Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166295/10/Fra/Gr

Linz, 14.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn M. R. B., wh, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. August 2011, GZ: VerkR96-8053-2010-Pm/Pi, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. November 2011, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber

 

a) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2e leg.cit eine Geldstrafe von 450 Euro (EFS zwölf Stunden),

 

b). wegen Übertretung des § 106 Abs.5 Z.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 80 Euro (EFS 48 Stunden),

 

c). wegen Übertretung des § 106 Abs.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 50 Euro (EFS 24 Stunden) und

 

d). wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 100 Euro (EFS 144 Stunden) verhängt, weil er

 

a) am 14. Februar 2010 um 14:55 Uhr in der Gemeinde Pucking, Autobahn Freiland, A1 bei Kilometer 175.283 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen: x, PKW, VW-Passat, grün, die durch Straßenverkehrszeichnen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 82 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde,

 

b). am 14. Februar 2010 um 15:00 Uhr in der Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, A1, bei Kilometer 173.800 in Fahrtrichtung Wien, Anhalteort: Autobahnausfahrt Traun, als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen: x, PKW, VW-Passat, grün, nicht dafür gesorgt hat, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da er nicht dafür gesorgt habt, dass auf Sitzen, welche mit Sicherheitsgurten ausgestattet waren, Kinder, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und 150 cm und größer waren, den Sicherheitsgurt bestimmungsgemäß gebrauchten. Anzahl der Kinder: 1,

 

c) am 14. Februar 2010 um 15:00 Uhr in der Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, A1, bei Kilometer 173.800 in Fahrtrichtung Wien, Anhalteort: Autobahnausfahrt Traun, als Lenker des Fahrzeuges: Kennzeichen: x, PKW, VW-Passat, grün, nicht dafür gesorgt hat, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass er die bei der Genehmigung festgesetzte zulässige Anzahl von fünf Personen um eine überschritten hat, weil er sechs Personen (einschließlich dem Lenker) befördert hat und

 

d) am 14. Februar 2010 um 15:00 Uhr in der Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, A1, bei Kilometer 173.800 in Fahrtrichtung Wien; Anhalteort: Autobahnausfahrt Traun, als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen: x, PKW, VW-Passat, grün, obwohl es ihm zumutbar war, sich vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKWs maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht waren. Es waren grüne Fahrwerksfedern zum Zwecke der Fahrzeugstieferlegung eingebaut. Das Fahrzeug hatte am tiefsten Punkt eine Bodenfreiheit von etwa sieben Zentimeter.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von jeweils zehn Prozent der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land –als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51 c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. November 2011 erwogen:

 

Strittig ist die Lenkereigenschaft. Bereits in seiner Rechtfertigung vom 15. März 2010 brachte der Bw unter anderem vor, dass der verfahrensgegenständliche PKW zur Tatzeit von Herrn S. G. gelenkt wurde. Im Fahrzeug habe sich auch seine Gattin A. A. mit ihren drei Kindern befunden. Er sei zu diesem Zeitpunkt in Linz gewesen. Während der Amtshandlung durch die Polizei sei er von seiner Gattin angerufen worden. Sie habe ihn ersucht, dass er sie bzw. ihre Kinder an Ort und Stelle abhole, da sich im Fahrzeug anscheinend zu viele Personen befunden haben und eine Weiterfahrt erst dann erlaubt werde, wenn zumindest ein Insasse abgeholt wird. Er sei daraufhin im Fahrzeug eines Freundes von ihm zum Ort der Anhaltung gefahren. Als das Fahrzeug zum Stillstand gebracht wurde, sei der Polizeiwagen weggefahren. Er habe leider die Angewohnheit, seine Fahrzeugpapiere (Führerschein und Zulassungspapiere) in das Handschuhfach des Fahrzeuges seiner Gattin zu legen. Offensichtlich habe der tatsächliche Lenker, S. G. den Polizeibeamten die im Handschuhfach des Fahrzeugs liegende Fahrzeugpapiere zur Einsicht übergeben. Darunter habe sich nämlich auch sein Führerschein befunden. Vom Aussehen, Alter und Statur sei ihm der tatsächliche Lenker S. G. sehr ähnlich. In seiner Stellungnahme vom 16. August 2010 bezweifelt der Bw, dass der Lenker G. vom einschreitenden Polizeibeamten nach seinem Namen, den Personaldaten und Führerschein gefragt wurde. Es sei ihm bis dato nicht möglich gewesen, den Aufenthaltsort des Herrn S. G. in Russland zu ermitteln. Ihm sei auch bis dato nicht bekannt, dass er laut Mitteilung der BH Lilienfeld am 24. Februar 2010 von Österreich nach Russland ausgereist war.

 

Zu diesem Vorbringen stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass ein starkes Indiz für die Annahme, dass der Bw den in Rede stehenden PKW gelenkt hat, die Tatsache ist, dass der Lenker dem Leiter der Amtshandlung, BezInsp P., sowohl den Führerschein als auch den Pass des Bw gezeigt hat. Der Bw wird allerdings entlastet durch den Zeugen U.-H. A. Dieser gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 28. Mai 2010, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land an, sich erinnern zu können, dass im Februar oder März der Bw bei ihm war und einen Anruf erhalten habe, dass sein Auto angehalten wurde und er dort hinfahren solle. Er würde gebraucht. Sie seien dann zur Anhaltstelle des Fahrzeuges gefahren und die Familie des Herrn B. sei mit ihm nach Hause gefahren. Den zweiten Mann (den Lenker) kenne er nicht.

 

Die Gattin des Bw gab bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme am 10. Mai 2010 bei der Bundespolizeidirektion Salzburg an, sich an den Vorfall noch gut erinnern zu können. Sie sei mit vier Kindern und dem Bekannten S. G. nach Linz gefahren. Sie seien von der Polizei angehalten worden. Sie wisse nur dass S. ausgestiegen ist und sämtliche Dokumente ihres Mannes mitgenommen habe. Ob er sich vor den Beamten als ihr Mann ausgegeben habe, wisse sie nicht. Auf Befragen gebe sie an, das S. ihnen mitgeteilt habe, dass er einen Führerschein besitze, er habe ihnen jedoch nicht gezeigt. Jedenfalls habe sie ihr Mann dann abgeholt. Ihr Mann habe angenommen, dass S. lediglich eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hätte bzw. dass zu viele Personen im Fahrzeug gewesen wären und S. habe ihm gesagt, dass die Strafe bereits bezahlt wäre. Ihr Mann sei jedenfalls nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen.

 

Es ist sohin festzustellen, dass zwei den Bw entlastende Zeugenaussagen vorliegen. Dazu kommt, dass bei der Berufungsverhandlung der Meldungsleger bei der Gegenüberstellung mit dem Bw nicht bestätigen konnte, dass dieser der Lenker des verfahrensgegenständlichen PKWs war. Dem Meldungsleger wurde auch das im Akt einliegende Foto des angeblichen Lenkers S. G. gezeigt. Die Frage, ob dieser der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges war, konnte der Meldungsleger nicht beurteilen. Der angebliche Lenker S. G. ist laut Aktenlage wieder nach Russland abgereist und kann nicht vernommen werden.

 

In der Zusammenschau der vorliegenden Beweismittel kann sohin nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Lenkereigenschaft des Bw ausgegangen werden, weshalb in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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