Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310443/8/Kü/Ba

Linz, 24.11.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des H C F, F ,  S a A vom 9. Mai 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. April 2011, UR96-100-2011, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. November 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. April 2011, UR96-100-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z 17 iVm § 62 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) und dem Bescheid des Landes­hauptmannes von Oberösterreich vom 12.10.2010, UR-2006-5794/17-Kb/Sch, eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Betreiber der Kompostieranlage auf dem Grundstück Nr. S, Gemeinde S a A, nicht dafür Sorge getragen, dass im Zeitraum von zumindest 08.03.2011 bis zum heutigen Tag die Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) eingehalten wurden.

 

Diese Anlage wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 06.12.2005, UR-304630/18-2005, genehmigt. Aus der am 19.05.2010, UR-2006-5794/14, aufgenommenen Niederschrift geht in dem Gutachten des Amtsachverständigen für Abfalltechnik die Nichteinhaltung von Auflagen hervor.

 

Da Sie keine Unterlagen zur Verfahrensanordnung vom 19.05.2010 vorgelegt haben, wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12.10.2010, UR-2006-5794/17, zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gem. § 62 Abs. 2 AWG 2002 erforderliche Maßnahmen zur Durchführung vorgeschrieben. Als Frist für die Durchführung der Maßnahmen wurde der 01.12.2010 festgelegt.

 

Insbesondere wurde mit dem angeführten Bescheid vom 12.10.2010 Folgendes vorgeschrieben:

 

'1. Der gelagerte Fertigkompost ist abzusieben und entsprechend zu verwerten oder bei Zwischenlagerung mittels Kompostvlies abzudecken.

 

2. Das bereits über einem Jahr lagernde und stark vererdete Schreddermaterial ist gemeinsam mit dem Grünschnitt bzw. dem hofeigenen Schafsmist in Dreiecksmietenform aufzusetzen und entsprechend den Bestimmungen der Kompostverordnung sowie dem Stand der Technik der Kompostierung ordnungsgemäß zu kompostieren. Nach fertiger Kompostierung dieses Materials ist entsprechend dem oben angeführten Bewilligungsbescheid vom 06.12.2005 nur mehr max. eine Heißrottemiete mit einer Kubatur von max. 100 m3 zur Rotte aufzusetzen bzw. darf die übernommene Jahresmenge an biogenen Abfällen 300 m3 nicht übersteigen. Sollte dennoch mehr Material angeliefert werden, so ist die Kompostierungsanlage entsprechend zu befestigen oder das über die bewillige Menge von 300 m3 hinausgehende Material nachweislich zu einer bewilligen Kompostierungsanlage zu verbringen.

 

3. Die oben angeführten Maßnahmen sind bis 1. Dezember 2010 durchzuführen und der Behörde unaufgefordert und unter Vorlage von Fotos nachzuweisen.'

 

Sie ließen auch diese Frist fruchtlos verstreichen und legten der Behörde keine Unterlagen und Fotos vor, aus denen die Erfüllung der oben angeführten Maßnahmen hervorgeht."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der gelagerte Kompost zur Gänze auf die hauseigenen Wiesen ausgebracht und somit ordnungsgemäß verwertet worden sei. Auch das bereits aus dem Vorjahr stammende Schreddermaterial sei bereits kompostiert und seit ca. 3 Wochen gesiebt. Im Jahr 2010 seien keine kompostier­baren Abfälle mehr übernommen worden, da keine an ihn geliefert worden seien. Die großen Hotels in der Gegend seien zugesperrt und sämtliches in der Gemeinde anfallendes Material komme einer Verbrennung zu. Zudem würden die wilden Ablagerungen in den Wäldern mehr werden, da die Leute im Ort nicht bereit seien, Geld für eine ordnungsgemäße Kompostierung in die Hand zu nehmen.

 

Er habe ein Schreiben an die Landesregierung mit Datum 21.11.2010 geschickt, wo dies bereits angeführt worden sei, auf welches er bis heute keine Antwort bekommen habe. Alle bei ihm im Jahr 2010 kontrollierenden Personen, welche von der Landesregierung entsandt worden seien, hätten einen Herbsttermin zur Kontrolle angekündigt, diesen aber nicht wahrgenommen. Bei diesem Termin hätten sie den Zustand der Arbeiten seiner Kompostierung erkannt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 13. Mai 2011 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. November 2011, an welcher der Bw teilgenommen hat.

 

Im Zuge der mündlichen Verhandlung führte der Bw aus, dass seine Kompostie­rungsanlage auf unbefestigtem Grund ausgeführt ist und es ihm daher ab Oktober nicht mehr möglich ist, Arbeiten an der Anlage durchzuführen. Aus diesem Grund hat der Bw am 21. November 2010 ein Schreiben, adressiert an die Oö. L, U, L, verfasst, in welchem er darauf hingewiesen hat, dass er mit den geforderten Arbeiten bei seiner Kompostierung nicht fertig geworden ist und daher um einen zeitlichen Aufschub bis Frühling 2011 ersucht.

 

Dieses Schreiben hat der Bw als Beilage zur Berufung vorgelegt. Nach den glaubwürdigen Ausführungen des Bw in der mündlichen Verhandlung hat er auf dieses Schreiben keine Reaktion der Behörde erhalten und ist er davon ausge­gangen, dass mit diesem Schreiben den behördlichen Forderungen im Bescheid vom 12. Oktober 2010 vorerst Rechnung getragen ist und er im Frühjahr 2011 die geforderten Maßnahmen zur Gänze umsetzt. Eine behördliche Reaktion auf dieses Schreiben findet sich im erstinstanzlichen Verfahrensakt nicht.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafver­fahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen.

 

Der Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis legt dem Bw zur Last, dass er die von der Behörde festgesetzte Frist fruchtlos verstreichen lassen hat und keine Unterlagen hinsichtlich der Erfüllung der Auflagen vorgelegt hat. Dem steht gegenüber, dass der Bw rechtzeitig vor Ablauf der festgesetzten Frist unter Darstellung der Sachlage um zeitlichen Aufschub angesucht hat. Obwohl dieses Schreiben nicht die konkrete Adresse und Bezeichnung der Behörde aufweist, müsste dieses aufgrund der vom Bw gewählten Adressierung doch den richtigen Weg finden. Im Ermittlungsverfahren war nicht zu klären, warum dieses Schreiben allenfalls bei der Behörde nicht eingelangt ist bzw. von dieser keine Fristver­längerung aufgrund des Ansuchens ausgesprochen wurde. Aufgrund dieser Situation kann dem Bw nicht zur Last gelegt werden, die behördliche Frist verstreichen lassen zu haben, ohne eine Reaktion zu setzen. Das vom Bw mit der Berufung vorgelegte Schreiben verdeutlicht für den Unabhängigen Verwaltungs­senat, dass er rechtzeitig vor Ablauf der Frist mit der Behörde in Kontakt treten wollte und einen Fristaufschub beantragt hat. Insgesamt zeigt sich daher im Ergebnis, dass ein stichhaltiger Beweis für den angelasteten Tatvorwurf nicht vorliegt, weshalb im Zweifel bei der gegebenen Faktenlage gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen ist, dass dem Bw die angelastete Tat nicht vorwerfbar ist, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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