Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166198/9/Fra/Sta/Gr VwSen-522911/9/Fra/Sta/Gr

Linz, 12.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufungen des Herrn X, vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27. Juni 2011, VerkR96-2336-2011, betreffend Übertretung des
§ 99 Abs.1 lit.b. iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. Juli 2011, VerkR21-175-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit und weiterer Maßnahmen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Dezember 2011, zu Recht erkannt.

 

I.                  Den Berufungen wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis vom 27. Juni 2011, VerkR96-2336-2011, und der angefochtene Bescheid vom 5. Juli 2011, VerkR21-175-2011, werden aufgehoben und die Verfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4, § 67a Abs.1  Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG, § 24 und § 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 1.600 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er sich am 15. Mai 2011 um 17.25 Uhr auf der Polizeiinspektion Schärding nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass er um ca. 16.55 Uhr das angeführte Fahrzeug auf Grund eines wahrgenommenen Alkoholisierungsmerkmales (leichter Alkoholgeruch aus seiner Atemluft) und eines positiven Vortestergebnisses in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Schärding auf der unbenannten Gemeindestraße zwischen Sauwaldstraße und Passauer Straße (Friedhofsparkplatz) gelenkt hat.

Fahrzeug: Kennzeichen X, Leichtkraftfahrzeug vierrädrig, Microcar Virgo 3, blau.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 5.7.2011, VerkR21-175-2011, dem Bw die Lenkberechtigung der Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und ausgesprochen, dass ihm auf die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Abnahme des Führerscheines, das ist der 15.5.2011, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf (Ende der Entziehungszeit: 15.11.2001, 24.00 Uhr). Die aufschiebende Wirkung im Falle einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug ausgeschlossen. Die im Spruch des Mandatsbescheides vom 23.5.2011 vorgeschriebenen Anordnungen (Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachten sowie die Anordnung der Nachschulung) wurden bestätigt.

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug auf der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit zum angeführten Zeitpunkt gelenkt und, da er Alkoholisierungsmerkmale, wie leichter Alkoholgeruch bzw. leicht gerötete Augenbindehäute, aufgewiesen hat, bei ihm durch den Einsatz eines Vortestgerätes ein Atemluftalkoholgehalt von 0,40 mg/l festgestellt wurde, weshalb er in der Folge aufgefordert wurde, zur PI Schärding mitzukommen, um dort einen Alkomattest mittels eines geeichten Alkomaten durchzuführen. Laut Anzeige sei der erste Blasversuch einwandfrei durchgeführt worden. Bei der zweiten Messung habe der Bw jedoch noch einmal nachgeblasen, weshalb es zu einer Fehlmessung gekommen ist. Nach dieser Fehlmessung habe sich der Bw letztlich geweigert, noch einmal in den Alkomaten hinein zu blasen. Er habe angegeben, dass ihm gesagt worden sei, er müsse nur zweimal blasen. Der Meldungsleger GI X verwies bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme auf den bereits in der Anzeige geschilderten Sachverhalt und ergänzte, man hätte den Bw auf der PI überreden müssen, den Alkomattest vorzunehmen, wobei der erste Blasvorgang korrekt durchgeführt worden sei. Beim zweiten Versuch habe der Bw nachgeblasen, weshalb eine Fehlmessung verifiziert worden wäre. Er habe den Bw daher noch einmal aufgefordert, einen erneuten Blasvorgang vorzunehmen, dies sei jedoch vom Bw abgelehnt worden. Der Meldungsleger habe glaubhaft erklärt, dass der Bw nach dem zweiten Blasvorgang, der zunächst korrekt verlaufen ist, nachgeblasen hätte. Von daher sei es erklärbar, dass der Alkomat eine Fehlmessung anzeigte und der Bw die Gelegenheit eingeräumt bekommen habe, zumindest einen neuen Blasvorgang vorzunehmen, damit ein verwertbares Ergebnis zustande komme. Selbstverständlich werde auch die Polizei kein Interesse haben, eine Vielzahl von Blasvorgängen abzuverlangen, wenn sich nicht nachvollziehbare Fehlmessungen ergeben. Sodann wäre jedoch bei Verdacht einer Fehlfunktion eines Alkomaten ein anderer Alkomat heranzuziehen und mit diesem die Prüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchzuführen, und zwar solange, bis ein rechtsgültiges Ergebnis vorliegt, zu dem es in der Regel auch komme. Durch die nachgewiesene Fehlmessung, von der der Bw in Kenntnis gesetzt wurde, hätte er der erneuten Aufforderung der Polizei, noch einmal in den Alkomaten hineinzublasen, Folge leisten müssen. Dies habe er jedoch nicht getan. Das Ergebnis des Blasvorganges zum Vortestgerät sei rechtlich nicht zu werten gewesen und durfte vom Bw nicht bei der Anzahl der Blasvorgänge mitgerechnet werden. Ein rechtlich einwandfreies und verwertbares Atemluftalkoholuntersuchungsergebnis liege somit nicht vor.

 

I.2. Dagegen richten sich die durch den ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig eingebrachten Berufungen. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding – als nunmehr belangte Behörde – legte die Rechtsmittel samt bezughabende Verwaltungsakte dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG; § 67a Abs.1 AVG).

 

Der Bw meint, dass die belangte Behörde im Rahmen ihrer Sachverhaltsfeststellung, insbesondere im Rahmen der Wiedergabe der aufgenommenen Beweise unrichtigerweise davon ausgehe, dass nach einem bereits ersten Blasvorgang der zweite Blasvorgang von ihm nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Diese Tatsachenfeststellung sei unrichtig und auch durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht gedeckt. Er sei der Aufforderung der Polizisten zur Messung seines Atemluftalkoholgehaltes durch ein Vortestgerät nachgekommen. Dabei sei ein Atemluftalkoholgehalt von 0,40 mg/l festgestellt worden. Auf Grund dessen sei er aufgefordert worden, zur PI Schärding mitzukommen, um dort einen Alkomattest mittels eines geeichten Alkomaten durchzuführen. Dieser Aufforderung sei er anstandslos nachgekommen. Als er dort angekommen äußerte, dass er gerne seinen Rechtsanwalt Dr. X verständigt haben möchte, weil er sich schikaniert fühlte, sei das Klima "kühler" geworden. Daraufhin nahm er einen ersten Blasvorgang am Alkomaten vor, der auch einwandfrei durchgeführt wurde. Dasselbe Procedere habe er ein zweites Mal wiederholt, doch kam es laut Polizisten zu einer Fehlmessung, weil er angeblich "nachgeblasen" haben soll. Diese Unterstellung, dass er nachgeblasen haben soll, habe er als Beleidigung empfunden, dies insbesondere deswegen, weil sowohl das Ergebnis des Vortestes mit 0,40 mg/l als auch das Ergebnis des Alkomaten mit 0,38 mg/l bestätigt habe, dass keine gesetzwidrige Alkoholisierung vorlag und er keinen Grund gehabt habe, das Ergebnis zu manipulieren oder Ähnliches. Es sei ihm nicht erklärt worden, was unter "Nachblasen" zu verstehen ist. Dies sei auch nicht von PI X in seiner Zeugeneinvernahme vom 7. Juni 2011 geklärt worden. Der zweite Blasvorgang sei einwandfrei durchgeführt worden. Dass er nachgeblasen haben soll, sei eine Unterstellung, die durch keine objektive Beweisergebnisse gedeckt ist. Eine Fehlmessung habe er nicht verschuldet, er habe zwei ordnungsgemäße Blasversuche unternommen, die nach der Judikatur des VwGH ausreichend sind.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5.12.2011 erwogen:

 

Der Meldungsleger konnte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht überzeugen. Geht man von der Aktenlage aus, so wurde beim Bw mit einem Vortestgerät am 15. Mai 2011 um 17:00 Uhr ein Atemluftalkoholgehalt von 0,40 mg/l AAG, beim geeichten Alkomaten am
15. Mai .2011 um 17.20 Uhr eine verwertbare Messung mit einem Ergebnis von 0,38 mg/l AAG und am 15.5.2011 um 17.21 Uhr ein Fehlversuch mit der Bezeichnung "Atmung unkorrekt" festgestellt. Der Meldungsleger berichtete bei der Berufungsverhandlung unter anderem von zwei Ergebnissen, und zwar von einem Ergebnis, welches mittels Vortestgerät und ein Ergebnis, welches mittels Alkomat festgestellt wurde. Das Ergebnis von 0,40 mg/l AAG wurde mittels Vortestgerät festgestellt. Das Ergebnis von 0,38 mg/l AAG mittels Alkomat am Messprotokoll dokumentiert. Beim zweiten Blasvorgang habe der Bw – wie der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung formulierte – "nachgebessert" bzw. nachgeblasen. Der Fehlversuch sei am Display beim Alkomaten mittels Error-Meldung angezeigt worden. Welche Error-Meldung am Display angezeigt wurde, konnte der Meldungsleger nicht sagen. Über Befragen gab der Meldungsleger an, dass er diese Error-Meldung ausdrucken hätte können, dies jedoch nicht getan hat. Laut Anzeige vom 18.5.2011, Seite 3, ist unter anderem angeführt: "Am Alkomat wurde zuvor eine Abbruchmessung durchgeführt, die bei der ersten Messung einen Atemalkoholgehalt von 0,38 mg/l ergab." Über Vorhalt dieser Angaben, verbunden mit der Frage, wie dieser Satz zu verstehen ist, konnte der Meldungsleger keine Angaben machen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt sohin beweiswürdigend fest, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass es eine weitere (zuvor) abgebrochene Messung mit einem Ergebnis von 0,38 mg/l AAG durchgeführt wurde. Dass dies ausgeschlossen werden könnte, kann aus den Aussagen des Meldungslegers bei der Berufungsverhandlung nicht abgeleitet werden. Es ist daher denkbar und auch bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich, dass beim Bw mittels Alkomat zwei Messungen mit einem Ergebnis von 0,38 mg/l AAG durchgeführt wurden. Dieses Ergebnis würde sich in etwa auch mit dem Ergebnis des Vortestgerätes von 0,40 mg/l AAG in Einklang bringen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, dass nach den Verwendungsrichtlinien für das im vorliegenden Fall verwendete Atemalkoholmessgerät Marke Siemens M52052/A15 die Untersuchung der Atemluft mittels zwei Alkomatmessungen zu erfolgen hat. Weder nach diesen Verwendungsrichtlinien noch nach der Betriebsanleitung für dieses Gerät ist die Heranziehung von zwei Messwerten, die nicht unmittelbar aufeinanderfolgen, sondern zwischen denen ungültige Messversuche liegen, unzulässig. Es verstößt auch nicht gegen das Gesetz, wenn zwei (gültige) Blasvorgänge nicht unmittelbar hintereinander stattfinden. (vgl. u.a. VwGH vom 12. Juli 1994, GZ: 92/03/0162).

 

Es kann im konkreten Fall nicht hinreichend beweiskräftig festgestellt werden, dass lediglich ein gültiges Messergebnis vorliegt, sondern es ist möglich, dass der Bw zwei gültige Atemluftproben mit einem Ergebnis von 0,38 mg/l AAG abgegeben hat. Vor dem Hintergrund der oa Judikatur in Ansehung der Heranziehung von zwei Messwerten, die nicht unmittelbar aufeinander folgen müssen, wäre sohin erwiesen, dass der Bw einen Atemluftalkoholgehalt von 0,38 mg/l aufgewiesen hat. Ein ausreichender Beweis dafür, dass das Verhalten des Bw tatbildlich im Sinne der Unterstellung seines Verhaltens unter § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 zu beurteilen wäre, liegt nicht vor.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.     Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.     In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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