Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420685/19/AB/Sta

Linz, 14.12.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Beschwerde des X, vertreten durch Rechtsanwälte X, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 durch den Bürgermeister der Gemeinde X und diesem zurechenbare Organe aus Anlass der Überprüfung des Bauzustandes des Objektes auf dem Grundstück Nr. X, KG X, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.12.2011 zu Recht erkannt:

 

 

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 auf dem Grundstück Nr. X, KG X, durch den Bürgermeister der Gemeinde x und diesem zurechenbare Organe für rechtswidrig erklärt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 51, in der Fassung BGBl I 111/2010 (AVG); § 67c und § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.         Mit Schriftsatz vom 27.6.2011 erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) durch seinen ausgewiesenen Vertreter Beschwerde an den Oö. Verwaltungssenat wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zuge der "Überprüfung des Bauzustandes des Objektes auf dem Grundstück Nr. X KG X mittels eines Lokalaugenscheines am 17.5.2011 durch den Bürgermeister der Gemeinde X" als belangter Behörde.

 

 

 

1.2.   Zunächst wird in der Beschwerde zum Sachverhalt im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bürgermeister der Gemeinde X mit Ladungsbescheid vom 14.4.2011 eine Überprüfung des Bauzustandes des Objektes auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, mittels eines Lokalaugenscheins am 17.5.2011, 13:30 Uhr an Ort und Stelle angekündigt habe; im Ladungsbescheid sei angegeben, dass die persönliche Teilnahme des Bf oder die Entsendung eines bevollmächtigten Vertreters bei der Überprüfung des Bauzustandes erforderlich sei.

 

Mit Schreiben vom 17.5.2011 habe der Rechtsvertreter des Bf in dessen Namen und Auftrag dem Bürgermeister Folgendes mitgeteilt: "Herr X hat mich heute früh angerufen und mir mitgeteilt, dass er akute gesundheitliche Probleme hat und daher der heutige Lokalaugenschein verschoben werden muss. Er möchte unbedingt persönlich an einem Lokalaugenschein teilnehmen und ersucht daher um eine entsprechende Verlegung des Termins. Ich werde Sie im Laufe der Woche, wenn es Herrn X wieder besser geht, noch einmal kontaktieren und einen Ersatztermin fixieren. Ich bitte einstweilen um Verständnis." Dieses Schreiben sei dem Bürgermeister der Gemeinde X unter der im Ladungsbescheid angegebenen Adresse sowohl per Telefax als auch per E-Mail nachweislich am 17.5.2011 vormittags um 10:18 Uhr (Fax) bzw. 10:21 Uhr (Mail) zugestellt worden; er habe also mehr als 3 Stunden vor dem geplanten Lokalaugenschein von der gesundheitlich begründeten Entschuldigung und Verlegungsbitte Kenntnis gehabt.

 

Dennoch sei der Bürgermeister an diesem Tag zu der Liegenschaft des Bf gefahren, gewaltsam und rechtswidrig in das Gebäude eingedrungen (er habe das Türschloss aufgebrochen und zusätzlich das Glas der Eingangstüre kaputt geschlagen), habe eigenmächtig geschlossene Behältnisse und private Sachen geöffnet und durchsucht und ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Der Bürgermeister habe angeblich schon vorher angekündigt, er werde "bei X mit Gewalt hinein krachen"; er habe sich öffentlich damit gebrüstet, er sei ohnedies der erste Bürgermeister, der einmal "scharf macht". Der Bf sei während dieser Aktion – wie angekündigt gesundheitsbedingt – nicht anwesend gewesen. Ihm sei davon erstmals am Abend des 17.5.2011 berichtet worden. Er habe also von dieser Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 Kenntnis erlangt, woraus sich die Rechtzeitigkeit der eingebrachten Beschwerde ergebe.

 

Die geschilderte Aktion des Bürgermeisters der Gemeinde X am 17.5.2011 stelle eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Ein ordnungsgemäßes und rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren setze zwingend voraus, fremdes Privateigentum und eine Entschuldigung aus gesundheitlichen Gründen entsprechend zu respektieren. Nur unentschuldigtes Fernbleiben hätte allenfalls weiteres Vorgehen ohne Rücksprache gerechtfertigt. Die Ignorierung des Entschuldigungsschreibens vom 17.5.2011 verletze die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Parteirechte auf Teilnahme und Mitwirkung in einem rechtsstaatlichen Verfahren (Recht auf Parteiengehör). Selbst wenn – nur bei unentschuldigtem Fernbleiben – die Öffnung des Schlosses durch einen Schlüsseldienst zulässig gewesen wäre, so würde das zusätzliche Zerschlagen des Glases der Eingangstüre, das eigenmächtige Öffnen und Durchsuchen geschlossener Behältnisse und privater Sachen im Gebäude sowie das Hinterlassen eines Bildes der Verwüstung in jedem Fall eine rechtswidrige Befugnisüberschreitung bzw. rechtswidrige Ausübung von Zwangsgewalt darstellen. Dazu käme, dass der Bürgermeisters im laufenden Verwaltungsverfahren als befangen bzw. ausgeschlossen abgelehnt worden sei, sodass die Aktion jedenfalls auch durch ein unzuständiges Organ erfolgt wäre. Die geschilderte Vorgehensweise erwecke einen privat motivierten Willkürakt.

 

Abschließend wird beantragt, den angefochtenen Verwaltungsakt – "Überprüfung des Bauzustandes des Objektes auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, mittels eines Lokalaugenscheines am 17.5.11, verbunden mit gewaltsamen Eindringen in das Gebäude (Aufbrechen des Türschlosses und Zerschlagen des Glases der Eingangstüre), Öffnen und Durchsuchen geschlossener Behältnisse und privater Sachen, Hinterlassung eines Bildes der Verwüstung" – für rechtswidrig zu erklären.

 

1.3.   Mit Schreiben vom 12.8.2011 übermittelte der Bürgermeister der Gemeinde X als belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat den bezughabenden Verwaltungsakt. In seiner Gegenschrift führt der Bürgermeister im Wesentlichen wie folgt aus:

 

Die "Angelegenheit X" zöge sich bereits seit geraumer Zeit hin, in der der Bf sämtlichen Anordnungen der zuständigen Behörden nicht Folge geleistet und ständig gegen geltende Gesetze verstoßen hätte. Begonnen habe die Angelegenheit damit, dass dem Bf mit Bescheid vom 9.9.2008 die Baubewilligung für den Neubau eines Rinderlaufstalles für 10 Mutterkühe, Heu- und Strohlager bzw. Remise auf der Parzelle Nr. X, KG. X, erteilt worden sei.

 

Im Zuge der Bauausführung seien seitens von Bürgern Stimmen laut geworden, dass der Bf nicht das genehmigte Projekt ausführe, sondern ein Wohngebäude errichte. Daraufhin sei seitens der Baubehörde am 10.11.2008 ein Lokalaugenschein vorgenommen worden, bei dem festgestellt worden sei, dass vom genehmigten Projekt stark abgewichen werde (Errichtung von Kaminen, Stiegen und eines Zubaues im Keller). Daraufhin sei unverzüglich der Bau eingestellt worden.

 

In weiterer Folge seien seit Mitte 2010 seitens des Bf laufend widerrechtliche Bautätigkeiten entgegen des rechtskräftigen Baueinstellungsbescheides und ohne Vorhandensein eines Bauführers (der vorerst namhaft gemachte Bauführer habe mit Datum vom 22.5.2010 die Kündigung der Bauführertätigkeit bekanntgegeben bzw. sei durch den Bauwerber mit Schreiben vom 21.5.2010 die Bauführertätigkeit gekündigt worden) ausgeführt.

 

Diese Bautätigkeiten seien seitens der Baubehörde der Gemeinde X soweit als möglich ständig kontrolliert und laufend bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems zur Anzeige gebracht worden. Ein Zutritt ins Gebäudeinnere sei der belangten Behörde nicht möglich gewesen, da die Baustelle verriegelt gewesen sei (diesbezüglich wird auf die Anzeigen an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems verwiesen). Da auch der Bf bzw. seine Lebensgefährtin öfters beim Objekt angetroffen worden seien, seien diese ersucht worden, der belangten Behörde zur Kontrolle des Baufortschrittes Zutritt zu dem Gebäude zu gewähren. Die Lebensgefährtin des Bf habe mitgeteilt, dass sie nicht Baufrau sei und keinen Schlüssel hätte (an diesem Tage habe sie Gartenarbeit hinter dem Gebäude verrichtet). Der Bf wiederum habe mehrmals das Ersuchen der belangten Behörde verneint und mitgeteilt, dass eine Begehung nur unter Beisein seines Rechtsanwaltes möglich sei. Mit Schreiben vom 21.9.2010 seien dem Rechtsvertreter des Bf mittels E-Mail zwei Terminvorschläge zur Besichtigung des Gebäudes unterbreitet worden. Am 27.9.2010 sei seitens der Baubehörde telefonisch beim Rechtsvertreter des Bf nachgefragt worden, welcher Termin wahrgenommen werde. Dieser habe mitgeteilt, dass er sich in den nächsten zwei bis drei Tagen mit der belangten Behörde in Verbindung setzen werde und den Termin bekannt geben würde. Da bis 8.10.2010 erneut keinerlei Reaktion seitens des Rechtsvertreters des Bf erfolgt sei, sei erneut ein Termin seitens der Behörde urgiert worden. Mit Schreiben vom 12.10.2010 habe der Rechtsvertreter des Bf mitgeteilt, dass beide Termine nicht wahrgenommen werden könnten und hätte dieser Gegenvorschläge unterbreitet. In weiterer Folge sei einer dieser Terminvorschläge vereinbart worden. Mit Mail vom 25.10.2010 sei mitgeteilt worden, dass der Termin für den anberaumten Lokalaugenschein abgesagt werde.

 

Auch im weiteren Verlauf der Angelegenheit sei eine Begehung des Objektes nicht möglich gewesen und hätte der Bf lediglich mitgeteilt, dass eine Besichtigung nur im Beisein seines Rechtsanwaltes möglich sei.

 

Da sich die Verdachtsmomente verdichtet hätten, dass der Bf nunmehr nicht nur konsenslose Bautätigkeiten durchführe bzw. durchführen lasse, sondern mittlerweile auch gegenständliches Gebäude benütze, sei dem Rechtsanwalt des Bf mit Ladungsbescheid, Z Bauüberprüfung X vom 14.4.2011 die Überprüfung des Bauzustandes des Objektes für den 17.5.2011 um 13:30  Uhr mitgeteilt worden, wobei bei Verhinderung ein bevollmächtigter Vertreter zu entsenden wäre, welcher Zutritt zu allen Räumlichkeiten gewähren könne.

 

Da sich die Baubehörde für die Besichtigung eines Bausachverständigen bedient hätte, sei der Lokalaugenschein im Zuge des monatlich stattfindenden Bauberatungs- bzw. Bauverhandlungstermins durchgeführt worden. Abgesehen von diversen Besprechungen, Vorprüfungen und vereinfachten Verfahren sei am 17.5.2011 noch eine Bauverhandlung von 9:00 Uhr bis Mittag abgehalten worden. Im Anschluss daran sei direkt der gegenständliche Lokalaugenschein in X durchgeführt worden. Der Bf sei jedoch nicht erschienen und hätte auch keinen Vertreter zum Lokalaugenschein entsendet. Daher sei, wie im Ladungsbescheid bereits angekündigt, die Öffnung der Türe durch einen Schlüsseldienst vorgenommen worden. Näheres sei den beiden Aktenvermerken vom 17.5.2011 bzw. 19.5.2011 bzw. den beiliegenden Fotodokumentationen zu entnehmen.

 

Das Fax wie auch das vom Rechtsvertreter des Bf angeführte E-Mail, das am 17.5.2011 um 10:18 bzw. 10:21 Uhr beim Gemeindeamt X eingegangen sei, sei erst nach Rückkehr auf das Gemeindeamt wahrgenommen worden. Nach Ansicht der belangten Behörde wäre ein Rechtsanwalt, der derart kurzfristig (weniger als 4 Stunden vor dem Termin, der vor allem auch bereits seit geraumer Zeit mittels Ladungsbescheid angekündigt gewesen sei) einen Termin absage, gut beraten, bei der Behörde telefonisch Rücksprache zu halten, damit diese auch hievon tatsächlich Kenntnis erlange. Davon abgesehen sei die persönliche Anwesenheit des Bf auch nicht erforderlich gewesen; dieser hätte – wie vom Bf selbst im Vorfeld laufend gefordert – seinen Rechtsanwalt als Vertreter entsenden können. Wie dem im Akt einliegenden Aktenvermerk und den dokumentierten Fotos entnommen werden könne, habe der Bf versucht, mit allen Mitteln den Lokalaugenschein im Gebäude zu vereiteln (heruntergelassene Rollläden, von innen angebrachte Kartonagen an den Fensterscheiben, Verspreitzen der Türen von Innen mit massiven Pfosten).

 

Zum Vorwurf des gewaltsamen rechtswidrigen Eindringens in das Gebäude führt die belangte Behörde weiters aus, dass die zwangsweise Öffnung nur durch die Missachtung des Ladungsbescheides, worauf in diesem im Übrigen auch verwiesen worden sei, und die Entfernung des Glases nur nötig gewesen sei, da die Türe mit einem Baupfosten von Innen verkeilt gewesen sei und sich dadurch nicht anders öffnen habe lassen.

 

Hinsichtlich des Vorwurfes des Bf, dass ein Bild der Verwüstung hinterlassen worden sei, ersucht die belangte Behörde um Beweise für diese Aussage. Bei der gegenständlichen Bauüberprüfung seien zwei Beamte der Polizeiinspektion X anwesend gewesen, die bestätigen könnten, in welchem Zustand die Baubehörde das Objekt verlassen habe (es seien sogar die Scherben der eingeschlagenen Türscheibe auf einen Haufen zusammengekehrt und ein Glaserer verständigt worden, der die eingeschlagene Türscheibe ersetzt habe, damit keinem Fremden der Zutritt zum Objekt möglich sei). In weiterer Folge sei dem Bf mitgeteilt worden, den Schlüssel für das ausgetauschte Türschloss beim Gemeindeamt abholen zu können. Diesem Ersuchen sei der Bf noch nicht nachgekommen.

 

Da der Bürgermeister Baubehörde erster Instanz sei, sei es seine Aufgabe, die geforderten baupolizeilichen Schritte zu setzen. Eine Befangenheit seitens des Bürgermeisters sei nicht gegeben.

 

Abschließend wird zusammengefasst festgehalten, dass die Ersatzvornahme der zwangsweisen Öffnung dem Bf bereits mit Ladungsbescheid vom 14.4.2011 (der nur erlassen werden habe müssen, da die immer wieder seitens der Baubehörde eingeräumten Termine nicht wahrgenommen worden seien) mitgeteilt worden sei. Dass sich dieser dessen bewusst gewesen sei, werde zweifelsfrei durch die von ihm gesetzten Schritte, die baupolizeiliche Überprüfung zu vereiteln, bewiesen. Weiters werde darauf hingewiesen, dass der Bf die private Handynummer des Bürgermeisters habe und davon auch mehrfach Gebrauch gemacht hätte.

 

Es liege daher keine Rechtswidrigkeit im vorliegenden Verfahren vor.

 

2.1.   Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.12.2011.

 

2.2.   Der Oö. Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage sowie den Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 1.12.2011 von folgendem – von den Verfahrensparteien im Wesentlichen unbestrittenen –entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Mit – dem Bf ordnungsgemäß zugestelltem (vgl. auch S. 3 des Verhandlungsprotokolls über die öffentliche mündliche Verhandlung) – Ladungsbescheid vom 6.4.2011 zum Zwecke der Überprüfung des Bauzustandes des Objektes auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, wurde durch den Bürgermeister der Gemeinde X Folgendes ausgesprochen:

 

"Ihre persönliche Teilnahme oder die Entsendung eines bevollmächtigten Vertreters bei der Überprüfung des Bauzustandes ist erforderlich. Sie können auch gemeinsam mit dem Bevollmächtigten an der Überprüfung teilnehmen.

 

Bevollmächtigter kann eine eigenberechtigte natürliche Person, eine juristische Person, eine Personengesellschaft des Handelsrechts oder eine eingetragene Erwerbsgesellschaft sein. Personen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben, dürfen nicht bevollmächtigt werden.

 

Der Bevollmächtigte muss mit der Sachlage vertraut sein, sich durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen und den Zutritt zu allen Räumlichkeiten des Objektes sicherstellen können. Die Vollmacht hat auf Namen oder Firma zu lauten.

 

Eine schriftliche Vollmacht ist nicht erforderlich,

  •  wenn Sie sich durch eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person – zB einen Rechtsanwalt, Notar oder Wirtschaftstreuhänder – vertreten lassen,
  • wenn Sie sich durch Familienmitglieder (bzw. Haushaltsangehörige, Angestellte, Funktionäre von Organisationen), die uns bekannt sind, vertreten lassen und kein Zweifel an deren Vertretungsbefugnis besteht,
  • wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Bevollmächtigen zu uns kommen.

 

Die Überprüfung des Bauzustandes findet mittels eines Lokalaugenscheines am Dienstag, den 17.05.2011 um 13:30 Uhr an Ort und Stelle auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, statt.

 

Bitte bringen Sie diesen Ladungsbescheid und einen amtlichen Lichtbildausweis mit.

 

Wenn Sie oder ein von Ihnen best. Vertreter dieser Ladung nicht Folge leisten, bzw. kein[...] Zutritt zum Objekt gewährt wird, muss die Durchsetzung des Zutrittes durch Beiziehung von Polizeiorganen und erforderlichenfalls eines Schlüsseldienstes in Form unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt veranlasst werden.

 

Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass allenfalls anfallende Kosten der nötigen Amtshandlung gemäß § 76 Abs. 2 AVG auf den nicht Zutritt gewährenden Gebäudeeigentümer überwälzt werden.

 

Rechtsgrundlage:

§ 19 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

...

 

Hinweis:

Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung Vorstellung an das Amt der Oö. Landesregierung als Aufsichtsbehörde zu erheben. Die Vorstellung ist beim Gemeindeamt Grünburg einzubringen."

 

Mit an den Bürgermeister der Gemeinde X adressiertem Schreiben vom 17.5.2011 – per Fax um 10:18 Uhr und per E-Mail um 10:21 Uhr übermittelt – teilte der Rechtsvertreter des Bf dem Bürgermeister der Gemeinde X mit, dass ihn der Bf in der Früh des 17.5.2011 angerufen habe und ihm mitgeteilt habe, dass er "akute gesundheitliche Probleme hat und daher der heutige Lokalaugenschein verschoben werden muss. Er möchte unbedingt persönlich an einem Lokalaugenschein teilnehmen und ersucht daher um entsprechende Verlegung des Termins. Ich werde sie im Laufe der Woche, wenn es Herrn X wieder besser geht, noch einmal kontaktieren und einen Ersatztermin fixieren."

 

 

Wie auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1.12.2011 – von den Verfahrensparteien im Wesentlichen außer Streit gestellt – bestätigt wurde und aus der ausführlichen im Verwaltungsakt einliegenden Fotodokumentation eindeutig hervorgeht, hat der Bürgermeister, zwei weitere Amtspersonen sowie zwei Polizeibeamte das Haus des Bf auf dem Grundstück Nr. X, KG X, am 17.5.2011 um ca. 13:30 Uhr verlassen vorgefunden, wobei die Rollläden sämtlicher Fenster geschlossen bzw. einige Fenster von Innen mit Karton verkleidet waren. Aufgrund des Ladungsbescheides vom 6.4.2011 wurde daher der Schlüsseldienst beigezogen, der versuchte, die Eingangstür durch Bohrungen zu öffnen. Da sich die Tür trotz aufgebohrten Schlosses nicht öffnen ließ, schlug der Bürgermeister der Gemeinde X schließlich die rechte Milchglasscheibe der Eingangstür mit einem Hammer ein. Nachdem daraufhin festgestellt worden ist, dass die Tür von Innen u.a. durch einen ca. vier Meter langen Keilpflock verkeilt war, wurde dieser mit einer Stange entfernt. Daraufhin wurden die versperrten Innentüren durch den Schlüsseldienst geöffnet und in der Folge wurde das Haus durch die beteiligten amtshandelnden Personen inspiziert; dabei wurden Kommoden, Schränke und sonstige Behältnisse geöffnet.

 

Abschließend wurden die Glasscheiben weitestgehend zusammengekehrt, durch einen Glaserer eine neue Glasscheibe in die Eingangstür eingebaut und durch den Schlüsseldienst ein provisorisches Türschloss angebracht, wobei der Schlüssel dafür am Gemeindeamt hinterlegt und bis dato nicht abgeholt wurde.

 

Die gesamte Amtshandlung wurde ausführlich fotografisch dokumentiert. Es wurde zu keinem Zeitpunkt versucht, mit dem Bf oder dessen Rechtsvertreter telefonisch Kontakt aufzunehmen und auch seitens des Bf bzw. dessen Rechtsvertreter kam es zu keiner telefonischen Verständigung der belangten Behörde über das Fernbleiben des Bf. Von dem durch den Rechtsvertreter des Bf am 17.5.2011 übermittelten Entschuldigungsschreiben nahm der Bürgermeister erst nach erfolgter Amtshandlung am Abend des 17.5.2011 Kenntnis. (Vgl. die ausführlichen Ausführungen zum gesamten Ablauf im Verhandlungsprotokoll über die mündliche Verhandlung.)

 

 

 

3.        In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1.         Die maßgebliche Rechtslage lautet wie folgt:

 

 

Gemäß § 47 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl 66, zuletzt geändert durch LGBl 36/2008, hat der Eigentümer einer baulichen Anlage dafür zu sorgen, dass die Anlage in einem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand erhalten wird. Bei baulichen Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, erstreckt sich diese Verpflichtung insbesondere auch auf die Einhaltung der Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides sowie auf die Erhaltung der nach der Baubewilligung zur baulichen Anlage gehörenden Einrichtungen, wie Kinderspielplätze, Schutzräume, Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Erholungsflächen. Im übrigen sind bauliche Anlagen so zu erhalten, dass die Sicherheit, die Festigkeit, der Brandschutz, die Wärmedämmung und der Wärmeschutz, die Schalldämmung und der Schallschutz der baulichen Anlage und die Erfordernisse der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes und der Bauphysik nicht beeinträchtigt werden und ein nach Art und Zweck der Anlage unnötiger Energieverbrauch sowie schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden.

 

Erlangt die Baubehörde Kenntnis von einer Verletzung der Erhaltungspflicht, hat sie gemäß Abs 2 leg.cit. dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung der festgestellten Mängel aufzutragen.

 

Zur Ermöglichung der Überprüfung des Bauzustandes ist gemäß Abs 3 leg.cit. den Organen der Baubehörde der Zutritt zu allen Teilen einer baulichen Anlage zu gestatten. Außer bei Gefahr im Verzug ist die Vornahme einer solchen Überprüfung dem Eigentümer mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzuzeigen. Der Eigentümer, das von ihm bestellte Aufsichtsorgan und die Bestandnehmer sind verpflichtet, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

 

3.2.         Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 auf dem Grundstück Nr. X, KG X. Demgemäß erstreckt sich die Prüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat auf die Rechtmäßigkeit dieser unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, die das Aufbohren des Schlosses der Eingangstür durch den Schlüsseldienst und Einschlagen einer Tür-Glasscheibe durch den Bürgermeister, das Öffnen von Innentüren durch den Schlüsseldienst, das Betreten des Hauses des Bf und das Inspizieren von Räumen sowie darin befindlichen Kästen und Behältnissen durch den Bürgermeister, zwei weitere Amtspersonen sowie zwei Polizeibeamte (unter ausführlicher fotografischer Dokumentation) umfasst (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im Verhandlungsprotokoll über die mündliche Verhandlung).

 

 

 

3.3.         Gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz. 610).

 

Am 17.5.2011 verschaffte der Bürgermeister der Gemeinde X sich, zwei weiteren Amtspersonen sowie zwei Polizeibeamten durch Zuhilfenahme des Schlüsseldienstes und Einschlagen einer Glasscheibe Zutritt zum Haus des Bf auf dem Grundstück Nr. X, KG X; die genannten Personen betraten daraufhin das Haus und inspizierten Räume sowie darin befindliche Kästen und Behältnisse (unter ausführlicher fotografischer Dokumentation). Im vorliegenden Fall wurde daher zweifellos unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt geübt, weshalb die begrifflichen Voraussetzungen für eine Maßnahmenbeschwerde jedenfalls gegeben sind (vgl. VfSlg. 12.423/1990; 12.122/1989).

 

Ergänzend ist hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, der zufolge Vollstreckungshandlungen dann Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen, wenn sie ohne vorangegangenes Verfahren oder vor Erlassung einer Vollstreckungsverfügung durchgeführt werden (VwGH 25.1.2000, 98/05/0175 uHa VwGH 26.4.1993, 90/10/0209; 91/10/0179; vgl. dazu auch die Ausführungen unter 3.5.2.).

 

Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Durchführung der in Rede stehenden unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt auf Anordnung des Bürgermeisters der Gemeinde X erfolgte. Sie ist daher in ihrer Gesamtheit diesem zuzurechnen.

 

3.4.1. Der bundesverfassungsgesetzliche Eigentumsschutz ist in Art 5 StGG und Art 1 1. ZProt-EMRK verankert. Vom Schutzbereich dieses Grundrechts erfasst sind daher alle vermögenswerten Privatrechte, insbesondere auch das Eigentum an körperlichen Sachen, sowie die Privatautonomie schlechthin (Öhlinger, Verfassungsrecht8, Rz 867 ff, mwN).

 

3.4.2. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass das bloße Betreten einer Wohnung nach hL noch keine "Hausdurchsuchung" iSd Art 9 StGG bzw. des Gesetzes zum Schutze des Hausrechts darstellt, allerdings wird dadurch jedenfalls in das Recht auf Wohnung iSd Art 8 EMRK eingegriffen. Ein zu einem solchen Betreten ermächtigendes Gesetz ist – soweit es sich auf eine "Wohnung" (dazu gehören nach der Rspr. des EGMR auch Büro- und Geschäftsräume juristischer Personen) erstreckt – verfassungskonform, wenn es den Kriterien des Art 8 Abs 2 EMRK genügt. Verwaltungsorgane verletzen das Recht auf Wohnung, wenn sie ohne gesetzliche Grundlage oder unverhältnismäßig handeln (Öhlinger, Verfassungsrecht8, Rz 864, mwN; vgl. VfSlg. 11.266/1987).

 

3.5.   Es steht daher jedenfalls außer Zweifel, dass durch die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die belangte Behörde in das Grundrecht auf Eigentum und das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Wohnung des Bf eingegriffen wurde. Dieser Eingriff ist allerdings nur rechtswidrig, wenn er ohne gesetzliche Grundlage oder unverhältnismäßig erfolgte:

 

3.5.1. Die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt findet keine hinreichende Deckung in der Oö. BauO. Insbesondere stellt § 47 Abs 3 Oö. BauO – den die belangte Behörde offenbar ihrem "Ladungsbescheid" vom 6.4.2011 zu Grunde gelegt hat (arg.: "Überprüfung des Bauzustandes") – (bzw. § 49 Abs 3 und Abs 4 iVm § 47 Abs 3 leg.cit.) keine entsprechende Rechtsgrundlage für die gegenständlich erfolgte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Wenn diese Bestimmung normiert, dass den Organen der Baubehörde zur Ermöglichung der Überprüfung des Bauzustandes der Zutritt zu allen Teilen einer baulichen Anlage zu gestatten ist, so kann daraus nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates nicht abgeleitet werden, dass dies unmittelbar durch verwaltungsbehördlichen Befehl bzw. Zwang durchgesetzt werden darf, handelt es sich dabei doch um Eingriffe in elementarste grundrechtliche Schutzbereiche (Eigentum, Wohnung, Privatsphäre): Der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmung darf daher schon aufgrund der diesbezüglich besonders engen Grenzen des Verfassungsrechts keine derartig weite Eingriffsermächtigung in Form unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt unterstellt werden. Dass eine solche unmittelbare Durchsetzbarkeit von Zutrittsrechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vom Gesetzgeber im Übrigen auch nicht beabsichtigt war, indiziert nicht zuletzt auch § 57 Abs 1 Z 12 Oö. BauO, dem gemäß derartige Verstöße gegen die baurechtlich eingeräumten Zutrittsrechte als Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen sind.

 

3.5.2. Dem entsprechend zeigt auch die tatsächliche verfahrensrechtliche Vorgehensweise der belangten Behörde deutlich, dass sie hinsichtlich der gesetzten Maßnahme selbst nicht vom Vorliegen einer unmittelbar – ohne Dazwischenliegen weiterer (bescheidförmiger) Verwaltungsakte – wirkenden gesetzlichen Grundlage in der Oö. BauO ausgegangen ist: Durch einen "Ladungsbescheid" iSd § 19 AVG versuchte sie, das baubehördliche Zutrittsrecht unter Androhung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt umzusetzen.

 

In diesem Zusammenhang scheint für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates schon fraglich, ob die im genannten "Ladungsbescheid" vom 6.4.2011 angedrohte Veranlassung der "Durchsetzung des Zutrittes durch Beiziehung von Polizeiorganen und erforderlichenfalls eines Schlüsseldienstes in Form unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" rechtmäßig war, stellen diese angedrohten Maßnahmen doch keine Zwangsmittel iSd § 19 AVG dar. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass andere im Gesetz nicht vorgesehene Rechtsfolgen selbst dann nicht "in Vollzug gesetzt" werden dürfen, wenn sie im Ladungsbescheid rechtswidriger Weise angedroht wurden (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensgesetze – Kommentar, Rz 22 zu § 19 AVG mwN).

 

Selbst aber für den Fall der Rechtmäßigkeit dieses "Ladungsbescheides" kann sich die gegenständliche tatsächliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 nicht – wie von der belangten Behörde behauptet (vgl. insbes. S. 5 und S. 8 des Verhandlungsprotokolls vom 1.12.2011) – auf diesen gründen: So ist nach § 19 Abs 3 AVG der Geladene von der Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, schon dann entbunden, wenn er durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen bei der Behörde abgehalten wurde. Die Befreiung von dieser Pflicht bedarf daher weder irgendeines Aktes des Geladenen, wie etwa einer vorhergehenden Entschuldigung, noch einer Annahme der Entschuldigung durch die Behörde. "Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen zu erforschen, ob der geltend gemachte Rechtfertigungsgrund vorlag." Dabei ist auf die hL und Rechtsprechung Bedacht zu nehmen, dass eine Verhinderung des (primär) geladenen Beteiligten diesen auch dann entschuldigt, wenn ihm die Behörde – wie im vorliegenden Fall – die Entsendung eines informierten Vertreters freigestellt hat; ob die Entsendung eines Vertreters "tunlich" gewesen wäre, ist ohne Belang. (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensgesetze – Kommentar, Rz 19 f zu § 19 AVG mwN).

 

Ein solches "Erforschen", ob ein krankheitsbedingtes Hindernis – wie vom Bf vorgebracht – tatsächlich vorgelegen ist, fand aber seitens der belangten Behörde im Zeitpunkt der Amtshandlung nicht statt. Dies wird auch von der belangten Behörde selbst bestätigt: So hat sie ihren eigenen Angaben zufolge den Bf nicht telefonisch zu kontaktieren versucht, "weil ja der Ladungsbescheid als Rechtsakt vorgelegen" sei, und vom krankheitsbedingten Entschuldigungsgrund hat sie erst am Abend des 17.5.2011 nach erfolgter Amtshandlung Kenntnis erlangt (S. 5 im Verhandlungsprotokoll vom 1.12.2011).

 

Schon im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes konnte der "Ladungsbescheid" vom 6.4.2011 von der belangten Behörde daher jedenfalls nicht unmittelbar ohne dazwischenliegendem Verwaltungsakt (in Form einer Vollstreckungsverfügung) umgesetzt werden. Dem entsprechend geht auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die in einem Ladungsbescheid angedrohten Zwangsmittel mittels Vollstreckungsverfügung zu verhängen sind (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensgesetze – Kommentar, Rz 22 f zu § 19 AVG mwN). Im Rahmen einer solchen Vollstreckungsverfügung wäre seitens der Vollstreckungsbehörde (§ 1 Abs 1 lit b Verwaltungsvollstreckungsgesetz – VVG) zu prüfen gewesen, ob die Vollstreckung des "Ladungsbescheides" (als Titelbescheid) tatsächlich zulässig ist, was aufgrund des vom Bf vorgebrachten Vorliegens einer krankheitsbedingten Entschuldigung (vgl. die im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegte Krankenstandsbescheinigung, in der die Oö. Gebietskrankenkasse die Arbeitsunfähigkeit des Bf ab 17.5.2011 bis 31.5.2011 bestätigt) durchaus fraglich scheint.

 

3.5.3. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 17.5.2011 durch die belangte Behörde bzw. dieser zurechenbare Organe ohne gesetzliche Grundlage erfolgte und schon deshalb unverhältnismäßig war, weil eine Vollstreckung des ergangenen "Ladungsbescheides" jedenfalls im Rahmen eines – gesondert bekämpfbaren – Vollstreckungsverfahrens nach dem Verwaltungsvollstreckungs­gesetz mit entsprechend geeigneten Zwangsmaßnahmen (insbes. Zwangsstrafen, Anwendung unmittelbaren Zwangs als "ultima ratio") erfolgen hätte müssen.

 

Die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vom 17.5.2011 war daher im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in ihrer Gesamtheit schon aus diesem Grund für rechtswidrig zu erklären.

 

Abschließend darf allerdings angemerkt werden, dass die Rechtslage mangels entsprechender Vorjudikatur keinesfalls als offenkundig klar anzusehen war und sich aus den Akten auch ergibt, dass die Entscheidung für die gewählte Vorgehensweise der belangten Behörde in keinster Weise leichtfertig getroffen wurde.

 

4.   Obwohl der Bf als obsiegende Partei iSd § 79a Abs. 2 AVG anzusehen ist, war mangels eines darauf gerichteten Antrages gem. § 79a Abs 6 AVG keine Kostenentscheidung zu treffen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Astrid Berger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgeleht.

VfGH vom 20.06.2012, Zl.: B 132/12-3

 

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 25. September 2012, Zl.: 2012/05/0145-9

 

 

 

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