Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390320/2/Gf/Mu

Linz, 22.11.2011

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen das aus Anlass einer Übertretung des Schulpflichtgesetzes ergangene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 17. Oktober 2011, Zl. Bi96-2-2011, zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 153 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straf­erkenntnis bestätigt.

       II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 17. Oktober 2011, Zl. Bi96-2-2011, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in einer Höhe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 22 Euro) verhängt, weil sie es als Erziehungsberichtigte unterlassen habe, für die Absolvierung der Schulpflicht ihrer Tochter, insbesondere für deren regelmäßigen Schulbesuch entsprechend Sorge zu tragen, weil diese an mehreren Tagen, nämlich vom 10. Jänner bis zum 21. Jänner 2011, dem Unterricht an der Volksschule in x unentschuldigt ferngeblieben sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 24 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes, BGBl.Nr. 76/1985, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 113/2006 (im Folgenden: SchPflG), begangen, weshalb sie nach § 24 Abs. 4 SchPflG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die der Beschwerdeführerin angelastete Tat auf Grund einer Anzeige der Schulleitung und der von der belangten Behörde durchge­führten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während das von der Berufungswerberin darüber hinaus geduldete Fernbleiben ihrer Tochter vom Schulunterricht bis zum Schluss des Schuljahres 2010/11 als besonders erschwerend zu werten gewesen sei; die von der Rechtsmittelwerberin angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien in diesem Zusammenhang entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. November 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin führt die Beschwerdeführerin aus, dass dem Attest einer Kinderärztin vom 3. November 2011 zu entnehmen sei, dass eine vorübergehende Schulfreistellung ihrer Tochter sinnvoll wäre, weshalb sie entsprechend handeln und ihr Kind vom Unterricht habe fernhalten müssen. Da ein dem gegenüber von der Schulleitung behaupteter nachträglicher Widerruf dieses Befundes weder ihr selbst und offensichtlich auch der belangten Behörde nicht vorgelegt worden sei, habe eine solche allenfalls bloß gegenüber dem Schulpersonal oder dem Schulinspektor abgegebene Erklärung gegenüber der Rechtsmittelwerberin jedenfalls keine rechtlichen Wirkungen entfalten können. Davon abgesehen sei ihre Tochter – wie dies aus entsprechenden Befunden eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 17. und vom 21. Dezember 2010 zweifelsfrei hervorgehe – im verfahrensgegenständlichen Zeitraum tatsächlich erkrankt und somit ein Schulbesuch nicht möglich gewesen. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Befund dieses Facharztes vom 15. April 2011, dass diese Probleme mit der Tinnitus-Erkrankung jedenfalls bis April 2011 bestanden hätten. Weil offensichtlich ein Rechtsfertigungsgrund für den Nichtbesuch des Schulunterrichtes ihrer minderjährigen Tochter gegeben gewesen sei, habe sie sohin auch den Tatbestand der ihr angelasteten Übertretung nicht erfüllt, sodass über sie zu Unrecht eine Geldstrafe verhängt worden sei. Schließlich erweise sich die Verhängung der Höchststrafe jedenfalls als unverhältnismäßig.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. Bi96-2-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SchPflG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsstrafe und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu betrafen, der als
Elternteil nicht für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regel­mäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler sorgt.

Nach § 9 Abs. 1 SchPflG haben die Schüler den Unterricht während der vor­geschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen.

Gemäß § 9 Abs. 2 SchPflG ist ein Fernbleiben von der Schule während der Schulzeit nur im Falle einer gerechtfertigten Verhinderung des Schülers zulässig, wobei die Rechtfertigungsgründe in § 9 Abs. 3 SchPflG demonstrativ aufgezählt werden.

Nach § 9 Abs. 5 SchPflG haben die Eltern ohne Aufschub den Klassenlehrer oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers mündlich oder schriftlich
unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen; auf entsprechendes Verlangen des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich und bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit allenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses zu erfolgen.

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass die minderjährige Tochter der Rechtsmittelwerberin an den nicht unterrichtsfreien und daher schulpflichtigen Tagen vom 10. Jänner 2011 bis 14. Jänner 2011 und vom 17. Jänner 2011 bis 21. Jänner 2011 jeweils dem Schulunterricht an der öffentlichen Volksschule ferngeblieben ist.

Wenn die Rechtsmittelwerberin in diesem Zusammenhang zu ihrer Rechtfertigung vorbringt, dass eine Kinderärztin in ihrem Attest vom 3. November 2011 eine vorübergehende Schulfreistellung als sinnvoll empfohlen und ihre Tochter aufgrund ihrer zudem am 17. und am 21. Dezember 2010 fachärztlich befundeten Tinnitus-Erkrankung die Schule auch tatsächlich nicht habe besuchen können, so vermag dieser Einwand schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sich aus diesen Attesten in keiner Weise ergibt, dass diese Erkrankung ein Fernbleiben vom Schulunterricht erfordert hätte; vielmehr wurde lediglich von der Kinderärztin am 3. November 2010 eine vage Empfehlung für eine vorübergehende Schulfreistellung ausgesprochen. Der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde hat dagegen in seinem Befund vom 17. Dezember 2010 – also noch vor dem unentschuldigten Fernbleiben – sogar festgestellt, "dass sich der seit zwei Wochen bestehenden intermittierende Tinnitus aufgrund der abgesetzten kieferorthopädischen Therapie deutlich gebessert" habe und bereits damals "die Beschwerden deutlich rückläufig" gewesen seien.

Aufgrund dieser Befunde lag daher objektiv betrachtet weder eine Erkrankung, die ein Fernbleiben vom Schulunterricht erfordert hätte, noch ein entsprechendes ärztliches Zeugnis für eine Freistellung i.S.d. § 9 Abs. 5 SchPflG und damit auch kein Rechtfertigungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 und 3 SchPflG vor.

Die Rechtsmittelwerberin hat daher im vorliegenden Fall tatbestandsmäßig i.S.d. § 24 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 1 SchPflG und insofern, als es ihr bei Beobachtung der gebotenen Sorgfalt auch unschwer möglich gewesen wäre, zu erkennen, dass die ärztlichen Atteste keinesfalls eine derart langdauernde Unterrichtsabsenz ihrer Tochter zu rechtfertigen vermögen, zumindest grob fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.3. Hinsichtlich der Strafbemessung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der von der belangten Behörde angenommene besondere Erschwerungsgrund der Duldung des Fernbleibens ihrer Tochter vom Schulunterricht bis zum Ende des Schuljahres 2010/2011 im gegenständlichen Fall deshalb nicht zum Tragen kommen kann, weil sich dieser offensichtlich erst auf eine nach dem spruchmäßig angelasteten Tatzeitraum gelegene Periode bezieht; Gleiches gilt auch für die als erschwerend gewertete einschlägige Vormerkung, nämlich eine Ermahnung vom 13. Jänner 2011, die erst mit h. Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Oktober 2011, Zl. VwSen-390304, bestätigt wurde und somit erst zu diesem Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen ist.

Da somit im Ergebnis – vom langen Tatzeitraum abgesehen – keine Erschwerungsgründe vorlagen, durfte auch nicht die gesetzliche Höchststrafe über die Rechtsmittelwerberin verhängt werden, zumal ihr eher die besonderen Milderungsgründe des § 34 Abs. 1 Z. 3 und Z. 15 StGB zugute zu halten sind. Denn nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenat hatte sie die Tat eher aus achtenswerten Beweggründen begangen und sich während des gesamten Verfahrens ernstlich darum bemüht, weitere nachteilige Folgen zu verhindern, indem sie – wie sich aus dem vorgelegten erstbehördlichen Akt ergibt – ihrer Tochter häuslichen Unterricht erteilt hat und den Lernstoff vom Sozialpädagogischen Zentrum des Landes Salzburg überprüfen ließ, Fachärzte zur Abklärung der Krankheit aufgesucht hat, an diversen Gesprächen zur Lösung der Schulproblematik teilgenommen hatte etc. Dem gegenüber ist auf Grund des vorgelegten Aktes weder nachvollziehbar, weshalb nichts unternommen wurde, um der Tochter der Rechtsmittelwerberin den Besuch einer anderen Volksschule zu ermöglichen; außerdem hat die belangte Behörde ihrerseits auch keine geeigneten Nachweise – wie z.B. eine entsprechende pädagogische Stellungnahme und/oder ein Gutachten – dafür erbracht, dass jene die Schulproblematik ihrer Tochter betreffenden Ansichten der Berufungswerberin offenkundig unzutreffend wären, was alles freilich nichts daran zu ändern vermag, dass ihrem Kind über einen langen Zeitraum hinweg der Zugang zu einer adäquaten altersgerechten Schulbildung tatsächlich verwehrt worden ist.

Vor diesem Hintergrund findet es daher der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 153 Stunden herabzusetzen.

3.4. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 10 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war der Beschwerdeführerin hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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