Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240825/3/AB/Sta

Linz, 15.11.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung der Mag. M Z, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt DDr. K R H, S,  B, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 25. Mai 2011, Z Ge96-65-2011, mit dem ein Einspruch der Berufungswerberin gegen eine Strafverfügung hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 29.4.2011, Z Ge96-65-2010, wurden über die nunmehrige Berufungs­werberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Tabakgesetz iVm der Nichtraucherschutz-Kennzeichnungsverordnung Geldstrafen gem. § 14 Abs 4 Tabakgesetz in Höhe von jeweils 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 35 Stunden) verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde der Bw – nach einem Zustellversuch am 3.5.2011 – durch Hinterlegung zugestellt, wobei die Abholfrist am 4.5.2011 begann. 

 

Mit Poststempel 23.5.2011 erhob die Bw schriftlich Einspruch gegen die oa. Strafverfügung.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 25.5.2011, Z Ge96-65-2011, wurde dieser Einspruch gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen. 

 

1.2. Mit Schreiben vom 14.6.2011 erhob die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Berufung gegen den oa. Bescheid.

 

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bw "[i]n der Zeit vom 04.05.2011 (... Hinterlegung des Schriftstückes ...) bis 07.05.2011 ... aus zwingenden beruflichen Gründen ortsabwesend ... und erst am 07.05.2011 ... abends nach Hause gekommen" sei. Da die Bw daher erst am 7.5.2011 erstmals in den Besitz der Hinterlegungsanzeige gekommen sei, habe sie das Schriftstück umgehend zu der nächstmöglichen Gelegenheit am nächsten Montag, 9.5.2011, behoben und sei es ihr damit tatsächlich zugekommen.

 

Insbesondere aufgrund der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid sei die Bw der Meinung gewesen, dass die zweiwöchige Rechtsmittelfrist erst am 9.5.2011 tatsächlich zu laufen begonnen hätte.

 

Im Übrigen hätte die Bw schon zwei Tage nach Übernahme der Strafverfügung einen Einspruch verfasst "und diesen auch (soweit [sie sich] erinnern kann) tatsächlich an die BH Braunau an die Adresse BH-BR.post@ooe.gv.at gesendet". Sie sei sich "aber im Nachhinein nicht mehr sicher [gewesen], dass [sie] den Einspruch ordnungsgemäß via E-Mail übersendet [hätte], sodass [sie] am 23.05.2011 den Einspruch vorsorglich mit der Post noch einmal geschickt" hätte. Die belangte Behörde hätte nicht angeführt, ob das E-Mail eingelangt sei oder nicht. Nach Ansicht der Bw hätte es einer Nachschau im E-Mail Empfang der belangten Behörde bedurft, ob das E-Mail vom 11.5.2011 eingelangt sei oder nicht.

 

Aufgrund ihrer Ortsabwesenheit sei die Hinterlegung am 4.5.2011 auch nicht rechtmäßig gewesen, sondern sei die Hinterlegungsfrist auch iSd § 17 Zustellgesetz dadurch bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Behebung des Schriftstückes am 9.5.2011 unterbrochen.

 

Der Einspruch sei daher sowohl durch das E-Mail vom 11.5.2011 als auch die schriftliche Sendung per Post rechtzeitig, sodass der Bescheid vom 25.5.2011 ersatzlos aufzuheben und über den Einspruch der Bw vom 11.5.2011 zu entscheiden sei.

 

Abschließend führt die Bw – für die vorliegende Entscheidung nicht weiter relevant – näher aus, warum ihres Erachtens die Strafverfügung vom 29.4.2011 zu Unrecht erfolgt sei bzw. gegebenenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geboten sei.

 

Neben dem Hauptantrag auf ersatzlose Behebung des Bescheides vom 25.5.2011 bzw. in eventu lediglich eine Ermahnung bzw. wesentliche Herabsetzung der Strafe (auf das Mindestmaß) auszusprechen, stellte die Bw das Eventualbegehren eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Einspruches.

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 21.6.2011. 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie die Ausführungen der Bw. Weiters wurde seitens der belangten Behörde glaubwürdig bestätigt, dass ein von der Bw bezogener Einspruch per E-Mail vom 11.5.2011 niemals im E-Mail-Account der belangten Behörde eingegangen sei. Die Bw brachte im Übrigen nicht einmal eine entsprechende E-Mail-Absendebestätigung bei.

 

Nachdem im Verfahren der Sachverhalt völlig unwidersprochen ist, nur die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1. und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus. Insbesondere ergibt sich daraus eine beruflich bedingte Ortsabwesenheit der Bw vom 4.5.2011 bis 7.5.2011, weshalb die Bw das am 4.5.2011 hinterlegte Schriftstück erst am 9.5.2011 tatsächlich behob. Am 23.5.2011 gab die Bw ihren Einspruch (vom 11.5.2011) zur Post.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 49 Abs 1 erster Satz VStG kann ein Beschuldigter gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

 

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40 leg.cit.. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Gemäß § 49 Abs 3 VStG ist eine Strafverfügung zu vollstrecken, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird.

 

Gemäß § 32 Abs 2 AVG, der aufgrund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbar ist, enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. 

 

Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist gemäß § 33 Abs 2 AVG der nächste Werktag der letzte Tag der Frist.

 

Gemäß § 13 Abs 2 AVG iVm § 24 VStG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist unwidersprochen und auch durch die Aktenlage bestätigt, dass die fragliche Strafverfügung vom 29.4.2011 – nach einem fruchtlosen Zustellversuch am 3.5.2011 – mit Beginn der Abholfrist 4.5.2011 hinterlegt wurde.

 

Hinsichtlich der Frage der Zustellung dieses Bescheides ist zunächst auf § 17 Zustellgesetz zu verweisen.

 

Kann gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Von der Hinterlegung ist gemäß Abs 2 leg.cit. der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Das hinterlegte Dokument ist gemäß Abs 3 leg.cit. mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

3.3. Wie sich aus dem Sachverhalt eindeutig ergibt, wurde die in Rede stehende Strafverfügung zur Abholung mit 4.5.2011 hinterlegt. Die Berufungsfrist begann also am Tag der Hinterlegung, dh am 4.5.2011 und endete im Hinblick auf § 32 AVG somit am 18.5.2011. Laut Poststempel erhob die Bw allerdings den Einspruch erst am 23.5.2011 und somit verspätet.

 

Daran vermag auch die von der Bw behauptete – im Übrigen schon nicht näher substanziierte (vgl. zur diesbezüglichen Mitwirkungspflicht der Bw in Form von näheren konkreten Angaben sowie Angeboten entsprechender Bescheinigungsmittel mN aus der Rsp. in Raschauer/Sander/Wessely [Hrsg.], Österreichisches Zustellrecht – Kommentar, § 16 Rz 6) – beruflich bedingte Ortsabwesenheit "zwischen 04.05. und 07.05.2011" nichts zu ändern. Zwar normiert § 17 Abs 3 Zustellgesetz, dass hinterlegte Dokumente dann nicht mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt gelten, wenn sich ergibt, dass u.a. der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Dies war aber gegenständlich jedenfalls nicht der Fall:

Grundsätzlich kann der Empfänger dann rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen, wenn ihm für die Prüfung und Setzung allenfalls erforderlicher Prozesshandlungen ein hinreichender Zeitraum zur Verfügung steht (vgl. Raschauer/Sander/Wessely [Hrsg.], Österreichisches Zustellrecht – Kommentar, § 16 Rz 6). Wenn aber die Bw ausführt, sie hätte bereits am 11.5.2011 (dh zwei Tage nach tatsächlicher Übernahme der Strafverfügung) einen "Einspruch verfasst" – was nicht zuletzt auch aus der Datierung des am 23.5.2011 postalisch eingebrachten Einspruches (11.5.2011) hervorgeht –, so ist davon auszugehen, dass die Bw jedenfalls rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte – ja sogar tatsächlich rechtzeitig Kenntnis erlangt hat und eine entsprechende Prozesshandlung (Einspruch) jedenfalls vorbereitet hat.

 

Ferner wird unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann angenommen, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte iSd § 17 Abs 3 Zustellgesetz, wenn nur mehr die Hälfte der Rechtsmittelfrist verbleibt (vgl. mwN Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, FN 382). Auch dies war aber gegenständlich jedenfalls nicht der Fall, ist der Bw doch ein Zeitraum von 10 Tagen zur Verfügung gestanden, um einen Einspruch gegen die in Rede stehende Strafverfügung einzubringen.

 

Zu den Behauptungen der Bw, dass ihres Erachtens ein Einspruch schon fristgerecht per E-Mail am 11.5.2011 an die Behörde übermittelt worden sei, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die Bw war sich schon ihren eigenen Ausführungen in der Berufung zu Folge "nicht sicher", ob sie das in Rede stehende E-Mail überhaupt ordnungsgemäß übersendet hat. Dem entsprechend bestätigte auch die belangte Behörde glaubwürdig, dass ein diesbezügliches E-Mail niemals bei ihr eingelangt sei. Die Bw brachte nicht einmal eine entsprechende E-Mail-Absendebestätigung bei. Im Übrigen kommt auch ein E-Mail nach der sog. Sphärentheorie nicht schon im Zeitpunkt des Absendens, sondern erst in jenem Zeitpunkt tatsächlich bei der Behörde an, in dem die Daten vollständig in den elektronischen Verfügungsbereich (zB Server der Behörde) gelangt sind. Technische Probleme bei der Übermittlung (zB Störungen im Übermittlungsnetz) gehen dabei zu Lasten des Absenders; dieser trägt somit das Risiko. (Vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, § 13 AVG, Rz 33.)

Selbst wenn die diesbezügliche Behauptung der Bw, dass sie einen Einspruch per E-Mail (wahrscheinlich) abgesendet haben dürfte, daher tatsächlich zutreffen sollte, ist ein entsprechender E-Mail-Einspruch vom 11.5.2011 nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates niemals bei der belangten Behörde eingelangt. Da die Bw das diesbezügliche Übermittlungsrisiko zu tragen hat, ist daher zusammenfassend davon auszugehen, dass ein fristgerechter E-Mail-Einspruch seitens der Bw tatsächlich nicht eingebracht iSd § 13 Abs 1 AVG wurde. Auch dieses Vorbringen ändert damit nichts daran, dass der Einspruch der Bw durch die belangte Behörde wegen Verspätung als unzulässig zurückzuweisen war.

 

3.4. Es war daher die Berufung gegen den zurückweisenden Bescheid der belangten Behörde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass in weiterer Folge über den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung gem. § 71 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG zuständigkeitshalber durch die belangte Behörde abzusprechen sein wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220,- Euro zu entrichten.

Astrid Berger

 

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