Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165993/10/Zo/Gr

Linz, 21.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X vom 27. April 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 11. April 2011, Zahl: VerkR96-11419-2010 wegen mehrer Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentliche mündlichen Berufungsverhandlung am 3. November 2011 zu Recht erkannt:

 

I. Hinsichtlich Punkt 1 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Hinsichtlich Punkt 2 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 700 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 140 Stunden herabgesetzt;

 

III. Hinsichtlich Punkt 3 wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 600 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden herabgesetzt;

 

IV: Hinsichtlich Punkt 4 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

V: Alle erstinstanzlichen Tatvorwürfe werden dahingehend konkretisiert, dass alle Zeitangaben in "UTC-Zeit" angeführt sind.

 

VI: Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 162 Euro (zehn Prozent der Geldstrafen). Für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 64 Euro zu bezahlen (20 Prozent der zu den Punkten 1 und 4 bestätigten Strafen).

Rechtsgrundlagen:

zu I bis V: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51 e und 19 VStG

zu VI: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Tatort: Gemeinde Kematen am Innbach, Innkreisautobahn A 8 bei km 24.950.

Tatzeit: 26.11.2010, 08:18 Uhr.

Fahrzeuge:

Kennzeichen X, Sattelzugfahrzeug,
Kennzeichen X, Sattelanhänger

 

Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im
innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse
einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.51 übersteigt, folgende Übertretungen
begangen:

 

1.) Sie haben die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von
höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier
aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.
-Wochen von 1.11.2010, bis 14.11.2010, Lenkzeit:100 Stunden 37 Minuten
-Wochen von 8.11.2010, bis 21.11.2010, Lenkzeit: 105 Stunden 36 Minuten

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs. 3 EG-VO 561/2006

 

 

2) Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der
vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von
mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-
malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden
berücksichtigt wurde.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 1.11.2010 um 14.26 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 5
Stunden 4 Minuten.

Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 5.11.2010 um 02.16 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 7

Stunden 19 Minuten.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 7.11.2010 um 12.02 Uhr, die Ruhezeit betrug nur4
Stunden 21 Minuten.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 11.11.2010 um 21.32 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 6
Stunden 9 Minuten.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 13.11.2010 um 08.04 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 7
Stunden 44 Minuten.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 16.11.2010 um 08.03 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 3
Stunden 38 Minuten.

-   Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 24.11.2010 um 05.03 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 5
Stunden 35 Minuten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

 

 

3) Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten
an folgendem Tag überschritten, obwohl die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten
darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10
Stunden verlängert werden, wobei diese zulässige 2-malige Verlängerung der Lenkzeit pro
Woche auf jeweils 10 Stunden bereits berücksichtigt wurde.

 

-Datum: 7.11.2010, Lenkzeit von 12.02 Uhr bis 9.11.2010, 20.14 Uhr, das sind 23 Stunden 24 Minuten.

-  Datum: 10.11.2010, Lenkzeit von 05.16 Uhr bis 20.03 Uhr, das sind 11 Stunden 35 Minuten
-Datum: 11.11.2010, Lenkzeit von 21.32 Uhr bis 12.11.2010, 22.56 Uhr, das sind 12 Stunden
57 Minuten.

-Datum: 13.11.2010, Lenkzeit von 08.04 Uhr bis 14.11.2010, 00.19 Uhr, das sind 13 Stunden
57 Minuten.

-  Datum: 16.11.2010, Lenkzeit von 08.03 Uhr bis 17.11.2010, 16.16 Uhr, das sind 18 Stunden 34 Minuten.

~ Datum: 24.11.2010, Lenkzeit von 05.03 Uhr bis 25.11.2010, 19.05 Uhr, das sind 20 Stunden 45 Minuten

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 EG-VO 561/2006

 

 

4.) Sie haben die Wochenlenkzeit von höchstens 56 Stunden überschritten, obwohl die
wöchentliche Lenkzeit 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen darf, dass die in
der Richtlinie 2002/15/EG festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
In der Woche von 8.11.2010 bis 14.11.2010 betrug die Lenkzeit 62 Stunden 15 Minuten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 EG-VO 561/2006

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von           falls diese uneinbringlich ist               gemäß

Euro                            ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1.) 200,00                   40 Stunden                                        § 134 Abs. 1b KFG

2.) 960,00                   192 Stunden                                      § 134 Abs. 1b KFG

3.) 800,00                   160 Stunden                                      § 134 Abs.1 KFG

4.) 120,00                   24 Stunden                                        § 134 Abs 1b KFG iVm § 20 VStG

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
208,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe
9,20 Euro Barauslagen (23 Seiten ä 0,40 Euro)

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.297,20 Euro.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die gegenständliche Auswertung der Fahrerkarte durch einen Sachverständigen überprüft werden müsse. Nur dieser sei in der Lage, die Tatvorwürfe zu objektivieren. Das vom Meldungsleger angeführte Ergebnis der Auswertung lasse nicht erkennen, mit welchen technischen Mitteln die Fahrerkarte ausgewertet wurde, welcher Befund und welche Schlussfolgerungen gezogen worden seien. Letztlich sei daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich.

 

Weiters sei der Beginn des Auswertungszeitraumes mit dem 29. Oktober 2010 ab 00:00 Uhr gewählt worden, obwohl nicht feststehe, ob zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine neue Lenkzeit begonnen worden sei. Diese Festlegung sei daher nicht nachvollziehbar.

 

Es könne nicht jeder beliebige 24-Stundenzeitraum für die Berechnung der täglichen Ruhezeit herangezogen werden, sondern der Beginn dieses Zeitraumes liege dann vor, wenn nach dem Ende der vorangegangen täglichen oder wöchentliche Ruhezeit tatsächlich mit der Führung eines Fahrzeuges begonnen werde. Die Behörde habe diesen Beginn des 24-Stundenzeitraumes nicht festgestellt. Eine Verschiebung der 24-Stundenzeiträume im Berufungsverfahren sei nicht möglich, weil es dadurch zu einem Austausch der Tat käme.

 

Bezüglich der Tageslenkzeiten fehlen Feststellungen, ob zu den vorgeworfenen Zeiträumen vorher bzw. nachher eine tägliche Ruhezeit oder eine wöchentliche Ruhezeit begonnen bzw. abgeschlossen wurde.

 

Die vom Meldungsleger verwendete Software sei so fehlerhaft, dass die Auswertung für eine Bestrafung nicht zugrunde gelegt werden dürfe. Es würden lediglich elektronisch gespeicherte Daten auf einem elektronischen Weg mittels Software ausgewertet, ohne dass die Behörde die Möglichkeit habe, die Richtigkeit dieser Ergebnisse zu überprüfen. Der Berufungswerber bestritt daher die Rechtmäßigkeit der Auswertungsergebnisse.

 

Es sei bekannt, dass das Auslesegerät bereits Bewegungen des Fahrzeuges ab 20 m erfasse. Es könne aber während der Ruhezeit aus verschiedensten Gründen notwendig sein, das Fahrzeug für mehr als 20 m ganz kurzfristig zu bewegen, ohne dass dies als Unterbrechung der Ruhepause zu werten sei. Die gegenständlichen Strafvorwürfe würden jedoch gerade eine Reihe derartiger kurzer Bewegungen des Fahrzeuges umfassen, obwohl diese nicht als Lenkzeit bzw. als Unterbrechung der Ruhezeit gewertet werden dürften. Weiters erkenne das Auslesegerät den 24-Stundenzeitraum nicht und es sei möglich, die Auswertungssoftware auf verschiedene Genauigkeitsstufen einzustellen. Es liege daher im Ermessen des Meldungslegers, wie genau die Auswertung durchgeführt werde und ob im Einzelfall ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird oder nicht.

 

Der Tachograf speichere alle Daten in UTC-Zeit, was eine Abweichung von der lokalen Uhrzeit in Mitteleuropa von einer bzw. zwei Stunden bedeutet. Die Darstellung der Übertretungen sei daher nicht richtig. Für jene Übertretungen, welche einen Zeitraum von einer Woche betreffen, würde sich dieser Fehler auch auf die konkrete Auswertung auswirken, weil als Woche der Zeitraum von Montag 00:00 Uhr bis Sonntag 24:00 (und zwar nach der jeweiligen lokalen Zeit) definiert sei. Die Darstellung in der UTC-Zeit verfälsche daher die Realität.

 

Auch die Strafbemessung sei mangelhaft. Der Berufungswerber verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von 1286 Euro, wobei er jedoch monatliche Unterhaltsverpflichtungen für ein Kind in der Höhe von 600 Euro habe. Unter Abzug sonstiger Fixkosten verbleibe ihm lediglich ein Betrag von 246 Euro für seine Lebensführung. Die Strafe sei daher unangemessen, insbesondere deswegen, weil der Berufungswerber unbescholten ist. Weiters sei trotz Vollendung der Tat kein Schaden eingetreten, was ebenfalls einen wesentlichen Strafmilderungsgrund darstelle. Die Milderungsgründe würden daher die Straferschwerungsgründe so weit überwiegen, dass der Berufungswerber Anspruch auf Anwendung des § 20 VStG habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. November 2011. An dieser haben weder der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter noch ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 26. November 2010 um 08:18 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug auf der A8, Innkreisautobahn bei Kilometer 24.950. Bei einer Verkehrskontrolle wurde auch seine Fahrerkarte ausgewertet. Bei dieser Auswertung wurde festgestellt, dass in der Fahrzeugeinheit zusätzlich zu den auf der Fahrerkarte des Berufungswerbers gespeicherten Daten noch zahlreiche kurze Fahrtbewegungen, in den meisten Fällen vor dem Beginn oder nach dem Ende der auf der Fahrerkarte des Berufungswerbers gespeicherten Lenkzeiten vorhanden waren. Zu diesen Zeiten gab der Berufungswerber dem Polizeibeamten gegenüber bei der Kontrolle an, dass er bei den Be- und Entladtätigkeiten auf dem Firmengelände die Fahrerkarte entnommen habe, weil er der Meinung sei, dass er auf dem jeweiligen Privatgelände keine Fahrerkarte benötige. Zusätzlich zu diesen ganz kurzen Fahrbewegungen scheint am 2. November 2010 zwischen kurz vor 14:00 und kurz nach 16:00 Uhr eine etwas mehr als 2-stündige ununterbrochene Lenkzeit auf, welche auf der Fahrerkarte des Berufungswerbers fehlt. Für diesen Zeitraum hatte der Berufungswerber bei der Verkehrskontrolle keine Erklärung. Der Berufungswerber hat zu diesen Fahrzeiten im gesamten Verfahren keine Stellungnahme abgegeben, weshalb unter Berücksichtigung seiner eigenen Angabe bei der Verkehrskontrolle davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber in allen diesen Fällen den LKW selbst gelenkt hatte, ohne die Fahrerkarte zu verwenden. Es sind daher alle diese kurzen Fahrbewegungen den jeweiligen Lenkzeiten des Berufungswerbers zu zurechnen.

 

Die Überprüfung der Auswertung durch den Sachverständigen ergab, dass alle im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführten Zeiträume den Tatsachen entsprechen. Lediglich bei der summierten Gesamtlenkzeit zweier Wochen (Beginn 1. November 2010) verlängert sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass auch die Fahrbewegung am 2. November zwischen 14:00 und 16:00 Uhr dem Berufungswerber zugerechnet wird, die Gesamtlenkzeit um ca. zwei Stunden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art. 6 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die wöchentliche Lenkzeit 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen, dass die in der Richtlinie 2002/15/EG festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.

 

Gemäß Art. 6 Abs.3 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

 

Gemäß Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Art. 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24 Stundenzeitraum fehlt, mindestens neun Stunden jedoch weniger als elf Stunden, so ist die fragliche fehlende Ruhzeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Art.4 lit.a bezeichnet der Ausdruck "Beförderung im Straßenverkehr" jede ganz oder teilweise auf einer öffentlichen Straße durchgeführte Fahrt eines zur Personen- oder Güterbeförderung verwendeten leeren oder beladenen Fahrzeuges.

 

Gemäß Art. 4 lit.k der Verordnung (EG) 561/2006 ist als Tageslenkzeit die summierte Gesamtlenkzeit zwischen dem Ende einer täglichen Ruhezeit und dem Beginn der darauffolgenden täglichen Ruhezeit oder zwischen einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit zu verstehen.

 

5.2. Aus Art.4 lit.a ergibt sich, das Fahrten auch dann in den Anwendungsbereich der angeführten Verordnung fallen, wenn diese nur teilweise auf einer öffentlichen Straße durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass auch Ladetätigkeiten auf Privatgelände in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen. Der Berufungswerber hätte daher auch bei diesen kurzen Fahrten im Zuge der Ladetätigkeiten auf privatem Firmengelände seine Fahrerkarte verwenden müssen. Die dabei zurückgelegten Fahrten sind rechtlich ebenfalls als Lenkzeit zu werten. Diese kurzen Fahrten unterbrechen entgegen dem Berufungsvorbringen auch die Lenkpause bzw. die tägliche Ruhezeit, weil gemäß Art. 4 lit.d als Fahrtunterbrechung nur Zeiträume gelten, die ausschließlich zur Erholung genutzt werden und unter Ruhezeiten solche Zeiträume zu verstehen sind, über welche der Fahrer frei verfügen kann. Sobald es jedoch notwendig ist, den LKW – wenn auch nur für eine kurze Strecke – in Betrieb zu nehmen, kann der Fahrer über diese Zeit nicht mehr frei verfügen. Richtig ist, dass derartige kurze Fahrbewegungen den Erholungszweck der Fahrtunterbrechung bzw. der Ruhezeit nicht so stark beeinträchtigten wie längere Fahrten, dies ändert jedoch nichts an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens, sondern kann lediglich im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigt werden.

 

Soweit der Berufungswerber rügt, dass die Zeiten in "UTC-Zeit" und nicht in der lokalen Zeit angegeben wurde, so wurde diesem Umstand durch die Korrektur des Tatvorwurfes Rechnung getragen. Diese Änderung war auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig, weil der Berufungswerber dadurch in seinen Verteidigungsrechten in keiner Weise eingeschränkt ist und auch zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Doppelbestrafung bestanden hat. Dem Berufungswerber war der Umstand, dass alle Zeiten in "UTC-Zeit" angeführt sind, von Anfang an bekannt.

 

Die Speicherung sämtlicher Zeiten in "UTC-Zeit" hat den Sinn, dass beim Überschreiten von Zeitzonen bzw. bei der Umstellung von Winter – auf Sommerzeit oder umgekehrt die Aufzeichnungen auf der Fahrerkarte lückenlos bzw. ohne Überschneidungen durchgeführt werden können. Sie stellen daher eine übersichtliche und richtige Aufzeichnung der jeweiligen Zeiten sicher und dienen daher der Rechtssicherheit und damit auch dem Schutz des Berufungswerbers selbst.

 

Gemäß Art. 6 Abs.4 umfasst die wöchentliche Lenkzeit alle Lenkzeiten im Gebiet der Gemeinschaft oder im Hoheitsgebiet von Drittstatten. Unter Berücksichtigung dieses räumlichen Geltungsbereiches ist es auch bei der wöchentlichen Lenkzeit ohne weiteres denkbar, dass sich der Berufungswerber am Beginn und am Ende der Arbeitswoche in unterschiedlichen Zeitzonen befunden hat. Die Darstellung dieser Arbeitswoche in der jeweiligen "UTC-Zeit" dient daher auch in diesem Fall der Klarheit und es ist nicht ersichtlich, weshalb der Berufungswerber dadurch in einem Recht verletzt sein sollte. Würde man hingegen – wie es der Berufungswerber vorschlägt – jeweils auf die lokale Zeit abstellen, so könnte der Zeitraum einer Woche tatsächlich länger oder auch kürzer sein als siebenmal 24 Stunden. Eine derartige Auslegung widerspricht jedoch dem Sinn der gegenständlichen Verordnung.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber alle ihm vorgeworfenen Übertretungen begangen hat. Er hat auch nicht dargelegt, aus welchem konkreten Grund die Aufzeichnungen des Kontrollgerätes oder die Auswertung seiner Fahrerkarte falsch sein soll. Er hat die Übertretungen daher in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Die gesetzliche Höchststrafe für jede einzelne Übertretung beträgt gemäß    § 134 Abs.1 KFG 5000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfe unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Dem Berufungswerber kommt der Strafmilderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit zu Gute. Auch der Umstand, dass die Übertretungen keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen haben, kann als strafmildernd berücksichtigt werden. Andererseits ist die Häufung der jeweiligen Über- bzw. Unterschreitungen und deren Ausmaß als straferschwerend zu berücksichtigen. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ist daher nicht auszugehen.

 

Bei deutlich zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten lässt die Konzentration der Kraftfahrer stark nach, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicher zustellen.

 

Die summierte Gesamtlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen betrug in einem Fall 105 Stunden, im anderen Fall 100 Stunden. Dies stellt entsprechend dem Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG einen schwerwiegenden Verstoß dar, sodass die gesetzliche Mindeststrafe 200 Euro beträgt. Die Erstinstanz hat in diesem Punkt die gesetzliche Mindeststrafe verhängt.

 

Die wöchentliche Lenkzeit (Punkt 4) betrug mehr als 62 Stunden, auch dies stellt nach Anhang III der angeführten Richtlinie einen schwerwiegenden Verstoß da, weshalb auch in diesem Punkt die gesetzliche Mindeststrafe 200 Euro beträgt. Diesbezüglich hat die Erstinstanz unter Anwendung des § 20 VStG lediglich eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro verhängt. Beide Strafen erscheinen keinesfalls überhöht und durchaus angemessen.

 

Bezüglich der Ruhezeitunterschreitungen ist anzuführen, dass der Berufungswerber diese insgesamt in sieben Fällen unterschritten hat, mehrere Male auch ganz massiv. So betrug sie zum Beispiel im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 16. November 2010 um 08:03 Uhr lediglich drei Stunden und 38 Minuten. Es handelt sich um einen sehr schwerwiegenden Verstoß und die gesetzliche Mindeststrafe beträgt 300 Euro. Im Hinblick auf die Häufung und das Ausmaß der Unterschreitung ist die gesetzliche Mindeststrafe jedoch nicht ausreichend. Zu Gunsten des Berufungswerbers kann lediglich berücksichtigt werden, dass sich die Ruhezeitunterschreitung am 7. November und am 11. November 2010 im festgestellten Ausmaß nur dadurch ergeben haben, dass die Ruhezeit vor bzw. nach der Fahrt durch ganz kurze Fahrtbewegungen unterbrochen wurden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe spürbar herabgesetzt werden.

 

Der Berufungswerber hat die erlaubte Tageslenkzeit insgesamt sechsmal überschritten, in mehreren Fällen auch ganz deutlich. So betrug sie zum Beispiel vom 16. zum 17. November 2010 mehr als 18 Stunden. Auch die Lenkzeitüberschreitungen stellen daher nach Anhang III der angeführten Richtlinie einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe 300 Euro beträgt. Diesbezüglich ist zu Gunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen, dass im Zeitraum vom 7. zum 9. November 2011 die Ruhezeit nur durch eine kurze Fahrbewegung unterbrochen wurde, dies gilt auch für die Tageslenkzeit, beginnend am 11. November um 21:32 Uhr und bezüglich der Tageslenkzeit vom 24. zum 25. November 2010 ist festzuhalten, dass die dazwischen eingelegte Ruhezeit nur um ca. 30 Minuten zu kurz war. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber die erlaubte Lenkzeit mehrmals und teilweise auch ganz massiv überschritten hat. Insgesamt erscheint auch in diesem Punkt eine Herabsetzung der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe vertretbar.

 

Die nunmehr festgesetzten Strafen erscheinen trotz der ungünstigen Verhältnisse des Berufungswerbers erforderlich, um diesen in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine weitere Herabsetzung der Strafen nicht in Betracht.

 

V: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

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