Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730365/2/SR/Wu

Linz, 14.11.2011

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 15. März 2011, Sich07/3389/1971+3b/KG, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 14. Mai 2001, Sich07/3389/1971+3/KG/KB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Auf Grund der Berufung hat der Sicherheitsdirektor von Oberösterreich mit Bescheid vom 1. Juli 2002, St-087/01, gegen den Bw ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

1.2. Am 16. November 2010 beantragte der rechtsfreundlich vertretene Bw die Aufhebung des Aufenthaltsverbotsbescheides.

 

Der Spruch im Bescheid vom 15. März 2011, mit dem die belangte Behörde über den Antrag des Bw abgesprochen hat, lautet wie folgt:

"Ihr Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, erlassen von der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14.05.2001, Zahl Sich07/3389/1971+3/KG/KB wird abgewiesen".

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 28. März 2011.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Unabhängigen Verwaltungssenat übermittelt wurde (siehe Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 125 Abs. 16 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 38/2011 bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG idF. BGBl. I Nr. 17/2011 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

3.2. Ein derartiges Aufenthaltsverbot für einen Drittstaatsangehörigen, welcher sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und auch den Status eines Asylwerbers nicht besitzt, ist entsprechend der Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5) als ein mit einer Rückkehrentscheidung verbundenes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG zu verstehen. Die höchstgerichtliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erkennt ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 FPG 2005 betreffend einen türkischen Staatsangehörigen als eine in Verbund mit einem Einreiseverbot im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG (im Folgenden: Rückführungsrichtlinie) stehende Rückkehrentscheidung gemäß Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie.

 

Da das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 vom Gesetzgeber über weite Strecken als Umsetzung der Rückführungsrichtlinie intendiert ist (EBRV 1078 Blg. Sten. Prot. 24. GP, 4), und sich der Wesensgehalt des § 53 FPG in Art. 3 Z 6 iVm. Art. 11 der Rückführungsrichtlinie widerspiegelt, ist dieser Ansicht beizutreten.

 

3.3. Konsequent findet demnach auch § 60 FPG auf das, dem Aufenthaltsverbot (erlassen nach dem FPG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 38/2011) innewohnende, Einreiseverbot Anwendung. Aus § 60 Abs. 1 FPG wiederum ergibt sich, dass kein Antragsrecht des Drittstaatsangehörigen auf Aufhebung eines unbefristeten oder zehnjährigen Einreiseverbotes (mehr) besteht. Insofern ist dem FPG ein Rechtsanspruch auf Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung eines unbefristeten oder zehnjährigen Einreiseverbotes nicht zu entnehmen und ein Antrag - wie im vorliegenden Fall – wäre daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

Zumal einerseits § 60 Abs. 5 FPG lediglich auf Rückkehrverbote abstellt und andererseits ein wesentlicher Unterschied zu § 65 Abs. 1 FPG idF. BGBl. I Nr. 100/2005 (das Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind) gegeben ist, gilt es auf die Anregung der amtswegigen Abänderung oder Behebung gemäß § 68 AVG hinzuweisen.

 

3.4. Im vorliegenden Fall war der angefochtene Bescheid aufzuheben, da die belangte Behörde entgegen dem Antrag des Bw auf einen Aufenthaltsverbotsbescheid Bezug genommen und diesen ihrem Ausspruch zugrunde gelegt hat, der durch die Erlassung des Bescheides des Sicherheitsdirektors von Oberösterreich vom 1. Juli 2002, St. 087/01, bereits jede selbständige rechtliche Außenwirkung verloren hatte (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 7. September 2005, 2002/08/0215).

 

Im weiteren Verfahren wird die belangte Behörde auf die Ausführungen in Punkt 3.3. Bedacht zu nehmen haben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 33,80 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

 

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