Linz, 01.12.2011
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X – vertreten durch X – gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. September 2011, VerkR96-2055-2011 betreffend Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006, zu Recht erkannt:
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist
– mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Das Strafausmaß zu Punkt 3. ist – durch Zurückziehung der Berufung – in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben,
als die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herab- bzw. festgesetzt werden:
zu 1.: 200 Euro bzw. 40 Stunden
zu 2.: 400 Euro bzw. 80 Stunden
zu 3.-rechtskräftig: 200 Euro bzw. 40 Stunden
zu 4.+5. gesamt: 400 Euro bzw. 80 Stunden
zu 6.: 100 Euro bzw. 20 Stunden
Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10% der neu bemessenen Geldstrafen. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Rechtsgrundlagen:
§ 134 Abs.1b KFG idF 30. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 94/2009
§§ 19, 20, 64 und 65 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:
- Geldstrafe (200 + 400 + 200 + 400 + 100 =) ..................... 1.300 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ....................................... 130 Euro
1.430 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(40 + 80 + 40 + 80 + 20 =) ................................................ 260 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw)
das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
Tatzeit: 14.04.2011, 08:30 Uhr.
internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse
einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen
begangen:
mindestens 45 Stunden eingehalten haben, obwohl der Fahrer eine wöchentliche Ruhezeit
spätestens am Ende von sechs 24 Stunden Zeiträumen nach dem Ende der
vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit einzuhalten hat. Ende des sechsten 24 Stunden
Zeitraumes: 17.03.2011 Regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 26.03.2011, 22.51 Uhr
bis 28.03.2011, 05.29 Uhr. Das sind 29 Stunden 39 Minuten.
2009/5/EG, ABl. Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten, obwohl die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht
überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf
höchstens 10 Stunden verlängert werden, wobei diese zulässige 2-malige Verlängerung der
Lenkzeit pro Woche auf jeweils 10 Stunden bereits berücksichtigt wurde.
auf 10 Stunden gestattet ist, betrug somit weniger als 1 Stunde und stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG,
ABI. Nr. L29, einen geringfügigen Verstoß dar.
10 Minuten. Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, bei der die
Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit mehr als 1 Stunde und
stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der
Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.
56 Minuten. Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, bei der die
Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit mehr als 1 Stunde und
stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der
Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.
20 Minuten. Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, bei der die
Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit weniger als 1 Stunde und
stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der
Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen geringfügigen Verstoß dar.
52 Minuten. Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, bei der die
Verlängerung auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit mehr als 1 Stunde und
stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der
Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.
von höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während
zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf. Wochen von
21.03.2011 bis 03.04.2011; Lenkzeit 101 Stunden 50 Minuten. Die Überschreitung der
summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen betrug somit
mehr als 100 Stunden und stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie
2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29, einen schwerwiegenden
Verstoß dar.
der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von
mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige
3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden
berücksichtigt wurde. Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 21.03.2011 um 05.50 Uhr.
Ruhezeit von 21.44 Uhr bis 22.03.2011, 05.50 Uhr Uhr, das sind 8 Stunden 6 Minuten.
Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 11 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit auf 9 Stunden gestattet ist, betrug somit mehr als 8 Stunden und stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.
eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten
haben, obwohl der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei
reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3-malige Verkürzung der
Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden wurde dabei berücksichtigt.
54 Minuten. Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert. Die
unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 11 Stunden, bei der die reduzierte
tägliche Ruhezeit nicht gestattet ist, betrug somit weniger als 10 Stunden und stellt dies
daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie
2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden Verstoß dar.
3 Minuten. Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert. Die
unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 11 Stunden, bei der die reduzierte
tägliche Ruhezeit nicht gestattet ist, betrug somit mehr als 10 Stunden und stellt dies
daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie
2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen geringfügigen Verstoß dar.
7 Minuten. Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert. Die
unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 11 Stunden, bei der die reduzierte
tägliche Ruhezeit nicht gestattet ist, betrug somit weniger als 9 Stunden und stellt dies
daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie
2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine
solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann
durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von
mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die
Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden. Am 05.04.2011 wurde nach einer
Lenkzeit von 09.31 Uhr bis 17.21 Uhr, das sind 5 Stunden 33 Minuten nur 33 Minuten
Lenkpause eingehalten. Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit
mehr als 0,5 Stunden und stellt dies daher anhand des Anhanges III der Richtlinie
2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABI. Nr. L29, einen schwerwiegenden
Verstoß dar.
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 13. September 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist die – als "Widerspruch" bezeichnete – nicht begründete Berufung vom 27. September 2011 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Der Vertreter des Bw hat mit Schreiben (E-Mail) vom 28. November 2011 ausgeführt, dass die Berufung sich nur gegen die Strafhöhe richtet.
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses
ist dadurch in Rechtskraft erwachsen;
VwGH vom 16.11.2007, 2007/02/0026; vom 17.12.2007, 2003/03/0248;
vom 25.04.2002, 2000/15/0084; vom 18.10.1999, 98/17/0364; vom 17.04.1996, 94/03/0003; vom 26.04.1979, Zlen 2261, 2262/77 – verstärkter Senat.
Der Vertreter des Bw hat mit weiterem Schreiben (E-Mail) vom 30.November 2011 betreffend Punkt 3. – "Zwei-Wochen-Lenkzeit" – die Berufung zur Gänze zurückgezogen. –
Dieser Punkt ist somit auch hinsichtlich des Strafausmaß in Rechtskraft erwachsen.
Ein(en) Berufskraftfahrer
- trifft ein besonders hohes Maß an Verantwortung und
- hat bei der Einhaltung der für die Verkehrssicherheit erlassenen Vorschriften eine besondere Sorgfalt an den Tag zu legen;
VwGH vom 28.01.2005, 2004/01/0171; vom 27.02.2007, 2004/01/0046;
vom 28.01.1998, 96/01/0685; vom 21.03.1996, 95/18/1265
Gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe – soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen – gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes
sind die § 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen – diese betragen beim Bw:
ca. 1500 Euro; Sorgepflicht für Ehegattin und zwei Kinder.
Gemäß telefonischer Mitteilung dessen Vertreters
- hatte der Bw am 24. Mai 2011 einen Unfall, ist seither nicht arbeitsfähig bzw. befindet sich in der Rehabilitation.
- lebt der Bw derzeit daher am "Existenzminimum".
In Fallkonstellationen, bei welchen die Verhängung der Mindeststrafe eine unangemessene Härte darstellt, steht die Anwendung des § 20 VStG zur Verfügung; VfGH vom 27.09.2002, G45/02-8 ua.
Zur Strafbemessung ist im Einzelnen auszuführen:
Die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten – hinsichtlich des
Schuldspruch rechtskräftigen – Tatbestände gelten als "fortgesetztes Delikt";
diesen liegt ein einheitlicher Gesamtplan bzw. ein einheitliches Gesamtkonzept zugrunde.
Pro Tatbestand
- sind daher nicht Einzelstrafen, sondern
- ist eine Gesamtstrafe
zu verhängen.
VwGH vom 12.09.2006, 2002/03/0034; vom 28.03.2003, 2002/02/0140;
vom 28.06.2005, 2004/11/0028; vom 30.11.2007, 2007/02/0266.
Aufgrund der "Besonderheiten des Einzelfalles" ist es gerechtfertigt und vertretbar, die Geldstrafen sowie Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabzusetzen.
Zu Punkt 1.:
Die wöchentliche Ruhezeit hat
am Wochenende 19. März bis 21. März 2011: 39 Stunden + 42 Minuten und
am Wochenende 26. März bis 28. März 2011: 29 Stunden + 39 Minuten
betragen.
Hätte der Bw diese wöchentlichen Ruhezeiten in umgekehrter Reihenfolge eingehalten, wäre eine Geldstrafe von nur 200 Euro zu verhängen.
Aufgrund der derzeit drückenden Notlage des Bw ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 200 Euro und
die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabzusetzen.
Zu Punkt 2.:
Die belangte Behörde hat offenkundig für jeden
- schwerwiegenden Verstoß ............... 200 Euro und
- geringfügigen Verstoß ....................... 50 Euro
verhängt.
Bei einem "fortgesetzten Delikt" liegt es in der Natur der Sache, dass die dafür verhängte "Gesamt-Geldstrafe" geringer ist, als die Summe aller Einzelstrafen.
Die Geldstrafe wird daher auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 80 Stunden herabgesetzt.
Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist hinsichtlich des Strafausmaß
– durch Zurückziehung der Berufung– in Rechtskraft erwachsen.
Zu Punkte 4. und 5. gesamt:
Dabei handelt es sich jeweils um die täglichen Ruhezeiten.
Gemäß den oa. Rechtsausführungen sind somit nicht zwei Einzelstrafen,
sondern ist eine Gesamtstrafe zu verhängen.
Die Geldstrafe wird auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 80 Stunden herab- bzw. festgesetzt.
Zu Punkt 6.:
Der Bw hat am 5. April 2011 im Zeitraum 09:31 Uhr bis 17:21 Uhr folgende, mindestens 15 Minuten dauernde, Lenkpausen eingehalten:
33 Minuten + 15 Minuten + 27 Minuten
Es ist somit gerechtfertigt und vertretbar, § 20 VStG anzuwenden und die Geldstrafe auf 100 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabzusetzen.
Zu Punkte 1. – 6.:
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10% der neu bemessenen Geldstrafen.
Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler