kein geeigneter Nachweis dafür, dass die/der Lenkerin/Lenker mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit unterwegs war.

 

 

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