Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522997/4/Fra/Gr

Linz, 01.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner hat über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18. Oktober 2011, VerkR96-1-2011, VerkR21-6-2011, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a Abs.1 AVG iVm § 69 Abs.2 AVG

Entscheidungsgründe:

1.1. Herrn X wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Jänner 2011, VerkR21-6-2011, die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von sieben Monaten, gerechnet ab 20. Dezember 2010 bis einschließlich 20. Juli 2011, entzogen.

 

Weiters wurde über Herrn X mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. Februar 2011, VerkR96-1-2011, unter anderem wegen Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden legte diesen Bescheiden folgenden Sachverhalt zugrunde:

Herr X lenkte am 20. Dezember 2010 um 17:30 Uhr den PKW: X, auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet von Sattledt auf Höhe Straßenkilometer 195,000 in Fahrtrichtung Wien in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (laut Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft lag zum Tatzeitpunkt ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,64 mg/l vor), verschuldete einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und beging anschließend Fahrerflucht.

 

Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

 

1.2. Der nunmehrige Berufungswerber (Bw), vertreten durch die X Rechtsanwalts KG, X, X, stellte mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2011 einen Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren: VerkR96-1-2011 und VerkR21-6-2011 mit der Begründung, dass gegen ihn wegen des gegenständlichen Vorfalles zu 42BAZ113/11y von der Staatanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet wurde und im Zuge dieses Verfahrens von der X, X, ein Gutachten erstattet wurde, welches im Wesentlichen zum Schluss kommt, dass in dem für den Angeklagten günstigsten Fall von einer Blutalkoholkonzentration von 0,74 Promille auszugehen ist. Mit Benachrichtigung vom 29. September 2011 (ihm zugestellt am 3. Oktober 2011) wurde das gegenständliche Strafverfahren eingestellt. Am 4. Oktober 2011 habe er das Gutachten kopiert und sohin erstmals von diesem Kenntnis erlangt.

 

Der Bw vertritt die Auffassung, dass, hätte er dieses Gutachten in den Verwaltungsverfahren verwenden können, diese voraussichtlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. Insbesondere wären die verhängten Strafen wesentliche niedriger gewesen, es wäre keine Nachschulung erforderlich gewesen und kein Führerscheinentzug erfolgt. Es seien daher neue Beweismittel (im Form des Gutachtens) hervorgekommen, die in den vorhergehenden Verfahren, VerkR96-1-2011 und VerkR21-6-2011 ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten und voraussichtlich im Hauptinhalt des Spruches anderslautende Bescheide herbeigeführt hätten. Die 14-Tagesfrist gemäß § 69 AVG sei ebenfalls gewahrt, da er erstmals am 4. Oktober 2011 von diesem Gutachten Kenntnis erlangte.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid diesen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Sie geht davon aus, dass das o.a. Sachverständigengutachten dem Berufungswerber offensichtlich bereits im Juni 2011 zur Kenntnis gelangt sei, weshalb der vom Bw am 17. Oktober 2011 eingebrachte Antrag im Sinne des § 69 Abs.2 AVG verfristet ist.

 

In seinem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid bringt der Bw unter anderem vor, dass seinem Rechtsvertreter (X) von Herrn X, dem Vertreter von Frau X, telefonisch mitgeteilt wurde, dass das gegenständliche Gutachten am 9. Juni 2011 hinterlegt, jedoch nicht behoben und daher wieder an die Staatsanwaltschaft Wels retourniert wurde. Er habe zu diesem Zeitpunkt nachweislich keine Kenntnis von dem Gutachten erlangt. Die Benachrichtigung von der Einstellung des Strafverfahrens sei ihm am 3. Oktober 2011 zugestellt worden. Am 4. Oktober 2011 habe er das relevante Gutachten kopiert und somit erstmals von diesem Kenntnis erlangt. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde gemäß § 69 Abs.2 AVG binnen zwei Wochen gestellt und sei folglich keineswegs verfristet.

 

1.5. Im Berufungsverfahren teilte die Staatsanwaltschaft Wels mit Schreiben vom 23. November 2011, Zahl: 42BAZ/113/11y, dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass das o.a. Gutachten der Gerichtsmedizin vom 16. Mai 2011 am 6. Juni 2011 an Herrn X abgeschickt wurde. Die Sendung wurde am 9. Juni 2011 hinterlegt und an die Staatsanwaltschaft Wels am 28. Juni 2011 als "nicht behoben" rückgemittelt. Die Verständigung über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 190 Z.2 StPO wurde am 28. September 2011 an X elektronisch abgefertigt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat hiezu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsstellter von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragssteller glaubhaft zu machen.

 

Im konkreten Verfahren hat der Bw im Sinne der o.a. gesetzlichen Bestimmung glaubhaft gemacht, dass er von den verfahrensrelevanten Umständen (Gutachten der Gerichtsmedizin vom 16. Mai 2011) erst am 4. Oktober 2011 zur Kenntnis erlangt hat, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme als rechtzeitig eingebracht gilt.

 

Die belangte Behörde ist daher unzutreffend von einer verspäteten Einbringung des Wiederaufnahmeantrages ausgegangen, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "Verfahrensgegenstand" der Berufungsentscheidung die Verwaltungssache ist, die zunächst der Behörde erster Rechtsstufe vorlag. Hat die Unterbehörde nur prozessual entschieden, darf die Berufungsbehörde nicht in merito entscheiden. Anders gesagt:

Die Berufungsinstanz ist lediglich zur Entscheidung befugt, ob die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Berufungsverfahrens. Würde die Berufungsinstanz über den Wiederaufnahmeantrag inhaltlich entscheiden, würde sie diesen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belasten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden wird daher in der Folge über den verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeantrag inhaltlich abzusprechen haben.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen.

Dr. Johann Fragner

 

 

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