Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166342/14/Bi/Kr

Linz, 12.12.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 29. September 2011 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 1. September 2011,
2-S-1095/11, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 12. Dezember 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 100 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er es als das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen hin berufene Organ der X, die Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges, Kz. X und
X, sei, wobei das Sattelzugfahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet sei, unterlassen habe, den Lenker X in der Verwendung bzw Handhabung des digitalen Kontrollgerätes zu unterweisen und ihm die Bedienungsanleitung des digitalen Kontrollgerätes zu erklären, weil am 30. Dezember 2010, 9.50 Uhr in X, X, festgestellt worden sei, dass der Lenker das digitale Kontrollgerät nicht bedienen habe können, da es ihm nicht möglich gewesen sei, einen manuellen Nachtrag durchzuführen.  

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 12. Dezember 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Bw Herrn RA X und des Meldungslegers  BI X (Ml), LPK-LVA Linz, durchgeführt. Der Bw war ebenso entschuldigt wie der Vertreter der Erstinstanz. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der beim Eintritt in die Firma am 1.12.2007 bereits eingeschulte Lenker sei bei der Fahrerschulung am 28.10.2009 persönlich anwesend gewesen, was durch Unterlagen erwiesen sei. Dieser habe nie angegeben, dass er nicht in die Bedienung eingeschult worden sei; darüber gebe es auch keine niederschriftliche Einvernahme mit seiner Unterschrift. Beantragt wird die nochmalige Zeugen-Einvernahme des Lenkers im Weg der Rechtshilfe. Der Tatvorwurf sei mangelhaft, weil ihm nie zur Last gelegt worden sei, dass es sich um einen Transport "im Rahmen der Güterbeförderung in internationalen Straßenverkehr mit Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht über 3,5 t" gehandelt habe. Wie sich aus den vorgelegten Unterlegen ergebe, sei der Lenker am Beginn seiner Tätigkeit und danach in regelmäßigen Schulungen in die Bedienung des digitalen Kontrollgeräts eingewiesen worden. Bislang habe es nie Probleme oder Beanstandungen gegeben. Die gedruckten Daten würden auf ihre Richtigkeit geprüft und bei Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten bzw sonstigen Unregelmäßigkeiten würden "Fahrerinformationen" jeweils über das abgelaufene Monat angefertigt, mit dem Lenker besprochen und dieser müsse die Fahrer­information unterfertigen. Er werde über die Verstöße belehrt und zunächst aufgefordert, die gesetzlichen Zeiten einzuhalten; im Wiederholungsfall habe er mit arbeitsrechtlichen Schritten zu rechnen.

Trotz dieses wirksamen Kontrollsystems habe nicht verhindert werden können, dass es hier zum Nichtspeichern von Daten gekommen sei. Außerhalb der Norm liegende und untypische Einzelfälle, die während der Fahrt auftreten, seien durch kein Kontrollsystem zu verhindern. Ihm könne daher kein Verschulden vorge­worfen werden. Ihm sei die Stellungnahme des Amtssachverständigen erst mit dem Straferkenntnis übermittelt worden, sodass er dazu keine Äußerung abgeben habe können. Da der Lenker die Verkürzung der wöchentlichen Ruhezeit übersehen habe, habe er gemeint, diese nicht verkürzt zu haben, und es sei daher aus damaliger Sicht ein manueller Nachtrag nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen stimme die vom Lenker beschriebene Vorgangsweise, wenn man die Daten über einen manuellen Nachtrag ändern wolle, eher als die vom Anzeiger beschriebene; diese würde nicht zum Speicher der Daten führen. Der SV sei offenbar bemüht, die Vorgangsweise des Anzeigers als technisch nachvollziehbar darzustellen. Es seien aber nur "behördennahe" Beweise aufgenommen worden. Beantragt wird "allenfalls" eine mündliche Berufungsverhandlung, im Übrigen Verfahrenseinstellung, in eventu § 21 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Veranlassung der Zeugeneinvernahme des Lenkers X (K.M.) im Rechtshilfeweg (PI Neutraubling am
17. Oktober 2011) sowie Parteiengehör und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter des Bw gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straf­erkenntnisses berücksichtigt, die vorgelegten Unterlagen über Fahrer­schulungen, die Ausführungen des Amtssachverständigen Ing X vom 5. August 2011, VerkR-210000/2363-2011-Kob, und die Zeugenaussage des Lenkers verlesen und erörtert und der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des
§ 289 StGB einver­nommen wurde.

 

Demnach steht fest, dass der Lenker der oben genannten Sattelkraftfahrzeuges K.M. am 30. Dezember 2010 gegen 9.50 Uhr beim Terminal X kontrolliert wurde. Der Ml lud die Daten vom digitalen Kontrollgerät auf seinen Laptop und stellte fest, dass im Zeitraum der letzten 29 Tage mehrere Daten fehlten, die der Lenker manuell nachtragen hätte müssen. Dazu befragt gab der Lenker an, er wisse nicht, warum die Daten nicht gespeichert seien, er sei diesbezüglich nicht geschult worden. Der Ml gab in der Berufungsverhandlung an, er könne sich wegen der Vielzahl ähnlicher Amtshandlungen seither nicht konkret an den Lenker bzw dessen genaue Angaben erinnern und er könne auch nicht mehr konkret sagen, was genau gefehlt habe. Für ihn sei nur festgestanden, dass der Fehler öfter aufgetaucht sei, es habe sich nicht um ein einmaliges "Verdrucken" durch den Lenker gehandelt. Er erhalte bei solchen Amtshandlungen vom jeweiligen Lenker entweder die Antwort, dieser sei nicht geschult worden, oder er sei zwar geschult worden, kenne sich aber nicht aus. K.M. habe die Variante gewählt, er sei nicht geschult worden. Normalerweise bespreche er mit dem Lenker in der Fahrerkabine den Fehler und lasse sich von Lenker zeigen, wie er die Eintragungen gemacht habe bzw zeige ihm, was er tun müsse. Ob er das bei K.M. im ggst Fall auch gemacht habe, konnte der Ml nicht mehr sagen. Wenn der Lenker einen manuellen Nachtrag nicht speichern könne, lasse das auf einen Bedienungsfehler schließen. Hier sei der gleiche Fehler mehrmals aufgetaucht, bei einem alleine würde keine Anzeige erfolgen.

Der Ml schilderte die Durchführung eines manuellen Nachtrags so, dass der Lenker zunächst die Frage nach dem Schichtende mit "Nein" und die anschlie­ßende Frage, ob er einen Nachtrag machen wolle, mit "Ja" beantworten muss. Nach seiner Aussage befindet sich der Lenker dann im Speichermodus, dh alle Einträge werden gespeichert, der Lenker braucht nicht extra etwas zu speichern. Dem widersprechen aber sowohl die vom Bw übermittelte Darstellung der Durchführung von manuellen Einträgen als auch die Aussage des Amtssach­verständigen. Der Ml legte dar, dass die Daten des letzten Zeitraumes vom Herausziehen der Fahrerkarte bis zum neuen Einschieben zu deklarieren bzw durch Urlaubsbestätigung zu belegen sei. Was im ggst Fall gefehlt habe, konnte er konkret nicht mehr sagen. Ebenso wenig waren die Widersprüche in der Reihenfolge der vom Kontrollgerät gezeigten Fragen zu klären und ob nun der Lenker tatsächlich am Ende die Daten ausdrücklich speichern muss oder nicht.

 

Der Bw hat eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die P. GmbH ihren Lenkern zum einen bei Beginn des Dienstverhältnisses "bereichs­interne" bzw "Geschäftsführungsanwei­sungen" gibt, bei Verstößen Fahre­r­infor­mation vom Lenker unterschreiben lässt und zum anderen K.M. im Jahr 2009 selbst an einer entsprechenden Schulung betreffend das digitale Kontrollgerät sowie Sozialvorschriften teilgenommen hat. Ob bei dieser Schulung oder im Rahmen einer Fahrerinformation konkret die Frage behandelt wurde, wie manuelle Nachträge zu erfolgen haben, ergibt sich daraus nicht. Dass bei K.M. noch nie ein Verstoß dahingehend festgestellt wurde, ist eine Behauptung.  

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.4 5. Satz KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer zur Gewähr­leistung der ordnungsgemäßen Verwendung des digitalen Kontrollgerätes den Lenker in der vorgeschriebenen Handhabung zu unterweisen, dem Lenker die Bedienungsanleitung des digitalen Kontrollgerätes und ausreichend geeignetes Papier für den Drucker zur Verfügung zu stellen.

Zum Tatvorwurf ist zu sagen, dass eine Erklärung der Bedienungsanleitung durch den Zulassungsbesitzer nicht zum Tatbestand gehört, dh der Tatvorwurf hätte sich darin erschöpft, dem Bw vorzuwerfen, er habe den Lenker nicht in der Handhabung des digitalen Kontrollgerätes unterwiesen. Die dem widersprechen­den vorgelegten Unterlagen sind zwar glaubwürdig, aber ob bei der Schulung, an der der Lenker K.M. laut Anwesenheitsliste teilgenommen hat, die genaue Durchführung von manuellen Nachträgen behandelt wurde und was davon dem Lenker im Gedächtnis geblieben ist, konnte im Beweisverfahren nicht geklärt werden. Tatsache ist aber, dass K.M. die Behauptung, er sei hinsichtlich der Handhabung des digitalen Kontroll­gerätes nicht schult worden, bei einer ihn selbst betreffenden Verkehrskontrolle bzw als Beschuldigter im Verwaltungs­­­straf­verfahren aufgestellt hat, sodass die Beweiskraft dieser Behauptung in Zweifel zu ziehen ist, zumal der Lenker durchaus subjektive Gründe für die Nichtdurch­führung der erforderlichen manuellen Nachträge haben konnte.   

Zu bemerken ist außerdem, dass der Bw als Disponent für die Einhaltung der im § 103 Abs.4 KFG 1967 vorgesehenen Bestimmungen nur dann verantwortlich ist, wenn er gemäß § 9 Abs.4 VStG seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten mit einem klar abgegrenzten Bereich, unter den auch Unter­weisungen der Lenker in der Handhabung des digitalen Kontrollgerätes fallen, nachweis­lich zugestimmt hat. Der Bw wurde von der P. GmbH in Hartmannsdorf als verant­wortlich für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften bezeichnet, vorgelegt wurde dazu aber nichts und K.M. hat ausgeführt, der Bw habe die Schulung sicher nicht selbst vorgenommen.

Es war daher im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden; Verfahrenskostenbeiträge fallen naturgemäß nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Beilagen

Mag. Bissenberger

 


Beschlagwortung:

 

Zulassungsbesitzer hat Lenker eingeschult bezüglich Kontrollgerät –> Einstellung im Zweifel

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum