Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730315/10/Wg/Wu

Linz, 31.10.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 31. Jänner 2011, GZ Sich41-5-2010, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 52 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes EINREISEVERBOT für den gesamten Schengen-Raum erlassen."

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 31. Jänner 2011, GZ Sich41-5-2010, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 sowie §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die rechtskräftige Verurteilung des Bw durch das Landesgericht Ried im Innkreis vom 15. September 2010, 30 Hv 23/10, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. Die Behörde argumentiert weiters, der Bw habe selbst bei der Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis am 16. November 2008 angegeben, dass er in Deutschland zwar keine Vorstrafen habe, aber glaublich zweimal wegen Schlägereien angezeigt worden sei. Weitere Strafverfahren seien nicht abhängig. Auch in Österreich sei er in Zusammenhang mit einer gewalttätigen Auseinandersetzung in Erscheinung getreten und ein gerichtliches Strafverfahren gegen ihn anhängig. So sei er vom BG Braunau am Inn mit Urteil vom 15. Dezember 2009, 1 U 57/09 s-41, wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen von je 24 Euro verurteilt worden. Dieses Urteil sei jedoch nicht rechtskräftig. Es sei ein hohes Gewaltpotenzial im Bw verankert. Es finde kein gravierender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw statt, da er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der Bundesrepublik Deutschland habe. In Hinblick auf die Schwere der von ihm begangenen Straftaten sowie der von ihm ausgehenden Gefahr im Bezug von Gewaltanwendung gegenüber von Menschen sei einzelfallbezogen und unter Abwägung aller Umstände dahingehend zu entscheiden, dass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot auf die Dauer von 10 Jahren zu erlassen sei.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 22. Februar 2011. Der Bw beantragt darin, der Berufung Folge zu geben, den Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Dauer des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes auf 1 Jahr zu reduzieren. Er argumentierte, der gegenständliche Vorfall, aufgrund dessen er verurteilt worden sei, habe am 16. November 2008 stattgefunden und sei der Einschreiter zu diesem Zeitpunkt erst 19 Jahre alt gewesen. Das Erstgericht habe aufgrund des reumütigen Geständnisses und aufgrund der Annahme, dass er für die öffentliche Sicherheit und Ordnung keine Gefährdung darstelle, die gesamte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen. Der gegenständliche Vorfall sei im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Trennung erfolgt und nur aufgrund der Angaben der Ex-Lebensgefährtin des Einschreiters. Der Annahme des Erstgerichtes, dass er über ein hohes Gewaltpotenzial verfüge bzw. im Zusammenhang mit Gewaltdelikten schon mehrmals in Erscheinung getreten sei, ist entgegenzuhalten, dass er bisher nur einmal rechtskräftig verurteilt worden sei. Er habe sich seit dem 16. November 2008 nichts mehr zuschulden kommen lassen und führe einen tadellosen Lebenswandel. Ob die Behörde bei einer gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG zu berücksichtigenden Verurteilung ein Aufenthaltsverbot ausspricht oder nicht, sei eine Ermessensentscheidung. Prinzipiell rechtfertige eine Verurteilung für sich alleine genommen noch nicht zwingend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Das Erstgericht habe eine positive Prognose aufgestellt und sei davon auszugehen, dass der Bw keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstelle. Aufgrund der vorliegenden Umstände sei davon auszugehen, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich durch einen Aufenthalt des Bw in Österreich nicht nachhaltig und maßgeblich gefährdet sei. Aufgrund des Verhaltens des Einschreiters sei vielmehr davon auszugehen, dass er sich in Zukunft gesetzestreu verhalten und einen tadellosen Lebenswandel führen werde. Die Behörde habe über den Einschreiter ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren ausgesprochen. Dieses sei aufgrund der vorliegenden Umstände keinesfalls gerechtfertigt und als zu hoch bemessen anzusehen und hätte man auch mit einer Befristung von 1 Jahr das Auslangen finden können. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte die Behörde feststellen müssen, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich durch den Aufenthalt des Einschreiters im Bundesgebiet nicht nachhaltig und maßgeblich gefährdet sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung übermittelt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG nicht erforderlich.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger des Libanon.

 

Das Bezirksgericht Braunau hat mit Urteil vom 15. Dezember 2009, Zahl 1 U 57/09 s, zu Recht erkannt:

 

"1. X ist s c h u l d i g, er hat am 14.9.2008 in Braunau

1.    nachstehende Personen am Körper verletzt und zwar

A)           X durch Versetzen von Faustschlägen, die eine Prellung und Abschürfung an der Oberlippe zur Folge hatten,

B)           X durch Versetzen eines Fußtrittes gegen das Knie, der einen Bluterguss schienbeinseitig innen rechts samt Bewegungsschmerz zur Folge hatte,

2.            X mit Misshandlungsvorsatz Stöße gegen die Brust versetzt und diesen, der hiedurch eine Brustbeinprellung erlitt, fahrlässig am Körper verletzt

3.            ein Glas oder eine Flasche Richtung X geschleudert und dabei X am Knie getroffen und diese, die hiedurch eine Prellung im Kniebereich erlitt, fahrlässig am Körper verletzt.

 

Er hat hiedurch zu 1. das Vergehen der Körperverlet­zung nach § 83 Abs 1 StGB (in zwei Fällen), zu 2. das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und zu 3. das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür nach dem § 83 Abs 1 StGB bei Anwendung des § 28 StGB zu einer

 

Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils € 24,--

im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu 20 Tagen

Ersatzfreiheitsstrafe

 

und gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

 

II) Hingegen wird X von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe am 14.9.2008 in Braunau X durch Versetzen von Faustschlägen gegen den Körper, was eine Schädelkontusion, eine Gehirn- erschütterung, multiple Prellungen und Hämatomverfärbun- gen, Platzungen, Schürfungen zur Folge hatte, am Körper verletzt, gemäß dem § 259 Z 3 StPO

freigesprochen."

 

Bei der Strafbemessung wertete das Gericht als mildernd: das Mitverschulden der Verletzten X und X, das teilweise Geständnis, die eigene Verletzung, sowie die Tatsache, dass der Angeklagte bislang einen ordentlichen Lebenswandel gepflegt hat und die Tat im auffälligen Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten steht; als erschwerend: die zwei Fakten zu § 83/1 StGB und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Das Urteil ist am 17. September 2010 in Rechtskraft erwachsen.

 

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat mit Urteil vom 15. September 2010, Zahl 30 Hv 23/10 d, zu Recht erkannt:

 

"Der Angeklagte X ist schuldig;

er hat am 16.11.2008 in Braunau am Inn

1.     X mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes dadurch genötigt, dass er ihr einen Schlag in das Gesicht versetzte, sie in sein Auto zerrte, sie an den Armen festhielt und sich auf sie drauflegte, mehrmals einen Finger in ihre Scheide einführte und seinen erigierten Penis in ihre Scheide einzuführen versuchte,

2.     X durch Versetzen eines Schlages in das Gesicht am Körper verletzt, wodurch diese zu Boden stürzte und Verletzungen unbekannten Grades erlitt.

 

Strafbare Handlung(en):

zu 1. das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB,

zu 2. das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB

 

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 28 StGB

 

Strafe: nach § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

 

18 (achtzehn) MONATEN

 

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen."

 

Das Landesgericht wertete als erschwerend: das Zusammentreffen mehrere strafbarer Handlungen, als mildernd: das reumütige Geständnis, den Umstand, dass die Tat schon vor fast 2 Jahren war und er sich seither wohl verhalten hat, das Alter unter 21 Jahren und die Unbescholtenheit.

 

Der Bw verfügt lt Auskunft des Landratsamtes Rottal-Inn jedenfalls seit 15. September 2005 über eine Aufenthaltserlaubnis nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz. Diese ist noch bis 20. August 2012 gültig.

 

In seiner Eingabe vom 16. Dezember 2010 führte der Bw aus:

"Es ist richtig, dass der Einschreiter mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 15.09.2010, 30 Hv 23/10, zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde, wobei die gesamte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dies deshalb, da der Einschreiter ein reumütiges Geständnis abgelegt hatte und es das Gericht weder aus general- noch aus spezialpräventiven Gründen für erforderlich hielt, über den Einschreiter eine unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen. Von einer Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist das Gericht nicht ausgegangen.

 

Der gegenständliche Vorfall, aufgrund dessen die Verurteilung erfolgte, erfolge bereits am 16.11.2008, und war der Einschreiter zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt. Seit diesem Vorfall hat er sich weder in Deutschland noch in Österreich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Er führt einen tadellosen Lebenswandel und ist in Deutschland als selbständiger Autohändler tätig.

 

Der Einschreiter ist in Österreich polizeilich nicht gemeldet und hat auch hier keinen Wohnsitz. Seinen Hauptwohnsitz hat er in X.

 

Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten als Autohändler ist es jedoch so, dass er ab und zu Aufträge in Österreich aufnimmt bzw. Autoverkäufer über Österreich abwickelt. Für den Einschreiter ist es daher zwingend erforderlich, sich, wenn auch nur vorübergehend bzw. kurzfristig in Österreich aufzuhalten. Des Weiteren wohnt der Cousin des Einschreiters, X, in X. Der Einschreiter hat diesen bisher alle drei bis vier Wochen besucht, zumal dieser in Österreich keine anderen Verwandten hat und infolge einer Krankheit betreut werden muss.

 

Die Behörde beabsichtigt nunmehr, gegen den Einschreiter ein Aufenthaltsverbot nach§ 60 FPG zu erlassen.

 

Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Behörde, wobei eine gemäß § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG zu berücksichtigende Verurteilung für sich allein genommen nicht zwingend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigt.

 

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber dem Einschreiter ist aus obigen Gründen der öffentlichen Ordnung Sicherheit nicht notwendig.

 

IV.) Es wird sohin beantragt, das Verfahren bezüglich der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einzustellen."

 

Die BH Braunau hat daraufhin den bekämpften Bescheid erlassen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gem. § 125 Abs. 16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2011, GZ 2011/22/0097, ausgeführt, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der Benennung des innerstaatlichen Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und eine Einreiseverbot im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt.

 

Eine „Rückkehrentscheidung“ iSd Art 3 Z 4 der Rückführungsrichtlinie ist die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird;

 

Ein „Einreiseverbot“ iSd Art 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie ist die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht;

 

illegaler Aufenthalt  iSd Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie ist die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

 

Aus dem Verweis des Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie auf Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) und den damit verbundenen Schengen-Besitzstand ergibt sich, dass Einreiseverbote iSd Artikel 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie für den gesamten Schengen-Raum gelten.

 

Bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes iSd § 60 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 handelt es sich daher um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie. Vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. 38/2011 erlassene Rückkehrverbote iSd gemäß § 62 idF vor dem 1. Juli 2011 bzw iSd 54 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 gelten nach durchsetzbarer Ausweisung im Asylverfahren gemäß § 54 Abs 9 FPG ebenfalls als Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum.

 

§ 9 Abs 1 Z 1 FPG und § 9 Abs 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor.  Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom  31. Mai 2011, GZ. 2011/22/0097 folgt aber letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden  Maßnahme – wie z.B. Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verfügt.

„Aufenthaltstitel“ im Sinn des Artikel 2 Z 15 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) sind

a) alle Aufenthaltstitel, die die Mitgliedstaaten nach dem einheitlichen Muster gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige ausstellen;

b) alle sonstigen von einem Mitgliedstaat einem Drittstaatsangehörigen ausgestellten Dokumente, die zum Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet oder zur Wiedereinreise in sein Hoheitsgebiet berechtigen, ausgenommen vorläufige Aufenthaltstitel, die für die Dauer der Prüfung eines ersten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Buchstabe a oder eines Asylantrags ausgestellt worden sind;

 

Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich gemäß Art 21 Abs 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) idF der Verordnung (EG) Nr. 265/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2010 aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen.

 

Gegen Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels eines Mitgliedstaats der Europäischen Union rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, kann unter den Voraussetzungen des § 63 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, sind die Bestimmungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 FPG anzuwenden.

 

Die Frage, ob ein nicht rechtmäßiger bzw "illegaler" Aufenthalt iSd § 31 FPG bzw Artikel 3 Z 2 Rückführungsrichtlinie vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob der Drittstaatsangehörige die Einreisevoraussetzungen des Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) nicht oder nicht mehr erfüllt. So bestimmt auch § 31 Abs 1 Z 1 FPG, dass sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

 

Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten je Sechsmonatszeitraum gelten gemäß Artikel 5 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines oder mehrerer gültiger Reisedokumente sein, die ihn zum Überschreiten der Grenze berechtigen.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (1), vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in

den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der

Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

 

Unter welchen Voraussetzungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit iSd Artikel 5 Abs 1 lit e cit VO vorliegt, ergibt sich aus § 53 FPG.

 

So ist ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbe-schäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens

1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechts-kräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Der Bw wurde am 15. September 2010 rechtskräftig wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt. Damit ist der Tatbestand für ein höchstens 10-jähriges Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt.

Der Bw argumentierte, das Gericht habe eine bedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen und sohin eine positive Prognose aufgestellt. Die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich sei durch seinen Aufenthalt in Österreich nicht nachhaltig und maßgeblich gefährdet.

 

Dem ist zu entgegnen, dass eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich nur im Falle eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG, der seinen Aufenthalt bereits seit 10 Jahren im Bundesgebiet hat, Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist (vgl § 67 FPG). Im Fall des Bw kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts zunächst auf die (bloße) Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit an (zur abgestuften Gefährdungsprognose vgl. weiters VwGH vom 22. Februar 2011, 2008/18/0025).  Die Fremdenpolizeibehörde hat dabei das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitende Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über die bedingte Nachsicht der Strafe, zu beurteilen (vgl. VwGH vom 7. Mai 1999, 99/18/0056).

 

Bei einem derart schweren Verbrechen wie es die Vergewaltigung (Tatzeit: 16. November 2008) zweifelsohne darstellt, in Verbindung mit dem Umstand, dass der Bw erst kurz zuvor (Tatzeit: 14. September 2008) wegen des Vergehens der Körperverletzung straffällig geworden ist, ist zu befürchten, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich gefährdet. Wie schon erwähnt, kommt es bei dieser Gefährdungsprognose nicht darauf an ,dass es sich um eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung im Sinn des § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG handelt. Festzuhalten ist aber, dass vom Bw in Anbetracht des festgestellten Sachverhalts nicht nur eine "bloße", sondern durchaus eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Das BG Braunau hat dem Bw im Urteil vom 15. Dezember 2009 zugute gehalten, dass die am 14. September 2008 begangene Körperverletzung im auffälligen Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten steht. Bzgl der kurz darauf, am 16. November 2008 begangenen Vergewaltigung, räumte das LG Ried im Urteil vom 15. September 2010 ein, dass die Tat schon vor fast 2 Jahren war und der Bw sich seither wohlverhalten habe. Das Gericht setzte eine dreijährige Probezeit fest. Auf Grund des engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Körperverletzung am 14. September 2008 und der Vergewaltigung am 16. November 2008 kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Bw schon nachhaltig gebessert hat. Die Gefährdung für die öffentliche Sicherheit iSd § 53 Abs 3 FPG ist nach wie vor gegenwärtig.  

 

Der Bw erfüllte nicht (mehr) die Einreisevoraussetzung des Artikel 5 Abs. 1 lit. e cit VO und hielt sich damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Somit ist die Grundvoraussetzung für eine Rückkehrentscheidung iSd § 52 FPG erfüllt.

 

Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 52 Abs 1 FPG, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich gemäß § 52 Abs 2 FPG unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

 

Gemäß § 52 Abs 1 letzter Satz FPG kommt es nicht darauf an, dass sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Bundesgebiet aufhält. Es ist vielmehr auf seinen Aufenthaltstatus zum Zeitpunkt des letztmaligen Verlassens des Bundesgebiets abzustellen. Im Falle eines Fremden mit Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaats muss zudem bei Bescheiderlassung nach wie vor eine Gefährdung iSd § 53 Abs 2 oder 3 FPG gegenwärtig sein. Ist in einer solchen Fallkonstellation die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist gemäß § 52 Abs 2 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Letzteres ist – unabhängig vom tatsächlichen Aufenthaltsort oder einer mittlerweile erfolgten Ausreise –danach zu beurteilen, ob ein allfälliger Aufenthalt im Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sofort und zwar gegebenenfalls im Wege der Abschiebung beendet werden müsste. Kann mit einer formlosen schriftlichen "Ausreiseverpflichtung", in der dem Fremden eine Frist für die Ausreise eingeräumt wird, das Auslangen gefunden werden, ist eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig.

 

Ist der Drittstaatsangehörige nicht im Bundesgebiet niedergelassen und ein Gefährdungstatbestand nach § 53 Abs 3 FPG verwirklicht, ist im Regelfall aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet erforderlich.

 

Da sich der Bw folglich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und seine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Sicherheit unbedingt erforderlich war, sind die Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 iVm. Abs. 1 FPG erfüllt.

 

Mit einer Rückkehrentscheidung wird gemäß § 53 Abs 1 FPG ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Bw nimmt eigenen Angaben zufolge ab und zu Aufträge in Österreich auf bzw. wickelt über Österreich Autoverkäufe ab. Es sei für ihn daher zwingend erforderlich, sich, wenn auch nur vorübergehend bzw. kurzfristig, in Österreich aufzuhalten. Es steht daher zweifelsfrei fest, dass die Rückkehrentscheidung samt dem für den gesamten Schengen Raum geltenden Einreiseverbot eine erhebliche Einschränkung seines Privat- bzw. Erwerbslebens darstellt.

 

Des weiteren wohnt ein Cousin des Einschreiters, X, in X. Der Bw hat diesen bisher alle 3 bis 4 Wochen besucht, zumal dieser in Österreich keine anderen Verwandten hat und infolge einer Krankheit betreut werden muss. Auch insoweit liegt zweifelsohne ein Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Bw vor, würde die Rückkehrentscheidung samt dem Einreiseverbot den Kontakt zweifelsohne auf die festgesetzte Zeit unterbinden.

 

Der Kontakt zu seinem Cousin ist in rechtlicher Hinsicht jedoch zu relativieren, da er mit diesem nicht in einem gemeinsamen Haushalt wohnt (vgl. VwGH vom 12. November 1998, 98/18/0319).

 

Aufgrund seines brutalen Vorgehens am 16. November 2008, als er X vergewaltigte, ist zu befürchten, dass er im Falle einer neuerlichen Einreise in Österreich weitere strafbare Handlungen begehen wird. Daran ändert auch der Umstand, dass er sich seither wohl verhalten hat, nichts. Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit iSd § 53 Abs 3 Z 1 FPG ist nach wie vor gegenwärtig.

 

Jedoch ist die von der Erstbehörde festgesetzte Dauer des Aufenthalts- bzw Einreiseverbotes zu lang. Im Fall des Bw ist das Wohlverhalten während eines 8-jährigen Einreiseverbotes abzuwarten, um einen nachhaltigen Gesinnungswandel annehmen zu können. Ob der – nunmehr auf Deutschland beschränkte – Aufenthaltstitel des Bw aberkannt wird, haben die deutschen Behörden zu entscheiden (vgl. die Richtlinie des Rates vom 28. Mai 2001, 2001/40/EG, über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, bzw. § 46b Abs. 2 FPG).

 

Das Einreiseverbot war gemäß § 53 Abs. 3 FPG mit 8 Jahren neu festzusetzen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung dieser Entscheidung waren gemäß § 59 Abs 1 FPG nicht erforderlich, da der Bw lt E-Mail vom 31. Oktober 2011 der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

                            

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

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