Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590288/13/AB/Sta

Linz, 02.12.2011

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung der Mag. S N-P A, I,  S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, M,  L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 31. Mai 2011, Z SanRB01-45-42-2011, mit dem das Ansuchen der Berufungswerberin um die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in L als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an den Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land zur Durchführung einer Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.         Mit dem angefochtenen Bescheid wurde/n:

 

    I. das Ansuchen der Berufungswerberin (Bw) vom 10.4.2009 um die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in L mit der voraussichtlichen Betriebsstätte in  L, H, und einem näher konkretisierten Standort abgewiesen.

 

    II. den Einsprüchen von drei näher konkretisierten Mitbeteiligten jeweils wegen mangelnden Bedarfes Folge gegeben.

 

    III. die Einsprüche von drei näher konkretisierten Mitbeteiligten hinsichtlich der – über den mangelnden Bedarf hinausgehenden – geltend gemachten Gründe als unzulässig zurückgewiesen.

 

    IV. der Bw als Antragstellerin die Entrichtung von Gebühren in Höhe von insgesamt 47,20 Euro auferlegt.

 

Als Rechtsgrundlagen werden zu Spruchpunkt I. – III. die "§§ 3, 9, 10 iVm §§ 48 Abs. 2 und 51 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 135/2009", zu Spruchpunkt IV. "§ 14 TP 5 Abs. 1 und TP 6 Abs. 2 Z. 1 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267 idF BGBl. I Nr. 111/2010" angeführt.

 

Begründend führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Apothekengesetzes sowie unter Wiedergabe eines eingeholten Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) vom 12.11.2010 im Wesentlichen aus, dass die Bw mit Eingabe vom 10.4.2009 um die Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in L mit der voraussichtlichen Betriebsstätte in  L, L, und dem Standort "das Gemeindegebiet von L südlich der Verkehrsfläche P Straße mit Ausnahme des Standortgebietes der öffentlichen Apotheke L/D (S C U), laut Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 16.12.1993, SanRB-20118/25-1993-A/Ga" angesucht habe. Das Ansuchen sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass für den Fall der Errichtung der beantragten Apotheke keine der bestehenden Apotheken weniger als 5.500 ständige Einwohner zu versorgen hätte und daher die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Apothekenkonzession vorlägen. Mit Schreiben vom 5.7.2009 sei der im ursprünglichen Antrag angegebene Standort auf den Standort "beginnend mit dem Kreisverkehr/Schnittstelle W S/P S, die P S entlang bis zur Schnittstelle mit der L, diese entlang bis zur Kreuzung T/R, den R entlang bis I D und von dort Schnittstelle mit der W S, die W S entlang bis zur Schnittstelle mit der W S, diese entlang bis zum Ausgangspunkt. Die Straßenzüge sind immer beidseitig bedacht" konkretisiert worden. Die Änderung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte auf die Adresse " L, H" sei seitens des Vertreters der Antragstellerin mit Schreiben vom 3.8.2009 bekanntgegeben worden. Das gegenständliche Ansuchen sei in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 18/2009, kundgemacht worden. Innerhalb der Einspruchsfrist sei durch mehrere Einspruchswerber gegen das Ansuchen Einspruch ua wegen mangelnden Bedarfes erhoben worden.

 

Das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen iSd § 3 Apothekengesetz sei durch die von der Konzessionswerberin vorgelegten Urkunden nachgewiesen worden.

 

Hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen iSd § 10 Apothekengesetz sei gemäß Abs.1 Z 2 leg.cit. insbesondere zu prüfen, ob ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke bestehe. In diesem Zusammenhang sei ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer entsprechend Abs. 7 leg.cit. eingeholt worden. Nach wörtlicher Wiedergabe dieses Gutachtens wird weiters ausgeführt, dass dieses (negative) Gutachten der Antragstellerin und den Einspruchswerbern zur Stellungnahme übermittelt worden sei. Nach Wiedergabe der erstatteten Stellungnahmen merkt die belangte Behörde zum darin enthaltenen Einwand der fehlenden Nachvollziehbarkeit des Gutachtens der Apothekerkammer an, dass es sich bei der Festlegung der Versorgungspolygone und bei der Berechnung der Zahlen der zu versorgenden Personen in diesen Polygonen um ein standardisiertes Verfahren handle, das von der Apothekerkammer mittels – speziell zu diesem Zweck erstellten – Computerprogrammen automatisch durchgeführt werde. Die angewendete Methode sei in dem Gutachten ausführlich umschrieben. Daraus ergebe sich, mit Hilfe welcher Programme die Berechnung erfolge.

 

An der Richtigkeit der aus der Anwendung dieser standardisierten Berechnungsmethode resultierenden Ergebnisse und der Zulässigkeit der Anwendung dieser Methode werde seitens der Behörde nicht gezweifelt. Vor allem deshalb nicht, weil es sich bei der angewendeten Methode um jene handle, die in derartigen Verfahren immer angewendet werde und auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspreche.

 

Das Gutachten sei zu dem in sich schlüssig und begründet. Weiters sei es der Antragstellerin jederzeit möglich gewesen, ein eigenes Gutachten zur Bedarfsfrage vorzubringen. Darüber hinaus wäre es auch möglich gewesen, die Polygone selbst zu berechnen, die Daten über die Einwohnerzahlen des jeweiligen Polygons bei der Statistik Austria einzuholen und so die im Gutachten errechneten Ergebnisse nachzuprüfen und zu widerlegen. Eine pauschale Bemängelung der Ergebnisse bzw. des Inhaltes des Gutachtens vermöge das in sich schlüssige und begründete Gutachten der Apothekerkammer nicht zu entkräften.

 

Dem Einwand der Antragstellerin, dass die Zahl der Zweitwohnsitze auf den Ergebnissen der Volkszählung aus dem Jahr 2001 beruhen würde, sei zu entgegnen, dass auch bei Zugrundelegung einer aktuellen Bevölkerungszahl kein anderes Ergebnis (also ein positiver Bedarf) zustande gekommen wäre. Dies deshalb, weil die Anzahl der verbleibenden zu versorgenden Personen der "Apotheke Im Park" bei bloß 2.680 liege und die fehlende Anzahl auf die erforderlichen 5.500 Personen auch durch das aktuelle Zählergebnis nicht erreicht werden würde. Wegen mangelnder Ergebnisrelevanz sei eine diesbezügliche Ergänzung des Gutachtens der Apothekerkammer nicht eingeholt worden.

 

Das im Apothekengesetz vorgeschriebene Ermittlungsverfahren habe somit ergeben, dass kein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke bestehe, weshalb der Antrag gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Apothekengesetz wegen Nichterfüllung der sachlichen Voraussetzung des bestehenden Bedarfs abzuweisen sei. Gleichzeitig mit der Abweisung des Antrags wegen mangelnden Bedarfs werde den diesbezüglichen Einsprüchen – wie in Spruchpunkt II. ausgesprochen – stattgegeben.

 

Abschließend wird festgestellt, dass kein Bedarf an einer öffentlichen Apotheke am beantragten Standort bestünde, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 3.6.2011 zugestellt worden ist, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 13.6.2011. Mit der Berufung wird beantragt, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Ansuchen der Bw vom 10.4.2009 vollinhaltlich stattgegeben und die beantragte Apothekenkonzession erteilt wird, bzw. den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

Begründend führt die Bw ergänzend zu dem Vorbringen des bisherigen Verfahrens im Wesentlichen aus, dass das Kammergutachten nicht nachvollziehbar und daher nicht auf seine Richtigkeit überprüfbar sei. Man könne das Gutachtensergebnis glauben oder auch nicht, rechnerisch nachvollziehbar sei es nicht. Eine derartige Vorgehensweise widerspräche den Vorgaben eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens. Das Gutachten bilde in diesem Zusammenhang kein taugliches Beweismittel und dürfe der Entscheidungsfindung nicht zugrunde gelegt werden. Es werde daher beantragt, ein ergänzendes Kammergutachten einzuholen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 15.6.2011 übermittelte die belangte Behörde die gegenständliche Berufung unter gleichzeitiger Vorlage des bezughabenden Verwaltungsaktes.

 

2.2. Zu dieser Berufung wurden von zwei Einspruchswerberinnen Äußerungen erstattet. In diesen wird im Wesentlichen vorgebracht, dass dem in der Berufung beanstandeten Kammergutachten durch die Bw nicht substanziiert entgegengetreten worden sei; insbesondere werde in der Berufung nicht dargetan, inwieweit einer bestehenden, angrenzenden Apotheke ein Versorgungspotenzial von mehr als 5500 Personen verbleiben könnte. Die – im vorliegenden Gutachten berücksichtigte – bestehende "Apotheke im P" habe keinen Einspruch im gegenständlichen Konzessionsverfahren erhoben, da sie an der konzessionswerbenden Apotheke wirtschaftlich interessiert wäre: Bei der Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke handle es sich nämlich um das Eigentumslokal der Apotheke im P und damit um eine "Filiale"/Zweitbetrieb der Apotheke im P, weshalb im gegenständlichen Fall jedenfalls keine Konzession erteilt werden dürfe. Im Übrigen blockiere die übliche Vorgehensweise eine Zählung des Betriebes der bereits bestehenden Apotheke des Mag. pharm. N, da zwischen diesen die Betriebsstätte der Apotheke im P liege. Dennoch werde wegen der besonderen Verhältnisse eine Prüfung des der Apotheke des Mag. pharm. N verbleibenden Versorgungspotentials erwartet. Es sei nämlich zu erwarten, dass zumindest ein Teil jener Patienten, die am nächsten zu der Apotheke des Mag. pharm. N wohnten, aber die drei am H P ordinierenden Ärzte konsultierten, ihre Medikamente künftig in der neuen Apotheke beziehen würden, was wirtschaftlich für die bestehende Apotheke nicht vertretbar wäre. Weiters sei auch die bestehende Apotheke im Einkaufszentrum U-S (B-Apotheke) hinsichtlich der verbleibenden 5500 Einwohner-Grenze zu prüfen.

 

Die sachlichen Voraussetzungen für die Konzessionserteilung würden damit nicht erfüllt. Es wird daher beantragt, der Berufung ohne Anberaumung einer Berufungsverhandlung nicht Folge zu geben. Mit Schreiben vom 15.9.2011 wurde darauf hin seitens der Bw die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, um mit einem Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer das in Rede stehende Sachverständigengutachten zu erörtern, beantragt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt, unter Berücksichtigung der Berufung und den dazu ergangenen Äußerungen festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt von der belangten Behörde nicht geklärt worden ist und diese ihren Bescheid mit erheblichen Verfahrensmängeln belastet hat. Insbesondere ist das Ergebnis des seitens der Österreichischen Apothekerkammer erstatteten Gutachtens für den vorliegenden Fall insofern vollkommen irrelevant, als die verfahrensgegenständlich wesentlichen Umstände überhaupt nicht behandelt wurden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Übrigen schon gemäß § 67d Abs. 2 Z 1 AVG abgesehen werden.

            

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Rechtslage:

 

Gem. § 2 Abs. 1 Apothekengesetz, RGBl. 5/1907, idF BGBl. I 135/2009, ist von der Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke im Sinne dieses Bundesgesetzes ausgeschlossen, wer bereits Inhaber einer Konzession zum Betrieb einer Apotheke im Sinne dieses Bundesgesetzes oder einer Berechtigung zum Betrieb einer Apotheke in einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) oder in der Schweiz ist.

 

§ 10 Apothekengesetz normiert – neben § 3 leg.cit. hinsichtlich der persönlichen Eignung zur Erlangung der Berechtigung zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke – die sachlichen Voraussetzungen der Konzessionserteilung:

 

           Nach § 10 Abs. 1 leg.cit. ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn

           1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

            2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

 

Ein Bedarf besteht nach § 10 Abs. 2 leg.cit. nicht, wenn

            

           1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

           2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

           3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

            

Nach § 10 Abs. 3 leg.cit. besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke

           1. eine ärztliche Hausapotheke und

           2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.

§ 10 Abs. 4 leg.cit. definiert, dass zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke sind, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

            

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5500, so sind gem. § 10 Abs. 5 leg.cit. die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.

            

Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf nach § 10 Abs. 6 leg.cit. ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

            

Gem. § 10 Abs. 7 leg.cit. ist zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 leg.cit. Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

            

           Gem. § 10 Abs. 8 leg.cit. gelten als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.

 

4.2. Die belangte Behörde gründete ihren Bescheid im Wesentlichen auf das Ergebnis des vorliegenden Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer. Dieses Gutachten beschränkt sich dabei ausschließlich auf die Darstellung der Situation hinsichtlich der "Apotheke im Park" und hält unter "Schlussbemerkungen" (siehe Seite 9 des Gutachtens) selbst ausdrücklich fest, dass "im konkreten Fall auf eine allfällige Untersuchung der zukünftigen Versorgungspotentiale weiterer umliegender öffentlicher Apotheken verzichtet werden [konnte], da diese am Ergebnis des Gutachtens nichts abzuändern vermag"; denn "das Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen Apotheke im P in L [wird] bei Neuerrichtung der angesuchten öffentlichen Apotheke verringert und unter 5.500 betragen".

Die belangte Behörde ging in ihrem Bescheid daher auf eben dieser gutachterlichen Grundlage davon aus, dass ein Bedarf iSd § 10 Abs. 1 Apothekengesetz an der beantragten öffentlichen Apotheke nicht bestehe.

 

Dabei verkennt sie nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates allerdings die höchstgerichtliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; dieser ging in einem gleichgelagerten Fall von einem "Abwehrrecht" (nur) derjenigen benachbarten Apotheken (im Sinne einer Nichterteilung einer Konzession) aus, hinsichtlich derer sich die Anzahl der zu versorgenden Personen infolge der Apothekenneuerrichtung auf weniger als 5.500 verringern würde (VwGH 21.10.2009, 2009/10/0166):

So führte das Höchstgericht unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung aus, dass die "beschwerdeführende Partei ... keinen Anspruch darauf [hat], dass der mitbeteiligten Partei die beantragte Konzession nicht erteilt werde, wenn die negative Bedarfsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG in Ansehung einer anderen als ihrer öffentlichen Apotheke erfüllt ist; ein Anspruch auf die objektive Rechtmäßigkeit der behördlichen Bedarfsprüfung kommt ihr nicht zu.

Dass der mitbeteiligten Partei die beantragte Konzession aber nicht erteilt werden dürfe, wenn sich infolge der Apothekenneuerrichtung die Anzahl der von der Apotheke der beschwerdeführenden Partei aus zu versorgenden Personen auf weniger als 5.500 verringern würde, entspricht dem Standpunkt der belangten Behörde, die gerade weil sie diese Frage als offen geblieben erachtete, den erstbehördlich ermittelten Sachverhalt als ergänzungsbedürftig beurteilte. Soweit sich die beschwerdeführende Partei daher auf eine Existenzgefährdung ihrer öffentlichen Apotheke bezieht, wurde sie durch den angefochtenen Bescheid [Anmerkung: Bescheidbehebung und Zurückverweisung an die Erstbehörde gem. § 66 Abs. 2 AVG] in ihrem Abwehrrecht nicht verletzt."

 

Wie in dem dieser höchstgerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates (Oö. UVS 5.2.2008, VwSen-590183) geht auch das erkennende Mitglied im gegenständlichen Fall davon aus, dass bei der Bedarfsprüfung nach § 10 Abs. 2 Z 3 Apothekengesetz diejenigen Inhaber von bestehenden Apotheken als schützenswert einzubeziehen sind, die im Verfahren zur Erteilung einer Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke einen formellen Einspruch gem. § 48 Abs. 2 leg.cit. erhoben haben.

Wie im damals zugrundeliegenden Fall hat die Österreichische Apothekerkammer auch gegenständlich in ihrem Gutachten vom 12.11.2010, Z III-5/2/2-158/2/10, aber lediglich die Bedarfssituation jener bereits bestehenden Apotheke (Apotheke im P), deren Inhaber keinen Einspruch eingebracht hat, erhoben. Diese ist jedoch nicht maßgeblich.

 

Hinsichtlich der weiteren bestehenden benachbarten Apotheken sind aber auch seitens der belangten Behörde überhaupt keine Ermittlungen getätigt worden, sodass dementsprechende Feststellungen insgesamt besehen gänzlich unterblieben sind.

 

Ausgehend von ihrem verfehlten Ansatz hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid daher ohne entsprechendes Ermittlungsverfahren erlassen, die Voraussetzungen des § 10 Apothekengesetz überhaupt nicht geprüft und es gänzlich unterlassen, alle für die Subsumtion erforderlichen Tatsachen festzustellen. Da der rechtlich relevante Sachverhalt schlichtweg nicht erhoben ist, ist auch eine erschöpfende rechtliche Beurteilung der Angelegenheit derzeit nicht möglich. Der vorliegende Sachverhalt ist daher so mangelhaft, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weshalb der Oö. Verwaltungssenat als Berufungsbehörde – entsprechend dem Antrag der Bw in ihrer Berufung – von seiner Aufhebungs- und Zurückverweisungsbefugnis nach § 66 Abs 2 AVG Gebrauch macht (vgl. so auch zu einem vergleichbaren Fall das Erkenntnis des Oö. UVS 5.2.2008, VwSen-590183, und dazu VwGH 21.10.2009, 2009/10/0166).

 

4.3. Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenats werden im fortgesetzten erstbehördlichen Ermittlungsverfahren zur Klärung der maßgeblichen Sachlage nicht nur die Einholung eines entsprechenden Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer unter Bezugnahme auf sämtliche mitbeteiligte Parteien (zur Frage, ob sich die Zahl der von diesen aus weiterhin zu versorgenden Personen infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird) sowie entsprechende Ermittlungen hinsichtlich der Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke nach § 10 Abs. 2 Z 2 leg.cit., sondern insbesondere auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beteiligung sämtlicher Parteien notwendig sein.

 

In rechtlicher Hinsicht werden im Rahmen der neuerlichen erstbehördlichen Entscheidung folgende höchstgerichtlichen Vorgaben zu beachten sein (so auch jüngst Oö. UVS 27.1.2011, VwSen-590261):

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u.a. VwGH 11.6.2001, 2000/10/0166; 18.2.2002, 2000/10/0022; 14.5.2002, 2001/10/0135; 27.6.2002, 2001/10/0040) hat sich die gemäß § 10 Apothekengesetz durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine – auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte – prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen.

Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4 km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird. Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium der örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs 4 Apothekengesetz in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren.

 

Da die Zuordnung primär nach dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit an Hand der Straßenentfernungen zu erfolgen hat, kommt es dabei insbesondere auf empirische Feststellungen, wo die Einwohner bisher ihre Rezepte einlösten, nicht an (vgl VwGH 29.6.1998, 98/100088; 13.11.2000, 99/10/0259; 12.11.2001, 2000/10/0108).

 

Die Prognoseentscheidung über das voraussichtliche Kundenverhalten ist an den in § 10 Abs. 4 und 5 Apothekengesetz normierten objektiven Umständen zu orientieren. Dabei ist auf das objektivierte Kundenverhalten und nicht auf persönliche Präferenzen für das Aufsuchen einer bestimmten Apotheke abzustellen (vgl VwGH 26.2.1996, 95/10/0041; 15.2.1999, 98/10/0070; 19.3.2002, 99/10/0143).

 

4.4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei den Ermittlungen zur Beurteilung der Bedarfsfrage nach § 10 Apothekengesetz das Versorgungspotential bzw. die Versorgungspolygone der mitbeteiligten umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken (4-Kilometer-Umkreis iSd § 10 Abs. 4 leg.cit.) sowie die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke darzulegen sein werden.

 

Da der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, war – entsprechend dem Antrag der Bw in ihrer Berufungsschrift – spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220,- Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Astrid Berger

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 29.02.2012, Zl. 2012/10/0008-3

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