Linz, 05.12.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 15. Februar 2011, Zl. Sich40-205-2007, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2011, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer des Aufenthaltsverbots mit 5 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Itiraziniz kismen kabul edildi ve itiraz edilen karar ölcülü bir sekilde tasdik edildilerek, Ikamet Yasagi 5 yil olarak belirlendi. Itirazla ilgili digerleri, gerekcesiz reddedildi.
Rechtsgrundlagen/ Hukuki dayanak:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)
iVm § 63 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl I. Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 38/2011
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Bescheid vom 15. Februar 2011, Sich40-205-2007, gemäß § 60 Abs.1 iVm Abs.2 Z9 iVm § 86 und 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde nicht aberkannt. Dem Bw wurde ein Durchsetzungsaufschub von 1 Monat gewährt. Die Behörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Bw eine Aufenthaltsehe eingegangen sei.
Dagegen richtet sich die Berufung vom 2. März 2011. Der Bw beantragt darin, den Bescheid aufzuheben und das gegen ihn eingeleitete Aufenthaltsverbotsverfahren einzustellen, in eventu die Aufenthaltsverbotsdauer angemessen herabzusetzen. Er verwies auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen und argumentierte, bei richtiger Würdigung dieses Vorbringens hätte ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden dürfen. Anhaltspunkte für eine Aufenthaltsehe würden nicht vorliegen. Der Zweckänderungsantrag von 22. November 2010 stelle kein Indiz für eine Aufenthaltsehe dar, vielmehr hätte er auf Rat seines Rechtsvertreters die Konsequenz daraus gezogen, dass er von seiner Frau zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt gelebt habe und sohin eine Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger mangels Familiengemeinschaft nicht verlängerbar gewesen sei. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, er würde selbst von einer Aufenthaltsehe ausgehen. Die eindeutigen niederschriftlichen Angaben seiner Ehegattin X vom 9. August 2010 würden die Annahme einer Aufenthaltsehe widerlegen. Seine Ehegattin habe am 9. August 2010 zu Protokoll gegeben, dass sie von ihm wegen Streitigkeiten seit 2 bis 3 Monaten getrennt leben würde. Damit würde seine Ehegattin aber bestätigen, dass zumindest bis Mai bzw. Juni 2010 ein gemeinsamer Haushalt und Familienleben bestanden habe. Gegenteilige Beweisergebnisse würden nicht vorliegen. Von einer Aufenthaltsehe könne daher nicht die Rede sein. Es könne auch nicht davon die Rede sein, er hätte sich den Zugang zum Arbeitsmarkt rechtsmissbräuchlich im Wege einer Scheinehe verschafft. Er sei vielmehr im Wege der Familienzusammenführung nach Österreich gekommen, habe dann mit seiner Ehegattin zusammen gelebt, bis es im Mai bzw. Juni 2010 zur Trennung gekommen sei. Er falle in den Anwendungsbereich des ARB Nr. 1/80 zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei. Auch aus diesem Grund dürfe ein Aufenthaltsverbot gegen ihn nicht erlassen werden. Hilfsweise wende er sich gegen die Aufenthaltsverbotsdauer von 10 Jahren, die in keiner Weise sachgerecht sei und unverhältnismäßig in seine grundrechtlich geschützten Positionen eingreife.
Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat der SID OÖ. den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011 – BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
§ 9 Abs.1 Z1 FPG und § 9 Abs.1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor. Aus dem Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, GZ: 2011/22/0097, folgt aber letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – wie zB Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Artikel 13 Abs.1 der Rückführungslichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.
Dem Bw wurde ursprünglich ein Aufenthaltstitel (Familienangehöriger) gemäß
§ 47 Abs.1 NAG erteilt. Gemäß dieser Bestimmung sind zusammenführende Österreicher, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt.
Seit seiner Scheidung ist der Bw nicht mehr Familienangehöriger iSd § 2 Abs.4 Z12 FPG.
Der Bw berief sich darauf, unter den Anwendungsbereich des ARB Nr. 1/80 zu fallen. Einem Fremden kommt selbst in dem Fall, dass er den Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten hat, die Begünstigung nach dem ARB 1/80 nicht zugute, wenn er diesen Zugang rechtsmissbräuchlich im Weg einer Scheinehe erlangt hat (vgl VwGH vom 1. Juli 2004, 2004/18/0164). Die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe ist nur zum Schein geschlossen worden, setzt nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt oder die Scheinehepartnerin gemäß dem FPG bestraft worden ist (vgl VwGH vom 23. März 2010, 2010/18/0034). Der Bw hat die Ehe mit X geschlossen und sich für die Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" auf diese Ehe berufen, aber mit seiner Ehegattin ein gemeinsames Familienleben iSd Artikel 8 EMRK nicht geführt. Dem Bw kommt daher die Begünstigung nach dem ARB 1/80 nicht zugute.
Er hält sich im Verlängerungsverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Gem § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
- die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
- anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Ein Aufenthaltsverbot ist gem § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Gem § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
- wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
- wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
- wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
- wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
- wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
- den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
- bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
- eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
- an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Gem § 53 Abs. 3 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
- ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
- ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
- ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
- ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
- ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
- auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
- auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
- ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Der Bw hat die Ehe mit X geschlossen und sich für die Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" auf diese Ehe berufen, aber mit seiner Ehegattin ein gemeinsames Familienleben iSd Artikel 8 EMRK nicht geführt. Es ist daher der Tatbestand für ein höchstens fünfjähriges Aufenthaltsverbot nach § 53 Abs 2 Z 8 iVm § 63 Abs 3 FPG erfüllt.
Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs.2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs.1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art.8 Abs.2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art.8 EMRK sind gemäß § 61 Abs.2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs.3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs.1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Das Aufenthaltsverbot führt zur Trennung von seiner Freundin, seinem Bruder und zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Dies stellt zweifelsohne einen Eingriff in das Privat- und Familienleben dar.
Dabei war zu berücksichtigen, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur aufgrund der Aufenthaltsehe mit X möglich war. Der Bw hat sich viele Jahre im Heimatstaat aufgehalten und spricht – wie sich in der mündlichen Verhandlung zeigte – fließend türkisch, weshalb jedenfalls starke Bindungen dorthin bestehen. Dort leben auch seine Eltern.
Das Eingehen einer sogenannten Aufenthaltsehe iSd § 53 Abs.2 Z8 FPG stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar. Dieses öffentliche Interesse iSd Artikel 8 Abs.2 EMRK überwiegt das persönliche Interesse des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist daher gemäß § 61 Abs.1 und Abs.3 FPG zulässig. Gemäß § 67 Abs.2 FPG iVm § 53 Abs.2 Z8 FPG beträgt die zulässige Höchstdauer für das Aufenthaltsverbot 5 Jahre. Im vorliegenden Fall ist dieser Zeitraum erforderlich, um von einem nachhaltigen Gesinnungswandel des Bw ausgehen zu können.
Ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot ist – anders noch als bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides – gesetzlich nicht mehr vorgesehen.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.
Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi
İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.
Talimat
Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.
Mag. Wolfgang Weigl
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;
VwGH vom 29.02.2012, Zl. 2012/21/0017-5