Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730227/4/SR/ER/Wu

Linz, 15.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geb. X, StA Nigeria, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 29. November 2010, AZ Sich40-15371, betreffend eine Ausweisung des Berufungswerbers nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

             I.      Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

          II.      Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 29. November 2010, AZ Sich40-15371, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 53 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich angeordnet.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde zunächst aus, dass der Bw, ein nigerianischer Staatsangehöriger, erstmalig am 20. August 2001 nach Österreich eingereist sei und am 21. August 2001 einen Asylantrag gestellt habe, über den mit Wirkung 21 Dezember 2009 rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Seither sei der Aufenthalt des Bw in Österreich als nicht rechtmäßig einzustufen.

Daraufhin habe der Bw am 11. Jänner 2010 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" beantragt, diesen Antrag habe er am 14. Jänner durch einen Zusatzantrag betreffend die Inlandsantragstellung ergänzt. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Ried i.I. habe dem Antrag mit Bescheid vom 21. Juni 2010 aufgrund unzulässiger Inlandsantragstellung keine Folge gegeben. Der Bw habe dagegen mit Schriftsatz vom 2. Juli 2010 berufen; zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften gegenständlichen Ausweisungsbescheids sei noch keine Entscheidung des Bundesministeriums für Inneres über die Berufung gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried i.I. betreffend den Aufenthaltstitel vorgelegen.

 

In seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Ausweisung vom 3. August 2010 habe der Bw beantragt, das Ausweisungsverfahren einzustellen bzw. bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Aufenthaltsverfahren auszusetzen. Begründend habe der Bw vorgebracht, dass das Aufenthaltsverfahren nur aufgrund unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen worden sei. Da die inhaltlichen Feststellungen des Bw unbestritten geblieben seien, gehe er davon aus, dass keine Erteilungshindernisse vorlägen und ausschließlich die Rechtsfrage über die Zulässigkeit der Inlandsantragsstellung zu klären sei.

 

Die belangte Behörde stellt ferner fest, dass der Bw am 10. Dezember 2005 vor dem Standesamt X die österreichische Staatsbürgerin X, geboren am X, geheiratet habe. Seit 23. Februar 2006 sei der Bw durchgehend – bis zum Entscheidungszeitpunkt – in der Wohnung seiner Ehefrau in X, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Aus beruflichen Gründen sei der Bw seit 23. Februar 2006 mit Nebenwohnsitz unter der Adresse X, polizeilich gemeldet.

Nach Angaben der Ehefrau des Bw habe der Bw in Österreich keine Verwandten, mit seiner in Nigeria wohnhaften Mutter habe er regelmäßig Kontakt. Der Bw habe einen Bruder und eine Schwester, die in Nigeria wohnhaft und beschäftigt seien.

Die Ehe verlaufe nach Angaben der Gattin sehr harmonisch, der Nebenwohnsitz des Bw sei auf berufliche Gründe zurückzuführen, da der Bw an den Werktagen in den Nachtstunden Zeitungspakete sortiere und im Mühlviertel verteile. Die Wochenenden würden der Bw und seine Gattin gemeinsam in X verbringen, manchmal würden sich der Bw und seine Gattin auch während der Woche treffen.

Die Ehefrau des Bw wäre Hälfteeigentümerin des Hauses in X, an dem sich der Hauptwohnsitz des Bw befinde, im selben Haus würden der Sohn des Bw mit seiner Familie sowie die von der Gattin des Bw betreute Schwiegermutter in jeweils eigenen Wohneinheiten wohnen. Im ersten Stock dieses Hauses befinde sich die gemeinsame Ehewohnung. Es werde gemeinsam gewirtschaftet und die Ehe geschlechtlich vollzogen, keinesfalls liege eine Aufenthaltsehe vor. Für die Ehe habe die Gattin keinen Vermögensvorteil erhalten, noch sei ihr ein solcher in Aussicht gestellt worden.

Die Ehefrau beziehe Übergangsgeld vom AMS und gebe ferner an, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen mehrfach erfolglos Anträge auf Gewährung einer Invaliditätspension gestellt habe; die Aufnahme einer leichten Tätigkeit, die ihr trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung zuzumuten sei, sei aber aufgrund ihrer mangelnden Berufsausbildung und der Arbeitsmarktsituation nicht möglich.

 

Nach Darstellung der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass in einer Zeit, in der ein anhaltender hoher Migrations- und Zuwanderungsdruck zu verzeichnen sei, ein geordnetes Fremdenwesen von eminentem Interesse für Österreich sei, weshalb den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zukomme.

Mit der Ausweisung sei ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw verbunden, weshalb eine Interessenabwägung entsprechend den zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fremdenrechtsvorschriften vorzunehmen gewesen sei.

Die belangte Behörde gelangt zu dem Ergebnis, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Ausweisung schwerer wiegen würden als die Auswirkung dieser Entscheidung auf die persönliche Lebenssituation des Bw, da Fremde, die sich unberechtigterweise in Österreich aufhalten würden, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellen würden. Da sich der Bw zum Entscheidungszeitpunkt bereits mehr als elf Monate rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten habe, müsse in diesem Zusammenhang von einem beharrlichen illegalen Verbleiben in Österreich gesprochen werden.

Das Gewicht der persönlichen Interessen des Bw an einem Verbleib im Bundesgebiet werde dadurch relativiert, dass sein langjähriger Aufenthalt aufgrund eines Asylantrags, der sich letztlich als unbegründet erwiesen habe, rechtmäßig gewesen sei und er das Familienleben mit seiner um 14 Jahre älteren Ehefrau zu einem Zeitpunkt begründet habe, als ihm – aufgrund der damals bereits ergangenen erstinstanzlich negativen Asylentscheidung – bewusst sein hätte müssen, dass sein Aufenthaltsstatus bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen sei.

In ihrer Begründung hebt die belangte Behörde weiters hervor, dass der Bw keine Kinder habe und seine Ausbildung in Nigeria absolviert habe. Die im Aufenthaltsverfahren zur Inlandsantragsstellung vorgebrachten Gründe, wonach die Gattin des Bw aufgrund ihres Gesundheitszustands auf die Unterstützung des Bw angewiesen sei, seien nicht ausreichend berücksichtigungswürdig, insbesondere da der Bw sich werktags nicht am gemeinsamen Hauptwohnsitz aufhalte, die Gattin in der Lage sei, sich um ihre Mutter zu kümmern und überdies auch der im selben Haus wohnhafte Sohn der Gattin des Bw unterstützend eingreifen könne.

Die Intensität des Familienlebens sei aufgrund der häufigen Aufenthalte des Bw an seinem Zweitwohnsitz deutlich geschmälert.

Trotz der vorliegenden Integration des Bw und seiner Unbescholtenheit würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen des Bw an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegen, da alle maßgeblichen integrationsbegründenden Umstände aus einem unsicheren Aufenthaltsstatus heraus geschaffen worden seien und demzufolge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen seien. Darüber hinaus sei der Bw mit den Lebensumständen in seinem Heimatland vertraut und halte nach wie vor Kontakt zu seiner Mutter, weshalb er auch fehlende Anknüpfungspunkte in Nigeria nicht gelten machen könne.

Nach weiteren Erwägungen zum parallel anhängigen Aufenthaltsverfahren gelangt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Ausweisung und damit der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw geboten und verhältnismäßig sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2010. Darin wird der Antrag gestellt, den Bescheid aufzuheben.

 

Begründend bringt der Bw vor, die belangte Behörde habe die Unterstützung des Bw bei den täglichen Tätigkeiten seiner Frau nicht ausreichend gewürdigt, da er bereits in der Berufungsschrift gegen den Bescheid im Aufenthaltsverfahren, die er in seiner Stellungnahme zum Ausweisungsverfahren zum Bestandteil seines Vorbringens im Ausweisungsverfahren erhoben habe, darauf hingewiesen habe, dass er diese unterstützenden Tätigkeiten jeden Samstag im Voraus verrichte. Auch die Intensität des Familienlebens sei von der belangten Behörde unrichtig gewürdigt worden. Darüber hinaus sei die Annahme der belangten Behörde, die Gattin des Bw sei ob ihres Pensionsvorschusses von rund € 470,- nicht vom Bw abhängig, realitätsfremd.

Weiters sei das Verfahren mangelhaft geführt worden, indem von der belangten Behörde nicht darauf eingegangen worden sei, dass im Aufenthaltsverfahren lediglich die Inlandsantragsstellung, nicht aber die inhaltlichen Vorbringen negativ gewertet worden seien.

 

Überdies wäre vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens das Aufenthaltsverfahren abzuwarten gewesen, da mit einer Entscheidung über den Aufenthaltstitel eine Vorfrage geklärt worden wäre.

 

Schließlich begründet der Bw seine Berufung mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung hinsichtlich der gemäß Art. 8 EMRK vorzunehmenden Abwägung der darin geregelten Rechtsgüter.

 

3. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich – nach Inkrafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Unabhängigen Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, die Insolvenzdatei des Landesgerichts Ried i.I., AZ 15 Se 99/11t, einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), einen aktuellen Versicherungsdatenauszug, sowie durch die Ausführungen des Bw und seiner Gattin im Rahmen des Parteiengehörs am 7. November 2011 vor dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats Oö.

 

3.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist erstmals am 20. August 2001 illegal nach Österreich eingereist und stellte am 21. August 2001 einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag). Das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, wies den Antrag mit Bescheid vom 15. Oktober 2001 gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 ab. Dagegen brachte der Bw fristgerecht Beschwerde ein. Der Asylgerichtshof wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2009 ab; dieses Erkenntnis erwuchs am 21. Dezember 2009 in Rechtskraft.

Am X heiratete der Bw eine österreichische Staatsangehörige; seit 23. Februar 2006 ist er – mit Unterbrechung von 2. März 2011 bis 8. April 2011 – in der Wohnung seiner Ehefrau in X mit Hauptwohnsitz gemeldet. Gleichzeitig war der Bw von 23. Februar 2006 bis 12. April 2011 berufsbedingt in X mit Nebenwohnsitz gemeldet, dort hielt er sich wochentags auf, um seiner beruflichen Tätigkeit als Zeitungszusteller im Raum Mühlviertel, die er in den Nachtstunden auszuüben hatte, nachzukommen.

 

In Folge des rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahrens beantragte der Bw am 11. Jänner 2010 persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger". Mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2010 stellte der Bw den Zusatzantrag auf Zulassung zur Inlandsantragsstellung gemäß § 21 Abs 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2001 – NAG, in der damals geltenden Fassung.

 

Mit Bescheid vom 21. Juni 2010 gab die belangte Behörde dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" wegen unzulässiger Inlandsantragstellung keine Folge; begründend wurde ausgeführt, dass die Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 und 2 geboten und gemäß § 21 Abs. 3 Z. 2 NAG (Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK) auch zumutbar sei. Diese Zumutbarkeit wurde damit begründet, dass der Bw sich wochentags an seinem Nebenwohnsitz aufhalte und seiner gesundheitlich beeinträchtigten Gattin daher ohnehin nicht – wie im Antrag vorgebracht – behilflich sein könne und die Gattin darüber hinaus in der Lage sei, die Pflege ihrer Mutter zu übernehmen. Außerdem lebe der Sohn der Gattin an der selben Adresse und könne seiner Mutter bei anstrengenden Tätigkeiten behilflich sein. Darüber hinaus sei das Familienleben des Bw während eines Zeitraums entstanden, in dem dem Bw sein unsicherer Aufenthaltsstatus aufgrund der erstinstanzlichen negativen Asylentscheidung im Oktober 2001 bewusst sein hätte müssen. Ein gemäß Art. 8 EMRK verstoßender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw liege somit nicht vor, die Antragstellung hätte im Ausland erfolgen müssen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig Berufung. Mit Bescheid vom 4. April 2011 wies die Bundesministerin für Inneres die Berufung ab.

 

Neben Erwägungen zur finanziellen Situation des Bw und seiner Gattin stellte die Bundesministerin für Inneres fest, dass es sich bei der Ehe des Bw um eine Aufenthaltsehe handle, weshalb kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK bestehe.

 

Am 7. Februar 2011 hat der Rechtsanwalt des Bw sein Vollmachtsverhältnis aufgekündigt.

 

Mit Beschluss vom 30. September 2011 wurde vor dem Landesgericht Ried im Innkreis über den Bw ein Konkursverfahren eröffnet.

 

Aufgrund der Angaben des Bw und dessen Gattin vor dem erkennenden Mitglied am 7. November 2011 steht fest, dass die polizeiliche Abmeldung des Bw von seinem Hauptwohnsitz in X von 2. März 2011 bis 8. April 2011 nicht aufgrund eines angeblichen Auslandsaufenthalts, sondern um unliebsamen Nachfragen vorzubeugen, vorgenommen wurde. Der Bw und seine Gattin vermitteln glaubhaft den Eindruck einer auf Gegenseitigkeit beruhenden, aufrechten Ehe.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

4.1.2. Im vorliegenden Fall wurde die Ausweisung auf Basis des § 53 FPG (in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011) erlassen, weshalb diese Ausweisung als Rückkehrentscheidung im Sinne des § 52 FPG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 anzusehen und zu beurteilen ist.

 

4.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

4.2.2. Im vorliegenden Fall ist auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist.

 

Zum Vorbringen des Bw, die Entscheidung über das Aufenthaltsverfahren beurteile eine Vorfrage für die Voraussetzung einer Ausweisung, und die Erstbehörde hätte somit vor Erlassen des Ausweisungsbescheids den Ausgang der Berufung im Aufenthaltsverfahren abwarten müssen, ist folgendes entgegen zu halten:

§ 43 Abs. 5 NAG sieht vor, dass Anträge gemäß Abs. 4 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz begründen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Behörde über einen solchen Antrag hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde jedoch unter im Gesetz näher geregelten Voraussetzungen mit der Durchführung der eine Ausweisung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten. Die Behörde war daher nicht verpflichtet, vor Erlassen des Bescheids über die Ausweisung das Ergebnis des Aufenthaltsverfahrens abzuwarten.

Allerdings ist bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung sowohl auf Art. 8 EMRK als auch § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

4.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Nach § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der       bisherige         Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.         der Grad der Integration;

5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des     Asyl-   Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem            Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

4.3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessenabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte ist es grundsätzlich zulässig und erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

In Anbetracht des über zehn Jahre währenden Aufenthaltes im Bundesgebiet ist dem Bw eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zu zugestehen.

Das Gewicht der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration wird jedoch angesichts der ständigen Judikatur des VwGH dadurch gemindert, als der Aufenthalt des Bw während des Asylverfahrens nur aufgrund eines Antrages, welcher sich letztendlich als unberechtigt erwiesen hat, temporär berechtigt war. Dem Bw musste bewusst sein, dass er ein Privat- und Familienleben während eines Zeitraumes, in dem er einen "unsicheren" Aufenthaltsstatus hatte, geschaffen hat, (vgl. etwa Erkenntnis vom 08.11.2006, Zahl 2006/18/0344 sowie Zahl 2006/18/0226 ua.). Er durfte nicht von vornherein damit rechnen, nach einem allfälligen negativen Ausgang des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen.

Im Hinblick auf den über zehn Jahre währenden Aufenthalt in Österreich ist im Besonderen auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzustellen. Wie folgt wiedergegeben, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, GZ 2009/21/0348, einer sozialen Integration, obwohl sie in einem Zeitraum entstanden ist, während dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war, ein nicht unbeachtliches Gewicht beigemessen.

 

Das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (E. vom 22. Oktober 2009, Zl. 2009/21/0293; E. vom 29. September 2009, Zl. 2009/21/0253; E. des VfGH vom 3. März 2008, B 825/07 mit Bezug auf die Urteile des EGMR vom 31. Jänner 2006, Rodrigues da Silva und Hoogkaamer gegen die Niederlande [Beschwerde Nr. 50435/99] und vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie u.a. gegen Norwegen [Beschwerde Nr. 265/07]). Der EGMR stellt in den angesprochenen Urteilen darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist. Sei das der Fall, bewirke eine Ausweisung des ausländischen Familienangehörigen nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art 8 EMRK (vgl.: E vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/18/0721, E. vom 30. April 2009, Zl. 2009/21/0086). In diesem Sinn ist nach der Z. 8 des § 66 Abs. 2 FPG [in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011] aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Annordnung bei der Interessensabwägung darauf Bedacht zu nehmen, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war. Freilich hat die genannte Bestimmung schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Erkenntnis vom 20. Jänner 2011, Zl. 2010/22/0158, hat der Verwaltungsgerichtshof bei einer im Wesentlichen vergleichbaren Sachlage, jedoch eines knapp über 10 Jahre bestehenden Aufenthaltes, dem persönlichen Interesse des Fremden am Verbleib in Österreich ein solches Gewicht beigemessen, dass eine Ausweisung unzulässig ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei wie folgt ausgeführt:

 

Der Beschwerdeführer verweist auf seine Erwerbstätigkeit und darauf, dass er sich während seines Aufenthaltes in Österreich "in privater Hinsicht sehr gut integriert" habe. Die belangte Behörde hob zwar zu Recht hervor, dass dem Beschwerdeführer bereits nach erstinstanzlicher Abweisung seines Asylantrages die Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus bewusst war, er somit nicht mit einem legalen Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Sie ist auch darin im Recht, dass dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. für viele etwa das Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0688). Dementsprechend haben Fremde nach Abweisung ihres Asylantrages grundsätzlich den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet herzustellen. Demgegenüber vermag der Beschwerdeführer jedoch einen bereits über zehnjährigen Aufenthalt in Österreich für sich ins Treffen zu führen und es stellte die belangte Behörde auch fest, dass er erwerbstätig ist. Diese Umstände verleihen dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich ein solches Gewicht, dass die Ausweisung unverhältnismäßig erscheint (vgl. zu ähnlichen Fällen etwa die E. vom 26. August 2010, 2010/21/0206 und 2010/21/0009).

 

4.4. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob wegen eines besonders stark ausgeprägten persönlichen Interesses an einem Verbleib in Österreich akzeptiert werden muss, dass der Bw mit seinem Verhalten (illegale Einreise und unrechtmäßiger Verbleib nach negativer Beendigung des Asylverfahrens) im Ergebnis versucht, vollendete Tatsachen ("fait accompli") zu schaffen (Hinweis E 24. Oktober 2007, 2007/21/0361), vgl. 2007/21/0074 17.07.2008. Mit über zehn Jahren Dauer kann der Bw auf einen relativ langen Aufenthalt in Österreich verweisen, wobei der größte Teil davon aufgrund des mehr als acht Jahre andauernden Asylverfahrens rechtmäßig war.

Gemäß § 61 Abs. 2 Z. 2 FPG ist bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen, ob tatsächlich ein Familienleben besteht.

Im Verfahren nach dem NAG sind die zuständigen Behörden im Falle eines begründeten Verdachtes (Bestehen einer Aufenthaltsehe) gemäß § 37 Abs. 4 NAG gehalten, die zuständige Fremdenpolizeibehörde davon zu verständigen.

 

§ 37 Abs. 4 NAG lautet:

Hat die Behörde bei Vornahme einer Amtshandlung nach diesem Bundesgesetz den begründeten Verdacht, dass in Bezug auf einen bestimmten Fremden eine Aufenthaltsehe [...] besteht, hat sie die zuständige Fremdenpolizeibehörde von diesem Verdacht zu verständigen. Diese Verständigung hemmt den Ablauf der Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG bis zum Einlangen einer Mitteilung der Fremdenpolizeibehörde gemäß § 110 FPG bei der Behörde. Teilt die Fremdenpolizeibehörde mit, dass keine Aufenthaltsehe [...] besteht, oder erfolgt die Mitteilung der Fremdenpolizeibehörde nicht binnen drei Monaten, hat die Behörde vom Vorliegen einer Ehe [...] auszugehen, [...].

 

Entgegen dieser Verpflichtung hat die Berufungsbehörde den ihr vorliegenden Sachverhalt beurteilt und ist in der Folge von einer Aufenthaltsehe ausgegangen.

 

Im Ausweisungsverfahren ist die belangte Behörde (zuständige Fremdenpolizeibehörde) nicht von einer Aufenthaltsehe ausgegangen.

 

Das erkennende Mitglied konnte – ebenso wenig wie die belangte Behörde – nicht feststellen, dass es sich bei der Ehe des Bw um eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 Abs. 1 NAG handelt. Der Bw ist seit X – also seit etwa sechs Jahren – mit seiner Gattin, einer österreichischen Staatsbürgerin, verheiratet. Seit 23. Februar 2006 ist er in der Wohnung seiner Gattin mit Hauptwohnsitz gemeldet, gleichzeitig unterhielt er aber aus beruflichen Gründen einen Nebenwohnsitz in X, wo er sich werktags aufhielt. Trotz dieser überwiegenden räumlichen Trennung konnte der Bw sowohl in seinen schriftlichen Vorbringen als auch bei der persönlichen Vorsprache mit seiner Gattin umfassend glaubhaft geltend machen, dass er mit seiner Gattin eine aufrechte Partnerschaft führt.

 

Bezüglich des von der belangten Behörde ins Treffen geführten unsicheren Aufenthalts des Bw zum Zeitpunkt des Entstehens des Privat- und Familienlebens ist insbesondere auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Es kann dem Bw wohl nach einem über zehn Jahre dauernden Aufenthalt ein hohes Maß an Integration zugemessen werden. Dafür sprechen auch die vom Bw glaubhaft vorgebrachten, mittels Zertifikat des Niveaus A2 dokumentierten und von der Behörde festgestellten Deutschkenntnisse.

 

Weiters genießt im vorliegenden Fall die soziale Integration einen hohen Stellenwert. Belegt ist dies dadurch, dass der Bw von April 2002 bis September 2005 überwiegend einer unselbständigen, sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen ist; seit April 2007 ist der Bw selbstständig erwerbstätig, wobei er von 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010 und von 1. Mai 2011 bis 30. September 2011 keine Sozialversicherungsbeiträge abführte. Dem am 30. September 2011 eröffneten Konkursverfahren kommt für die Abwägung gemäß  § 61 Abs. 2 FPG keine unmittelbare Relevanz zu.

 

Nach dem in Rede stehenden Zeitraum ist durchaus nachvollziehbar, dass die Bindung an den Heimatstaat keine relevante Ausprägung erreicht hat. Demgegenüber ist nicht unerheblich, dass der Bw 34 Jahre in Nigeria gelebt und dort eine Ausbildung absolviert hat. Der von der belangten Behörde festgestellte regelmäßige telefonische Kontakt zu seiner Mutter vermag aber keine Rückschlüsse darauf zuzulassen, dass der Bw bei einen allfälligen Rückkehr tatsächlich von seiner in Nigeria verbliebenen Familie aufgenommen werden könnte, insbesondere zumal kein Kontakt zu seinen Geschwistern festgestellt werden konnte.

 

Der Bw ist strafgerichtlich unbescholten.

 

Gemäß der oben angeführten Judikatur des VwGH und VfGH ist in diesem Fall hinsichtlich der Frage eines unsicheren Aufenthalts nach § 61 Abs. 2 Z. 8 FPG bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände festzustellen, dass die für die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sprechenden privaten und familiären Elemente die des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK überwiegen.

 

Nicht zuletzt wird auch davon auszugehen sein, dass gemäß § 61 Abs. 2 Z. 9 FPG von einer eher in die Sphäre der Behörden fallenden langen Verfahrensdauer gesprochen werden muss.

 

Die dargelegten Umstände verleihen dem persönlichen Interesse des Bw an einem Verbleib in Österreich ein solches Gewicht, dass die Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig ist.

 

4.5. Im Ergebnis ist eine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Bw auf Dauer unzulässig.

 

4.5. Es war daher der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

5. Da der Bw ausreichend der deutschen Sprache mächtig ist, konnte gemäß      § 59 Abs. 1 FPG von der Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung Abstand genommen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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