Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166355/7/Br/Th

Linz, 22.11.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Frau X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 29. August 2011, Zl. VerkR96-20099-2009/Pos, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird in beiden Punkten Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt;

    

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§  24, 45 Abs.1 Z1, 51 und 51e Abs.2 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider die Berufungswerberin zwei Geldstrafen (2 x 50 Euro) und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 2 x 24  Stunden verhängt, wobei wieder sie folgende Tatvorwürfe erhoben wurden:

1) Sie haben als Zulassungsbesitzer (richtig wohl: Zulassungsbesitzerin) nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des PKW den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass die Bodenfreiheit im Bereich des Querlenkers lediglich 9 cm betrug.

 

Tatort: Gemeinde Enns, Gemeindestraße Ortsgebiet, Kreuzung Lagerhaustrasse / Caracallastraße.

Tatzeit: 05.07.2009, 16:00 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs.2 KFG

 

2) Sie haben als Zulassungsbesitzer des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass das genannte KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass Sie es unterlassen haben, nachstehende Änderungen an dem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen können, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Folgende Änderungen wurden vorgenommen: Es waren LM Felgen unbekannter Marke mit der Dimension 9 J x 19 montiert.

 

Tatort: Gemeinde Enns, Gemeindestraße Ortsgebiet, Kreuzung Lagerhaustrasse / Cara-callastraße.

Tatzeit: 05.07.2009, 16:00 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 33 Abs. 1 Z. 1 KFG

 

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW."

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte in der Begründung Folgendes aus:

Aufgrund einer Anzeige des Landespolizeikommandos , Landesverkehrsabteilung, vom 05.07.2009 werden Ihnen die umseits genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

Gegen die Strafverfügung vom 07.07.2009 haben Sie mit Schreibein vom 13.07.2009 Einspruch erhoben, den Sie wie folgt begründeten:

"Das Fahrzeug entspricht sehr wohl den Vorschriften des Kraftfahrzeuggesetzes, sämtliche Änderungen am Fahrzeug sind bereits im Typenschein eingetragen.

Wie Sie auch im Anhang mittels Kopien vom Gutachter Dipl.-Ing. X und Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Verkehrstechnik sehen werden, wurde der Pkw sowohl als auch gemäß den Vorschriften geprüft und genehmigt.

Das Fahrzeug wurde auch von ÖAMTC gemäß §57a Abs.4 KFG 1967 am 28.10.2008 für die Straßenzulässigkeit begutachtet."

Mit Schreiben vom 21.07.2009 wurde Ihnen die vorliegende Anzeige übermittelt und wurde Ihnen mitgeteilt, dass laut der vorgelegten Kopie des Typenscheines das Fahrzeug eine Bodenfreiheit von 110 mm aufweisen müsste. Bei der Anhaltung am 05.07.2009 wurde jedoch eine Bodenfreiheit von lediglich 90 mm festgestellt.

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass laut Typenschein Leichtmetallfelgen des Herstellers TAM 3066, Radgröße 8 J x 19 H 2 genehmigt waren, während anlässlich der Anhaltung festgestellt worden sei, dass Leichtmetallfelgen unbekannter Marke mit der Dimension  9 J x 19 H angebracht waren.

Am 11.08.2008 erschien der von Ihnen bevollmächtigte Vertreter, Herr X, bei der hs. Behörde und gab Folgendes dazu an:

"Ich bin der Meinung, dass das Fahrzeug sehr wohl eine Bodenfreiheit von 11 cm aufweist. Die Messung der Bodenfreiheit wurde durch den Beamten nicht korrekt vorgenommen, da das Fahrzeug bei der Messung nicht auf einer geraden Fläche abgestellt war. Hinsichtlich der angebrachten Leichtmetallfelgen war ich bei meinem Reifenhändler X, X, und dieser versicherte mir, dass die an dem gegenständlichen Fahrzeug angebrachten Leichtmetallfelgen die Dimension 8 J x 19 H 2 aufweisen und auch ordnungsgemäß typisiert sind, wie dies auch dem bereits vorgelegten Gutachten zu entnehmen ist. Ich habe weiters die Auskunft erhalten, dass die in der Anzeige angeführten und angeblich am Fahrzeug montierten Leichtmetallfelgen mit der Dimension 9 J x 19 gar nicht existieren.

Weiters möchte ich festhalten, dass das Fahrzeug im November 2008 in diesem Zustand gekauft wurde und anlässlich einer Überprüfung beim ÖAMTC am 28.10.2008 (siehe bereits vorgelegter Prüfbericht) festgestellt wurde, dass es den Vorschriften entspricht. Es wurde weder hinsichtlich der Bodenfreiheit noch der Leichtmetallfelgen beanstandet. Ich ersuche daher um Einstellung des Verfahrens.

Bemerkt wird noch, dass das Fahrzeug bis September 2009 gemäß § 56 KFG überprüft wird. Das Ergebnis dieser Überprüfung wird umgehend nachgereicht."

 

Aufgrund Ihres Einspruchs wurde der Meldungsleger, Herr X, als Zeuge einvernommen, der am 04.12.2009 unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht und den Diensteid folgende Aussage tätigte:

"Zu Punkt 1) wird festgestellt, dass der Anhalteort sehr wohl die Erfordernisse zur Überprüfung der gesetzlich erlaubten Bodenfreiheit erfüllt. Es wurde dabei im Bereich des Querlenkers eine Bodenfreiheit von 9 cm festgestellt.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass eine jede Veränderung an einem Fahrzeug dem zuständigen Landeshauptmann anzuzeigen ist.

Das vorgelegte Gutachten ist lediglich eine § 56 KFG-Überprüfung, worin die Genehmigung bzw. Typisierung der im Zuge der Anhaltung montiert gewesenen LM-Felgen nicht ersichtlich ist. Bemerkt wird, dass bei dem angeführten Fahrzeug jedenfalls keine 19 Zoll Felgen ohne Typisierung montiert werden dürfen."

 

Mit Schreiben vom 29.12.2009 wurden Ihnen im Wege Ihres Vertreters diese Zeugenaussage sowie 2 Lichtbilder zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

Von dieser Möglichkeit haben Sie jedoch nicht Gebraucht gemacht.

 

Dem Ladungsbescheid vom 26.02.2010 leisteten Sie ebenfalls nicht Folge.

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

 

§ 4 Abs. 2 KFG zufolge müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßen benütze r oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Wenn Sie in Ihrem Einspruch die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen bestreiten, werden Ihnen die vorliegende Anzeige sowie die Aussage des Meldung Siegers entgegengehalten, der angibt, dass der Anhalteort sehr wohl die Erfordernisse zur Überprüfung der gesetzlich erlaubten Bodenfreiheit erfüllt habe. Es sei dabei im Bereich des Querlenkers eine Bodenfreiheit von 9 cm festgestellt worden.

Weiters führt der Meldungsleger an, dass eine jede Veränderung an einem Fahrzeug dem zuständigen Landeshauptmann anzuzeigen ist.

Laut Anzeige waren zum Tatzeitpunkt Leichtmetallfelgen unbekannter Marke mit der Dimension 9 J x 19 angebracht.

Der Meldungsleger gibt weiters an, dass das vorgelegte Gutachten lediglich eine § 56 KFG-Überprüfung sei, worin die Genehmigung bzw. Typisierung der im Zuge der Anhaltung montiert gewesenen LM-Felgen nicht ersichtlich ist.

 

Die Behörde sah keine Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal diese wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen die Zeugen anlässlich ihrer Einvernahmen hingewiesen wurden, auf sich nehmen würden, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

Weiters wird auf das VwGH-Erkenntnis vom 28.09.1988, ZI. 88/02/0007 verwiesen, wonach es den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden muss, dass sie in der Lage sind, Verkehrssituationen richtig zu erkennen und wiederzugeben bzw. mit Sicherheit über Folgendes Feststellungen treffen und verlässliche Angaben darüber machen zu können: Normale oder ungewöhnliche Geschwindigkeit, Kennzeichennummer, Wagentyp, Wagenfarbe, Vorgänge im Straßenverkehr im Allgemeinen, Art Beschaffenheit, Insassen und Lenkers eines KFZ (siehe VwGH-Erkenntnis vom 30.03.1979, ZI. 1839/77).

 

Im diesem Sinne muss dem Meldungsleger somit zugebilligt werden, dass er die Bodenfreiheit korrekt festgestellt und die Dimension der Felgen (9 J x 19) richtig abgelesen und wiedergegeben hat.

 

Zudem ergab eine Überprüfung Ihrer Angaben, wonach Felgen mit der Dimension 9 J x 19 gar nicht existieren würden, dass derartige Felgen sehr wohl erhältlich sind.

 

Mit den von Ihnen vorgelegten Unterlagen konnte eine Typisierung von Felgen mit der angeführten Dimension jedenfalls nicht nachgewiesen werden.

 

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung £ bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Bei der Strafbemessung wurden Ihre bekannt gegebenen Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt:

kein Vermögen, Sorgepflichten für zwei Kinder

Hinsichtlich Ihrer Einkommensverhältnisse wurde mangels Bekanntgabe von folgender Schätzung ausgegangen: 700 Euro monatlich

 

Strafmildernd war die lange Verfahrensdauer zu werten. Straferschwerende Umstände waren nicht bekannt.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch ihren bevollmächtigten Vertreter eingebrachten Berufung wird im Ergebnis ausgeführt, dass sie das Fahrzeug im November 2008 angekauft habe und ihr bei Abschluss des Kaufvertrages ein Prüfgutachten des ÖAMTC übergeben worden sei.

In diesem Prüfgutachten waren keinerlei Mängel bzgl. der Felgen oder des Fahrwerkes angeführt worden.

Das Fahrzeug habe sie mit den anlässlich der Kontrolle montierten Felgen gekauft. Diese Felgen seien entsprechend typisiert und zugelassen.

Nie waren am Fahrzeug 9 J x 19 - Felgen montiert. Im Akt befänden sich auch keine Anhaltspunkt für derartige Felgen. Es liege lediglich eine Aussage eines Beamten vor, welcher sich jedoch auch täuschen könne. Eindeutig wäre es gewesen, wenn die Felge an Ort und Stelle vermessen worden wären. Die Zentimeter hätten in Zoll umgerechnet werden können. Wenn tatsächlich 9 J x 19 – Felgen montiert gewesen wären, so hätten diese über den Radkasten geragt bzw. würden darüber ragen. Auf den Bildern sei dies nicht ersichtlich.

Wenn man die Lichtbilder auf der Einzelgenehmigung ansehe und diese mit dem Foto der Polizei vergleiche, sehe man, dass es sich um die selben Felgen handle. Genehmigt seien Felgen des Herstellers T in der Größe 8 J x 19 H2. Ebenso wären die Federn der Firma H & R mit einer Bodenfreiheit von 110 mm genehmigt.

Nachdem sie keine Veränderungen am Fahrzeug vorgenommen habe, habe sie davon ausgehen können, dass ihr Fahrzeug den gesetzlichen Voraussetzungen entsprach.

Nach der Anhaltung habe sie das Fahrzeug der Landesregierung vorgeführt und  es sei festgestellt worden, dass geringfügig die Bodenfreiheit von 110 mm unterschritten wurde, worauf sie die Federn austauschen habe müssen. Das geringfügige Unterschreiten wäre ihr als Laie nicht erkennbar gewesen. Bei der Überprüfung sei mitgeteilt worden, dass ein Unterschreiten dadurch möglich gewesen wäre, dass die Federn im Zuge des Alterns nachgelassen haben. Dies sei ihr aber nicht bewusst gewesen.

Die Felgen seien auf jeden Fall nicht bemängelt worden und handle es sich um genau jene Felgen, die auch bei der Anhaltung montiert und typisiert waren.

Nachdem ihr das geringfügige Unterschreiten nicht erkennbar gewesen sei, sei für sie ein Gesetzesverstoß auch nicht ersichtlich gewesen. Zu Unrecht würde sie daher wegen eines Verstoßes nach dem KFG bestraft.

 

Beweis: Einholung eines kraftfahrtechnischen Gutachten zum Beweis dafür, dass ein geringfügiges Unterschreiten der Bodenfreiheit für einen Laien nicht erkennbar ist und bei der Anhaltung die genehmigten Felgen montiert waren, Einvernahme von Frau X, der Vorbesitzerin des Fahrzeuges, weitere Beweise vorbehalten.

 

 

2.1. Dieses Vorbringen der Berufungswerberin erwies sich letztlich als zutreffend!

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte mit Blick auf die ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 51e Abs.1 Z2 VStG unterbleiben.

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Übermittlung der wesentlichen Aktenauszüge an den Amtssachverständigendienst für Verkehrstechnik beim Amt der Oö. Landesregierung. Dieser übermittelte am 19.10.2011 der Berufungsbehörde eine sachverständige Stellungnahme zu den beiden Tatvorwürfen.

Diesbezüglich wurde der Berufungswerberin mit h. Schreiben vom 20. Oktober 2011 Parteiengehör gewährt. Nach Vorlage weiterer Beweismittel durch den mitbeschuldigten Fahrzeuglenker an den Amtssachverständigen Ing. W ergänzte dieser sein Gutachten am 17.11.2011.

 

 

4. Sachverhalt:

Die Berufungswerberin ist bzw. war zum Zeitpunkt der Anzeige Zulassungsbesitzerin des genannten Pkw zum oben angeführten Zeitpunkt. Diese als Mängel gewertete Feststellungen wurden im Zuge einer Fahrzeugkontrolle ihres Sohnes von Organen der Landesverkehrspolizei gemacht. Der Bescheid über die Typisierung und Gutachten einer wiederkehrenden Überprüfung (§ 57a KFG) hat die Behörde erster Instanz, soweit dies aus der Aktenlage überblickbar ist, während der zwei Jahre dieses bei ihr anhängig gewesenen Verfahrens kein substanzielles Beweisverfahren geführt bzw. ist darauf bei der Beurteilung der Schuldfrage nicht eingegangen worden. Insbesondere wurden keine Feststellungen getroffen, ob dieses KFZ im November 2008 bereits in diesem Zustand von der oder für die  Berufungswerberin gekauft worden ist und es im Zuge der vom ÖAMTC in St. Valentin am 28.10.2008 durchgeführten sogenannten § 57a Überprüfung keine diesbezügliche Beanstandung gab. Vielmehr erschöpfte sich das erstinstanzliche Beweisverfahren in mehrfachen Beschuldigtenniederschriften und einer inhaltsleeren Befragung des Meldungslegers als Zeugen. Eine Auseinandersetzung etwa  mit dem Gutachten nach § 56 KFG 1967 des Amtes der NÖ Landesregierung, wo das Fahrzeug, mit Ausnahme eines leichten Mangels, als mit den "Erfordernissen der Umwelt und der Verkehrs- und Betriessicherheit entsprechend" begutachtet wurde, fand offenbar nicht statt.

Schließlich sagt die zeugenschaftliche Befragung des Meldungslegers vom 4.12.2009 über ein der Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin zurechenbares Verschulden überhaupt nichts aus. Insbesondere ist nie aufgezeigt worden worin konkret die Behörde erster Instanz das Verschulden, "über die fehlende Sorge und das Defizit in der zumutbaren Aktivität sich über einen dem Gesetz entsprechenden Zustand zu überzeugen bzw. sich darüber nicht überzeugt zu haben", zu erblicken vermeinte bzw. was an zumutbarer Handlung die Berufungswerberin als Laie zur Aufdeckung dieses vermeintlich festgestellten Mangels (nämlich der unzulässigen Felgen) tatsächlich zu tun gewesen wäre.

 

 

4.1. Der Amtssachverständige führt in seiner ersten Stellungnahme folgendes aus:

"Beim Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer X wurden am 16.03.2006 unter der Aktenzahl VT-25918/2006 Änderungen am Fahrzeug mit Grundlage eines Ziviltechnikergutachtens GZ: FKW-06-0140 vom 10.03.2006 genehmigt. Bei der Genehmigung ist eine vorgeschriebene Bodenfreiheit von 110 mm erforderlich. Diese geforderte Bodenfreiheit wurde auch im Gutachten bestätigt.

 

Übertretung 1: Bodenfreiheit ca. 9 cm.

In der Anzeige ist nicht angeführt, ob die gemessene Bodenfreiheit von ca. 9 cm mit dem genehmigten Fahrwerk oder mit einem nachträglich geänderten nicht genehmigten Fahrwerk entstanden ist.

Weiters fehlen in der Anzeige die Überprüfung der im Gutachten angeführten Kontrollmaße und eventuell der Beladungszustand zum Tatzeitpunkt.

Aus technischer Sicht ist eine Setzung der verbauten Federn um 1-2 cm in einem Zeitraum von 2 Jahren durchaus möglich.

Unter der Voraussetzung, dass das genehmigte Fahrwerk zum Tatzeitpunkt eingebaut war, kann eine "Erkennbarkeit des Mangels" für Lenker und Zulassungsbesitzer nicht nachgewiesen werden.

 

Übertretung 2: Montage eine LM-Felge mit der Dimension 9J x 19 unbekannter Marke.

In der bereits oben angeführten Genehmigung Zahl VT-25918/2006 wurden LM-Felgen mit einer Dimension 8J x 19H2 ET47 genehmigt. Zum Tatzeitpunkt waren lt. Anzeige der Beamten der Landesverkehrsabteilung ,  LM-Felgen mit der Dimension 9Jx19 unbekannter Marke montiert. Die bemängelten 9J x 19 Felgen können die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen. Grundsätzlich sind auf LM-Felgen die technischen Daten wie Dimension, Einpresstiefe,.. eingegossen oder eingeschlagen. Das bedeutet, dass eine Identifizierung möglich ist.

Man kann behaupten, dass dieser Tatbestand als "erkennbar für Lenker und Zulassungsbesitzer" bewertet werden kann (§ 102 und §103 KFG 1967).

 

In der nach ergänzendem Vorbringen des/der BerufungswerberIn und über h. Auftrag zu diesen weiteren vorzulegenden Beweismitteln nochmals Stellung zu nehmen, teilte der Sachverständige mit, der/die Berufungswerber habe mittels Fotos von der Felgeninnenseite beweisen können, dass es sich hier um die im Ziviltechnikergutachten angeführten und genehmigten 8Jx19H2 Felgen mit der Typenbezeichnung TAM3066 handelte. Weiters habe der Lenker (Berufungswerber) dem SV  telefonisch bestätigt, dass diese Felgen auch zum Tatzeitpunkt am Fahrzeug montiert waren und erst beim Wechsel auf Winterbereifung vom Fahrzeug abgenommen worden sind.

Die angelastete Übertretung 2) sei somit (ebenfalls) nicht nachvollziehbar bzw. beweisbar.

 

 

4.2. Beweiswürdigung:

Die Berufungsbehörde gelangt angesichts der klaren obigen Ausführungen des Amtssachverständigen zur Überzeugung, dass weder der Zulassungsbesitzerin noch dem Lenker eine Verwaltungsübertretung zur Last fällt. So steht diese Beurteilung auch mit der wiederkehrenden Begutachtung des ÖAMTC im Einklang, weil selbst dieser wohl kaum die anelasteten Mängel vorborgen geblieben wären. Es fehlten im Übrigen bereits der Anzeige nachvollziehbare Feststellungen darüber wann und durch wen diese vermeintlich nicht typisierten  Felgen montiert wurden und ob diese nicht doch bereits beim Kauf angebracht gewesen sind bzw. wie eine vermeintliche Tieferlegung erkannt werden hätte können oder sollen.

Wenn schließlich der Tatbestand dann auch so formuliert wurde, dass dieser letztlich kaum für eine Bürgerin oder einen Bürger den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar geworden wäre, lag der Behörde erster Instanz mit dieser Anzeige keine wirklich stichhaltige Beweislage vor, die als schuldbeweis herhalten hätten können. Wenn nämlich dem Fachpersonal bei der sogenannten "Pickerlüberprüfung" der polizeilich beanstandete – vermeintliche - Mangel nicht auffiel, wie hätte dieser letztlich der technisch wohl kaum versierten Zulassungsbesitzerin bzw. dem ebenfalls nicht fachkundigen Lenker auffallen sollen? Letztlich erwies sich doch der vermeintliche Mangel durch das Sachverständigengutachten als widerlegt bzw. nicht beweisbar. Inwieweit dieser Anzeige  allenfalls Kommunikationsdefizite zu Grunde lagen, muss hier auf sich bewenden bleiben. Die vermeintlichen Mängel müssten letztlich schon dem Meldungsleger als zumindest die Verkehrssicherheit kaum berührend evident gewesen sein.

Im Grunde bestand hier das sogenannte ordentliche Verfahren in einer reinen Hülse, wobei das Ergebnis bereits von vorne herein festgestanden sein dürfte, indem die vorgelegten Urkunden nicht eingegangen wurde, sondern lapidar in den Feststellungen des Meldungslegers  das schuldhafte Verhalten präsumiert schien. Wenn schließlich begründend vermeint wurde, die Berufungswerberin hätte zu einem ihr mit Schreiben vom 29.12.2009 übermittelten Lichtbild (vom eigenen Fahrzeug)  nicht Stellung genommen und schließlich den Ladungsbescheid vom 26.2.2010 nicht Folge geleistet, vermag damit kein Rückschluss auf die Stichhaltigkeit des Tatvorwurfes gezogen werden. Vielmehr wurde damit bloß der bereits beeinspruchte – kaum lesbare – Schuldvorwurf stereotyp  widerholt.

Das hiefür bis zu diesem Straferkenntnis mehr als zwei Jahre in Anspruch genommen wurden, sei an dieser Stelle mit Blick auf das Bekenntnis zur wirkungsorientierten und sparsamen Verwaltungsführung auch noch hingewiesen.

Der Akt langte bei der Behörde erster Instanz Anfang Juli 2009 bereits ein. Schon mit dem Einspruch lag in der Substanz bereits das dem Verwaltungssenat per
3. Oktober 2011 nun vorglegte  Beweisergebnis vollumfänglich dar. Der Meldungsleger wiederholt nur seine Anzeigefakten die jedoch als solche nie bestritten wurden.

Zu dieser Feststellung sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat unter Hinweis auf Art. 129a B-VG veranlasst, wonach dieser  - neben dem Verwaltungsgerichtshof in Wien - zur Kontrolle der gesamten Verwaltung berufen ist.

Den Sachbearbeitern der Behörde erster Instanz sollte die Möglichkeit eröffnet bleiben bei derart "dünnen Beweislagen" die Verfahrenseinstellung ehest zu verfügen um dem Effiziengebot Rechnung zu tragen und damit wohl kaum dem Legalitätsprinzip und damit öffentlichen und rechtsstaatlichen Interessen zu wider zu handeln.

Alleine die Höhe der verhängten Geldstrafe von 100 Euro deutet darauf hin, dass seitens der Behörde erster Instanz ein strafwürdiges Fehlverhalten nicht wirklich gesehen worden sein dürfte. Die mit diesem Verfahren verbundenen Kosten belaufen sich wohl auf das Vielfache des ausgesprochenen Strafbetrages.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 VStG genügt wohl, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter/die Täterin nicht glaubhaft macht, dass ihn/sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation führt dies aber dennoch nicht zu einer völligen Beweislastumkehr. Der Verfassungsgerichtshof geht nämlich vielmehr davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären.

Da offenbar die angelastete Tat nicht vorliegt, war der Schuldspruch zu beheben und Strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen gewesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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