Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600104/5/Bi/Kr

Linz, 19.12.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichterin: Mag. Karin Bissenberger, Beisitzer: Mag. Josef Kofler) über den Devolutionsantrag X, vom 5. November 2011 im Verwaltungsstrafverfahren S-1153/ST/10 vor der BPD Steyr wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Devolutionsantrag wird wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 73 und 67a AVG iVm 24 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der BPD Steyr vom 18. September 2010, S-1153/ST/10, wegen Übertretung der StVO 1960 wurde über den Antragsteller (ASt) eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und diese laut Rückschein am 23. September 2010 durch Hinterlegung zugestellt. Ein Rechtsmittel ging bei der Erstinstanz laut vorgelegtem Verfahrensakt und Mitteilung auf dem Vorlagebericht vom 10. März 2011 nicht ein.

Am 1. Februar 2011 übermittelte der ASt der Erstinstanz ein Mail mit dem Inhalt, er beziehe sich auf ein Mahnschreiben vom 26. Jänner 2011, teile mit, er habe am 2. Oktober 2010 Berufung gegen das oben angeführte Straferkenntnis eingebracht, sodass dieses nicht rechtskräftig sei, und ersuche um Bestätigung, dass das Mahnschreiben gegenstandslos sei. Das Rechtsmittel wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Mit Schreiben des UVS vom 16. März 2011 wurde dem ASt mitgeteilt, dass bei der Erstinstanz keine Berufung eingegangen sei und ausgehend von der Hinter­legung des Straferkenntnisses am 23. September 2010 die Rechtsmittelfrist am 7. Oktober 2010 abgelaufen sei.

Mit Mail vom 5. April 2011 bestätigte der ASt die Absendung der (zugleich vorgelegten) Berufung am 2. Oktober 2010 von seinem Computer und ersuchte "die Behauptung der Behörde, dass sie (ausgerechnet) die Berufungs­schrift nicht erreicht hätte, als Schutzbehauptung unberücksichtigt zu lassen" und ihr deren Vorlage aufzutragen oder die Erklärung, "warum sie mein Mail vom 2.10. nicht geöffnet hat." Er beantragte, "auszusprechen, dass gegen das genannte Strafer­kenntnis rechtzeitig Berufung erhoben worden sei, in eventu Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Berufungsfrist, weil ihm die Verspätung seiner Berufung aus Umständen in der Sphäre der Erstinstanz zur Kenntnis gebracht worden sei, das kein Versehen (oder allenfalls ein unterdurchschnittliches Versehen)  begrün­den könne."

Mit Schreiben vom 26. April 2011 ersuchte der UVS die Erstinstanz dazu um Stellung­nahme und hielt dabei am Rande fest, dass der ASt laut Verfahrens­akt offensichtlich im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich über Mail mit der Erstinstanz korrespondiert hatte und offenbar alle diese Mails angekommen seien – bis auf die Berufung. Angeregt wurde, im Mail des (nicht rechtsfreundlich vertretenen) ASt vom 1. Februar 2011 einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu erblicken, wobei darüber die Erstinstanz zu entscheiden habe.

Mit Stellungnahme vom 6. Mai 2011 wurde seitens der Erstinstanz erklärt, bereits vor der Aktenvorlage habe eine Überprüfung der Angaben des ASt, er habe am 2. Oktober 2010 Berufung eingebracht, stattgefunden und konnte die Berufung tatsächlich nicht vorgefunden werden. Da der ASt bislang mehrfach per Mail mit der Erstinstanz in Kontakt getreten sei, sei davon auszugehen, dass bei der Übermittlung der Berufung entweder im Bereich des ASt ein Fehler aufgetreten sein müsse oder die Berufung nicht zeitgerecht übermittelt worden sei. Es ergebe sich aber aus dem Mail vom 1. Februar 2011 kein Hinweis aus der Bezeichnung oder dem Inhalt in die Richtung, dass der ASt durch ein unvorher­gesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert gewesen wäre, die Rechtsmittelfrist einzuhalten. Da der ASt ausdrücklich die Einbringung des Rechtsmittels geltend mache, lägen die Voraussetzungen für eine Wiederein­setzung nicht vor. Im Übrigen sei auch dieses Mail ohne Probleme eingelangt und bearbeitet worden.

Mit h. Schreiben vom 17. Mai 2011 wurde dem ASt die Stellungnahme der Erstinstanz zur Kenntnis gebracht und ausgeführt, dass eine Absendebestätigung nur die Absendung eines Mails aber nicht dessen Ankommen bei der Empfänger-Adresse bestätige, weshalb sich auch ein Ersuchen um eine entsprechende Bestätigung des Empfängers empfehle. Dem ASt wurde auch die Ansicht des UVS mitgeteilt, dass seinem Schluss, die Erstinstanz habe sein Mail nicht geöffnet, weil es "aussichtsreich erschienen sei", nicht gefolgt werden könne, weil Mails, die nicht geöffnet würden, auch inhaltlich nicht beurteilt werden könnten. Nach den Beweisergebnissen sei davon auszugehen, dass sein Mail tatsächlich bei der Erstinstanz aus welchen – vermutlich technischen – Gründen auch immer nicht angekommen sei, es gebe keinen Nachweis des Nicht-/Einlangens. Dem ASt wurde darauf bezogene VwGH-Judikatur zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt, dass das Straferkenntnis als rechtskräftig anzusehen sei. 

 

In seinem Mail vom 27. Mai 2011 blieb der ASt dabei, sein Antrag auf Fest­stellung des Nichteinlangens oder nicht rechtzeitigen Einlangens der Berufung sei ebenso wie sein Wiedereinsetzungsantrag bescheidmäßig zu erledigen.

Daraufhin wies die Erstinstanz mit Bescheid vom 20. Juni 2011 den Antrag vom 1. Februar 2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab. Dagegen erhob der Ast wiederum per Mail Berufung, die nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung mit Erkenntnis des UVS vom 30. September 2011, VwSen-165841/18/Bi/Kr, abgewiesen wurde.

 

2. Mit E-Mail vom 5. November 2011 brachte der ASt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich einen Devolutions­antrag ein, der am 7. November 2011 einlangte und über den gemäß § 67a AVG durch die nach der Geschäfts­verteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden war. Eine öffent­liche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte entfallen (§ 67d Abs.2 Z2 AVG).

 

3. Der ASt macht im Wesentlichen geltend, über seinen Parteienantrag vom 4. April 2011 sei bescheidmäßig abzusprechen, was bislang nicht geschehen sei, sodass die Erstinstanz bereits seit mehr als sechs Monaten säumig sei. Er beantrage daher den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den UVS Oö.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und zum Devolutionsantrag in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungs­­frist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständig­­keit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Ober­behörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Aus § 24 VStG ergibt sich im Umkehrschluss, dass § 73 Abs.2 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren – hier im Umweg über das Wiedereinsetzungs­verfahren – anzuwenden ist.

 


Die Erstinstanz hat bereits in der Begründung des Bescheides vom 20. Juni 2011, S-1153/ST/2010, mit dem das als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (zugunsten des ASt) uminterpretierte E-Mail vom 1. Februar 2011 als unbegründet abgewiesen wurde, ausgeführt, dass der mit E-Mail vom 5. April 2011 übermittelte Antrag vom 4. April 2011 als verspätet eingebracht zurück­zuweisen wäre. Da der ASt bereits aus dem Mahnschreiben der Erstinstanz und dem ihm bekannten Umstand, dass sein E-Mail vom 2. Oktober 2010 von der Erstinstanz nicht geöffnet worden war, ersehen konnte, dass die Erstinstanz das Straferkenntnis vom 18. September 2010 als rechtskräftig betrachtete, war der Fristenlauf für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß      § 71 Abs.2 AVG ab Zustellung des Mahnschreibens zu berechen. Damit ist der Vorwurf des ASt, die Erstinstanz habe über seinen – im übrigen "in eventu" gestellten – Antrag nicht abgesprochen, widerlegt.  

Somit war der ggst Antrag vom 4. April 2011 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag.  K i s c h

 

Beschlagwortung:

 

Devolutionsantrag

 

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