Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522966/9/Sch/Eg

Linz, 21.11.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des M. L., vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. September 2011, Zl. FE 065/2011 und NSch 246/2011, hinsichtlich der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. November 2011 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird abgewiesen und der Bescheid im angefochtenen Umfang bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. September 2011, Zl. FE 965/2011, NSch 246/2011, wurde der Mandatsbescheid vom 3.8.2011 vollinhaltlich bestätigt und die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

 

Im Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. August 2011, FE-965/2011, Nsch-246/2011, wurde Herrn X

1.)    die von der Bundespolizeidirektion Linz unter Zl. F 1201/92, am 23.3.1992 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zehn Monaten, gerechnet am 29.7.2011, entzogen,

2.)    ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenfahrzeuges für die Dauer von zehn Monaten, gerechnet ab 29.7.2011, verboten,

3.)    die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, wobei diese Nachschulung bis spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes zu absolvieren ist,

4.)    bis spätestens zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG, sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verlangt und

5.)    das Recht aberkannt von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Als Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde die §§ 7, 24, 25, 26, 29, 30 und 32 FSG sowie § 57 AVG an. Gegen diesen Mandatsbescheid wurde fristgerecht Vorstellung erhoben.

 

2. Der in der Folge ergangene Bescheid wurde vom Berufungswerber rechtzeitig in Berufung - im Hinblick auf die Dauer der Entziehung - gezogen. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Dem berufungsgegenständlichen Entziehungsbescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Der Berufungswerber lenkte am 29. Juli 2011 gegen 19.45 Uhr in Linz in einer in der entsprechenden Polizeianzeige näher umschriebenen Örtlichkeit seinen Pkw und konnte diesen vor einer auf Rotlicht geschalteten Verkehrsampel nicht mehr rechtzeitig anhalten. Deshalb fuhr er auf den Pkw, der von der Lenkerin vor ihm angehalten worden war, auf. Nach einer kurzen Diskussion mit der zweitbeteiligten Lenkerin entfernte sich der Berufungswerber von der Vorfallsörtlichkeit mit dem Bemerken, dass ohnehin nichts passiert sei.

 

Die Genannte ließ es dabei allerdings nicht bewenden und verständigte die Polizei, die den Berufungswerber in der Folge an seiner Wohnadresse ausfindig machen konnte. Aufgrund von Alkoholisierungssymptomen wurde beim Berufungswerber eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt. Diese ergab um 20.24 Uhr, also etwa 40 Minuten nach dem erwähnten Vorfall, eine Atemluftalkoholkonzentration von 1,46 mg/l.

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt, auch im Hinblick auf den erfolgten Anstoß des Fahrzeuges des Berufungswerbers auf das vor ihm stehende Fahrzeug, erörtert. Die zweitbeteiligte Lenkerin, als Zeugin einvernommen, gab an, dass an ihrem Fahrzeug im Bereich der Befestigung der Anhängerkupplung ein Schaden entstanden sei, der vorerst bei der Besichtigung an der Unfallstelle nicht erkannt werden konnte. Dieser trat erst bei der Begutachtung durch eine Fachwerkstätte zutage. Auch seien bei ihr kurz nach dem Unfall Schmerzen im Nacken- und Lendenbereich aufgetreten.

 

Anhand der vom Berufungswerber vorgelegten Lichtbilder ist allerdings ein Schaden an seinem Fahrzeug kaum erkennbar, lediglich die vordere Kennzeichentafel weist eine geringe Eindellung auf, die auf den Anstoß an der Anhängerkupplung zurückgeführt werden könnte. Angesichts dessen kann davon ausgegangen werden, dass der Anstoß wohl nicht sehr heftig gewesen sein kann. Ob damit, wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt, schon "zweifelsfrei" feststeht, dass dadurch der Tatbestand des § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 verwirklicht worden ist, muss wohl etwas relativiert werden. Die Beurteilung dieser Frage obliegt aber ohnehin in erster Linie der Verwaltungsstrafbehörde.

 

Für das gegenständliche Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers ist die Frage, ob am Fahrzeug der Zweitbeteiligten Spuren zurück geblieben sind oder ob sie Schmerzen, in welcher Intensität auch immer, hienach verspürt hat, für die Angemessenheit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, von untergeordneter Bedeutung. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt jemand, der sich mit einem Alkoholspiegel von 1,46 mg/l Atemluftalkoholgehalt, welcher bekanntermaßen einem Blutalkoholgehalt von 2,92 %° entspricht, ein Kraftfahrzeug lenkt, per se eine beträchtliche Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Rechnet man den üblicherweise angenommenen Alkoholabbauwert von etwa 0,1 %° pro Stunde im gegenständlichen Fall noch zurück, dann ergibt sich bei einem Zeitunterschied von etwa 40 Minuten zwischen Lenkzeitpunkt und Messzeitpunkt ein Wert von etwa 0,05 %°, der zu den 2,92 %° noch hinzuzurechnen wäre. Diesfalls kommt der Berufungswerber einem Blutalkoholgehalt von 3 %° schon sehr nahe. Dem Berufungswerber muss sohin eine beträchtliche Sorglosigkeit im Umgang mit dem Rechtsgut Verkehrssicherheit attestiert werden. Wenn sich jemand mit einem Blutalkoholgehalt von nahezu 3 %° noch hinter das Steuer eines Pkw setzt, dann ist eine abstrakte Gefährdung der Verkehrssicherheit jedenfalls vorprogrammiert, und im Regelfall, wenn also nicht jemand ein besonderes Ausmaß an glücklichen Umständen für sich verbuchen kann, ebenso ein Verkehrsunfall. Zu einem solchen ist es gegenständlich im Ergebnis ja auch gekommen, mögen die näheren Umstände für einen Tatvorwurf nach § 4 StVO 1960 nunmehr ausreichen oder auch nicht. Für das Gefährdungspotential kann es nicht entscheidend sein, ob der Anstoß so heftig war, dass am Vorderfahrzeug noch Spuren zurückgeblieben sind oder der Lenker durch den Anprall beweisbare Verletzungen erlitten hat oder nicht.

 

4. § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG sieht für das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Ausmaß von 0,8 mg Atemluftalkoholgehalt bzw. 1,6 %° Blutalkoholgehalt oder darüber eine Mindestentzugsdauer der Lenkberechtigung von 6 Monaten vor. Für diese Dauer gibt der Gesetzgeber schon die Wertung der gesetzten Tatsache vor, sodass sich in diesem Zusammenhang weitere Erörterungen erübrigen (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008).

 

Für die darüber hinausgehende Entziehungszeit ist eine Wertung im Sinne der Bestimmung des § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmen. Demnach ist für diese Wertung der führerscheinrelevanten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Wie schon oben ausgeführt, ist der Berufungswerber aufgrund seines massiven Alkoholspiegels besonders negativ in Erscheinung getreten. Das damit verbundene Gefährdungspotential liegt – wie schon oben eingehend erörtert - auf der Hand, tatsächlich kam es zu einem Anstoß an ein anderes Fahrzeug. Dass bei dieser Alkofahrt nicht noch mehr passiert ist, kann wohl nur glücklichen Umständen zugeschrieben werden, auf die der Berufungswerber keinen Einfluss hatte, wenn man schon nicht annehmen will, dass ihm der Gewöhnungsfaktor im Zusammenhang mit Alkohol etwas zugute kam.

 

Sohin sieht sich auch die Berufungsbehörde außerstande, beim Berufungswerber eine günstigere Zukunftsprognose als die Erstbehörde anzunehmen. Es bedarf auch nach hiesigem Dafürhalten eines Zeitraumes von 10 Monaten, um die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit annehmen zu können.

 

Die übrigen von der Behörde im angefochtenen Bescheid im Verein mit dem vorangegangenen Mandatsbescheid angeordneten Maßnahmen sind gesetzliche Folgen der Entziehung der Lenkberechtigung und in den im Bescheid zitierten Bestimmungen begründet.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung fußt auf der Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG im Zusammenhang mit der dazu ergangenen einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf verkehrsunzuverlässige Besitzer von Lenkberechtigungen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 29,90 Euro (Eingabegebühr 14,30 Euro, 4 Beilagen á 3,90 Euro) angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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