Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730521/4/Wg/Gru

Linz, 15.12.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwältin X, X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 19. September 2011, Zl. 1-1032761/FP/11, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

 

 

La apelación se desestima por carecer de fundamento y se confirma la decisión impugnada.

 

Fundamento jurídico:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hat gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 19. September 2011, Zl. 1-1032761/FP/11, eine Rückkehrentscheidung sowie ein unbefristetes Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 5 FPG für den gesamten Schengen-Raum erlassen. Gem. § 57 Abs. 1 FPG wurde die "aufschiebende Wirkung gegen diesen Bescheid" aberkannt. Die Behörde stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das Urteil des LG Linz, 34 hv 60/11 v, vom 15. Juni 2011.

 

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 4. Oktober 2011. Der Bw beantragt darin, seiner Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben; in eventu seiner Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das unbefristete Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum in ein befristetes Einreiseverbot bzw. ein Einreiseverbot beschränkt auf Österreich umgewandelt werde. Der Bw argumentiert, es sei richtig, dass er im Bundesgebiet keine familiären Bindungen habe, aus dem von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung herangezogenen Strafakt ergebe sich jedoch zweifelsohne, dass er in einem anderen Staat des Schengen-Raumes sozial integriert sei und auch über familiäre Bindungen verfüge. So sei er nach wie vor mit Frau X, geb. am X, einer spanischen Staatsbürgerin, seit X aufrecht verheiratet. Er habe in den Niederlanden einen Sohn, X, geb. am X. Bis zum Zeitpunkt seiner Verhaftung habe er in Amsterdam, Niederlande, mit aufrechtem Aufenthaltstitel gelebt und an der Adresse X, X ein Unternehmen betrieben. Der Großteil seiner Familie sei in der Europäischen Union aufhältig, so etwa würden seine Schwester X und seine Tante X in Deutschland leben, sein Bruder X in den Niederlanden. In seinem Heimatstaat Dominikanische Republik habe er keine Bindungen mehr, lediglich seine Mutter sei dort geblieben, der Großteil seiner Familie sei, wie erwähnt, nach Europa gezogen und befinde sich in den Niederlanden auch sein gesamter Freundeskreis. Er habe in der Zwischenzeit über den Sozialen Dienst der Justizanstalt Wels den Antrag gestellt, nach Holland überstellt zu werden und seine Strafhaft in einer Justizanstalt in den Niederlanden verbüßen zu können, bis dato sei noch keine Entscheidung der holländischen Behörden eingetroffen. Im Falle einer Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots würde er den Kontakt zu seiner Familie, insbesondere zu seinem nunmehr 4-jährigen Sohn gänzlich verlieren, sodass das unbefristete Einreiseverbot in den Schengen-Raum einen gravierenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK darstelle, was von der belangten Behörde nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Von der belangten Behörde seien in diese Richtung auch keine weiteren Ermittlungen gepflogen worden, die Feststellung seiner sozialen Integration und seiner familiären Bindungen hätte durch Einschau in den beigeschafften Strafakt leicht getroffen werden können und sei der Bescheid aus diesem Grund mangelhaft geblieben. Wäre die Behörde dieser Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte sie feststellen müssen, dass er in Holland ausreichend sozial integriert sei.

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hat dem Verwaltungssenat den Verfahrensakt zur Entscheidung übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG nicht erforderlich.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik.

 

Der Bw hat im österreichischen Bundesgebiet keine familiären Bindungen. Er ist aber nach wie vor mit Frau X, geb. am X, einer spanischen Staatsbürgerin seit 8. Juni 2006 aufrecht verheiratet. Er hat in den Niederlanden einen Sohn, X, geb. am X. Bis zum Zeitpunkt seiner Verhaftung lebte er in Amsterdam, Niederlande, mit aufrechtem Aufenthaltstitel und betrieb an der Adresse X, X ein Unternehmen. Der Großteil seiner Familie ist in der Europäischen Union aufhältig, so etwa lebt seine Schwester X und seine Tante X in Deutschland, sein Bruder X in den Niederlanden. Seinen Angaben zufolge hat der Bw in der Dominikanischen Republik keine Bindungen mehr, lediglich seine Mutter ist dort geblieben, der Großteil seiner Familie sei nach Europa gezogen und befinde sich in den Niederlanden auch sein gesamter Freundeskreis.

 

Er verfügt in den Niederlanden über einen Aufenthaltstitel.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat gegen ihn mit Bescheid vom 1. Februar 2009, Az: 2009, gem. § 57 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Sinn des § 76 Abs. 1 FPG angeordnet. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Rahmen einer Lenkerkontrolle am 1. Februar 2009, 2:55 Uhr, sei von Polizeibeamten festgestellt worden, dass gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot im Schengener-Gebiet (erlassen von den Niederlande) bestehe. Da er sich in Österreich nicht rechtmäßig aufhalte, müsse somit zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft verhängt werden. Der Zweck der Schubhaft könne nicht durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden. Bei der Einvernahme am 2. Februar 2009 gab er bei der Bundespolizeidirektion Linz an, das erste Mal sei er vor ca. 2 Jahren von Miami mit einem deutschen Visum nach Köln gekommen. Dort wohne eine Schwester von ihm. Er sei dann in Spanien gewesen und habe dort in Madrid eine Dominikanerin mit spanischem Pass geheiratet. Die Ehe sei aufrecht. Er habe eine gültige spanische Aufenthaltsberechtigung. Im Zuge seines Aufenthaltes in Europa habe er auch Holland besucht. Dort sei sein deutsches Visum abgelaufen. Er sei auf der Straße kontrolliert worden und sei vor einem Richter gekommen, der ihm gesagt habe, wann immer er nach Europa komme, müsse er seinen Aufenthalt legalisieren. Mehr sei dort nicht gewesen. Heute Morgen hätte er mit KLM nach Holland fliegen sollen und von dort wäre er dann wieder nach Spanien zurückgekehrt.

 

Daraufhin wurde der Bw am 2. Februar 2009 um 11:30 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

 

Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 15. Juni 2011, 34 hv 60/11 v, zu Recht erkannt:

 

"X ist schuldig, er hat in Linz und an anderen Orten

A) unter der Bezeichnung „X" gemeinsam mit X und X (alias „X" oder „X") - teils als Bestimmungstätter -vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28 b) vielfach übersteigenden Menge aus den Niederlanden aus- und via Deutschland nach Österreich eingeführt sowie anderen überlassen, wobei er die Taten in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge und als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von menschen zur begehung solcher Straftaten beging, indem er

I.) aus- und einführte, und zwar

1.) zwischen Anfang Jänner 2007 und 21. September 2008 in Zusammenwirken mit X alias X („X" die abgesondert verfolgten Ehegatten X („X" oder „X") und X in zahlreichen Fahrten zu jeweils 3 bis 7 Kilogramm Kokain mit dem Transport von insgesamt etwa 108,28 bis 132,69 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich beauftragte, wobei der Schmuggel jeweils mit dem Pkw erfolgte und pro Fahrt eine Entlohnung von EUR 8.000,00 vereinbart war (Faktum 1 in ON 19; BV X AS 121f, 141 und 153 in ON 19; BV X AS 209 und 229 in ON 19; BV X AS 263 ff in ON 19; BV X AS 367 und 385 in ON 19);

2.) zwischen Jänner 2007 und 21. September 2008 in Zusammenwirken mit X alias X („X") die Ehegatten X und X mit dem Transport einer nicht näher bekannten, die Grenzmenge jedoch jedenfalls mehrfach überschreitenden Menge Kokain aus den Niederlanden via Deutschlang nach Österreich und sodann weiter nach Mailand/Italien beauftragte (Faktum 2 in ON 19; BV X AS 121 in ON 19; BV X AS 233 f in ON 19);

3.) zwischen Anfang 2008 und 21. September 2008 in zumindest zwei bis drei Fahrten zu jeweils 3 bis 7 Kilogramm Kokain, insgesamt sohin zwischen 6 und 21 Kilogramm Kokain, aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich einführte und dem abgesondert verfolgten X übergab (Faktum 3 in ON 19; BV X AS 195 in ON 19; BV X AS 261 ff in ON 19);

4.) vermutlich am 9. Oktober 2008 in einer Schmuggelfahrt 5 Kilogramm Kokain nach Österreich transportierte und an diverse Subverteiler im Großraum Linz zum Grammpreis zwischen EUR 28,00 und EUR 30,00 in Verkehr setzte (Faktum 4 in ON 19; BV X AS 449 in ON 19; BV X AS 487 in ON 19; Bericht der PI Landhaus AS 683 ff in ON 19);

5.) zwischen Anfang November 2008 und Mitte Dezember 2008 in zumindest sechs Fahrten zu jeweils 5 Kilogramm, insgesamt sohin 30 Kilogramm Kokain, durch die Ehegatten X und X aus den Niederlanden via Deutschland nach Traun in eine dort in der Wiener Bundesstraße 31/3/5 durch die abgesondert verfolgte X als Suchtgiftbunker angemietete Wohnung transportieren ließ (Faktum 5 in ON 19; BV X AS 159f in ON 19; BV X AS 273 ff in ON 19; Geständnis X zu 26 Hv 28/10 b des LG Linz);

6.) zwischen Anfang November 2008 und Mitte/Ende Jänner 2009 in zumindest drei Angriffen zu je 2 Kilogramm, sohin insgesamt 6 Kilogramm Kokain, aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich in die Wohnung in X,   X, schmuggelte, wobei die Fahrten von X selbst durchgeführt wurden (Faktum 6 in On 19; BV X AS 161 in ON 19; BV X AS 337 ff in ON 19);

7.) zwischen Jänner 2009 und April 2009 in zumindest vier Fahrten zu jeweils 3 Kilogramm, sohin insgesamt 12 Kilogramm Kokain, durch die Ehegatten X und X aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich in die Wohnung in X, X, schmuggeln ließt (Faktum 7 in ON 19; BV X AS 165 in ON 19; BV X AS 273 ff in ON 19);

8.) Ende Februar 2009 die Ehegatten X und X mit dem Schmuggel von 2 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden nach Österreich und zur Übergabe des Kokains an die bereits rechtskräftig verurteilte X bestimmte (Faktum 8 in ON 19; BV X AS 343 in ON 19; BV X ON 51; Geständnis X zu 28 Hv 114/09 p des LG Linz);  

9.) zwischen Anfang Jänner 2009 und März 2009 die Ehegatten X und X in zwei bis drei weiteren Angriffen mit dem Transport von jeweils 5 Kilogramm Kokain, sohin 10 bis 15 Kilogramm Kokain, aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich und zur Übergabe an die abgesondert verurteilte X beauftragte (Faktum 9 in ON 19; BV X AS 163 in ON 19; BV X ON 51; Geständnis X zu 28 Hv 114/09 p des LG Linz);

10.) Mitte April 2009 die Ehegatten X mit dem Schmuggel von 3,5 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich und der unmittelbaren Übergabe an X beauftragte (Faktum 10 in ON 19; BV X ON 51; Geständnis X zu 28 Hv 114/09 p des LG Linz; TÜ-Protokolle AS 701 ff in ON 19);

11.) am 6. Mai 2009 die Ehegatten X und X mit dem Schmuggel von 3 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich beauftragte, wobei der Transport mit einem Pkw Opel Zafira, Kennzeichen X, erfolgte und das Kokain zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr direkt an X in deren Wohnung in X, X, geliefert wurde (Faktum 11 in ON 19; BV X ON 51; Geständnis X zu 28 Hv 114/09 p des LG Linz; TÜ-Protokolle AS 701 ff in ON 19);

12.) am 9./10. Mai 2009 die Ehegatten X mit dem Transport von insgesamt 4,956 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden via Deutschland nach Österreich beauftragte, wobei X und X am 10. Mai 2009 auf der A3 im Bereich Elten/Deutschiand von Beamten des Polizeipräsidiums Düsseldorf festgenommen wurden und die deutschen Polizeibeamten im Pkw 3,646 Kilogramm Kokain vorfanden und die gesondert im Luftfilter verborgenen restlichen 1,310 Kilogramm Kokain erst am 3. November 2009 nach Verwertung des PKW's von Beamten des LKA Steiermark sichergestellt werden konnten (Faktum 12 in ON 19; BV X ON 51; Geständnis X zu 28 Hv 114/09 p des LG Linz; BV X AS 163 in ON 19; Bericht des LKA Steiermark AS 647 ff in ON 19; Berichte der Kreispolizei Kleve bzw. des LKA Nordrhein-Westfalen AS 629 ff in ON 19; TÜ-Protokolle AS 701 ff in ON 19);

13.) Ende Jänner/Anfang Februar 2009 eine nicht näher bekannte, die Grenzmenge jedoch mehrfach übersteigende Menge Kokain an den abgesondert verfolgten X („X") zum Zweck der Verbringung nach Österreich und des Verkaufs im Großraum Innsbruck übergab (Faktum 13 in ON 19; BV X AS 299 f in ON 19);

14.) zwischen 23. Juli 2009 und 25. Juli 2009 2 Kilogramm Kokain durch einen unbekannten Kurierfahrer nach Österreich an den abgesondert verfolgten X übermittelte, nachdem der abgesondert verfolgten X das Suchtgiftgeschäft vermittelt hatte (Faktum 14 in ON 19); BV X AS 167 in ON 19);

15.) zwischen August 2009 und 27. September 2009 einen unbekannten Kurierfahrer mit dem Schmuggel einer unbekannten, die Grenzmenge jedenfalls übersteigenden Menge Kokain aus den Niederlanden nach Österreich und der Übergabe des Suchtgiftes an X beauftragte (Faktum 15 in ON 19; BV X AS 167 in ON 19);

16.) zwischen 6. September 2009 und 9. September 2009 den angesondert verfolgten X und X eine Lieferung mit 880 Gramm Kokain in den Niederlanden zum Schmuggel nach Österreich übergab, wo das Kokain von den genannten gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten X gewinnbringend in Verkehr gesetzt wurde (Faktum 16 in ON 19; BV X AS 89 ff in ON 19 und Geständnis X zu 21 Hv 30/10 k des LG Linz; BV X AS 375 in ON 19);

17.) Mitte September 2009 in den Niederlanden insgesamt 400 Gramm Kokain an den abgesondert verfolgten X übergab, welcher das Kokain durch Körperschmuggel nach Österreich verbrachte und gemeinsam mit  X gewinnbringend in Verkehr setzte (Faktum 17 in ON 19, BV X AS 459 in ON 19; Geständnis X zu 21 Hv 30/10 k des LG / Linz);

II.) die oben unter A)l.) angeführten geschmuggelten Mengen sowie am 20.12.2006 weitere 500 Gramm Kokain, die von X an X übergeben wurden (BV X AS 147 in ON 19), in Verkehr setzte, und zwar an teils unbekannte Empfänger, teils an die oben angeführten Abnehmer - zu den Punkten A)l.)8.) bis 11.) X - unter anderem

1.) zwischen 20. Dezember 2006 und 21. September 2008 (unter Berücksichtigung der am 20. Dezember 2006 über Vermittlung des X an X gelangten 500 Gramm Kokain) insgesamt 114,78 bis 154,19 Kilogramm zum Grammpreis von EUR 28,00 an X (Faktum 18 in ON 18; BV X AS 263 ff in ON 19; BV X AS 121 f, 141 und 153 in ON 19; BV X AS 209 ffinON 19; BV X AS 321 ff in ON 19);

2.) im Dezember 2008 in Linz 200 Gramm Kokain zu einem nicht bekannten   Grammpreis an den abgesondert verfolgten X (Faktum 19 in ON 19; BV X AS 341 in ON 19);

3.) zwischen September/Oktober 2008 und Anfang/Mitte Jänner 2009 eine insgesamt unbekannte Kokainmenge an X (Faktum 20 in ON 19; BV X AS 341 in ON19);

4.) Mitte Jänner 2009 in Linz 1 Kilogramm Kokain zum Grammpreis zwischen EUR 28,00 und EUR 30,00 an X, wobei die Übergabe direkt durch den Kurierfahrer X erfolgte (Faktum 21 in On 19; BV X AS 341 in ON 19);

5.) zwischen Anfang November 2008 und Mitte/Ende Jänner 2009 eine insgesamt unbekannte, die Grenzmenge aber jedenfalls mehrfach übersteigende Kokainmenge an X, Spitzname „X" (Faktum 22 in On 19; BV X AS 159 ff in ON 19);

6.) Anfang Februar 2009 gemeinsam mit X und X 200 Gramm Kokain an X zum Transport nach Innsbruck und der Übergabe an X, wobei X einen Teilbetrag von EUR 4.000,00 sofort kassierte und nach seiner Rückkehr an X übergab (Faktum 23 in ON 19; BV X AS 341 in ON 19);

7.) Ende Februar 2009 im Lokal 'X' in Linz 150 Gramm Kokain zum Grammpreis von EUR 30,00 an X, der die Kokainlieferung durch Überlassung seines Pkw's BMW 320i, Baujahr 1992, Kennzeichen X, bezahlte (Faktum 24 in ON 19; BV X AS 343 in ON 19; BV X AS 281 in ON 19);

8.) zwischen Februar 2009 und 20. März 2009 (vermutlich in X, X) mindestens 1 Kilogramm Kokain zum Grammpreis von EUR 30,00 an X (Faktum 25 in ON 19; BV X AS 367 in ON 19; Geständnis X zu 26 Hv 28/10 b des LG Linz);

9.) zwischen Oktober 2008 und Juni 2009 in Traun oder Linz eine insgesamt unbekannte, die Grenzmenge jedoch mehrfach übersteigende Kokainmenge an X, Spitzname „X" (Faktum 26 in ON 19; BV X AS 299f in ON 19);

 

B) zwischen Ende Juni 2008 und Ende August 2009 in Linz durch eine persönliche Drohung mit dem Tod X und X zur Rückholung von Kokain genötigt, welches X nach einer Autopanne in Italien im Fahrzeug belassen hatte (Faktum 27 in ON 19; BV X AS 223 f in ON19);

 

C) am 14. Jänner 2011 in Weis Beamte der JA Wels mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, indem er im Zuge seiner Aufnahme und Visitierung in der JA Wels zunächst X mit einem wuchtigen Schlag gegen dessen Kopf attackierte und sich sodann aus seiner Fixierung durch X und X gewaltsam loszureißen versuchte (ON 100);

 

D) im Zuge der zu oben C) geschilderten Tathandlung X, sohin einen Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben, in Form eines Abrisses der Strecksehne des rechten Kleinfingers, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung, vorsätzlich am Körper verletzt (einbezogener Akt der StA Weis ON 95 und ON 100).

 

Er hat hierdurch begangen

zu A)l.) das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs 1 2. und 3. Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG teils als Bestimmungstäter nach § 12 2. Fall StGB

zu A)ll.) das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28 a Abs 1 5. Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG teils als Bestimmungstäter nach § 12 2. Fall StGB

zu B)    das Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB

zu C) das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 StGB

zu D) das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 4 StGB

und er wird hierfür unter Anwendung des § 28 StGB nach § 28 a Abs 4 SMG zu einer

Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Jahren

 

sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 21. September 2010, 12.05 Uhr, bis 15. Juni 2011, 10.30 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Gemäß  § 369 Abs   1   StPO wird  den  Privatbeteiligten  X ein Teilschmerzengeldbetrag von EUR 1.500,00 und der Privatbeteiligten Republik Österreich ein Teilschadenersatzbetrag von EUR 4.000,00 zugesprochen.

Gemäß § 366 Abs 2 StPO werden die Privatbeteiligten mit den übrigen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen."

 

Zu den Entscheidungsgründen führte das Gericht u.a. aus:

 

"Der 29-jährige, in der Dominikanischen Republik geborene, Angeklagte lebt seit 2006 in Amsterdam, wo er zuletzt als Paketversender ein monatliches Einkommen von ca. EUR 3.000,00 erzielt hat. Er hat keine wesentlichen Schulden und ein Vermögen von ca. EUR 10.000,00. Er hat in der Dominikanischen Republik rund 13 Jahre die Schule besucht und anschließend eine Universität. Er ist sorgepflichtig für einen Sohn im Alter von drei Jahren. Der Angeklagte weist in Österreich und in Italien bislang keine gerichtlichen Verurteilungen auf und eine Vorstrafe aus Deutschland hat als getilgt zu gelten, weshalb von seiner Unbescholtenheit auszugehen ist.

Der Angeklagte operierte in einer internationalen Tätergruppe mit dem Suchtgiftschmuggel, der überwiegend aus Personen aus der Dominikanischen Republik bestand. Zahlreiche Personen aus dieser Tätergruppe mit Bezug zu Linz wurden bereits rechtskräftig verurteilt. Der Angeklagte bediente von den Niederlanden aus gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten X alias „X" (welcher sich nach Interpol-Informationen bereits ab 1994 in den USA wegen Kokain-Handels zu einer Freiheitsstrafe von 108 Monaten in Haft befand) zahlreiche Groß- und Mittelhändler. Insgesamt war die Tätergruppe arbeitsteilig organisiert, indem einige Personen hauptsächlich den Transport durchführten, andere für die Lagerung und Verteilung und wieder andere für die Lukrierung und Rücküberweisung primär in die Dominikanische Republik der erzielten Erlöse.

Bereits ab Ende 2006 begann der abgesondert verfolgte X („X") als damaliger Kokain-Hauptverteiler der „X" (sohin auch des Angeklagten) im Raum Mailand seine Verkaufstätigkeit nach Österreich zu verlagern, sodass es noch im Dezember 2006 zu einem Geschäftsabschluss mit dem abgesondert verfolgten X („X") kam, welcher am 20. Dezember 2006 über Vermittlung des rechtskräftig verurteilten X eine Menge von 500 Gramm Kokain - aus der Quelle der „X" - erhielt.

Ab Jänner 2007 intensivierte „X" seine Geschäfte im Großraum Linz. Er bezog weiterhin erhebliche Mengen Kokain im Umfang von zahlreichen Kilogramm aus den Niederlanden, wobei der Transport des Suchtgiftes zwischen X, dem Angeklagten X einerseits und „X" andererseits vorwiegend durch den Kurierfahrer X („X") und dessen Gattin X erfolgte. Bis zu seiner Abschiebung am 21. September 2008 fungierte „X" als Hauptkontakt- und Vertrauensmann der C in Linz, der für die in den Niederlanden Ansässigen, den Vertrieb des Kokain bewerkstelligte. Monatlich lieferte "X" mehrfach Kokain-Sendungen zwischen 3 und 7 Kilogramm von den „X" nach Linz, wobei das Entgelt für die Fahrt von rund EUR 8.000,00 immer von den „X" beglichen wurde.

In einzelnen Fällen lieferten die „X" selbst ihr Kokain zu „X" nach Österreich in die jeweils von ihm benützten Wohnungen in Linz, X oder X, wo sie unter anderem die Bekanntschaft der Lebensgefährtin des „X" und deren Mutter machten.

Das derart zu „X" gelangte Kokain verteilte er großteils im Raum Linz an diverse Subhändler und ein Teil des Suchtgiftes ging nach Mailand.

Die regelmäßigen Schmuggelfahrten der Familie X endeten mit deren Festnahme am 10. Mai 2009, wo sie anlässlich eines neuen Auftrages der „X" bezüglich einer Schmuggelfahrt von Amsterdam in Deutschland festgenommen wurden. Im Fahrzeug befanden sich im Motorraum versteckt 7 Pakete mit insgesamt 3.646,03 Gramm (netto) Kokain. Die einzelnen Verpackungseinheiten wiesen einen Reinheitsgehalt bis zu 44 % auf. Weiters 3 Kokain-Pakete blieben von den Polizeibeamten unbemerkt und kamen erst zu Tage, nachdem ein österreichischer Kfz-Händler das Fahrzeug am 29. Oktober 2009 via Internet-Versteigerung erworben und infolge eines aufgetretenen technischen Defekts in eine Werkstatt verbracht hatte, wo das LKA Steiermark am 3. November 2009 weitere 1.310,01 Gramm (netto) Kokain der „X" mit einer Reinheit zwischen 44 und 45 % sicherstellen könnten.

Nach der Abschiebung des „X" übernahm X („X") oder („X") die Position des Kontakt- und Vertrauensmanns der „X" in Linz. Schon im Sommer 2008 waren sie - inklusive des Angeklagten - nach Linz gereist, wo sie etwa eine Woche lang Kontakte zu Zwischenhändlern knüpften und einen großzügigen Lebensstil präsentierten. Als Folge dieser Kontakte kam es dazu, dass X am 22. Oktober 2008 in ihrem Namen einen Mietvertrag für eine Wohnung in Traun abschloss. Sämtliche mit diesem Bestandsobjekt verbundenen Kosten trugen die „X", denen die Wohnung als Bunker und Umschlagplatz für ihre Kokain-Lieferungen diente.

Zusätzlich zu den Lieferungen der Familie X verbrachte X in etwa drei Schmuggelfahrten zu rund je 2 Kilogramm Kokain zusätzlich zumindest 6 Kilogramm Kokain der „X" in die X, von wo aus das Kokain seinen Weg in den Handel fand.

Kurz vor Weihnachten 2008 verließ dieser Österreich wieder, worauf nunmehr die Verantwortung für die Linzer Kokain-Geschäfte der "X" an X und X ging. Letztgenannte hatten vor allem für das Inkasso und die Verwaltung der Suchtgift-Verkaufserlöse der „X" Sorge zu tragen, wozu sie direkt Kontakt mit dem Angeklagten hielten. Dabei diente dieser als Ansprechperson der X und suchte sie auch wiederholt persönlich, z.B. zwischen Weihnachten und Silvester 2008 sowie im Jänner 2009 auf, um von ihr eingesammelte Suchtgift-Erlöse in Empfang zu nehmen. Auch erteilte der Angeklagte die Genehmigung an X sich ihre Entlohnung aus den einkassierten Beträgen einzubehalten. Letztlich gab der Angeklagte aber auch Anweisungen an wen geschmuggeltes Kokain so übergeben war, so etwa im Mai 2009            hinsichtlich von Übergaben von X. Da X am 29. Juni 2009 verhaftet wurde, konnte ein für Juli 2009 bereits geplantes Treffen mit dem Angeklagten nicht mehr stattfinden. Daher  konnte  das  von   ihr  bereitgehaltene  Bargeld   bei  einer Hausdurch­suchung sichergestellt und für verfallen erklärt werden. Neben X wurde auch X im Zusammenhang mit Suchtgift-Geschäften mit den „X" zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach der Fest­nahme von X übernahm X („X") ihre Geschäfte von den „X". Den Kontakt dazu stellte im Juli 2009 X her, welcher die Lieferung von 2           Kilogramm Kokain an X ver­mittelte. Vor der Festnahme des X ging sodann im August/September 2009 eine neuerliche Kokain-Lieferung an diesen.   

Im September 2009 begab sich X gemeinsam mit X zu den „X" nach Amsterdam, um eine Schmuggelfahrt über 880 Gramm Kokain durchzuführen. Dabei konnte Erstgenannter eine von den „X" verwendete Kokain-Presse besichtigen, die das gehandelte Kokain in die für diese Tätergruppe typische Zapfenform brachte. Auf der Rückreise wurden X und X in Deutschland angehalten, ohne dass die 880 Gramm Kokain gefunden wurden. Da X eine geringe Menge Kokain am Körper mit sich führte, erhielt er eine Geldstrafe, die von den „X" beglichen wurde.

In Summe hat der Angeklagte sämtliche, im Schuldspruch angeführten Schmuggelfahrten, soweit sie nicht ohnehin von ihm selbst durchgeführt wurden, zumindest als Auftraggeber initiiert und gemeinsam mit seinen abgesondert verfolgten Mittätern die Verteilung des Kokains an die teils namentlich angeführten Empfänger sowie auch namentlich unbekannte Abnehmer/ Subverteiler zu verantworten. Neben dieser Suchtgift-Verteilung war der Angeklagte auch „der Mann fürs Grobe". Als im Sommer 2008 der Kurierfahrer X eine Autopanne hatte und das Kokain in Italien zurückließ, sprach der Angeklagte eine Todesdrohung gegenüber X aus, um diesen und X zur umgehenden Rückholung des Kokains zu veranlassen. Tatsächlich begaben sich die Beiden auch nach Italien, um das Suchtgift zu sichern.

Der Beschuldigte setzte sämtliche Tathandlungen im Zusammenhang mit dem Suchtgift im Wissen um die beträchtlichen Mengen, die teils von ihm selbst, teils in seinem Auftrag transportiert und umgesetzt wurden. Auch seine Äußerung gegenüber X setzte er in der Absicht, diesen dadurch derart in Furcht und Unruhe zu versetzen, dass dieser umgehend das gewünschte Verhalten (Rückholung des Kokains aus Italien) an den Tag legte.

Am 21. September 2010 konnte der Angeklagte in Amsterdam aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen werden. Nach der Auslieferung und der Verhängung der Untersuchungshaft wurde er, aufgrund seiner Komplizenschaft mit zahlreichen Insassen der JA Linz, am 14. Jänner 2011 in die JA Wels überstellt. Während seiner Aufnahme zeigte sich der Angeklagte äußerst aggressiv und gewaltbereit, wobei er im Zuge seiner Visitierung X mit einem wuchtigen Schlag gegen dessen Kopf attackierte. X konnte gerade noch seine Hände zur Abwehr erheben. Die daraufhin herbei eilenden Justizwachebeamten X und X konnten den Angeklagten nur mit erheblicher Mühe fixieren, weil er sich gewaltsam loszureißen versuchte. Im Zuge des Angriffes durch den Angeklagten erlitt X einen Abriss der Strecksehne des rechten kleinen Fingers verbunden mit einer länger als 24 Stunden dauernden Gesundheitsschädigung (Schiene für zumindest 8 Wochen)."

 

Bei der Strafbemessung war nach dem Strafsatz des § 28a Abs. 4 SMG von einem Strafrahmen von 1 bis zu 15 Jahren auszugehen. Unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze des § 32 StGB wertete das Gericht im einzelnen Folgendes bei dem Angeklagten:

Mildernd: Das Geständnis, die Unbescholtenheit, dass es teilweise beim Versuch blieb, dass der Angeklagte teils nicht als unmittelbarer Täter, sondern nur als Bestimmungstäter handelte;

Erschwerend: Den langen Tatzeitraum; das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen mit mehreren Vergehen; die mehrfache Qualifikation bei § 28a Abs. 4 SMG ; die außerordentlich große Suchtgiftmenge.

Weiters führte das Gericht aus, dass bei der Gewichtung der einzelnen Erschwerungs- und Milderungsgründe das Geständnis und die Unbescholtenheit wesentliche Milderungsgründe waren. Dem gegenüber steht nicht nur die doppelte Qualifikation des § 28a Abs. 4 SMG in Form seiner Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und das Übersteigen der 25-fachen Grenzmenge, sondern auch der lange Tatzeitraum.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Vorbringen des Bw.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Die Zuständigkeit des Verwaltungssenates ergibt sich aus § 9 Abs. 1a FPG.

 

Die örtliche Zuständigkeit im Inland richtet sich gemäß § 6 Abs. 1 FPG nach dem Hauptwohnsitz im Sinn des § 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetzes 1991 – MeldeG), in der Mangelung eines solchen nach einem sonstigen Wohnsitz des Fremden im Bundesgebiet. Bei Vorliegen mehrerer sonstiger Wohnsitze ist jener maßgeblich, welcher zuletzt begründet wurde. Nach der st. Rsp des VwGH ist ein – wie im Falle eines Strafhäftlings – zwangsweise begründeter Aufenthaltsort kein Wohnsitz (vgl VwGH vom 24.11.2009, 2009/21/0267). Da sich der Bw zur Zeit in Haft befindet und damit über keinen Wohnsitz iSd § 6 Abs 1 FPG verfügt, richtet sich die Zuständigkeit gemäß § 6 Abs 2 FPG nach dem Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens nach diesem Bundesgesetz. Der Berufungswerber ist im Bundesgebiet nicht niedergelassen. Die Zuständigkeit der BPD Linz, die im Jahr 2009 die Schubhaft angeordnet hatte, endete mit der Ausreise des Bw nach seiner Entlassung aus der Schubhaft. Die BPD Wels ergriff nach seiner Auslieferung und Inhaftierung fremdenpolizeiliche Maßnahmen und ist damit als erste Behörde nach diesem Bundesgesetz eingeschritten. Die BPD Wels war daher gemäß § 6 Abs 2 FPG örtliche zuständige Behörde.

 

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist in § 67 Abs 1 FPG geregelt.

 

Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ist gemäß § 2 Abs 4 Z 14 FPG: das auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie gewährte Recht eines EWR-Bürgers und seiner Angehörigen sich im Bundesgebiet für mehr als drei Monate oder auf Dauer aufzuhalten;

Begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG ist der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragene Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als 3 Monaten in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht. Aus dem letzten Halbsatz des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG ergibt sich, dass diese Begünstigung zumindest eine (beabsichtigte) Niederlassung des Freizügigkeitsberechtigen EWR-Bürgers im Bundesgebiet voraussetzt. Da die Gattin des Bw nicht in Österreich lebt, kann diese Bestimmung nicht auf ihn angewendet werden.

 

Es ist zu beachten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verfügt.

„Aufenthaltstitel“ im Sinn des Artikel 2 Z 15 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) sind

a) alle Aufenthaltstitel, die die Mitgliedstaaten nach dem einheitlichen Muster gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige ausstellen;

b) alle sonstigen von einem Mitgliedstaat einem Drittstaatsangehörigen ausgestellten Dokumente, die zum Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet oder zur Wiedereinreise in sein Hoheitsgebiet berechtigen, ausgenommen vorläufige Aufenthaltstitel, die für die Dauer der Prüfung eines ersten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Buchstabe a oder eines Asylantrags ausgestellt worden sind;

 

Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich gemäß Art 21 Abs 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) idF der Verordnung (EG) Nr. 265/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2010 aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen.

 

Gegen Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels eines Mitgliedstaats der Europäischen Union rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, kann unter den Voraussetzungen des § 63 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, sind die Bestimmungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 und Abs 1 FPG anzuwenden.

 

„Illegaler Aufenthalt  iSd Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG ist die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats; So bestimmt auch § 31 Abs 1 Z 1 FPG, dass sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

 

Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten je Sechsmonatszeitraum gelten gemäß Artikel 5 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines oder mehrerer gültiger Reisedokumente sein, die ihn zum Überschreiten der Grenze berechtigen.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (1), vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in

den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der

Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

 

Unter welchen Voraussetzungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit iSd Artikel 5 Abs 1 lit e cit VO vorliegt, ergibt sich aus § 53 FPG.

 

So ist ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbe-schäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens

1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechts-kräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Der Bw wurde am 15. Juni 2011 zu den in den Feststellungen angeführten Verbrechen nach SMG sowie des Verbrechens der schweren Nötigung nach dem § 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB, des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2 Z. 4 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Es ist daher der Tatbestand nach § 53 Abs. 3 Z. 5 FPG erfüllt.

 

Der Bw erfüllt nicht (mehr) die Einreisevoraussetzung des Artikel 5 Abs. 1 lit. e cit VO und hält sich damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 52 Abs 1 FPG, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich gemäß § 52 Abs 2 FPG unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

 

Ist der Drittstaatsangehörige nicht im Bundesgebiet niedergelassen und ein Gefährdungstatbestand nach § 53 Abs 3 FPG verwirklicht, ist im Regelfall aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet erforderlich.

 

Der Aufenthalt des Berufungswerbers stellt auf Grund der abgeurteilten Straftaten eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich dar.

 

Da sich der Bw folglich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und seine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Sicherheit unbedingt erforderlich war, sind die Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 iVm. Abs. 1 FPG erfüllt.

 

Mit einer Rückkehrentscheidung wird gemäß § 53 Abs 1 FPG ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Diese Definition des Einreiseverbotes geht auf Artikel 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie zurück. Ein „Einreiseverbot“ iSd Art 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie ist die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht;

 

Aus dem Verweis des Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie auf Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) und den damit verbundenen Schengen-Besitzstand ergibt sich, dass Einreiseverbote iSd Artikel 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie für den gesamten Schengen-Raum gelten.

 

Bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot sind die Bestimmungen des Artikel 8 EMRK iVm § 61 FPG zu beachten.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Dem persönlichen Interesse des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht das besonders große öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Suchtmittelhandels entgegen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei derart schwerwiegenden Verbrechen gegen das SMG selbst ein langjähriger Aufenthalt in Österreich und eine soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot bzw. einem Einreiseverbot entgegenstehen würden (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, Gz. 2008/21/0486). Die Dauer des Einreiseverbotes ist primär danach zu bemessen, innerhalb welchen Zeitraumes nach der Entlassung aus der Strafhaft eine nachhaltige Besserung zu erwarten sein wird. Im vorliegenden Fall ist auf Grund der schwerwiegenden Verbrechen ein unbefristetes Einreiseverbot zu verhängen.

 

Der Bw wendete sich vor allem gegen den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes. Dieses gilt ex lege für den gesamten Schengenraum. Der niederländische Aufenthaltstitel wird durch das Einreiseverbot aber nicht berührt (vgl. die Richtlinie des Rates vom 28. Mai 2001, 2001/40/EG, über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen). Die niederländischen Behörden haben zu entscheiden, ob der Aufenthaltstitel des Bw aberkannt wird (vgl. dazu die österreichische Umsetzungsbestimmung des § 46b Abs. 2 FPG). Die gegenständliche Berufungsentscheidung steht daher einer Ausreise bzw. Überstellung des Bw in die Niederlande nicht entgegen.

Eine Einreise in Schengenstaaten, die ihm keinen Aufenthaltstitel ausgestellt haben, ist dagegen nicht gestattet.  Diese Reisebeschränkungen sind im Hinblick auf das dargestellte hohe öffentliche Interesse in Kauf zu nehmen (vgl VwGH vom 19. Juni 2008, GZ 2007/21/0160). Es bleibt seinen in Deutschland aufhältigen Verwandten unbenommen, ihn in den Niederlanden zu besuchen.

 

Die Rückkehrentscheidung und das Einreisverbot sind gemäß § 61 FPG iVm Artikel 8 EMRK zulässig.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Angemerkt wird, dass die belangte Behörde offenkundig beabsichtigte, einer Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Die in § 57 Abs 1 Z 1 FPG hiefür geregelten Voraussetzungen sind eindeutig erfüllt, zumal – wie schon erörtert wurde - die sofortige Ausreise des Bw nach der Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit unbedingt erforderlich ist. Im bekämpften Bescheid wurde aber irrtümlich ausgesprochen, dass die "aufschiebenden Wirkung gegen diesen Bescheid" aberkannt wird. Eine solche Anordnung ist im Gesetz nicht vorgesehen und geht ins Leere. Aus diesem Grund ist ein gesonderter Abspruch durch die Berufungsbehörde nicht erforderlich. Abgesehen davon verliert der Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung jedenfalls mit Entscheidung der Berufungsbehörde seine Wirkung (vgl. VwGH vom 7. Juli 2009, Gz. 2007/18/0177).

 

 

 

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

                            

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 22,10 Euro (Eingabegebühr + 2 Beilagen) angefallen.

 

 

Información sobre los posibles recursos:

Contra la presente decisión no cabe recurso ordinario alguno.

 

 

Advertencia:

La presente decisión puede ser impugnada con una denuncia ante el Tribunal Constitucional y/o el Tribunal Administrativo dentro del plazo de seis semanas a partir de su notificación; tal denuncia se tiene que presentar por una abogada apoderada o un abogado apoderado – salvo las excepciones contempladas por la ley. Para cada una de estas denuncias se tiene que pagar una tasa de 220 euros para su presentación.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

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