Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401137/7/Wg/Gru

Linz, 13.12.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, wegen Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft seit dem 12. Oktober 2011 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

       I.      Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 11. November 2011, 13.00 Uhr rechtswidrig ist.

 

    II.      Das Mehrbegehren (Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft in der Zeit von 12. Oktober 2011 bis 11. November 2011, 13.00 Uhr) wird als unbegründet abgewiesen.

 

 III.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

  IV.      Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in der Höhe von insgesamt 750,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 69a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 12. Oktober 2011, Zl. Sich40-2828-2011, über den Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) gem. § 76 Abs. 2a Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) angeordnet. Die Behörde argumentierte, der Asylantrag vom 31. August 2011 sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Oktober 2011 ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen worden. Gleichgehend sei festgestellt worden, dass für die Prüfung des Asylantrages Ungarn zuständig sei. Ferner sei er mit gleichem Bescheid gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 ausgewiesen und gem. § 10 Abs. 4 Asylgesetz 2005 festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn zulässig sei. Dieser Bescheid sei dem Bf am 12. Oktober 2011 in der Erstaufnahmestelle West in 4880 St.Georgen i.A. persönlich ausgefolgt worden. Am 12. Oktober 2011 um 7.40 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem dem Bf seitens des BAA East-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden sei, sei er von Beamten der Polizeiinspektion St.Georgen i.A. in der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St.Georgen i.A. im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremden­polizeigesetzes 2005 festgenommen worden. Das Verhalten in Österreich zeige auf, dass er keinesfalls gewillt sei, sich der Abschiebung nach Ungarn zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Ungarn sei in seinem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich sein Asylverfahren im finalen Stadium befinde und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen sei. Bei der Bewertung der Wahl seiner Mittel zur Erreichung seines nachhaltigen Zieles (Aufenthalt in Österreich bzw. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes im EU-Land Ungarn) sei im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass er sich – auf freiem Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen würde, um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Ungarn mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu erschweren und zu verzögern. In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 sei von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechts­änderungsgesetz (FrÄG) 2009 umfasse der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spräche, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände würden in seinem Fall jedoch offenkundig nicht vorliegen, da er volljährig sei, keine (nachgewiesenen) familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen habe und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht worden wären bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgehen würden. Die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung seiner Außerlandesbringung von Österreich nach Ungarn sei verhältnismäßig, denn sein Recht als Fremder auf Schutz der persönlichen Freiheit stehe das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

 

Dagegen richtet sich die beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 7. Dezember 2011 eingelangte Beschwerde vom 6. Dezember 2011. Der Bf stellt darin die Anträge, der UVS des Landes Oberösterreich möge die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der belangten Behörde vom 12. Oktober 2011 feststellen; die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft seit 12. Oktober 2011 auf Grund dieses Schubhaftbescheides feststellen; feststellen, dass die Voraussetzungen der Schubhaft nicht vorliegen; feststellen, dass ihm die damit zusammenhängenden Verfahrenskosten und Aufwendungen zu ersetzen sind; in eventu eine mündliche Verhandlung anberaumen. Prinzipiell sei § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG 2005 als eine Muss-Bestimmung konzipiert, diese greife jedoch nur dann, wenn die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sei. Eben diese Notwendigkeit liege jedoch in seinem Fall auf Grund der Umstände nicht vor. Richtig sei grundsätzlich, dass sein Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt zurückgewiesen worden sei, weil nach dessen Auffassung Ungarn für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Dieser Bescheid sei jedoch aus mehreren Gründen rechtswidrig und sei demgemäß dagegen Beschwerde erhoben worden. Auf Grund von Berichten von Human Rights Watch und dem UNHCR (vgl. Stellungnahme des UNHCR Österreich vom 17. Oktober 2011), in denen die katastrophale Lage des Asylwesens in Ungarn aufgezeigt werde (Inhaftierung von Asylwerbern, Abschiebung nach Serbien, tätliche Übergriffe von Sicherheitsorganen usw.),  seien in einer Reihe von aktuellen Verfahren von seiten des AsylGH die zurückweisenden Bescheide des Bundesasylamtes, die Dublin-Verfahren in Bezug auf Ungarn als Hintergrund hätten, behoben bzw. die Anträge in weiterer Folge zugelassen worden. Dabei wurde beispielsweise auf die Entscheidungen des AsylGH vom 15. November 2011, AZ. S18422112-1/2011, weiters vom 9. November 2011, AZ. S22422114-1/2011 und vom 31. Oktober 2011, AZ. S4422059-1/2011, verwiesen. Darin sei u.a. festgehalten worden, dass eine Überstellung nach Ungarn unter Umständen nicht mit der MRK vereinbar sei. Eine ebensolche Entscheidung sei auch für seinen Fall zu erwarten. Daher bestehe schon aus diesem Grund kein Sicherungsbedarf, weil die von der Behörde angedachte bzw. beabsichtige Maßnahme aller Voraussicht nach ohnedies nicht vorgenommen werden könne. Weiters sei seiner Beschwerde gegen den mit Bescheid des Bundesasylamtes mit Beschluss des AsylGH aufschiebende Wirkung erteilt worden. Grundsätzlich dürfe in einem solchen Fall gem. § 80 Abs. 5 2. Satz FPG 2005 die Schubhaft nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 37 Asylgesetz 2005 bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten bleiben. Durch den ausdrücklichen Verweis auf die Bestimmung des § 37 des Asylgesetzes sei also diese Norm bei der Auslegung des § 80 Abs. 5 FPG 2005 mitzubeachten. § 37 Abs. 3 Asylgesetz normiere jedoch, dass über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 leg.cit., der in Bezug auf die Ausweisung die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, der Asylgerichtshof binnen 2 Wochen zu entscheiden habe. Erfolge keine Entscheidung des AsylGH in den angeführten zwei Wochen nach Zuerkennung, so sei die angeführte Gesetzesstelle systematisch somit dahingehend zu interpretieren, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft diesfalls nicht mehr möglich sei. Es gäbe zudem keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass einem Beschwerdeführer ein Nachteil daraus erwachsen solle, dass einer eindeutigen und ausdrücklichen Vorgabe des Gesetzgebers (arg: "hat") von seiten einer Behörde bzw. eines Gerichtshofes nicht Rechnung getragen werde, aus welchen Gründen auch immer keine Entscheidung erfolge. In diesem Zusammenhang verweise er auch auf das Fairnessgebot des Art. 6 MRK, das bei der Auslegung einfacher Gesetzesbestimmungen zu beachten sei. Die Säumigkeit eines Gerichtshofes liege nicht in seiner Einflusssphäre und sei ihm nicht zuzurechnen. Auch aus Art. 5 EMRK sei diesbezüglich abzuleiten, dass in einem solchen Fall der Entzug seiner Freiheit nicht gerechtfertigt sei. Somit sei auch aus diesem Grund seine Anhaltung rechtswidrig. Die aufschiebende Wirkung sei seiner Beschwerde vor mehr als 5 Wochen zuerkannt worden. Eine Entscheidung des AsylGH im Verfahren zu S6 422.041 stehe nach wie vor aus und sei nicht absehbar, wie lange es noch bis zur Fällung des Erkenntnisses dauern werde. Ein Sicherungsbedarf, wie ihn die Behörde erachte, liege aber auch im Hinblick auf die sonstigen Argumente nicht vor. Durch die aufschiebende Wirkung sei die Durchsetzbarkeit der Ausweisung, auf die die Behörde auf Seite 4 des Bescheides verweise, nicht gegeben. Auf Grund der angeführten Umstände sei sein Vorbringen, dass er nicht nach Ungarn gehen wolle, mehr als gerechtfertigt und berufe er sich auf die obzit. Entscheidungen sowie auf Human Rights Watch und UNHCR. Offenbar hätten auch Letztere Bedenken, dass man in Ungarn ein Asylbegehren einbringen könne und dass dies rechtsstaatlich geprüft werde. Genau dies mache ihm die Behörde auf Seite 5 jedoch zum Vorwurf. Seine Ausreiseunwilligkeit sei somit begründet und auf sachliche und unabhängige Informationen gestützt. Ferne müssten seine Bedenken bezüglich eines Asylverfahrens in Ungarn nachvollziehbar erscheinen. Es sei ihm daher auch nicht zuzumuten, sich den ungarischen Behörden zu stellen. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Ungarn sei nicht mehr zu rechnen, erst recht nicht jedenfalls. Sein Asylverfahren befinde sich auch nicht im finalen Stadium, sondern sei eine Zulassung sehr wahrscheinlich und beginne dann erst das inhaltliche Verfahren, welches noch einige Zeit beanspruchen könne. Wie man den Tatsachen entnehmen könne, sei auch die Annahme der Behörde, dass nur von einer sehr kurzen Anhaltung auszugehen sei, verfehlt. Er befinde sich nun schon seit fast 2 Monaten in Schubhaft. Er hätte den Asylantrag in Österreich gestellt, weil er Flüchtling im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention sei und auch als solcher anerkannt werden möchte und nicht, weil er die Aufhebung einer Festnahme erreichen wollte. Ungarn würde ihm die Anerkennung verwehren bzw. wäre sein Asylverfahren dort höchst unfair. Weshalb sein Verhalten als "Asylantragstourismus" zu qualifizieren sei, sei ihm unverständlich. Er wolle nur sein Leben retten und in Sicherheit gelangen. Es gehe ihm erst recht nicht um finanzielle Mittel, welche er als ertraglose Aufwendung abschreiben müsste. Nicht nachvollziehbar sei ferner, weshalb in seinem Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen sei. Dieser liege eben nicht vor. Insgesamt gesehen sei seine Anhaltung in Schubhaft daher nicht notwendig und daher nicht gerechtfertigt. Die belangte Behörde wäre bei ordnungsgemäßer Ermittlungstätigkeit und richtiger Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung zu eben diesem Schluss gekommen und hätte von seiner Inhaftnahme Abstand genommen bzw. diese aufgehoben. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, die Dauer und das Ziel des Instruments der Schubhaft sei somit die Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtswidrig und werde um antragsgemäße Entscheidung gebeten.

 

Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt dem Verwaltungssenat vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie beantragte, die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Weiters wird in der Gegenschrift argumentiert, ein umfassender Bericht der Staatendokumentation zu Ungarn sei schließlich am 1. Dezember 2011 bei den österreichischen Asylbehörden der I. Instanz eingelangt und sei im gegenständlich anhängigen Beschwerdefall von seiten des Bundesasylamtes per Telefax dem Asylgerichtshof nachgereicht worden. Die vom Beschwerdeführer in der Schubhaftbeschwerdeschrift vertretene Interpretation, dass die Säumigkeit des Asylgerichtshofes im Hinblick auf die Entscheidungspflicht nach § 37 Abs. 3 Asylgesetz eine vom Einzelfall und individuellen Sachverhalt losgelöste und unmittelbar negative Auswirkung auf die Zulässigkeit einer weiteren Anhaltung am Stande der Schubhaft auslöse, entbehre nach Ansicht der belangten Behörde jeglicher gesetzlichen Grundlage und würde sowohl dem Wortlaut des § 80 Abs. 5 FPG als auch dem Willen des Gesetzgebers widersprechen. Der Beschwerdeführer spräche sich in Wiederholung seiner Ausführungen im Rahmen seines Asylverfahrens weiterhin kategorisch und nachhaltig gegen eine Abschiebung nach Ungarn aus. Die Möglichkeit, sich den ungarischen Behörden zu stellen und sich im EU-Staat Ungarn einem rechtsstaatlichen Asylverfahren zu unterziehen, sei vom Beschwerdeführer nochmals gänzlich ausgeschlossen worden. Zusammenfassend werde festgehalten, dass es keinen Stopp von Überstellungen gemäß dem Dubliner-Abkommen nach Ungarn, weder national in Österreich noch in der Form einer Empfehlung des EGMR gäbe. Nachdem nun eine aktuelle Stellungnahme der Staatendokumentation zum Asylwesen und zur Gesamtsituation von Asylwerbern in Ungarn vorliege und diese dem Asylgerichtshof zugänglich gemacht worden sei, sei mit einer zeitnahen Finalisierung des im konkreten Fall des Herrn X gegenwärtig anhängigen Beschwerdeverfahrens im Asyl- und Ausweisungsverfahren zu rechnen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Laut seinen Angaben im Asylverfahren wurde der Bf am X geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

 

Er stellte am 31. August 2011 einen Asylantrag beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West.

 

Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2011, AZ. 1109.869-East-West, ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gem. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Weiters wurde der Bf gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gem. § 10 Abs. 4 Asylgesetz zulässig ist.

 

Aus der Begründung des Bescheides des Bundesasylamtes geht u.a. Folgendes hervor:

 

"Sie wurden am 31.08.2011 in Wien 19., X, zusammen mit 33 weiteren Personen, welche sich illegal im österreichischen Bundesgebiet aufhielten,   angehalten   (siehe   „Asyl-Meldung"   des   LPK  Wien,   Polizeiinspektion Seitenhafenstraße AGM, vom 31.08.2011 - Beilage „A").

Am 31.08.2011 haben Sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei Sie angaben, den Namen X zu führen, Staatsangehöriger von Afghanistan und 23 Jahre alt zu sein.

Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am 01.09.2011 im Polizeianhaltzentrum Breitenfelder Gasse in Wien gaben Sie an, Ihren Herkunftsstaat vor etwa einem Jahr verlassen zu haben und über den Iran und der Türkei mit einem Schlauchboot in Griechenland eingereist zu sein, wo Ihnen die Fingerabdrücke abgenommen worden wären. Nach etwa neun Monaten hätten Sie mit Hilfe eines Schleppers Griechenland verlassen und wären über Mazedonien nach Serbien gelangt. Dann wären Sie mit einem Zug bis nach Subotica gefahren, wo Ihnen ein Serbe einen Wald zum Schlafen gezeigt hätte. In diesem Wald, in dem Sie sich 15 oder 16 Tage aufgehalten hätten, hätten sich an manchen Tagen bis zu 50 Personen befunden, die ebenfalls „geschleppt" worden wären. Nachdem Sie einen Schlepper gefunden hätten, wären Sie mit 20 oder 25 weiteren Personen in einem weiß lackierten Kleintransporter abgeholt worden. Am 31.08.2011 wären Sie dann nach einer drei- bis vierstündigen Fahrt in dieser Stadt (Wien) angekommen. Nachdem der Fahrer dieses Kleintransporters alle Personen aussteigen hat lassen, wurden Sie nach etwa 20 Minuten von der Polizei angehalten. Ihren Herkunftsstaat hätten Sie verlassen, weil Sie Probleme mit Ihren Halbbrüdern gehabt hätten. Am 06.09.2011 wurde ein Aufnahmeersuchen gem. Art. 10 (1) an Ungarn gestellt. Am 08.09.2011 wurde Ihnen die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG ausgefolgt. Mit Schreiben (mittels FAX) vom 04.10.2011 erklärte sich Ungarn gemäß Art. 10 (1) der Dublin VO für zuständig.

Am 06.10.2011 wurden Sie beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, in Gegenwart eines Rechtsberaters einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

 

Ich wurde durch die hier anwesende Rechtsberaterin beraten (09.00 Uhr- 10.00 Uhr).

F: Wie verstehen Sie den Dolmetsch?

A: Sehr gut

F: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja.

F: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten?

A: Wenn ich viel gehe oder mich anstrenge, bekomme ich oft keine Luft. F: Sind Sie deswegen in ärztlicher Behandlung?

A: Nein.

 

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihren persönlichen Daten befragt.

F: Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?

A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig. Ich heiße X, bin 23 Jahre alt, bin in einem Flüchtlingslager in Kurum Agency in Pakistan geboren, bin Staatsangehöriger von Afghanistan, gehöre zur Volksgruppe der Pashtunen, spreche Pashtu und ein wenig Urdu und Farsi, bin verheiratet und habe eine Tochter. Meine Gattin X, sie ist etwa 19 Jahre alt und meine Tochter X, sie ist 18 Monate alt, leben in Afghanistan, Provinz Nangarhar, Stadt Galalabad.

 

F: Haben Sie Verwandte in Österreich, im Bereich der EU bzw. Norwegen oder Island, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

Feststellung: Sie wurden bereits im Zuge der Erstbefragung zu Ihrem Reiseweg befragt. Entsprechen diese Angaben den Tatsachen oder haben Sie etwas zu berichtigen?

A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig.

F: Haben Sie zum Reiseweg noch etwas zu sagen oder wollen Sie etwas ergänzen?

A: Ich dürfte nicht in Subotica gewesen sein. Die Stadt, in der ich war, müsste „Subotika"

(phon.) gewesen sein.

V: Sie wurden zusammen mit 33 weiteren illegalen Immigranten in Wien in zwei Vans aufgegriffen, wobei die meisten dieser Aufgegriffenen angaben, dass alle 33 Personen die serbisch-ungarische Grenze bei Subotica illegal (zu Fuß) überschritten hätten und anschließend mit diesen zwei Vans nach Wien gebracht worden wären.

F: Möchten Sie dazu etwas angeben?

A: Ich weiß es nicht Ich habe es mit einem Schlepper ausgemacht und war sehr müde. 18 bis 20 Tage war ich in einem Wald und als ich in Wien angekommen bin, war ich sehr müde.

V: Ungarn hat dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen. Daher wird beabsichtigt, Ihren in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und Ihre Ausweisung nach Ungarn zu veranlassen.

F: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich gehe auf keinen Fall nach Ungarn.

F: Gibt es bestimmte Gründe, die einer Rückkehr nach Ungarn entgegenstehen würden?

A: Ich bin gerne in Österreich und will auch hier bleiben. Ich will hier die Sprache lernen. Ich will auf keinen Fall nach Ungarn.

Anmerkung: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zum Mitgliedsstaat Ungarn nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des BAA zur dortigen Lage ableitet.

F: Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Nein.

F: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?

A: Ich war nicht in Ungarn, mir wurden dort keine Fingerabdrücke abgenommen, es gibt auch sonst keine Beweise, dass ich in Ungarn war. Ich verstehe nicht, warum ich nach Ungarn geschickt werde.

Die Rechtsberaterin hat keine weiteren Fragen oder Vorbringen.

F: Haben Sie den Dolmetsch während der gesamten Einvernahme verstanden?

A: Ja.

 

 

B)    Beweismittel

 

 

Sie brachten keine Beweismittel in Vorlage.

 

 

Von der Behörde wurden zur Entscheidungsfindung herangezogen:

 

-     die niederschriftlichen Einvernahmen im Asylverfahren

-     die „Asyl-Meldung" des LPK Wien, Polizeiinspektion Seitenhafenstraße AGM, vom              31.08.2011 (Beilage „A")

-     die Zustimmung Ungarns gem. Art. 10 (1) der Dublin II VO (EG) Nr. 343/2003 -        Länderfeststellungen zu Ungarn

 

 

C)     Feststellungen

Der Entscheidung werden folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

-     zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht nicht fest.

Sie sind Staatsangehöriger von Afghanistan.

Sie leiden an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten.

 

-     zur Begründung des Dublin-Tatbestandes:

 

Sie wurden am 31.08.2011 in Wien, Donaustraße, zusammen mit 33 weiteren Personen, welche sich illegal im österreichischen Bundesgebiet aufhielten, angehalten.

Am 31.08.2011 haben Sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Im Zuge der Erstbefragung (01.09.2011) gaben Sie an - nachdem Sie Griechenland verlassen haben - über Mazedonien nach Serbien gelangt zu sein. Dann wären Sie mit einem Zug bis nach Subotica gefahren, wo Sie sich in einem Wald 15 oder 16 Tage aufgehalten hätten. Dann wären Sie mit 20 oder 25 weiteren Personen von einem Schlepper in einem weiß lackierten Kleintransporter abgeholt worden. Nach einer drei- bis vierstündigen Fahrt wären Sie in Wien angekommen und Sie hätten mit den anderen Personen diesen Kleintransporter verlassen.

Am 06.09.2011 wurde ein Aufnahmeersuchen gem. Art. 10 (1) an Ungarn gestellt.

Am 08.09.2011 wurde Ihnen die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG ausgefolgt.

 

Mit Schreiben vom 04.10.2011 erklärte sich Ungarn gemäß Art. 10 (1) der Dublin VO für zuständig.

-     zu Ihrem Privat- und Familienleben:

 

Sie haben in Österreich keine Angehörige oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht.

Sie haben in Österreich keine sozialen Kontakte, die Sie an Österreich binden."

 

Zur Beweiswürdigung führte das Bundesasylamt Folgendes aus:

 

" Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

 

-     betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

 

Hinsichtlich der behaupteten Staatsangehörigkeit wird Ihren Angaben deswegen Glauben geschenkt, weil diese widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind.

 

Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes oder sonstigen Bescheinigungsmittels steht Ihre Identität nicht fest. Soweit Sie im Asylverfahren namentlich genannt werden, dient dies lediglich der Individualisierung Ihrer Person als Verfahrenspartei, nicht jedoch als Feststellung der Identität.

 

Dass Sie an schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden, haben Sie weder behauptet noch ist dies aus der Aktenlage ersichtlich. Bezüglich Ihrer Angaben, dass Sie oft keine Luft bekommen würden, wenn Sie viel gehen oder sich anstrengen würden, wird angeführt, dass - abgesehen davon, dass Sie nicht einmal nachweisen können, dass Sie überhaupt an irgendwelchen Krankheiten leiden - diese Probleme nicht sehr ausgeprägt sein dürften, da Sie es nicht einmal für notwendig gehalten haben, sich deshalb einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen.

 

Auch haben Sie sowohl im Zuge der Erstbefragung gegenüber der Exekutive (01.09.2011) als auch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt (06.10.2011) bestätigt, geistig und körperlich in der Lage zu sein, die Einvernahmen durchzuführen.

 

-     betreffend die Begründung des Dublin-Sachverhaltes:

 

Die Feststellungen zur Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz, zur Einleitung und Abschluss des Konsultationsverfahrens, sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und stehen in Einklang zu den amtswegigen Ermittlungsergebnissen, sodass diese als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

 

Betreffend Ihre Angaben, dass Sie nicht in Ungarn gewesen wären, wird angeführt, dass für die ho. Behörde aufgrund der vorliegenden „Asyl-Meldung" des LPK Wien, Polizeiinspektion Seitenhafenstraße AGM, vom 31.08.2011 (Beilage „A"), aus der einwandfrei hervorgeht, dass Sie zusammen mit 33 weiteren „illegalen" Personen in Wien angehalten worden sind, von denen der Großteil angegeben hat, dass alle 34 Personen die serbisch-ungarische Grenze bei Subotica illegal überquert hätten und auch Ihrer eigenen Angaben im Zuge der Erstbefragung vom 01.09.2011, dass Sie sich in einem Wald bei Subotica aufgehalten hätten und anschließend mit weiteren 20 oder 25 Personen von einem Schlepper in einem weiß lackierten Kleintransporter nach Wien gebracht worden wären, feststeht, dass auch Sie zu jenem Personenkreis gehörten, der von Serbien kommend illegal in Ungarn eingereist ist.

 

-     betreffend Ihr Privat- und Familienleben:

Sie brachten glaubhaft und widerspruchsfrei vor, dass Sie keine familiären oder privaten Bindungen im Inland haben.

 

-     betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:

 

Die Feststellungen zum Mitgliedsstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BAA. Diese ist gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

 

Konkret zu Ungarn befragt führten Sie lediglich an, nicht in Ungarn gewesen zu sein. Weiters würden Sie gerne in Österreich bleiben und hier die Sprache lernen.

Sie haben somit nicht vorgebracht, in Ungarn Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein."

 

 

Dieser Bescheid wurde dem Bf am 12. Oktober 2011 in der Erstaufnahmestelle West in 4880 St.Georgen i.A. persönlich ausgefolgt. Am 12. Oktober 2011 um 7.40 Uhr – im unmittelbaren Anschluss nachdem dem Bf der Asylbescheid ausgefolgt worden war – wurde der Bf von Beamten der Polizeiinspektion St.Georgen i.A. East in der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St.Georgen i.A., im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes festgenommen.

 

Der Bf bestätigte am 12. Oktober 2011 die Übernahme des bekämpften Schubhaftbescheides sowie eines Schubhaftinformationsblattes in der Sprache Englisch plus Farsi. Er sprach sich laut einem auf der Übernahmebestätigung festgehaltenen Vermerk "kategorisch gegen eine Überstellung nach Ungarn aus. In diesem Fall würde er eher noch einer Rückkehr nach Afghanistan den Vorzug geben!". Der Bf wurde daraufhin in das Polizeianhaltezentrum Steyr, Berggasse, 4400 Steyr, überstellt.

 

Der Bf erhob daraufhin gegen den erwähnten Bescheid des Bundesasylamtes Beschwerde beim Asylgerichtshof.

 

Der Asylgerichtshof teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 (eingelangt am 28. Oktober 2011 um 9.49 Uhr) mit, dass mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 dem Beschwerdeführer die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war. In diesem Beschluss wird u.a. ausgeführt:

 

"§ 37 Abs. 1 AsylG lautet: "Wird gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dem angefochtenen Bescheid liegen Feststellungen zu Grunde, welche sich zum Teil als unvollständig erweisen, zumal auch deren Quellen als veraltet anzusehen sind und bietet daher die dem Asylgerichtshof zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehende Aktenlage keine ausreichende Grundlage, eine Verletzung der dem Beschwerdeführer durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte bei Überstellung nach Ungarn mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Der Asylgerichtshof war im Ergebnis zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG vorzugehen. "

 

Mit Aktenvermerk vom 10. November 2011 hielt die belangte Behörde Folgendes fest:

 

"Die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Anhaltung von Herrn X in Schubhaft liegt auch im Hinblick darauf, dass der von dem genannten Fremden im Asyl- und Ausweisungsverfahren eingebrachten Beschwerde mit Wirkung vom 24.10.2011 vom Asylgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, vor.

 

Gemäß § 37 Abs 3 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof grundsätzlich über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs 1, der in Bezug auf die Ausweisung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, binnen zwei Wochen zu entscheiden.

 

Die gesetzliche Rechtmäßigkeit einer weiteren Anhaltung im Stande der Schubhaft ergibt sich aus der Rechtsnorm des § 80 Abs 5 FPG 2005.

 

Demzufolge kommt es durch die erfolgte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Asyl- und Ausweisungsverfahren voraussichtlich lediglich zu einer geringfügigen Verfahrensverzögerung bzw längerfristigen Anhaltung im Stande der Schubhaft."

 

Der Asylgerichtshof teilte auf die Anfrage des Verwaltungssenates am 9. Dezember 2011 mit, dass die vom Bundesasylamt übersandten Informationen zu Ungarn einer ersten Sichtung unterzogen wurden und diese weitere Erhebungen erfordern, insbesondere wurde seitens des AGH beim Bundesasylamt bereits um eine Klarstellung hinsichtlich der in den Endnoten der Information erwähnten Quellen angefragt. Bis dato liegt dem AGH noch keine Äußerung der Staatendokumentation des BAA vor. Weiters teilte der AGH mit, dass nach Vorliegen einer ergänzenden Stellungnahme des BAA dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewahrt werde.

 

Auf Grund des Beschwerdevorbringens hat der Verwaltungssenat beim Asylgerichtshof bzgl dem zu Az. S4422059-11/2011 anhängigen Fall Erhebungen durchgeführt. Dieses Verfahren betrifft ebenfalls einen afghanischen Staatsangehörigen. Dieser reiste am 3. September 2011 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Auch sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. Oktober 2011 ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gem. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Er wurde gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gem. § 10 Abs. 4 Asylgesetz zulässig ist. Der im Asylverfahren erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss vom 28. Oktober 2011 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Urteil vom 31. Oktober 2011, Gz. S4422059-1/2011 wurde der Beschwerde gem. § 41 Abs. 3 Asylgesetz stattgegeben, der Asylantrag zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben. Begründend führte der Asylgerichtshof u.a. aus:

 

"Mittlerweile liegt dem Asylgerichtshof ein Schreiben des UNHCR vom 17.10.2011 zur "Situation von Asylsuchenden in Ungarn" mit folgendem Wortlaut vor:

"1) Gefahr der Inhaftierung in Ungarn nach Dublin-Überstellung

Wegen irregulärer Einreise oder irregulären Aufenthalts aufgegriffene Asylsuchende werden von der ungarischen Polizei unmittelbar in Haft genommen, auch wenn sie sofort einen Asylantrag stellen. Auch Asylsuchende, die aufgrund der Dublin-IIVerordnung nach Ungarn (rück-)überstellt werden, werden inhaftiert. Lediglich unbegleitete Minderjährige, deren Minderjährigkeit nicht angezweifelt wird, kommen nicht ins Gefängnis.

Die generelle Inhaftierung von Asylsuchenden wird bereits seit April 2010 verstärkt praktiziert. Gemäß der Gesetzesänderungen vom Dezember 2010 kann Haft auch nach Ende des Vorverfahrens (Feststellung der Dublin-Zuständigkeit oder Prüfung der Einreise aus einem sicheren Drittstaat) und während der inhaltlichen Prüfung eines Asylantrags verhängt werden und bis zu zwölf Monate dauern. Familien mit Kindern können nur in Ausnahmefällen, und dies für höchstens 30 Tage, angehalten werden. Ob entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen bei Familien Haft nur ausnahmsweise eingesetzt wird, bedarf weiterer Prüfung. Laut UNHCRErkenntnissen wurde in den ersten viereinhalb Monaten seit Inkrafttreten der Regelung nur in einem Fall keine Haft angeordnet.

Entscheidungen der Behörden über Inhaftierungen müssen gerichtlich bestätigt werden. Diese gerichtliche Untersuchung ist nach Einschätzung von UNHCR allerdings eine bloße Formalität und führt zu keiner inhaltlichen Überprüfung der Haftgründe.

Unbegleitete Minderjährige sollen gar nicht in Haft genommen sondern in einer speziellen Einrichtung für unbegleitete Minderjährige in Bicske untergebracht werden. Allerdings werden unbegleitete Minderjährige, bei denen die Altersangabe angezweifelt wird, durchaus inhaftiert, wie Recherchen von UNHCR in den Hafteinrichtungen gezeigt haben. Dabei erfolgt die Altersfeststellung in Ungarn in der Regel lediglich anhand einer Inaugenscheinnahme des Antragstellers ohne jede weitere Untersuchung. Die Feststellung des Alters anhand des Augenscheins erfolgt auch dann, wenn in einem anderen EU-Mitgliedstaat - etwa im Zusammenhang mit dem Dublin-Verfahren - eine methodisch fundierte Alterseinschätzung stattgefunden hat.

2) Haftbedingungen

Die im vergangenen Jahr häufig für die längerfristige Inhaftierung von Asylsuchenden benutzten provisorischen Hafteinrichtungen, die nur für einen Aufenthalt von bis zu 72 Stunden im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen ausgelegt und somit für eine längerfristige Unterbringung ungeeignet sind, werden seit Beginn dieses Jahres nicht mehr für die Inhaftierung von Asylsuchenden verwendet. Die nunmehr eingesetzten Hafteinrichtungen unterliegen zum Teil einem strengen Gefängnisregime (etwa im Hinblick auf fixiertes Mobiliar, Vergitterung, Besuchsregelungen). Dabei gibt es allerdings je nach Einrichtung auch Lockerungen im Vollzug, wie die auf die Nacht begrenzte Einschließung in Zellen sowie Verbesserungen im Hinblick auf den Zugang zu Aktivitäten im Freien und zu den Sanitäreinrichtungen sowie die Nutzung von Gemeinschaftsräumen. Auch wurden Sozialarbeiter für die betreffenden Einrichtungen eingestellt und Internetzugang zur Verfügung gestellt.

Das Hauptproblem, das bei Befragungen von Inhaftierten durch UNHCR im September 2011 festgestellt wurde, betraf Misshandlungen durch Polizeikräfte in den Hafteinrichtungen. Demnach hat es den Anschein, dass Misshandlungen und Belästigungen durch die Polizisten alltäglich vorkommen. Ein syrischer Antragsteller war am Tag eines UNHCR-Recherchebesuchs zusammengeschlagen worden, ein anderer nur ein paar Tage zuvor. Alle interviewten Asylantragsteller beschwerten sich über die Brutalität der Polizei. Demnach gingen zwar nicht alle Polizisten brutal vor, aber einige Beamte provozierten zunächst die Inhaftierten, um sie dann zusammenzuschlagen und verbal zu belästigen. Inhaftierte Asylsuchende haben auch berichtet, dass ihnen systematisch Medikamente oder Beruhigungsmittel verabreicht wurden, was zum Teil zur Abhängigkeit geführt hat. Diese Information wurde von Mitarbeitern der Aufnahmeeinrichtungen bestätigt, wo Asylsuchende nach Ende einer Inhaftierung hinkamen. Zudem müssen inhaftierte Asylsuchende Behördengänge in Handschellen absolvieren, obwohl sie nur wegen irregulärer Einreise oder irregulären Aufenthalts im Gefängnis sind.

3) Gefahr der Rückführung nach Serbien und Griechenland

Die ungarische Asylbehörde sieht Serbien entgegen der Auffassung von UNHCR nach wie vor als sicheren Drittstaat für Asylsuchende an und schickt jene, die über Serbien eingereist sind, ohne vorherige Prüfung ihres Asylantrags in der Sache nach Serbien zurück. Dies gilt auch für Verfahren, in denen der Antragsteller zuvor aufgrund des Dublin-Systems nach Ungarn rücküberstellt wurde. In nur rund 20% aller Asylverfahren wird eine inhaltliche Prüfung der Fluchtgründe durchgeführt.

Die Entscheidungspraxis der ungarischen Gerichte bei eingelegten Rechtsmitteln ist höchst unterschiedlich: Während das Gericht in Budapest in mehreren Fällen in Übereinstimmung mit der UNHCR-Position die Asylbehörde zu einer inhaltlichen Prüfung des Asylantrags verpflichtet hat, werden die Entscheidungen der Behörde vom Gericht in Szeged, das für die meisten Fälle der über Serbien eingereisten Personen zuständig ist, ohne eingehende Prüfung bestätigt.

Nach den UNHCR vorliegenden Informationen finden derzeit keine Rückführungen von Ungarn nach Griechenland statt.

4) Prüfung des Asylantrags nach der Dublin-Überstellung

Ungarn betrachtet gemäß der Dublin-II-Verordnung rückübernommene Asylsuchende als Folgeantragsteller. Dies führt dazu, dass Rechtsmitteln gegen negative Entscheidungen keine automatische aufschiebende Wirkung zuerkannt wird und Leistungen betreffend die Aufnahme im Vergleich zu Erstantragstellern deutlich eingeschränkt sind."

Zudem ergibt sich aus dem Bericht "Report based on the Hungarian Helsinki Committee's field mission to Serbia (8-10 June 2011)" vom September 2011 auszugsweise Folgendes in Bezug auf den Umstand, dass Ungarn Serbien als sicheren Drittstaat ansieht:

"Conclusions

The information gathered by the Hungarian Helsinki Committee from a variety of reliable sources demonstrate that the current Serbian asylum system is not sufficiently functional and is neither able to ensure the proper determination of international protection needs for an increasing number of asylum seekers, nor does it provide effective protection for those qualifying for refugee status. In light of this, Hungarian asylum authorities wrongly consider Serbia as a safe third country in their daily practice and wrongly exclude asylum seekers arriving in Hungary through Serbia from an in-merit determination of their protection needs.

[ ... ]

Practice shows that when establishing that Serbia is a safe third country for asylum seekers, Hungary does not go beyond the examination of the mere existence of Serbia's international obligations and legislative provisions and Hungarian authorities systematically fail to check the actual practice in that country. By disregarding Serbia's list of safe third countries and failing to examine the availability of an effective protection mechanism in Serbia, Hungary is in breach of Article 3 of the ECHR by exposing asylum seekers to the risk of refoulement from Serbia to other unsafe countries."

 

Weiters:

"Gemäß der - mittlerweile ständigen - Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (VfGH vom 8.3.2001, G 117/00 u. a., VfSlG 16.122; VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2000/01/0498) ist auf Kriterien der Art. 3 und 8 EMRK bei Entscheidungen gemäß § 5 AsylG, ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen Anordnung in der Bestimmung selbst, Bedacht zu nehmen.

Sohin ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Asylantrages und seiner Ausweisung nach Ungarn gem. §§ 5 und 10 AsylG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gem. Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

Der UNHCR-Bericht vom 17.10.2011 (der zuständigen Gerichtsabteilung des AsylGH seit 19.10.2011 vorliegend) spricht von einer "generellen Inhaftierung von Asylsuchenden", wobei eine gerichtliche Überprüfung der Inhaftierung "allerdings eine bloße Formalität" sei. Zudem kommt, dass in dem zitierten Bericht als "Hauptproblem Misshandlungen durch die Polizeikräfte in den Hafteinrichtungen" genannt wird. "Es habe den Anschein, dass Misshandlungen und Belästigungen alltäglich" vorkommen".

Diese massiven Vorwürfe legen den Schluss nahe, dass polizeiliche Übergriffe an Asylwerbern nicht bloß Einzelfälle darstellen. Bei Vorliegen derartiger Berichte des UNHCR, dem als namhafte Organisation bei der Lagebeurteilung jedenfalls Gewicht zukommt, bedarf es daher einer näheren Auseinandersetzung mit den darin angesprochenen Problemkreisen im Hinblick auf die EMRK.

So wird zu ermitteln sein, welche konkreten und nachvollziehbaren Fälle der Einschätzung des UNHCR einer generellen Inhaftierung von Asylwerbern, konkret Rückkehrern im Rahmen der Dublin II VO, zugrunde liegen, wobei auch - soweit dies ermittelbar ist - statistisches Zahlenmaterial und Stellungnahmen der ungarischen Behörden der Sachverhaltsermittlung dienlich sein können. Weiter bedarf es weiterer Ermittlungen bezüglich der Anzahl und der Art der angesprochenen Übergriffe seitens Polizeibeamter an Asylsuchenden in der Schubhaft (gemessen an der Anzahl der Asylsuchenden in Ungarn), sowie bezüglich des Umstandes, ob Beamte, die an derartigen Übergriffen beteiligt gewesen sind, rechtliche Konsequenzen zu tragen haben, und ob solche Konsequenzen in der Praxis auch schon gezogen worden sind.

Als weiteren Problemkreis spricht UNHCR an, dass Ungarn im Rahmen der Dublin II VO rück übernommene Asylwerber als Folgeantragsteller ansieht, wodurch Rechtsmittel gegen sie betreffende negative Entscheidungen keine aufschiebende Wirkung ex lege haben, und die ungarischen Behörden jene Asylwerber, die über Serbien nach Ungarn eingereist sind (wie nach menschlichem Ermessen auch in casu der Beschwerdeführer) nach Serbien als sicheren Drittstaat zurückschicken. Vor dem Hintergrund des Berichtes des ungarischen Helsinki Komitees vom September 2011 kann nicht gesagt werden, dass den von UNHCR angesprochenen Kritikpunkten von vornherein keine Relevanz zukäme, sodass - etwa belegt durch statistische Zahlenmaterial - Feststellungen darüber notwendig erscheinen, inwieweit Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin II VO nach Ungarn rück überstellt werden und vormals über Serbien nach Ungarn eingereist sind, tatsächlich dort ein meritorisches Verfahren oder eine inhaltliche Überprüfung ihrer Refoulementschutzgründe verbunden mit einer effektiven Rechtsmittelmöglichkeit erlangen können. Diesbezüglich könnte etwa auch die Zusicherung eines inhaltlichen Verfahrens durch die ungarischen Behörden, von Relevanz sein.

Derartige Ermittlungen sind dem Asylgerichtshof im Beschwerdeverfahren aufgrund der engen Frist des § 37 Abs. 3 AsylG nicht möglich, weshalb gem. § 41 Abs. 3 AsylG vorzugehen war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

Die belangte Behörde hatte auch über diesen Asylwerber die Schubhaft verhängt. Auf Grund des Urteils des Asylgerichtshofes vom 31. Oktober 2011 und der damit verbundenen Zulassung des Asylverfahrens wurde der Genannte aber am 3. November 2011 aus der Schubhaft entlassen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsakt. Der Verwaltungssenat hat weiters den Beschluss des AGH über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung und die asylrelevanten Entscheidungen des vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfahren S4422059-1/2011 des AGH beigeschafft. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, konnte gem. § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Fremde können gemäß § 76 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann gemäß § 76 Abs 2 FPG über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat gemäß § 76 Abs 2a FPG über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist gemäß § 76 Abs 3 FPG mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Die Anordnung der Schubhaft kann gemäß § 76 Abs 7 FPG mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

Die Behörde ist gemäß § 80 Abs 1 FPG verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Die Schubhaftdauer darf gemäß § 80 Abs 2 FPG grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 FPG wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

 

In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese gemäß § 80 Abs. 5 FPG bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Der Fremde hat gemäß § 82 Abs 1 FPG das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist gemäß § 83 Abs 1 FPG der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Über die Beschwerde entscheidet gemäß § 83 Abs 2 FPG der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Hat der Unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird gemäß § 83 Abs 3 FPG der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

 

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat gemäß § 83 Abs 4 FPG der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Bf mit Bescheid vom 12. Oktober 2011  als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gem. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Weiters wurde er gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen. Mit der am 12. Oktober 2011 erfolgten Zustellung ist die Ausweisung durchsetzbar. Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie gem. § 10 Abs. 7 Asylgesetz als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100. Da es sich um den Fall einer zurückweisenden Entscheidung gem. § 5 Asylgesetz 2005 handelt, hat der Bf unverzüglich auszureisen. Im Fall des Bf war daher der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG erfüllt.

 

Es ist eindeutig erwiesen, dass der Bf nicht bereit ist, freiwillig nach Ungarn auszureisen. Dies hat er sowohl vor den Asylbehörden als auch vor der Fremdenpolizeibehörde und letztlich auch in seiner Schubhaftbeschwerde klar zum Ausdruck gebracht.

 

Fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein vermag aber die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung noch nicht zu rechtfertigen. Es ist vielmehr in einem zweiten Schritt die Frage zu beantworten, ob ein Sicherungsbedarf besteht. Diese Frage kann naturgemäß nicht immer schon dann als bejaht gelten, wenn in Folge bestehender Ausreiseunwilligkeit überhaupt erst die vorweg zu behandelnde Zulässigkeit einer Abschiebung als solche feststeht (vgl. u.a. VwGH vom 28.5.2008, 2007/21/0246).

 

Auch bei Heranziehung eines Schubhaftgrundes nach § 76 Abs. 2a FPG bedarf es der gerechtfertigten Annahme, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung nach § 10 Asylgesetz 2005 oder nach Vorliegen einer solchen Ausweisung der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren. Entscheidend ist sein an den Tag gelegtes "Vorverhalten", wobei neben der Art und den Umständen seiner Reisebewegung sowie des Behördenkontaktes in Österreich, u.a. auch die Mitwirkung im Asylverfahren, eine Rolle spielen (vgl. VwGH vom 26. August 2010, Gz. 2010/21/0234).

 

Der Beschwerdeführer bestritt im Asylverfahren, über Ungarn eingereist zu sein. Auf Grund der Feststellungen des Bundesasylamtes sind die Behauptungen des Bf zur Reiseroute nicht glaubwürdig. Der Verwaltungssenat kommt  bei freier Würdigung der vorliegenden Beweise zu dem Ergebnis, dass der Bf die Unwahrheit behauptet hat, um seine Ausweisung nach Ungarn zu verhindern. Diese mangelhafte Mitwirkung im Asylverfahren stellt bei Vorliegen eines Tatbestandes nach § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG bereits einen ausreichenden Hinweis auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung dar, der die Annahme eines Sicherungsbedarfs rechtfertigt (vgl. VwGH vom 25. März 2010, Gz. 2008/21/0617). Mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens verdichtet sich aus Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit, dass er letztlich abgeschoben werden könnte. Im gegenständlichen Fall reicht daher nach Vorliegen der durchsetzbaren Ausweisung der bezeichnete Hinweis auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs (vgl. VwGH vom 24. Februar 2011, Gz. 2010/21/0502). Es konnte nicht mit einem gelinderen Mittel iSd § 77 FPG das Auslangen gefunden werden, da zu befürchten war, dass der Bf nach Zustellung der asylrechtlichen Ausweisung untertauchen würde.

 

Die belangte Behörde wurde mit E-Mail, eingelangt am 28. Oktober 2011 um 9.49 Uhr, darüber informiert, dass dem Beschwerdeführer im Asylverfahren die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war. Gem. § 80 Abs. 5 FPG darf die Schubhaft in einem solchen Fall bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. § 80 Abs. 5 FPG ist dahingehend zu verstehen, dass die über einen Asylwerber verhängte Schubhaft nur aufrecht erhalten werden darf, wenn weiterhin ein im § 76 Abs. 2 oder Abs 2a FPG geregelter Tatbestand erfüllt ist. Eine andere Sichtweise würde § 80 Abs. 5 FPG 2005 einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen (vgl. VwGH vom 17. März 2009, Gz. 2006/21/0301).

 

Dabei kommt der Frage, ob die Abschiebung nach Ungarn entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Asylbescheides tatsächlich unzulässig ist, nur im Ausnahmefall Relevanz zu. Anderes gilt nur dann, wenn eine seither eingetretene Lageänderung evident ist und für die Schubhaftbehörde offenkundig sein muss (vgl. VwGH vom 6. September 2010, Aw2010/21/0203).

 

Das Vorliegen eines Berichtes des UNHCR sowie eines Beschlusses des AGH über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, der ex definitone in einem Schnellverfahren erlassen wird, begründen keine Offenkundigkeit im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

Da mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Durchsetzbarkeit der asylrechtlichen Ausweisung endete, ist der Schubhafttatbestand nach § 80 Abs. 5 iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG erfüllt, zumal nach wie vor ein Ausweisungsverfahren anhängig ist. Es bestand weiterhin der bereits aufgezeigte Sicherungsbedarf.

 

Zu beachten war, dass der Asylgerichtshof mit Urteil vom 31. Oktober 2011, am 3. November 2011 beim PAZ Steyr eingelangt, in einem vollkommen gleich gelagerten Verfahren, das ebenfalls die belangte Behörde betraf, die erstinstanzliche Entscheidung des Asylamtes behob. Es wird hier auf die oben wiedergegebenen Ausführungen des Urteils verwiesen. Der davon betroffene Asylwerber wurde noch am 3. November 2011 aus der Schubhaft entlassen.

 

Dies ändert nichts daran, dass das Asylverfahren des Beschwerde­führers gesondert zu betrachten ist. Es gilt der Grundsatz der objektiven, materiellen Wahrheit. Es war zum damaligen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, dass der Asylgerichtshof im Asylverfahren des Beschwerdeführers eine andere Entscheidung trifft. Es ist keine "offenkundige" Lageänderung, die eine Fortsetzung der Schubhaft iSd des cit Beschlusses des VwGH vom 6. September 2010, Aw2010/21/0203, unzulässig machen würde, eingetreten.

 

Der Beschwerdeführer verweist auf die in § 37 Abs. 3 normierte Pflicht des AGH, binnen 2 Wochen nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden. Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich dabei lediglich um eine Ordnungsfrist handelt, deren Verletzung keine Rechtswirkungen entfaltet. Der vom Beschwerdeführer angenommene Automatismus, die Schubhaft sei bei Verletzung dieser Entscheidungsfrist aufzuheben, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt aber in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass asylrechtliche Entscheidungsfristen im Zuge der im Schubhaftverfahren gebotenen Verhältnis­mäßigkeitsprüfung nicht außer Betracht bleiben dürfen (vgl. VwGH vom 17. Juli 2008, 2007/21/0560).

 

Ausgehend davon, dass der Beschluss über die aufschiebende Wirkung am 28. Oktober 2011 zugestellt wurde, war der 11. November 2011 der letzte Tag dieser zweiwöchigen Frist.

 

Die belangte Behörde hat am 10. November 2011 mit Aktenvermerk festgehalten, dass "es durch die erfolgte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Asyl- und Ausweisungsverfahren voraussichtlich lediglich zu einer im Verhältnis gesehen geringfügigen Verfahrensverzögerung bzw. längerfristigen Anhaltung im Stande der Schubhaft komme".

 

Es ist nicht ersichtlich, dass sich die belangte Behörde beim AGH über den Stand des asylrechtlichen Beschwerdeverfahrens erkundigt hat.

 

Die belangte Behörde hätte nach der in einem gleichgelagerten Fall verfügten Aufhebung der Schubhaft im Hinblick auf die auslaufende Frist des § 37 Abs. 3 Asylgesetz Ermittlungen zum Stand des Asylverfahrens des Beschwerdeführers durchführen müssen. Der Umstand, dass mittlerweile eine BAA-Info zu offenen Fragen bezüglich Asylverfahren in Ungarn zum Schreiben des UNHCR vorliegt, ändert daran nichts. Abgesehen davon, dass diese Information am 10. November 2011 noch nicht verfügbar war, hat der Asylgerichtshof auf die Anfrage des Verwaltungssenates am 9. Dezember 2011 mitgeteilt, dass die vom Bundesasylamt übersandten Informationen zu Ungarn einer ersten Sichtung unterzogen wurden und diese weitere Erhebungen erfordern, insbesondere wurde seitens des AGH beim Bundesasylamt bereits um eine Klarstellung hinsichtlich der in den Endnoten der Information erwähnten Quellen angefragt. Bis dato liegt dem AGH noch keine Äußerung der Staatendokumentation des BAA vor. Weiters teilte der AGH mit, dass nach Vorliegen einer ergänzenden Stellungnahme des BAA dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewahrt werde. Zu welchem Zeitpunkt der AGH tatsächlich eine Entscheidung treffen wird, ist bei solcher Sachlage nicht ersichtlich.

 

Die Behörde hat in einem vollkommen gleich gelagerten Fall – auf Grund der Entscheidung des AGH – bereits am 3. November 2011 die Schubhaft aufgehoben. Hätte die belangte Behörde sich innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 37 Abs 3 AsylG beim AGH über den Stand des asylrechtlichen Beschwerdeverfahrens erkundigt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass in absehbarer Zeit nicht mit einer Bestätigung der erstinstanzlichen Ausweisung durch den AGH zu rechnen war.  Es ist nach wie vor nicht absehbar, wann der AGH im Aslyverfahren des Beschwerdeführers entscheiden wird bzw ob eine Abschiebung innerhalb der gemäß § 80 FPG zulässigen Schubhaftdauer möglich ist. Die belangte Behörde hätte bei solcher Sachlage bis zum Ende der Regeldienstzeit am letzten Tag der zweiwöchigen Entscheidungsfrist (Freitag, 11. November 2011, 13.00 Uhr) Vorkehrungen für die Entlassung aus der Schubhaft treffen müssen. Die Schubhaft war bis zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig. Seit diesem Zeitpunkt ist sie aber unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Für dieses Verfahren sind Gebühren (Stempelgebühren 14,30 Euro) angefallen.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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