Linz, 20.10.2011
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vom 20. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 10. August 2011, S-9875/LZ/11, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 und 64f VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 28. November 2010 um 10.34 Uhr in Linz, Pfarrplatz gegenüber Nr.16, das Kfz X abgestellt habe, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot bestehe.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 3,60 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Vom Bw wurde zunächst die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt, jedoch aufgrund der ohnehin geklärten Sach- und Rechtslage davon Abstand genommen (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, im Bereich Pfarrplatz West sei seit vielen Jahren ein Parkverbot verordnet, das von der Exekutive jedoch von Beginn an total negiert worden sei – auch wenn ein Beamter ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei – sodass dieser Bereich gewohnheitsmäßig zum Parken benützt werde. Er fühle sich beim kurzfristigen Abstellen seines Kraftfahrzeuges ungleich behandelt und meine, das komme einer täglichen Verhinderung der Berufsausübung gleich. Es betreffe nicht nur ihn, sondern auch andere Geschäfte und Lieferer, die auch teilweise schwere Güter abzuladen hätten. Er habe die Heckklappe seines Fahrzeuges geschlossen gehabt, um eventuellem Diebstahl bereits geladener Ware vorzubeugen. Er meine, die Exekutive solle hier endlich für Parkordnung und Gleichbehandlung sorgen. Herr X habe ihm auf sein Schreiben geantwortet, von 1.1.2011 bis 30.4.2011 seien im Parkverbotsbereich Pfarrplatz 15-17 133 Organstrafverfügungen ausgestellt worden. Seiner Rechnung nach sei dann bei möglichen 7 geparkten Fahrzeugen alle 6,3 Tage bzw bei nur 4 geparkten Fahrzeugen alle 3,6 Tage ein Polizist vorbeigekommen und habe für Ordnung gesorgt.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Unbestritten ist, dass der Bw, Inhaber der im Haus X gelegenen Bäckerei, am Sonntag, dem 28. November 2010, 10.34 Uhr, seinen Pkw in Linz im Bereich Pfarrplatz gegenüber dem Haus Nr.16 abgestellt hatte, weil er bestellte Ware, nämlich laut Rechnung 200 mittelgroße Linzertorten, zu laden hatte, die am nächsten Tag versendet werden sollte. Naturgemäß hatte er bei der von ihm glaubwürdig dargelegten Ladetätigkeit die Heckklappe des Pkw bei dessen jeweiligem Verlassen geschlossen, um einem möglichen Diebstahl bereits eingeladener Ware entgegenzuwirken, zumal er vom Geschäft aus auch keine ständige Sicht auf das Fahrzeug hatte. In einer kurzen Zeitspanne seiner Nichtanwesenheit beim Pkw kam der Anzeiger X, PI Landhaus, vorbei und fand den Pkw im Bereich eines Halte- und Parkverbots abgestellt vor, wobei der Bw nach eigenen, vom Anzeiger nicht bestrittenen Angaben zwar eine Tafel mit der Aufschrift seines Unternehmens ins Fahrzeug gelegt hatte, aber eine Ladetätigkeit nicht erkennbar war, und stellte eine Organstrafverfügung wegen des Halteverbots aus.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde die dem Halteverbot zugrundeliegende Verordnung des Gemeinderats (bzw hier auf der Grundlage einer Übertragungsverordnung des für Verkehr zuständigen Mitglieds des Stadtsenates) vom 30. Mai 2007, GZ: 0024322/2006, samt dem dazugehörigen Plan vorgelegt, aus der hervorgeht, dass das mit Verordnung vom 14. Februar 2007 erlassene Halte- und Parkverbot hinsichtlich der auf der Zusatztafel "ausgenommen Hochzeitsfahrzeuge" dargelegten Ausnahme zu beheben ist.
Damit bestand am 28. November 2010 auf dem Pfarrplatz an der Westseite der Stadtpfarrkirche ein uneingeschränktes Halteverbot, dh es wäre auch Ladetätigkeit nicht ausgenommen gewesen.
Dieser Umstand wurde dem Bw samt der genannten Verordnung mit h Schreiben vom 4. Oktober 2011 zur Kenntnis gebracht, worauf dieser telefonisch wiederum seine Überlegungen zur Berufung darlegte und die unbestritten feststehende Sach- und Rechtslage erörtert wurde.
Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zu sagen, dass der Bw, der in unmittelbarer Nähe sein Geschäft hat und dem darum im Hinblick auf eine Nichtbeachtung von Parkverboten bzw ev. Mängel bei der Überwachung von Parkverboten entsprechende Beobachtungen und Wahrnehmungen sicher zuzugestehen sind, bei einer im Zuge des Geschäftsbetriebes glaubwürdig erforderlichen Ladetätigkeit – von einer solchen ist beim Beladen eines Fahrzeuges mit 200 Linzertorten mit Sicherheit auszugehen – sein Fahrzeug naturgemäß in der Nähe seines Betriebes abstellen musste, wobei er dort wegen der ohnehin eingeschränkten erlaubten Möglichkeiten und der nicht (mehr) zur Verfügung stehenden weil verparkten Abstellflächen einen geeigneten Platz suchen musste, an dem weder die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt noch sonst jemand behindert werden konnte – diesbezüglich hat der Anzeiger auch nichts behauptet.
Der Bw hat beim Abstellen des Fahrzeuges im uneingeschränkten Halteverbotsbereich den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt, wobei der Anzeiger an sich auch nicht verpflichtet war, das Fahrzeug länger zu beobachten, um eine eventuelle Ladetätigkeit festzustellen, weil eine solche ohnehin keine Ausnahme bewirkt hätte. Der Bw hat auch sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.
Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates war im ggst Fall deshalb das Verschulden des Bw als geringfügig anzusehen, weil der Transport der Ware glaubhaft und nachvollziehbar erforderlich war und der Bw den beanstandeten Abstellort des Pkw als Alternative zum – ebenfalls verbotenen – Abstellen in 2. Spur vor dem Geschäft mit der Überlegung des "geringsten Übels" gewählt hat. Folgen hatte die Übertretung nicht, weil tatsächlich keinerlei Behinderung eingetreten ist oder auch nur behauptet wurde, sodass "lediglich" der Verordnung zuwidergehandelt wurde.
Am Rande zu bemerken ist, dass gemäß § 62 Abs.4 StVO 1960 im Halteverbot für eine Ladetätigkeit eine Bewilligung – zuständig ist gemäß § 94d Z7 StVO 1960 die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich – erforderlich ist, die gemäß Abs.5 dann zu erteilen ist, wenn eine Ladetätigkeit an einer anderen Stelle besonders umständlich wäre und weder eine Beschädigung des Gehsteiges oder seiner Einbauten noch eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder eine wesentliche Behinderung des Verkehrs zu befürchten ist. Aufgrund der Bewilligung dürfen nicht nur Ladetätigkeiten des Antragstellers, sondern auch alle anderen im wesentlichen gleichartigen Ladetätigkeiten ausgeübt werden. Auch ein Organ der Straßenaufsicht darf eine solche Bewilligung erteilen, jedoch nur dann, wenn es sich um einen dringenden Einzelfall handelt und die sonstigen Voraussetzungen zur Erteilung vorliegen; das Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen darf ein Organ der Straßenaufsicht jedoch nicht bewilligen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten betragsmäßig nicht anfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Halteverbot ohne Ausnahme – Ladetätigkeit