Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166267/4/Zo/Gr

Linz, 08.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des Herrn J.E. K., geb. x, X vom 21. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 19. Juli 2011, Zahl: VerkR96-4145-2010 wegen drei Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

I. Hinsichtlich Punkt 1 wird der Berufung gegen die Strafhöhe stattgegeben und der von Verhängung einer Strafe abgesehen.

 

II. Hinsichtlich der Punkte 2 und 3 wird die Berufung gegen die Strafhöhe abgewiesen und die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen von jeweils 200 Euro (EFS jeweils 40 Stunden) werden bestätigt.

 

III. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 40 Euro. Für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 80 Euro (20 Prozent der zu den Punkten 2 und 3 bestätigten Geldstrafen) zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, 51 Abs.1 und 21 Abs.1 VStG

zu II: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu III: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges 1 AN 4856, Kz. x, welcher zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, wie bei einer Kontrolle am 22. September 2010 um 15:37 Uhr in Andorf auf der B 137. bei Straßenkilometer 46.530 festgestellt wurde, folgende Übertretungen begangen habe:

 

1. Er habe die Tageslenkzeit von höchstens neun bzw. 2mal wöchentlich zehn Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten überschritten, weil die Lenkzeit am 8. September 2010 von 02:05 Uhr bis 21:47 Uhr zehn Stunden und 31 Minuten betragen habe;

 

2. Er habe nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einlegt, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern er Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Am 6. September 2010 von 00:44 Uhr bis 05:58 Uhr habe er bei einer Lenkzeit von fünf Stunden und sieben Minuten keine Fahrtunterbrechung eingelegt und am 9. September 2010 von 12:20 Uhr bis 17:26 Uhr habe er bei einer Lenkzeit von fünf Stunden und sieben Minuten wiederum keine Fahrtunterbrechung eingelegt;

 

3. Er habe die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten, weil die Lenkzeit in den Wochen von 30. August 2010 bis 12. September 2010 102 Stunden und 57 Minuten und in den Wochen vom 6. September bis 19. September 2010 101 Stunden und 42 Minuten betragen habe.

 

Er habe dadurch zu 1 eine Verwaltungsübertretung nach Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006, zu 2 eine solche nach Art. 7 der Verordnung (EG) 561/2006 und zu 3 eine Übertretung nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung (EG) 561/2006 begangen. Es wurden deshalb Geldstrafen in Höhe von 50 Euro zu 1 (EFS zwölf Stunden) sowie von jeweils 200 Euro (EFS 40 Stunden) zu 2 und 3 gemäß § 134 Abs.1 iVm Abs.1b KFG verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 45 Euro verpflichtet.

 

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Strafe zu bezahlen. Sein Nettoeinkommen betrage lediglich 380 Euro + Reisekostenerstattung. Mit diesem Einkommen könne er kaum den Lebensunterhalt bestreiten. Es sei nur etwas mehr als das Arbeitslosengeld. Dazu legte er eine Kopie seines Arbeitsvertrages vor.

 

Weiters machte er Ausführungen zur Frage der Rechtzeitigkeit seines Einspruches in einem anderen Verfahren.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Wahrung des Parteiengehörs an den Berufungswerbers. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Bei einer Kontrolle der Fahrerkarte des Berufungswerbers wurde die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Übertretungen festgestellt. Demnach hat der Berufungswerber am 8. September 2010 eine Tageslenkzeit von zehn Stunden und 31 Minuten eingehalten. Am 6. September 2010 hat er zwischen 00:44 Uhr und 05:58 Uhr bei Lenkzeit von fünf Stunden und sieben Minuten keine Fahrtunterbrechung eingelegt. Am 6. September 2010 zwischen 12:20 Uhr und 17:26 Uhr hat er wiederum bei einer Lenkzeit von fünf Stunden und sieben Minuten keine Fahrtunterbrechung eingelegt. Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen betrug vom 30. August bis 12. September 2010 102 Stunden und 57 Minuten sowie vom 6. September 2010 bis 19. September 2010 101 Stunden und 42 Minuten.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten und verfügt lediglich über ein Einkommen in Höhe von 380 Euro zuzüglich Reisekostenersatz. Er wurde mit Schreiben des UVS vom 6. September 2011 darauf hingewiesen, dass die Erstinstanz in den Punkten 2 und 3 jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt hatte, hat sich dazu jedoch nicht geäußert.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Der Berufungswerber hat ausschließlich Ausführungen zur Strafhöhe gemacht. Er hat die ihm vorgeworfenen Überschreitungen in keiner Weise bestritten. Seine Berufung ist daher ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet, weshalb der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen ist. Der UVS darf daher lediglich die Strafbemessung überprüfen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die Rechtsstrafe für jede Übertretung 5000 Euro im Fall der Uneinbringlichkeit, Arrest bis zu sechs Wochen.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seins Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlunge gleicher Art abzuhalten.

 

5.3. Dem Berufungswerber kommt als wesentlicher Strafmilderungsgrund seine bisherige Unbescholtenheit zu Gute. Bezüglich der Überschreitung der Tageslenkzeit (Punkt 1 des Straferkenntnisses) ist als strafmildernd weiters zu berücksichtigen, dass er die erlaubte Tageslenkzeit lediglich um 31 Minuten überschritten hat. Der Unrechtsgehalt dieser Übertretung ist als sehr geringfügig anzusehen. Wenn man weiters berücksichtigt, dass der Berufungswerber im gesamten Überprüfungszeitraum von 28 Tagen lediglich eine einzige Überschreitung des Tageslenkzeit – und diese noch dazu in einem sehr geringen Ausmaß begangen hat, so erscheint in diesem Fall das Absehen von einer Bestrafung durchaus gerechtfertigt. Auch eine Ermahnung erscheint nicht notwendig, weil der Berufungswerber an allen anderen Tagen die Tageslenkzeit eingehalten hat.

 

Die gesetzliche Mindeststrafe ist gemäß § 134 Abs.1b KFG davon abhängig, in welche Kategorie die jeweiligen Verstöße entsprechend den Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG einzuordnen ist. Entsprechend dieser Richtlinie stellt das Überschreiten der ununterbrochenen Lenkzeit (Art.7) einen schweren Verstoß dar, wenn die tatsächliche Lenkzeit ohne Unterbrechung zwischen fünf und sechs Stunden betragen hat. Das Überschreiten der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgenden Wochen stellt dann einen schwerwiegenden Verstoß dar, wenn die tatsächliche Lenkzeit zwischen 100 Stunden und 112,5 Stunden betragen hat.

 

Die dem Berufungswerber in den Punkten 2 und 3 des Straferkenntnisses vorgeworfenen Übertretungen stellen daher schwerwiegende Verstöße dar, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe jeweils 200 Euro beträgt. Zugunsten des Berufungswerbers ist zwar zu berücksichtigen, dass er die Grenze für die Erreichung des schwerwiegenden Verstoßes jeweils nur knapp überschritten hat, andererseits darf aber auch nicht übersehen werden, dass er beide Übertretungen jeweils zweimal begangen hat.

 

Es kann daher nicht von einem geringfügigen Verschulden im Sinne des § 21 Abs.1 VStG ausgegangen werden und die Milderungsgründe überwiegen die Erschwerungsgründe auch nicht in einem solchen Ausmaß, dass ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe möglich wäre. Es mussten daher trotz der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers die von der Erstinstanz verhängten gesetzlichen Mindeststrafe bestätigt werden.

 

Aufgrund der zwingend anzuwendenden gesetzliche Bestimmungen des § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG musste dem Berufungswerber ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der in den Punkten 2 und 3 verhängten Geldstrafen vorgeschrieben werden. Sollte der Berufungswerber tatsächlich nicht in der Lage sein, die Geldstrafen auf einmal zu bezahlen, so hat der die Möglichkeit bei der Erstinstanz um Gewährung einer Ratenzahlung anzusuchen.

 

Zu III: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

 

 

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