Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166397/2/Zo/Gr

Linz, 29.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, X vom 3. Oktober 2011 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 2. März 2011, Zahl: S 51.868/10 wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 160 Euro zu bezahlen (20 Prozent der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die BPD Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11. November 2010 um 22:00 Uhr in Linz auf der rechten Donaustraße in Höhe Haus Nummer 3, ein Fahrrad in einem durch Suchtgift beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.1b StVO eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro (EFS sieben Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 80 Euro sowie zum Ersatz von Barauslagen (271,90 Euro für die klinische Untersuchung sowie 660 Euro für die Blutauswertung durch das gerichtsmedizinische Institut) verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung (Zustellung des Straferkenntnisses erst am 30.09.11) führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er sich damals in einem Substitutionsprogramm (Substitol/Benzodiazepine) befunden habe. Er habe dies auch bekannt gegeben. Es sei daher völlig unerheblich, dass von der Gerichtsmedizin diese Substanzen in seinem Körper festgestellt worden waren. Aufgrund der Teilnahme an diesem Substitutionsprogramm sei es ihm erlaubt, die angeführten Substanzen im behördlich festgelegten Rahmen legal zu konsumieren. Daraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Bestimmung des § 5 Abs.1 StVO nicht angewendet werden könne.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze. In der Berufung wird ausschließlich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde auch nicht beantragt. Eine solche konnte daher unterbleiben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 11. November 2010 um 22:00 Uhr ein Fahrrad in Linz auf der rechten Donaustraße in Höhe des Hauses Nummer 3. Der Berufungswerber hatte nach eigenen Angaben suchtgifthaltige Tabletten eingenommen und an einem Joint geraucht. Ein Alkotest ergab 0,0 mg/l. Von den Polizeibeamten wurden Symptome einer Suchtgiftbeeinträchtigung (verengte Pupillen, sehr träge Pupillenreaktion) festgestellt, weshalb eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst wurde. Diese ergab zusammengefasst eine Beeinträchtigung durch Suchtgift, wobei der Berufungswerber aufgrund dieser Suchtgiftbeeinträchtigung nicht fahrfähig gewesen sei. Im Zuge dieser Untersuchung wurde dem Berufungswerber auch Blut abgenommen, welches vom Gerichtsmedizinischen Institut untersucht wurde. Dabei wurde festgestellt, dass der Berufungswerber Cannabisprodukte, ein flunitrazepamhaltiges Präparat, ein diazepamhaltiges Medikament sowie in weit über therapeutischer, bereits toxischer Dosierung ein dihydrocodeinhaltiges Medikament zu sich genommen hatte. Zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung befand er sich unter massivster Wirkung der zentral wirksamen Medikamentwirkstoffe Dihydrocodein und Flunitrazepam in Kombination mit Desmethylflunitrazepam. Er war daher nicht in der Lage, sein Fahrzeug mit der notwendigen Sicherheit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu bewegen und seine Fahrtüchtigkeit war nicht mehr gegeben.

 

Unter Berücksichtigung einerseits der Ergebnisse der klinischen Untersuchung und andererseits der Blutanalyse kam der Amtsarzt der BPD Linz zum Schluss, dass der Berufungswerber am 11. November 2010 um 22:00 Uhr das Fahrrad jedenfalls in einem durch Benzodiazepine und Opiate beeinträchtigten und die Fahreignung ausschließenden Zustand gelenkt hatte. Der Berufungswerber bestritt dieses Gutachten auch in keiner Weise, machte jedoch geltend, dass die Bestimmungen des § 5 StVO für ihn wegen der Teilnahme an einem Substitutionsprogramm nicht angewendet werden dürften.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.

 

Gemäß § 5 Abs. 9 StVO gelten die Bestimmungen des Abs.5 (Vorführung zur klinischen Untersuchung) auch für Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet die Untersuchung durchzuführen.

 

Gemäß § 5 Abs.10 StVO ist an Personen, die gemäß Abs.9 zu einem Arzt gebracht werden, nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu lassen (Verfassungsbestimmung).

 

§ 5a Abs.2 StVO lautet: Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs.2, 4a, 5, 6 oder 8 Z.2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchgesetzes 1975, BGBl. 136 vorzuschreiben.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die klinische Untersuchung, die Blutanalyse sowie das amtsärztliche Gutachten haben eindeutig ergeben, dass der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt unter dem Einfluss verschiedener Suchtmittel (Cannabisprodukte, flunitrazepamhältiges Präparat, ein diazepamhaltiges Medikament sowie in toxischer Dosierung ein dihydrocodeinhaltiges Medikament) gestanden ist, wobei diese Suchtmittel auch tatsächlich zu einer Fahruntüchtigkeit des Berufungswerbers geführt haben. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Richtig ist, dass sich der Berufungswerber in einem Substitutionsprogramm befindet und daher die in diesem Programm ärztlich verschriebene Suchtmittel legal konsumieren darf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Berufungswerber zu jenem Zeitpunkt, zu dem er unter der aktuellen Wirkung der ärztlich verschriebenen Suchtmittel steht, als Fahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnehmen darf. Wenn die Wirkungen dieser Medikamente so stark sind, dass sie die Fahrtüchtigkeit des Berufungswerbers ausschließen, darf für diesen Zeitraum kein Fahrzeug im Straßenverkehr gelenkt werden.

 

Das Substitutionsprogramm nach dem Suchtmittelgesetz hat den Sinn, suchtmittelabhängige Personen, aus der Abhängigkeit wegzuführen und außerdem die mit der Beschaffung von Suchtmitteln verbundene Begleitkriminalität unnötig zu machen. Die Teilnahme am Substitutionsprogramm berechtigt jedoch nicht dazu, die Gefahren des Straßenverkehrs für die Allgemeinheit dadurch zu erhöhen, dass Personen, welche aufgrund der ärztlich verschriebenen Medikamente fahruntüchtig sind, in diesem Zustand als Fahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnehmen.

 

Im konkreten Fall ist weiters noch zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber neben den ärztlich verordneten Medikamenten ein weiteres Suchtmittel (Cannabis) konsumiert hatte.

 

Das Verfahren hat auch keine Hinweise darauf ergeben, dass den Berufungswerber an der gegenständlichen Übertretung kein Verschulden treffen würde, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Seine falsche Rechtsansicht kann ihn nicht entschuldigen, weil er verpflicht gewesen wäre, sich entsprechend zu erkundigen.

 

Die Vorschreibung der Barauslagen des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte gemäß § 5a Abs.2 StVO zu Recht, weil aufgrund der durchgeführten Untersuchungen tatsächlich eine Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt wurde,  diese Untersuchungen auch erforderlich waren und von den Bestimmungen des  § 5 StVO umfasst sind.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

Der Berufungswerber weist vier verwaltungsrechtliche Vormerkungen nach Art. 9 EGVG auf, welche jedoch nicht einschlägig sind. Diese bilden daher keinen Straferschwerungsgrund, anderseits ist der Berufungswerber auch nicht absolut unbescholten. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Der Berufungswerber hat die gegenständliche Übertretung als Lenker eines Fahrrades begangen, weshalb die Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer und damit der Unrechtsgehalt der Tat nicht so hoch sind wie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte gesetzliche Mindeststrafe in Höhe von 800 Euro durchaus ausreichend und notwendig, um den Berufungswerber von ähnlichen Übertretungen in der Zukunft abzuhalten. Sie entspricht auch seinen ungünstigen persönlichen Verhältnissen, wobei entsprechend der erstinstanzlichen Einschätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 600 Euro bei keinem relevanten Vermögen auszugehen ist, weil der Berufungswerber dieser Einschätzung nicht widersprochen hat.

 

Zu II: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

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